Leitsatz (redaktionell)

Die Rückwirkung eines nach KOV-VfG § 41 erlassenen Bescheides nur bis zum Inkrafttreten des KOV-VfG (1955-04-01) hindert nicht daran, einen unter Beachtung des BVG § 85 vor dem 1955-04-01 erlassenen Umanerkennungsbescheides zusammen mit der vorangegangenen Entscheidung nach früherem Versorgungsrecht (hier: SVD Nr 27) zu berichtigen, vorausgesetzt, die früheren Bescheide waren tatsächlich und rechtlich unrichtig. War der nach früherem Versorgungsrecht ergangene Bescheid tatsächlich und rechtlich unrichtig, so entfällt auch dessen Wirkung gemäß BVG § 85. Der Umanerkennungsbescheid war dann auch tatsächlich und rechtlich unrichtig.

 

Normenkette

KOVVfG § 41 Fassung: 1955-05-02; BVG § 85 Fassung: 1950-12-20; SVD 27 Nr. 27

 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen in Essen vom 3. Juni 1964 abgeändert und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 24. Juli 1962 als unbegründet zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

Der Kläger war von September 1940 bis November 1944 mit Unterbrechung Soldat und beantragte im Mai 1947, ihm wegen einer linksseitigen Hüftgelenksdeformierung, die er auf einen Sturz von der Protze bei der Artillerieausbildung zurückführte, Versorgung zu gewähren. Nach ärztlicher Untersuchung und Begutachtung am 26. November 1948 erkannte die Landesversicherungsanstalt (LVA) Westfalen, Rentenabteilung B, mit Bescheid vom 2. Januar 1949 beim Kläger "Bewegungseinschränkung im linken Hüftgelenk" als infolge militärischen Dienstes entstandene Gesundheitsschädigung nach den Vorschriften der Sozialversicherungsdirektive Nr. 27 (SVD 27) an und gewährte ihm vom 1. August 1947 an eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 40 v. H.. Im Umanerkennungsbescheid nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) vom 7. August 1951 wurden Leidensbezeichnung und Grad der MdE übernommen. Ein schon vor Erteilung des Umanerkennungsbescheides am 7. Februar 1951 gestellter Verschlimmerungsantrag des Klägers wurde nach ärztlicher Untersuchung und Begutachtung mit bindend gewordenem Bescheid vom 21. Januar 1952 abgelehnt.

Im Anschluß an eine von der deutschen Dienststelle in B eingeholte Auskunft vom 17. September 1957 und an eine versorgungsärztliche Stellungnahme vom 28. Januar 1959 erteilte das Versorgungsamt (VersorgA) B den auf § 41 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (VerwVG) gestützten Berichtigungsbescheid vom 16. Februar 1959, mit dem der SVD-Bescheid vom 2. Januar 1949 und der Umanerkennungsbescheid nach dem BVG vom 7. August 1951 abgeändert wurden; es wurde festgestellt, daß die "Bewegungseinschränkung im linken Hüftgelenk" durch militärischen Dienst im Sinne des § 4 SVD 27 und schädigende Einwirkungen im Sinne des § 1 BVG weder hervorgerufen noch richtunggebend, sondern nur einmalig, nicht richtunggebend, verschlimmert worden sei; durch diesen Verschlimmerungsanteil werde die Erwerbsfähigkeit des Klägers nur um 20 v. H. gemindert. Die laufenden Rentenbezüge wurden mit Ablauf des Monats März 1959 eingestellt. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 1959 zurückgewiesen.

Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Detmold ein Gutachten des Chirurgen Dr. H in P (vom 18. Mai 1961) eingeholt, der nach sorgfältiger Untersuchung und Befunderhebung zu dem Ergebnis gekommen ist, daß der dem Kläger nach der SVD 27 erteilte Bescheid vom 2. Januar 1949 ohne Zweifel unrichtig gewesen sei, da es sich bei dem Leiden des Klägers eindeutig um den Folgezustand nach einer in der Jugend durchgemachten Perthes'schen Erkrankung handele; selbst eine Verschlimmerung durch den Unfall im Jahre 1940 - als Gelegenheitsursache - könne mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden. Das SG hat daraufhin die Klage mit Urteil vom 24. Juli 1962 abgewiesen.

Im Berufungsverfahren hat das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen in Essen mit Urteil vom 3. Juni 1964 das Urteil des SG abgeändert und den Berichtigungsbescheid vom 16. Februar 1959 sowie den Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 1959 aufgehoben, soweit nicht der Bescheid vom 2. Januar 1949 mit Wirkung vom 1. April 1955 an berichtigt worden ist; im übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Das LSG hat ausgeführt: Nach den medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen und insbesondere der überzeugenden Beurteilung des Dr. H handele es sich bei den krankhaften Veränderungen im Hüftgelenk des Klägers einwandfrei um die Folge einer in der Jugend durchgemachten Perthes'schen Erkrankung, so daß eine schädigende Wirkung des Unfalls im Jahre 1940 ausgeschlossen werden müsse. Der Bescheid vom 2. Januar 1949 sei deshalb tatsächlich zweifelsfrei unrichtig gewesen. Da damit aber die tatsächlichen Voraussetzungen des § 4 der SVD 27 nicht gegeben gewesen seien, sei der Bescheid auch rechtlich zweifelsfrei unrichtig gewesen, so daß er nach § 41 VerwVG habe berichtigt werden können. Dieser Berichtigung durch die Versorgungsbehörde komme Wirkung jedoch nur für die Zeit vom 1. April 1955 an zu. Für die Zeit vor dem Inkrafttreten des VerwVG könne sie nicht wirken, auch nicht nach den für die Zeit vor dem 1. April 1955 geltenden Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts; denn bei Anwendung dieser Grundsätze müsse dem Vertrauen des Klägers auf den Bestand des Bescheides vom 2. Januar 1949 der Vorzug gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer Aufhebung des Bescheides für die Zeit vor dem 1. April 1955 gegeben werden. Die Bescheide vom 16. Februar 1959 und 8. Dezember 1959 seien mithin rechtswidrig, soweit mit ihnen der Aufhebung des Bescheides vom 2. Januar 1949 Rückwirkung für die Zeit vor dem 1. April 1955 beigelegt worden sei.

Darüber hinaus seien die angefochtenen Bescheide auch insoweit rechtswidrig, als mit ihnen der Umanerkennungsbescheid vom 7. August 1951 aufgehoben worden sei. Zwar sei auch dieser im Zeitpunkt seines Erlasses zweifelsfrei tatsächlich unrichtig gewesen; die Tatsache aber, daß der SVD-Bescheid vom 2. Januar 1949 nur für die Zeit nach dem 1. April 1955 habe aufgehoben werden können, stehe der Annahme entgegen, daß der Umanerkennungsbescheid auch rechtlich unrichtig gewesen sei. Denn der Bescheid vom 2. Januar 1949 sei am 7. August 1951, dem Zeitpunkt des Erlasses des Umanerkennungsbescheides, noch wirksam und verbindlich gewesen und habe eine Entscheidung nach bisherigen versorgungsrechtlichen Vorschriften im Sinne des § 85 BVG dargestellt, so daß die Frage der Anerkennung des Ursachenzusammenhangs auch nach dem BVG rechtsverbindlich gewesen sei. Der Umanerkennungsbescheid vom 7. August 1951 sei deshalb rechtlich nicht zu beanstanden, weil die auf Grund der SVD 27 getroffene verbindliche Entscheidung über die Zusammenhangsfrage der Bewegungseinschränkung im linken Hüftgelenk mit dem militärischen Dienst gemäß § 85 BVG in diesen Umanerkennungsbescheid habe übernommen werden müssen. Das LSG hat die Revision zugelassen.

Gegen dieses ihm am 6. August 1964 zugestellte Urteil des LSG hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 18. August 1964, eingegangen beim Bundessozialgericht (BSG) am 20. August 1964, Revision eingelegt und diese mit seinem weiteren Schriftsatz vom 29. September 1964, eingegangen am 2. Oktober 1964, begründet. Er rügt hauptsächlich die Verletzung des § 41 VerwVG und des § 85 BVG und trägt dazu vor, keine dieser Vorschriften habe daran gehindert, die Anerkennung der Bewegungseinschränkung im linken Hüftgelenk im Sinne der Entstehung im Umanerkennungsbescheid vom 7. August 1951 als rechtlich unrichtig anzusehen. Das gelte selbst dann, wenn man wie das Berufungsgericht davon ausgehe, daß der SVD-Bescheid vom 2. Januar 1949 erst mit Wirkung vom 1. April 1955 an habe berichtigt werden können; denn an der tatsächlichen und rechtlichen Unrichtigkeit dieses Bescheides ändere die zeitliche Beschränkung nichts. Wie dieser müsse aber deshalb auch der Umanerkennungsbescheid rechtlich unrichtig sein; denn schließlich sei mit seiner Erteilung lediglich die Vorschrift des § 85 BVG befolgt worden, ohne daß eine neue materielle Sachentscheidung getroffen worden sei. Der Inhalt des § 85 BVG erschöpfe sich im Hinblick auf eine Berichtigung darin, "daß der Umanerkennungsbescheid nicht ohne den vorausgegangenen Bescheid nach früherem Recht berichtigt werden könne, und daß die Berichtigung des Umanerkennungsbescheides zeitlich nicht weiter zurückwirke als die Berichtigung des nach früherem Recht erteilten Bescheides". Nach allem sei ohne Bedeutung, daß der - tatsächlich und rechtlich unrichtige - Bescheid vom 2. Januar 1949 im Zeitpunkt der Erteilung des Umanerkennungsbescheides noch wirksam gewesen sei. Im übrigen, so trägt der Beklagte weiter vor, bestünden auch rechtliche Bedenken gegen die Auffassung des LSG, daß dem streitigen Berichtigungsbescheid vom 16. Februar 1959 keine Rückwirkung für die Zeit vor dem 1. April 1955 beigelegt werden könne, auch wenn dem nach der von ihm (dem Beklagten) vertretenen Rechtsauffassung keine Bedeutung zukomme, da ja eine Rückforderung nicht geltend gemacht worden sei und deshalb eine Rücknahme ex nunc genüge. Der Beklagte rügt deshalb - nur vorsorglich - noch die falsche Anwendung der Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts und der Nr. 26 der Sozialversicherungsanordnung Nr. 11 (SVA 11) in Verbindung mit § 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen in Essen vom 3. Juni 1964 abzuändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Detmold vom 24. Juli 1962 zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Auf den Schriftsatz des Beklagten vom 29. September 1964 sowie auf den des Klägers vom 5. November 1964 wird verwiesen.

Die Beteiligten haben sich nach §§ 165, 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Die durch Zulassung statthafte Revision des Beklagten (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG) ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 164 SGG); sie ist daher zulässig. Die Revision ist auch begründet.

Dabei bedurfte es keiner Prüfung und Entscheidung durch den erkennenden Senat, ob die - im übrigen nur vorsorglich erhobenen - Rügen des Beklagten durchgreifen, die Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts, die Nr. 26 der SVA 11 und in Verbindung damit der § 128 Abs. 1 SGG seien verletzt. Denn diese Rügen dienen - auch nach dem Vorbringen des Beklagten - lediglich dem Ziel, abweichend von der Entscheidung des Berufungsgerichts gegebenenfalls die Abänderung des SVD-Bescheides vom 2. Januar 1949 schon von einem früheren, vor dem 1. April 1955 liegenden Zeitpunkt an darzutun. Dessen bedarf es jedoch nicht. Denn die Revision muß auch Erfolg haben, wenn von der Rechtsauffassung des LSG ausgegangen wird, daß die Berichtigung des SVD-Bescheides vom 2. Januar 1949 durch den Bescheid vom 16. Februar 1959 erst vom 1. April 1955 an, dem Tage des Inkrafttretens des VerwVG, wirksam geworden ist. Das gilt um so mehr, als der Beklagte nach seinem eigenen Vorbringen eine Rückforderung im Zusammenhang mit dem Berichtigungsbescheid weder geltend gemacht hat noch geltend macht und er sich mit der Aufhebung der berichtigten Bescheide vom 2. Januar 1949 und 7. August 1951 ex nunc begnügt.

Nach dem dargestellten Sachverhalt hat der Beklagte den SVD-Bescheid vom 2. Januar 1949 und den Umanerkennungsbescheid nach dem BVG vom 7. August 1951 durch den angefochtenen Berichtigungsbescheid vom 16. Februar 1959 nach § 41 VerwVG insoweit abgeändert, als in ihnen die "Bewegungseinschränkung im linken Hüftgelenk" des Klägers als durch militärischen Dienst im Sinne des § 4 SVD 27 und schädigende Einwirkungen im Sinne des § 1 BVG entstanden anerkannt und dafür eine Rente nach einer MdE um 40 v. H. bewilligt worden ist; das Schädigungsleiden sei durch den militärischen Dienst bzw. durch schädigende Einwirkungen nur einmalig, nicht richtunggebend, verschlimmert worden, die MdE wegen dieses Verschlimmerungsanteils betrage nur 20 v. H..

Nach § 41 VerwVG können Bescheide über Rechtsansprüche zuungunsten des Versorgungsberechtigten von der zuständigen Verwaltungsbehörde durch einen neuen Bescheid (Berichtigungsbescheid) geändert oder aufgehoben werden, wenn ihre tatsächliche und rechtliche Unrichtigkeit im Zeitpunkt ihres Erlasses außer Zweifel steht. Dabei setzt die Rücknahme eines Bescheides nach dieser Vorschrift nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (BSG 8, 198) sowohl die tatsächliche als auch die rechtliche Unrichtigkeit des abgeänderten oder aufgehobenen Bescheides voraus. Von dieser Rechtsauffassung ist auch das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen. Es hat ebenso zutreffend ausgeführt, daß die Versorgungsbehörde einen allein auf § 41 VerwVG gestützten Bescheid nur mit Wirkung für die Zeit nach dem 31. März 1955 abändern oder zurücknehmen kann, da das VerwVG erst am 1. April 1955 in Kraft getreten ist. Danach gilt folgendes: Die Abänderung oder Rücknahme eines Bescheides nach § 41 VerwVG wirkt grundsätzlich auf den Zeitpunkt zurück, an dem der rechtswidrige Bescheid erlassen worden ist, jedoch nicht auf die Zeit vor dem Inkrafttreten des VerwVG am 1. April 1955 (vgl. BSG im SozR SGG VerwVG § 41 Nr. 9). Das bedeutet allerdings nicht auch, daß von der Versorgungsbehörde nur Bescheide geändert oder zurückgenommen werden könnten, die erst nach dem 31. März 1955 ergangen sind. Die Versorgungsbehörde kann vielmehr auch vor dem 1. April 1955 erlassene Bescheide nach dem 1. April 1955 mit einem Berichtigungsbescheid gemäß § 41 VerwVG abändern oder zurücknehmen mit der Folge, daß diese Abänderung oder Rücknahme bis auf den 1. April 1955 zurückwirkt. Dem hat im vorliegenden Falle auch der Beklagte Rechnung getragen, indem er die Abänderung der Bescheide vom 2. Januar 1949 und 7. August 1951 erst vom Ablauf des Monats März 1959 an (Einstellung der laufenden Rentenzahlungen an den Kläger nach einer MdE um 40 v. H. zu Ende März 1959) hat wirksam werden lassen. Nach allem konnten vorliegend die Bescheide vom 2. Januar 1949 (nach der SVD 27) und 7. August 1951 (nach dem BVG) mit Wirkung vom 1. April 1955 an nach § 41 VerwVG zuungunsten des Klägers dann abgeändert oder zurückgenommen werden, wenn die Voraussetzungen dieser Vorschrift, nämlich die tatsächliche und rechtliche Unrichtigkeit im Zeitpunkt ihres Erlasses, vorlagen.

Das Berufungsgericht hat im angefochtenen Urteil, gestützt auf die aus dem Gutachten des Dr. H vom 18. Mai 1961 (mit den diesem Gutachten zugrunde liegenden Befunden) gewonnenen medizinischen Erkenntnisse, in freier richterlicher Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 SGG) und unangegriffen (§ 163 SGG) festgestellt, daß die Bescheide vom 2. Januar 1949 und 7. August 1951 in tatsächlicher Hinsicht außer Zweifel unrichtig gewesen sind, da im Zeitpunkt ihres Erlasses die beim Kläger bestehende "Bewegungseinschränkung im linken Hüftgelenk" als Folge einer in der Jugend durchgemachten Perthes'schen Erkrankung nicht als durch militärischen Dienst im Sinne des § 4 SVD 27 und schädigende Einwirkungen im Sinne des § 1 BVG hervorgerufen oder richtunggebend verschlimmert anzusehen war. Damit ist mit dem LSG davon auszugehen (§ 163 SGG), daß die Bescheide vom 2. Januar 1949 und 7. August 1951 im Zeitpunkt ihres Erlasses in tatsächlicher Hinsicht unrichtig gewesen sind.

Darüber hinaus ist auch nicht zu beanstanden, wenn das LSG - wiederum unangegriffen - festgestellt hat, daß der Bescheid vom 2. Januar 1949 auch rechtlich unrichtig gewesen ist. Denn beim Erlaß dieses Bescheides ist die Verwaltungsbehörde hinsichtlich der Anerkennung der "Bewegungseinschränkung im linken Hüftgelenk" als infolge militärischen Dienstes entstanden von falschen tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen; damit hat sie gleichzeitig das Gesetz (SVD 27) unrichtig angewandt, weil sie zu Unrecht die "Bewegungseinschränkung im linken Hüftgelenk" als durch den militärischen Dienst im Sinne der SVD 27 entstanden anerkannt und dafür Rente nach einer MdE um 40 v. H. gewährt hat (vgl. BSG 10, 72, 75). Das LSG hat somit auf Grund des von ihm festgestellten Sachverhalts mit Recht ausgesprochen, daß der Berichtigungsbescheid vom 16. Februar 1959 insoweit rechtmäßig ist, als darin ausgeführt ist, bereits zur Zeit des Erlasses des Bescheides vom 2. Januar 1949 sei außer Zweifel die darin ausgesprochene Anerkennung der "Bewegungseinschränkung im linken Hüftgelenk" als durch militärischen Dienst entstanden tatsächlich und rechtlich unrichtig gewesen. Die Abänderung dieses Bescheides mit Wirkung vom 1. April 1955 an ist daher nach § 41 VerwVG zu Recht erfolgt.

Wie bereits dargelegt, ist nach den Feststellungen des LSG auch außer Zweifel, daß der Umanerkennungsbescheid nach dem BVG vom 7. August 1951 in tatsächlicher Hinsicht im Zeitpunkt seines Erlasses ebenfalls unrichtig gewesen ist. Dabei trifft jedoch die Auffassung des LSG nicht zu, die Voraussetzung auch der rechtlichen Unrichtigkeit dieses Bescheides sei deshalb nicht gegeben, weil der Bescheid im Zeitpunkt seines Erlasses am 7. August 1951 nach § 85 BVG habe ergehen müssen und somit in rechtlicher Hinsicht überhaupt nicht unrichtig gewesen sein könne. Das LSG verkennt nämlich hierbei, daß die rechtliche Unrichtigkeit dieses Bescheides im Sinne des § 41 VerwVG darin liegt, daß die Versorgungsbehörde auf Grund falscher tatsächlicher Voraussetzungen den § 1 BVG unrichtig angewandt hat. Das aber konnte nur geschehen, weil die Versorgungsbehörde beim Erlaß des Umanerkennungsbescheides noch davon ausgehen mußte, die "Bewegungseinschränkung im linken Hüftgelenk" sei im Bescheid vom 2. Januar 1949 rechtmäßig als durch den militärischen Dienst entstanden anerkannt worden, und weil sie sich infolgedessen nach § 85 BVG an die in diesem Bescheid getroffene Entscheidung über den Ursachenzusammenhang der anerkannten Gesundheitsstörung mit einer Schädigung im Sinne des § 1 BVG im Sinne der Entstehung gebunden hielt. Der § 85 BVG hat aber lediglich die rechtliche Bedeutung, daß eine Entscheidung nach bisherigen versorgungsrechtlichen Vorschriften über den ursächlichen Zusammenhang einer Gesundheitsstörung mit einem schädigenden Vorgang auch für die entsprechende Entscheidung nach dem BVG rechtsverbindlich ist; er betrifft somit nur die nach dem BVG zu erteilende Entscheidung und bestimmt, wie der ursächliche Zusammenhang einer Gesundheitsstörung mit einer Schädigung im Sinne des § 1 BVG zu beurteilen ist, wenn über diese Frage bereits nach bisherigem Versorgungsrecht entschieden worden ist. Dagegen beeinflußt § 85 BVG nicht die Wirksamkeit anderer gesetzlicher Vorschriften, durch die eine nach bisherigen versorgungsrechtlichen Vorschriften ergangene Entscheidung abgeändert oder zurückgenommen werden kann (vgl. Urteil des 10. Senats des BSG - SozR VerwVG § 41 Nr. 24 -). Dadurch also, daß der Bescheid vom 2. Januar 1949 nach § 41 VerwVG wie dargelegt abgeändert worden ist, entfällt auch dessen Wirkung gemäß § 85 BVG, ohne daß hierbei von rechtlicher Bedeutung ist, daß die Entscheidung nach bisherigem Versorgungsrecht - hier der Bescheid vom 2. Januar 1949 - erst nach Erlaß des Bescheides nach dem BVG vom 7. August 1951 durch den Berichtigungsbescheid vom 16. Februar 1959 abgeändert worden ist. Wie das BSG bereits in seinem Urteil vom 19. September 1958 - 9 RV 168/55 - ausgeführt hat, verleiht § 85 BVG dem Beschädigten nicht größere Rechte, als er nach bisherigem Versorgungsrecht besessen hat. Obwohl also der Bescheid vom 7. August 1951 bindend geworden war, konnte er danach beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 41 VerwVG abgeändert oder zurückgenommen werden. Die Wirkung des § 85 BVG ist durch die zutreffende Abänderung des Bescheides vom 2. Januar 1949 beseitigt worden. Deshalb ist vom Zeitpunkt der Aufhebung dieses Bescheides an auch der Bescheid vom 7. August 1951 in rechtlicher Hinsicht unrichtig geworden. Denn die Wirkung, die § 85 BVG hinsichtlich der Frage des ursächlichen Zusammenhangs Bescheiden nach bisherigem Versorgungsrecht beilegt, kann nicht stärker sein als die Wirkung des nach bisherigen versorgungsrechtlichen Vorschriften ergangenen Bescheides selbst, der wegen tatsächlicher und rechtlicher Unrichtigkeit zutreffend nach § 41 VerwVG durch den Bescheid vom 16. Februar 1959 abgeändert worden ist. § 41 VerwVG kann danach auch bei solchen Bescheiden angewandt werden, bei denen eine vorhandene Gesundheitsstörung nach § 85 BVG weiterhin als Schädigungsfolge im Sinne des BVG anerkannt ist, wenn - wie im vorliegenden Falle - der nach bisherigen versorgungsrechtlichen Vorschriften ergangene Bescheid mit Recht abgeändert worden ist. Die Abänderung des Bescheides vom 7. August 1951 durch die Versorgungsbehörde ist somit, soweit darin "Bewegungseinschränkung im linken Hüftgelenk" als Schädigungsfolge im Sinne der Entstehung anerkannt worden ist, durch den Berichtigungsbescheid vom 16. Februar 1959 mit Wirkung für die Zukunft nicht zu beanstanden.

Nach alledem ist die Revision des Beklagten begründet. Das Urteil des Berufungsgerichts mußte deshalb abgeändert und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG als unbegründet zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2380471

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