Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgeltbegriff in der gesetzlichen Unfallversicherung
Leitsatz (amtlich)
Das tarifliche Urlaubsgeld im rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau ist auch dann bei der Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes zu berücksichtigen, wenn es wegen Silikosegefährdung lohnsteuerfrei gezahlt worden ist.
Orientierungssatz
1. Der RFM/RAMErl 1944-09-10 diente der Vereinfachung des Lohnabzuges und beschränkte sich daher auf die Berechnung der Beiträge zur Sozialversicherung. Er hatte also keinen Einfluß auf den Entgeltbegriff, soweit es sich nicht um die Berechnung der Beiträge handelte. Der RAMErl 1944-10-24 bestimmte zwar darüber hinaus, daß die bei der Berechnung der Beiträge nicht zu berücksichtigenden Lohnbezüge auch nicht als Entgelt iS der Sozialversicherung anzusehen sind. Es fällt aber auf, daß der Reichsarbeitsminister trotz dieses in Abs 1 Halbs 1 enthaltenen Grundsatzes in Abs 1 Halbs 2 und Abs 2 für die Jahresarbeitsverdienstgrenze in der Krankenversicherung und in der Rentenversicherung der Angestellten spezielle Regelungen für nötig gehalten hatte. Das deutet darauf hin, daß nicht schematisch und in jedem Fall lohnsteuerfreie Lohnbezüge als Entgelt ausscheiden.
2. Der RAMErl 1944-10-24 geht davon aus, daß das Arbeitsentgelt Berechnungsgrundlage sowohl des Beitrages als auch der Leistungen in der KV und in der RV ist. Deshalb erschien es dem Reichsarbeitsminister auch gerechtfertigt, die Teile des Lohnes, die nach dem gemeinsamen Erlaß für die Beitragsberechnung unberücksichtigt bleiben, allgemein als Arbeitsentgelt iS der Sozialversicherung und damit auch für die Berechnung der Leistungen unberücksichtigt zu lassen. Der Ausgangspunkt, daß der Versicherte auf der Leistungsseite keinen Vorteil aus Bezügen haben soll, für die er keine Beiträge entrichtet hat, trifft indes für die Unfallversicherung nicht zu. Nach RVO § 723 werden die Mittel für die Ausgaben der Berufsgenossenschaften durch Beiträge der Unternehmer aufgebracht. Der abhängig beschäftigte Versicherte zahlt also keine Beiträge, so daß ihn die Frage, welche Teile eines Lohnes oder Gehalts der Beitragsberechnung zugrundegelegt werden, nicht berührt. Hat er also aus dem Umstand, daß bestimmte steuerfreie Teile seines Lohnes und Gehalts der Beitragsberechnung nicht zugrundegelegt werden, keine Vorteile, so erscheint es auch nicht gerechtfertigt, diesem fehlenden Vorteil auf der Beitragsseite einen Nachteil auf der Leistungsseite gegenüberzustellen (vgl BSG 1971-11-23 7/2 RU 225/68 = BSGE 33, 205).
Normenkette
RVO § 160 Abs 1 S 1, § 571 Abs 1 S 1 Fassung: 1963-04-30; SGB 4 § 14 Abs 1 Fassung: 1976-12-23; RFM/RAMErl 1944-09-10; RAMErl 1944-10-24 Abs 1 Halbs 1; RAMErl 1944-10-24 Art 1 Halbs 2; RAMErl 1944-10-24 Abs 2
Verfahrensgang
SG Gelsenkirchen (Entscheidung vom 09.11.1977; Aktenzeichen S 3 BU 62/76) |
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Verletztenrente, insbesondere darüber, ob bei der Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes (JAV) das tarifliche Urlaubsgeld zu berücksichtigen ist.
Die Beklagte gewährte dem Kläger, der bis Oktober 1973 im rh-w schen Steinkohlenbergbau unter Tage tätig gewesen war, mit Bescheid vom 30. Dezember 1975 wegen einer Berufskrankheit nach Nr 35 der Berufskrankheitenverordnung (Quarzstaublungenerkrankung in Verbindung mit aktiver Tuberkulose) eine Verletztenrente von 70 vH der Vollrente für die Zeit vom 1. Juli 1975 an. Als Zeitpunkt des Versicherungsfalles wurde der 11. Oktober 1973 festgestellt. Bei der Berechnung des JAV ließ die Beklagte das Urlaubsgeld nach dem Tarifvertrag über die Gewährung eines Urlaubsgelds im rh Steinkohlenbergbau vom 20. Juni 1968 unberücksichtigt. Auf den Widerspruch des Klägers, mit dem dieser sich gegen den Rentenbeginn, den festgestellten Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) und gegen die Berechnung des JAV gewandt hatte, stellte die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. März 1976 und Ausführungsbescheid vom 23. April 1976 einen höheren JAV - aber ebenfalls ohne Berücksichtigung des Urlaubsgeldes - fest und wies im übrigen den Widerspruch des Klägers zurück.
Nach Klageerhebung hat der Kläger das Angebot der Beklagten, für die Zeit vom 11. Oktober 1973 bis zum 30. Juni 1975 eine MdE von 100 vH und nachfolgend eine MdE von 70 vH anzuerkennen, angenommen und sein Begehren auf die Berücksichtigung des Urlaubsgeldes bei der Berechnung des JAV beschränkt.
Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 9. November 1977 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch darauf, daß ihm das Urlaubsgeld bei der Berechnung des JAV nach den §§ 570 ff der Reichsversicherungsordnung (RVO) als Entgelt angerechnet werde. Der Begriff des Entgelts bestimme sich nach § 160 RVO iVm dem weiterhin geltenden gemeinsamen Erlaß des Reichsfinanzministers und des Reichsarbeitsministers vom 10. September 1944 (AN 1944, 281). Zum Entgelt gehörten danach sämtliche vermögenswerte Vorteile, die einem Beschäftigten für seine Arbeit tatsächlich gewährt werden, soweit sie der Lohnsteuerpflicht unterliegen. Durch Verfügung der nordrheinwestfälischen Oberfinanzdirektion sei geregelt worden, daß das tarifliche Urlaubsgeld lohnsteuerfrei sein könne, wenn es praktisch wie eine Erholungsbeihilfe für silikosegefährdete Beschäftigte im Bergbau behandelt werde. Dem Kläger sei das Urlaubsgeld danach lohnsteuerfrei zugeflossen. Es könne daher bei der Berechnung des JAV nicht als Entgelt berücksichtigt werden. Ein anderes Ergebnis könne auch nicht aus den am 1. Juli 1977 in Kraft getretenen gemeinsamen Vorschriften für die Sozialversicherung im Sozialgesetzbuch (SGB 4) hergeleitet werden. Nach den §§ 14, 17 SGB 4 iVm der Arbeitsentgeltverordnung werde auch in Zukunft im Ergebnis an einer mit dem Lohnsteuerrecht übereinstimmenden Beurteilung des Arbeitsentgelts festgehalten.
Der Kläger hat dieses Urteil im Einverständnis der Beklagten mit der Sprungrevision angefochten, die das SG mit Beschluß vom 25. Januar 1978 zugelassen hat. Er trägt vor, der Begriff des Entgelts und des JAV könne nicht allein anhand der jeweiligen individuellen steuerrechtlichen Behandlung beurteilt werden. Das Urlaubsgeld, das nach dem Tarifvertrag im rh-w Steinkohlenbergbau vom 3. Mai 1974 als Erholungsbeihilfe bezeichnet werde, stehe allen Beschäftigten - auch den nicht Silikosegefährdeten - zu und sei dem Grunde nach lohnsteuerpflichtig. Die Lohnsteuerfreiheit für silikosegefährdete Arbeitnehmer sei eine sozialpolitische Maßnahme, die der finanziellen Entlastung zur Erhaltung der Gesundheit diene. Mit diesem Zweck sei es nicht zu vereinbaren, das Urlaubsgeld bei der Berechnung des JAV unberücksichtigt zu lassen. Die Definition des Entgeltbegriffes in Anlehnung an die steuerrechtliche Behandlung diene lediglich dazu, die Beitragspflicht einzugrenzen und übersichtlich zu halten. Den Vorteil aus der Lohnsteuerfreiheit des Urlaubsgeldes habe in der Unfallversicherung lediglich der beitragspflichtige Arbeitgeber. Es sei nicht gerechtfertigt, daraus bei der Berechnung des JAV einen Nachteil für den Arbeitnehmer abzuleiten.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 9. November 1977 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30. Dezember 1975 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. April 1976 zu verurteilen, das gezahlte tarifliche Urlaubsgeld in Höhe von 300,-- DM bei der Ermittlung des Jahresarbeitsverdienstes gemäß § 571 RVO mit anzurechnen.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil im Ergebnis und in der Begründung für richtig und ist der Ansicht, die Revision des Klägers sei unbegründet.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Sprungrevision des Klägers ist auch begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, denn der Kläger hat einen Anspruch darauf, daß das tarifliche Urlaubsgeld bei der Berechnung des JAV berücksichtigt wird.
Nach § 581 Abs 1 Nr 1 RVO beträgt die Verletztenvollrente zwei Drittel des JAV. Die Verletztenteilrente wird nach § 581 Abs 1 Nr 2 RVO nach dem jeweiligen Grad der MdE von der Vollrente berechnet, ist also in ihrer Höhe vom JAV abhängig.
Der nach § 572 RVO maßgebende Zeitpunkt liegt hier in jedem Fall vor dem Inkrafttreten des SGB 4 am 1. Juli 1977, so daß sich die Berechnung des JAV nach § 571 RVO in der vor dem 1. Juli 1977 gültig gewesenen Fassung (aF) richtet. Als JAV gilt danach das Arbeitseinkommen des Verletzten im Jahre vor dem Arbeitsunfall, dh bei Berufskrankheiten vor dem nach § 572 RVO maßgebenden Zeitpunkt. Der Begriff des Arbeitseinkommens war in der RVO nicht näher definiert. Es muß daher davon ausgegangen werden, daß dazu - ebenso wie nach § 571 RVO idF des SGB 4 (nF) - der Gesamtbetrag aller Arbeitsentgelte (aus abhängiger Beschäftigung) und Arbeitseinkommen (aus selbständiger Tätigkeit) gehörte. Der Kläger hat in der maßgebenden Zeit lediglich Arbeitsentgelt aus abhängiger Beschäftigung erzielt, so daß es für die Entscheidung nur darauf ankommt, ob das Urlaubsgeld zum Arbeitsentgelt in diesem Sinne gehörte.
Nach § 160 Abs 1 RVO aF gehörten zum Entgelt iS der RVO neben Gehalt oder Lohn auch Gewinnanteile, Sachbezüge und andere Bezüge, die der Versicherte, wenn auch nur gewohnheitsmäßig, statt des Gehalts oder Lohnes oder neben ihm von dem Arbeitgeber oder von einem Dritten erhielten. Dieser Begriff des Entgelts ist durch den gemeinsamen Erlaß des Reichsministers der Finanzen und des Reichsarbeitsministers vom 10. September 1944 (AN 1944, 281), der als geltendes Recht angesehen und erst durch § 21 Abs 1 Nr 4 SGB 4 aufgehoben wurde, dahin erläutert und ergänzt worden, daß die Beiträge zur Sozialversicherung grundsätzlich von dem Betrag zu berechnen waren, der für die Berechnung der Lohnsteuer maßgebend war. Der Erlaß des Reichsarbeitsministers vom 24. Oktober 1944 (AN 1944, 302) hat dann bestimmt, daß zum Entgelt iS der Sozialversicherung solche Lohnbezüge nicht gehören, die nach dem genannten gemeinsamen Erlaß vom 10. September 1944 bei der Berechnung der Beiträge außer Ansatz bleiben. Danach galten grundsätzlich nur die lohnsteuerpflichtigen Bezüge aus abhängiger Beschäftigung als Arbeitsentgelt iS des § 160 RVO aF.
Obwohl dem Kläger nach den nicht angegriffenen Feststellungen des SG das Urlaubsgeld lohnsteuerfrei zugeflossen ist, gehört es zu dem nach § 571 RVO aF bei der Berechnung des JAV zu berücksichtigenden Arbeitsentgelt. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Versteuerung des Urlaubsgeldes zu Recht oder zu Unrecht unterblieben ist. Zweifel an der Lohnsteuerfreiheit des Urlaubsgeldes bestehen im konkreten Fall deshalb, weil nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (Urteil vom 14. Januar 1954, Bundessteuerblatt III, 86) eine Erholungsbeihilfe - wozu das Urlaubsgeld gerechnet werden kann - unter anderem nur dann lohnsteuerfrei ist, wenn die Verwendung zu einer Erholung sichergestellt ist, die ein geeignetes Mittel zur Bekämpfung der typischen Berufskrankheit ist. Dazu fehlen im angefochtenen Urteil die entsprechenden Feststellungen. Es genügt nicht, daß die zuständigen Oberfinanzdirektionen durch Verfügungen das Urlaubsgeld im Bergbau generell oder in bestimmten Fällen für lohnsteuerfrei erklärt haben. Selbst wenn aber das Urlaubsgeld des Klägers mit Recht lohnsteuerfrei ausgezahlt worden ist, gehört es iS des § 571 RVO aF doch zu dem für die Berechnung des JAV zu berücksichtigenden Arbeitsentgelt.
Der gemeinsame Erlaß vom 10. September 1944 diente der Vereinfachung des Lohnabzuges und beschränkte sich daher auf die Berechnung der Beiträge zur Sozialversicherung. Er hatte also keinen Einfluß auf den Entgeltbegriff, soweit es sich nicht um die Berechnung der Beiträge handelte. Der Erlaß des Reichsarbeitsministers vom 24. Oktober 1944 bestimmte zwar darüber hinaus, daß die bei der Berechnung der Beiträge nicht zu berücksichtigenden Lohnbezüge auch nicht als Entgelt im Sinne der Sozialversicherung anzusehen sind. Es fällt aber auf, daß der Reichsarbeitsminister trotz dieses in Abs 1 Halbs 1 enthaltenen Grundsatzes in Abs 1 Halbs 2 und Abs 2 für die Jahresarbeitsverdienstgrenze in der Krankenversicherung und in der Rentenversicherung der Angestellten spezielle Regelungen für nötig gehalten hatte. Das deutet darauf hin, daß nicht schematisch und in jedem Fall lohnsteuerfreie Lohnbezüge als Entgelt ausscheiden. Dafür spricht auch der Umstand, daß zB die Teile des Lohnes, die wegen der Geltendmachung von Sonderausgaben oder Werbungskosten usw nicht der Lohnsteuerpflicht unterliegen, dem Entgelt zugerechnet wurden. Eine Ausnahme von dem in Abs 1 Halbs 1 des Erlasses vom 24. Oktober 1944 enthaltenen Grundsatz muß jedenfalls für die Berechnung des JAV in der Unfallversicherung gelten.
Der Erlaß des Reichsarbeitsministers geht davon aus, daß das Arbeitsentgelt Berechnungsgrundlage sowohl des Beitrages als auch der Leistungen in der Krankenversicherung und in der Rentenversicherung ist. Deshalb erschien es dem Reichsarbeitsminister auch gerechtfertigt, die Teile des Lohnes, die nach dem gemeinsamen Erlaß für die Beitragsberechnung unberücksichtigt bleiben, allgemein als Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung und damit auch für die Berechnung der Leistungen unberücksichtigt zu lassen. Der Ausgangspunkt, daß der Versicherte auf der Leistungsseite keinen Vorteil aus Bezügen haben soll, für die er keine Beiträge entrichtet hat, trifft indes für die Unfallversicherung nicht zu. Nach § 723 RVO werden die Mittel für die Ausgaben der Berufsgenossenschaften durch Beiträge der Unternehmer aufgebracht Der abhängig beschäftigte Versicherte zahlt also keine Beiträge, so daß ihn die Frage, welche Teile eines Lohnes oder Gehalts der Beitragsberechnung zugrundegelegt werden, nicht berührt. Hat er also aus dem Umstand, daß bestimmte steuerfreie Teile seines Lohnes und Gehalts der Beitragsberechnung nicht zugrundegelegt werden, keine Vorteile, so erscheint es auch nicht gerechtfertigt, diesem fehlenden Vorteil auf der Beitragsseite einen Nachteil auf der Leistungsseite gegenüberzustellen (vgl hierzu auch BSGE 33,205,208).
Diesem Gesichtspunkt trug § 13 Halbs 2 des Zweiten Vermögensbildungsgesetzes (2. VermBG - BGBl 1965 I 585 -) Rechnung, wonach der in Halbs 1 aaO niedergelegte Grundsatz, daß vermögenswirksame Leistungen nach dem 2. VermBG kein Entgelt im Sinne der Sozialversicherung sind, nicht für die gesetzliche Unfallversicherung galt. Auch § 3 der Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) vom 7. Juli 1977 (BGBl I, 1208) enthält aus den gleichen Gründen für die gesetzliche Unfallversicherung abweichend von dem in § 1 niedergelegten Grundsatz eine Ausnahmeregelung, wonach bestimmte lohnsteuerfreie Beträge dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind. Nach § 2 Abs 1 Nr 2 ArEV sind Erholungsbeihilfen nach § 40 Abs 2 des Einkommensteuergesetzes dem Arbeitsentgelt nur soweit nicht zuzurechnen, als der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz erhebt. Wenn die genannten Vorschriften auch auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden sind, so zeigen sie doch deutlich, daß in der Unfallversicherung - anders als in der Krankenversicherung und Rentenversicherung - wegen der fehlenden Wechselwirkung zwischen Beitrag und Leistung steuerfreie Beträge, die im übrigen nicht als Entgelt anzusehen sind, bei der Berechnung der Leistungen aus der Unfallversicherung durchaus berücksichtigt werden können.
Bei der Beurteilung des vorliegenden Falls darf außerdem nicht übersehen werden, daß das tarifliche Urlaubsgeld allen Arbeitnehmern des rh-w Steinkohlenbergbaus zustand, also auch solchen, die nicht der Gefahr einer typischen Berufskrankheit ausgesetzt sind. Für diese Arbeitnehmer war und ist das Urlaubsgeld nicht lohnsteuerfrei, so daß es iS des § 160 RVO aF und der zitierten Erlasse als Arbeitsentgelt bei der Berechnung des JAV ohnehin zu berücksichtigen ist. Es wäre aber nicht gerechtfertigt, die einer typischen Berufskrankheit ausgesetzten Arbeitnehmer bei den Leistungen aus der Unfallversicherung schlechterzustellen, obwohl sie aus der Steuerfreiheit des Urlaubsgeldes auf der Beitragsseite keine Vorteile haben. Die Lohnsteuerfreiheit wird ihnen deshalb gewährt, damit sie das volle Urlaubsgeld für die der Gefährdung entgegenwirkende Erholung zur Verfügung haben. Es kann nicht Sinn einer solchen Regelung sein, die gefährdeten Arbeitnehmer, die ohnehin größere Aufwendungen für die Erholung haben, bei den Leistungen der Unfallversicherung schlechterzustellen als die im allgemeinen ungefährdeten Arbeitnehmer.
Der erkennende Senat hat zwar in seinem Urteil vom 28. November 1978 - 5 RKn 21/77 (= SozR 2600 § 45 Nr 23) entschieden, daß die Jahresvergütung im rh-w Steinkohlenbergbau, zu der auch das nunmehr als Erholungsbeihilfe bezeichnete Urlaubsgeld gehört, bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit zweier Tätigkeiten iS des § 45 Abs 1 Nr 2 Reichsknappschaftsgesetz (RKG) nicht zu berücksichtigen ist. Damit hat er jedoch nicht den Entgeltcharakter verneint, sondern lediglich zum Ausdruck gebracht, daß die Jahresvergütung trotz Entgeltcharakters den wirtschaftlichen Wert einer Tätigkeit nicht bestimmt.
Es kann dahingestellt bleiben, ob für die Zeit nach dem 1. Juli 1977 § 571 RVO idF des SGB 4, § 14 SGB 4 und § 3 ArEV anzuwenden sind, obwohl sie nicht ausdrücklich auf frühere Versicherungs fälle für anwendbar erklärt worden sind. Denn die Anwendung dieser Vorschriften würde zu keinem anderen Ergebnis führen.
Der Senat hat auf die danach begründete Revision des Klägers das angefochtene Urteil aufgehoben und die Beklagte antragsgemäß zur Gewährung einer höheren Verletztenrente unter Berücksichtigung des Urlaubsgeldes verurteilt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen