Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 17. August 1960 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

I

Der 1888 geborene Kläger beantragte am 14. Mai 1958 bei der Beklagten die Zahlung von Rente aus der Arbeiterrentenversicherung und gleichzeitig die Gewährung eines Zuschusses zu seinem Krankenversicherungsbeitrag bei dem L. V. B. Krankenversicherung auf Gegenseitigkeit, dessen Mitglieder seit 1940 ist.

Durch Bescheid vom 6. April 1959 gewährte ihm die Beklagte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit vom 1. Januar 1957 an. Da er nicht zu den nach § 165 Abs. 1 Nr. 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherten Rentnern gehörte, bewilligte sie ihm weiter mit Bescheid vom 25. April 1959 nach § 381 Abs. 4 Satz 2 RVO einen Zuschuß zu seinem Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von monatlich 17,40 DM vom 1. April 1959 an, d. h. vom Beginn des Monats, in dem er den Rentenbescheid erhalten hatte.

Hiergegen erhob der Kläger Klage vor dem Sozialgericht (SG) Aurich mit der Begründung, daß ihm der Beitragszuschuß vom Rentenbeginn (1. Januar 1957) bzw. vom Monat der Antragstellung (1. Mai 1958) an, spätestens aber ab 1. September 1958 als dem Zeitpunkt nach Ablauf der durchschnittlichen Bearbeitungsdauer von Rentenanträgen zustehe. Daß die Beklagte ohne hinreichenden Grund über seinen Antrag erst nach elf Monaten entschieden habe, dürfe ihm nicht zum Nachteil gereichen.

Die Beklagte vertrat demgegenüber die Auffassung, in erster Linie sei die Klage unzulässig, weil bisher das in § 80 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) vorgeschriebene Vorverfahren nicht durchgeführt worden sei. Abgesehen hiervon sei die Klage auch unbegründet, da dem Kläger der Zuschuß für eine Zeit vor Aushändigung des Bewilligungsbescheides nicht zustehe. Im übrigen könne von einer schleppenden Erledigung des Antrages keine Rede sein, da zur Vervollständigung der Beitragsunterlagen schwierige Ermittlungen erforderlich gewesen seien.

Das SG verurteilte die Beklagte am 31. März 1960 entsprechend dem Antrag des Klägers, ihm in Abänderung ihres Bescheides vom 25. April 1959 einen Zuschuß zur Krankenversicherung (KrV) in gesetzlicher Höhe vom 1. Mai 1958 an zu zahlen. Es hielt die Klage trotz des fehlenden Vorverfahrens für zulässig und für die Zeit seit dem Rentenantrag sachlich für begründet. Im Urteil ist die Berufung zugelassen worden.

Die von der Beklagten eingelegte Berufung wurde vom Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen durch Urteil vom 17. August 1960 unter Zulassung der Revision als unbegründet zurückgewiesen. Es schloß sich im wesentlichen der Auffassung des SG an. Die Durchführung eines Vorverfahrens sei weder nach § 79 Nr. 1 noch nach § 80 Nr. 1 SGG erforderlich gewesen. Auf die Zahlung des Beitragszuschusses zur KrV habe der Rentner einen Rechtsanspruch. Es handele sich auch nicht um eine Angelegenheit der KrV; darunter seien nur die eigentlichen Krankenversicherungsangelegenheiten zu verstehen, also vor allem die Angelegenheiten, bei denen der Krankenversicherungsträger, wie zB bei der Leistungsgewährung, mit den Versicherten in Beziehung trete. Hier dagegen seien die Beziehungen des Versicherten zu dem Rentenversicherungsträger streitig. Im übrigen sei es noch eine offene Frage, ob nicht die Nichteinlegung des Widerspruchs (§ 83 SGG) wie bei ähnlichen Rechtsbehelfen in der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit dann unschädlich sei, wenn die beklagte Verwaltung den Mangel des Vorverfahrens nicht gerügt habe oder zwar gerügt, jedoch durch ihr Verhalten im Prozeß unzweideutig zum Ausdruck gebracht habe, daß sie ihre ablehnende Haltung nicht ändern wolle.

Die Berufung sei aber auch sachlich nicht begründet. § 381 Abs. 4 RVO bestimme, daß die dort bezeichneten Berechtigten den Beitragszuschuß auf ihren Antrag erhielten. Der Antrag sei damit materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung. Das gelte jedoch dann nicht, wenn der Antrag auf Gewährung eines Zuschusses zugleich mit dem Rentenantrag gestellt werde und die Rente bereits von einem vor der Antragstellung liegenden Zeitpunkt an zuerkannt werde. In solchen Fällen sei der dem § 1290 RVO innewohnende Rechtsgedanke heranzuziehen, daß unter gewissen Voraussetzungen Leistungen schon für die Zeit vor Antragstellung zu gewähren seien. Damit würde dem Kläger, dem die Rente vom 1. Januar 1957 an zugebilligt worden sei, an sich schon von diesem Zeitpunkt an der Beitragszuschuß zustehen. Da er ihm in dem angefochtenen Urteil aber erst vom 1. Mai 1958 an zuerkannt worden sei und der Kläger keine Anschlußberufung eingelegt habe, hätte es hierbei bleiben müssen.

Gegen das ihr am 31. August 1960 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21. September 1960 Revision eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Sie rügt Verletzung des § 80 Nr. 1 SGG und des § 381 Abs. 4 RVO.

Zwar seien die Beiträge für die KrV der Rentner nach § 1235 RVO Regelleistungen der Rentenversicherung. Jedenfalls bei der Beitragszahlung für die in der gesetzlichen KrV pflichtversicherten Rentner handele es sich indes um eine Angelegenheit der KrV i. S. des § 80 Nr. 1 SGG, weil die Beitragsverpflichtung nicht gegenüber dem Versicherten bestehe, sondern gegenüber dem Träger der KrV. Der Beitragszuschuß, auf den die nicht versicherungspflichtigen Rentner einen Anspruch hätten, könne aber nicht anders beurteilt werden. Sie, die Beklagte, habe ferner wiederholt darauf hingewiesen, daß sie die Klage wegen des fehlenden Vorverfahrens für unzulässig halte. Somit hätte die Klage in erster Linie als unzulässig abgewiesen werden müssen.

Im übrigen sei das angefochtene Urteil auch sachlich nicht richtig. § 1290 RVO könne auf den Beginn des Beitragszuschusses schon deswegen nicht angewendet werden, weil er allein eine Vorschrift für den Beginn der Renten sei. Außerdem sei in § 381 Abs. 4 RVO auch nicht auf die Stellung des Rentenantrages abgestellt. Der Satz 1 dieser Vorschrift behandele die in der gesetzlichen KrV freiwillig versicherten Rentner. Satz 2 beziehe sich auf diejenigen Rentner, die bei einem privaten Versicherungsunternehmen gegen Krankheit versichert sind. Im Satz 1 würden „Personen, welche die Voraussetzungen für den Rentenbezug erfüllen”, erwähnt, im Satz 2 dagegen „Rentenempfänger”. Hätte der Gesetzgeber damit keine unterschiedliche Regelung treffen wollen, so hätte es des besonderen Satzes 2 nicht bedurft. Der Rentner im Sinne des Satzes 1 habe somit einen Anspruch auf Zuschuß von dem Zeitpunkt an, in dem die Voraussetzungen für den Bezug einer Rente erfüllt seien, d. h. vom Rentenbeginn an, der im Satz 2 genannten dagegen erst dann, wenn er Rentenempfänger sei. Hierfür sei aber die Erteilung eines Rentenbescheides unabdingbare Voraussetzung. Der Beginn des Zuschusses zur freiwilligen KrV der Rentner sei somit unterschiedlich geregelt, je nachdem, ob es sich um eine freiwillige Versicherung in der gesetzlichen oder in der privaten KrV handele. Ein zwingender Grund für die gleiche Behandlung der beiden verschiedenen Personenkreise sei nicht ersichtlich, deshalb verstoße diese differenzierte Behandlung auch nicht gegen allgemeine Grundsätze des Verfassungsrechts (Art. 3 Abs. 1 GG).

Die Beklagte und Revisionsklägerin beantragt,

  • das Urteil des LSG Niedersachsen vom 17. August 1960 und das Urteil des SG Aurich vom 31. März 1960 aufzuheben
  • und die Klage gegen ihren Bescheid vom 25. April 1959 abzuweisen.

Der Kläger und Revisionsbeklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II

Die form- und fristgerecht eingelegte und nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 statthafte Revision ist nicht begründet.

Zunächst hat das LSG aus zutreffenden Gründen die Klage für zulässig gehalten. Der vorherigen Durchführung eines Vorverfahrens bedurfte es nicht. Zu Unrecht beruft sich die Beklagte auf den hier allein in Betracht kommenden § 80 SGG. Nach dessen Nr. 1 findet ua ein Verfahren statt „in allen Angelegenheiten der KrV”. Eine solche lag nicht vor. Wie der Senat bereits in BSG 7, 60, 63 ausgesprochen hat, zwingt der Begriff „Angelegenheit der KrV” trotz seiner weiten Fassung zu einer engen Auslegung. Hierunter sind vor allem die Angelegenheiten zu verstehen, bei denen die Krankenkasse mit den Versicherten, insbesondere bei der Leistungsgewährung, in Beziehung tritt, oder bei denen es sich um die Versicherungspflicht oder die Versicherungsberechtigung in der KrV handelt. Dagegen kann ein Streit über den Anspruch auf den Beitragszuschuß nach § 381 Abs. 4 RVO hierunter schon deshalb nicht fallen, weil die Krankenkasse an diesem Streit nicht beteiligt ist; der Anspruch richtet sich vielmehr allein gegen den Rentenversicherungsträger. Für die vom Senat vertretene Auffassung spricht ferner § 1235 Nr. 5 RVO, wonach die Beiträge für die KrV der Rentner eine Regelleistung der Rentenversicherung (RentV) sind. Daß die näheren Vorschriften über den Zuschuß zur freiwilligen KrV der Rentner in den § 381 RVO und damit in das Zweite Buch der RVO über die KrV aufgenommen worden sind, ist demgegenüber von untergeordneter Bedeutung. § 381 Abs. 4 RVO ist erst in der 2. und 3. Lesung des Dritten Gesetzes über Änderungen und Ergänzungen von Vorschriften des Zweiten Buches der RVO (Gesetz über Krankenversicherung der Rentner –KVdR–) vom 12. Juni 1956 (BGBl I 500) im Bundestag beschlossen worden, weil man den Personen, die nicht zu den in § 165 Abs. 1 Nr. 3 und 4 RVO bezeichneten Pflichtversicherten gehören, etwa die gleichen Ansprüche gegen die Rentenversicherungsträger geben wollte, die krankenversicherungspflichtige Rentenberechtigte neben ihrer Rente haben (so Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode 1953, Stenogr. Berichte Bd. 29, 7277 und 7348). Bei den Verhandlungen ist jedoch der Einordnung dieser Vorschrift in das Zweite Buch der RVO (KrV) keine besondere Bedeutung beigemessen worden. Im Sinne einer besseren systematischen Einordnung soll im übrigen nach dem Entwurf des Krankenversicherungsneuregelungsgesetzes (vgl. die Bt-Drucksache Nr. 1540 vom 14. Januar 1960 S. 44 und 121) der bisherige § 381 Abs. 4 RVO als § 1304a RVO in das Vierte Buch der RVO (RentV der Arbeiter) übernommen werden. Die Einfügung des § 381 Abs. 4 in das Zweite Buch der RVO (KrV) ist somit nicht geeignet, den Anspruch auf den Beitragszuschuß gegen die Rentenversicherungsträger zu einer Angelegenheit der KrV in dem dargelegten engen Sinne des § 80 Nr. 1 SGG zu machen. Dasselbe gilt für den Umstand, daß Rechtsstreitigkeiten aus § 381 Abs. 4 RVO nach dem vom 1. Januar 1961 an gültigen Geschäftsverteilungsplan des Bundessozialgerichts (BSG) ausschließlich dem 3. Senat zugewiesen worden sind, denn für Fragen der Geschäftsverteilung sind andere Erwägungen maßgebend. Das LSG hat somit zutreffend angenommen, daß es eines Vorverfahrens nicht bedurfte.

Desgleichen ist in der sachlich-rechtlichen Beurteilung des Streitfalles dem LSG jedenfalls im Ergebnis zu folgen. Nach § 381 Abs. 4 Satz 1 RVO idF des genannten Gesetzes vom 12. Juni 1956 erhalten Personen, welche die Voraussetzungen für den Bezug einer Rente oder einer Hinterbliebenenrente aus der RentV der Arbeiter oder eines Ruhegeldes oder einer Hinterbliebenenrente aus der RentV der Angestellten erfüllen, aber nicht zu den in § 165 Abs. 1 Nr. 3 und 4 RVO bezeichneten Personen gehören, auf ihren Antrag von dem zuständigen Träger der RentV zu ihrem Krankenversicherungsbeitrag den dort näher bezeichneten Durchschnittssatz, wenn sie nachweisen, daß sie als freiwillige Mitglieder in der gesetzlichen KrV versichert sind. Nach Satz 2 dieses Absatzes haben den gleichen Anspruch „Empfänger von Renten und Hinterbliebene aus den Versicherungen der Arbeiter und Angestellten”, die bei einem privaten Versicherungsunternehmen gegen Krankheit versichert sind. Aus dieser unterschiedlichen Bezeichnung der Anspruchsberechtigten kann entgegen der Auffassung der Beklagten nicht gefolgert werden, daß der Beginn des Beitragszuschusses für die in Satz 1 und 2 genannten Rentner unterschiedlich geregelt ist. Sinn und Zweck des Gesetzes ergeben das Gegenteil. Nach § 2 der Verordnung des Reichsarbeitsministers über die KrV der Rentner vom 4. November 1941 (RGBl I 689) hatte die KrV der damals allgemein pflichtversicherten Rentner mit dem Tage begonnen, an dem sie den Rentenbescheid erhielten, frühestens aber mit dem Tage des Rentenbeginns. Diese Regelung war als unbillig empfunden worden, weil für die Zeit zwischen dem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis und der Zustellung des Rentenbescheides – von der Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung abgesehen – oft ein Krankenversicherungsschutz fehlte und nicht selten eine Betreuung durch die Fürsorge erfolgen mußte (vgl. Jantz, Krankenversicherung der Rentner, Einführung S. T 11). Bei der Neuordnung der Rentnerkrankenversicherung im Jahre 1956 wurde deshalb die frühere Regelung über den Versicherungsbeginn der nunmehr nach den neuen Vorschriften des § 165 Abs. 1 Nr. 3 und 4 RVO pflichtversicherten Rentner geändert. Jetzt hat schon die Stellung eines Rentenantrages nach § 165 Abs. 1 Nr. 3 und 4 i.V.m. § 306 Abs. 2 RVO die Mitgliedschaft in der gesetzlichen KrV zur Folge, sofern der Antragsteller die Voraussetzungen für den Bezug der begehrten Rente erfüllt und zu den in den genannten Vorschriften bezeichneten Personen gehört. Dabei ist indes zu beachten, daß nach dem bei Erlaß des Gesetzes über die KrV der Rentner geltenden § 1286 RVO aF eine Rente grundsätzlich nicht vor dem Monat beginnen konnte, in dem der Rentenantrag gestellt wurde. Anders als nach § 1290 RVO in der vom 1. Januar 1957 an gültigen Passung des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) war es mithin in der Regel ausgeschlossen, daß eine Rente bereits für eine längere Zeit vor der Antragstellung zu zahlen war. Dazu kommt, daß eine nachträgliche KrV für bereits abgelaufene Zeiträume nur schwer durchführbar wäre. Deshalb ist der Beginn der Pflichtversicherung mit gutem Grund auf den Tag der Stellung des Rentenantrages festgesetzt worden. Dementsprechend hat der Rentenversicherungsträger nach § 381 Abs. 2 i.V.m. § 165 Abs. 1 Nr. 3 und 4 RVO die Beiträge für die Pflichtversicherten frühestens vom Rentenantrag an zu zahlen; für Fälle jedoch, in denen die Rente erst für eine Zeit nach der Antragstellung bewilligt wird, hat er die Beiträge – wie sich aus § 381 Abs. 3 Sätze 2 und 3 RVO ergibt – erst vom Beginn der Rente an zu leisten.

Für die Rentner, die nicht nach § 165 Abs. 1 Nr. 3 und 4 RVO pflichtversichert sind, sich aber freiwillig in der gesetzlichen KrV versichern (§§ 176 Abs. 1 Nr. 4, 313 RVO), hat das Gesetz (§ 381 Abs. 4 RVO) den Rentenversicherungsträgern die Zahlung eines Zuschusses („Betrages”) zu den Beiträgen der Rentner auferlegt. Diesen Zuschuß – anders als den Beitrag für die Pflichtversicherten – schon für Zeiten vor der Antragstellung zu zahlen, sofern die Rente vor diesem beginnt, wäre im Hinblick auf die Regelung in § 381 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 RVO, sowie die Gleichstellung mit den pflichtversicherten Rentnern nicht gerechtfertigt. Es fehlt jeder Grund, die freiwillig in der gesetzlichen KrV versicherten Rentner hinsichtlich des Beginns der Leistungen der RentV zur KrV anders zu behandeln als die pflichtversicherten Rentner. Daher kann § 381 Abs. 4 Satz 1 RVO nur dahin verstanden werden, daß den Rentnern, die sich in der gesetzlichen KrV freiwillig versichert haben, der Beitragszuschuß ebenfalls frühestens vom Rentenantrag an, jedoch nicht für eine Zeit vor Beginn der Rente zu gewähren ist. Denn § 381 Abs. 4 RVO ist gerade, wie bereits dargelegt, geschaffen worden, um den Rentnern, die nicht zu den nach § 165 Nr. 3 und 4 Pflichtversicherten gehören, sich aber freiwillig gegen Krankheit versichern, neben der Rente grundsätzlich die gleichen Beträge zukommen zu lassen, die die Rentenversicherungsträger für die krankenversicherungspflichtigen Rentner durch die Beitragszahlungen an die Krankenkassen aufwenden.

Die gleiche Regelung, die hiernach für die freiwillig in der gesetzlichen KrV versicherten Rentner maßgebend ist, muß aber auch für die bei einem privaten Versicherungsunternehmen gegen Krankheit versicherten Rentner gelten, denn diese haben nach § 381 Abs. 4 Satz 2 RVO hinsichtlich des Zuschusses zu ihrem Beitrag „den gleichen Anspruch”. Insbesondere ist es daher nicht zulässig, die privatversicherten Rentner schlechter zu stellen und für sie die Zahlung des Beitragszuschusses erst mit der Aushändigung des Rentenbescheides beginnen zu lassen. Die Worte „Empfänger von Renten und Hinterbliebenenrenten aus den Versicherungen der Arbeiter und der Angestellten” in § 381 Abs. 4 Satz 2 RVO sollen vielmehr ersichtlich nur ein kürzerer Ausdruck für die Formulierung in Satz 1 sein, der von Personen spricht, „welche die Voraussetzungen für den Bezug einer Rente oder einer Hinterbliebenenrente aus der RentV der Arbeiter oder eines Ruhegeldes oder einer Hinterbliebenenrente aus der RentV der Angestellten erfüllen, aber nicht zu den in § 165 Abs. 1 Nr. 3 und 4 bezeichneten Personen gehören”. Dafür, daß hier eine sachliche Differenzierung beabsichtigt sein sollte, ist in den angegebenen Gesetzesmaterialien kein Anhalt zu finden. Vielmehr ergeben die widerspruchslos entgegengenommenen Ausführungen der Abgeordneten Kalinke bei der 2. und 3. Lesung des Gesetzes über die KVdR zu dem oben erwähnten Änderungsantrag eindeutig das Gegenteil. Danach sollten gleiches Recht und gleiche Pflichten gleichermaßen in allen Versichertengemeinschaften gelten. Gegen diese Auslegung des § 381 Abs. 4 Satz 2 RVO spricht nicht, daß auch § 176 Abs. 1 Nr. 4 RVO von „Empfängern” von Renten handelt; denn dabei handelt es sich um die Abgrenzung des versicherungsberechtigten Personenkreises, während § 381 Abs. 4 Satz 2 RVO diesen voraussetzt und die Gleichstellung der in der privaten und in der gesetzlichen KrV Versicherten vorschreibt. Nach alledem entsteht der Anspruch auf den Beitragszuschuß nach § 381 Abs. 4 RVO für alle freiwillig in der gesetzlichen oder privaten KrV versicherten Rentner zu dem gleichen Zeitpunkt; sein Beginn bestimmt sich danach, von wann ab die Versicherungsträger für pflichtversicherte Rentner Krankenversicherungsbeiträge zu leisten hätten. Damit ist zugleich dargetan, daß der Antrag auf den Beitragszuschuß keine materiell-rechtliche, sondern nur verfahrensrechtliche Bedeutung haben kann.

Das LSG hat somit die Beklagte zu Recht zur Leistung dieses Zuschusses vom 1. Mai 1958 an verurteilt, so daß deren Revision keinen Erfolg haben kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Unterschriften

Dr. Bogs, Dr. Langkeit, Dr. Schubert

 

Fundstellen

Haufe-Index 674135

BSGE, 112

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