Leitsatz (redaktionell)
1. Die Geltendmachung der Rückforderung für einen Zeitraum, der länger als 4 Jahre seit Beginn des Jahres zurückliegt, in dem der Rückforderungsbescheid ergangen ist, stellt regelmäßig eine unzulässige Rechtsausübung dar.
2. Der 9. Senat folgt der Auffassung des 10. Senats im Urteil BSG 1964-04-17 10 RV 1299/61 - unzulässige Rechtsausübung, wenn die Versorgungsbehörde den Rückforderungsanspruch für einen Zeitraum geltend macht, der mehr als 4 Jahre seit dem Beginn des Jahres zurückliegt, in dem der Rückforderungsbescheid ergangen ist - soweit die verspätete Geltendmachung der Rückforderung nur auf Untätigkeit der Versorgungsbehörde beruht.
Hat die Versorgungsbehörde darüber hinaus Handlungen vorgenommen, die den Verpflichteten veranlassen konnten anzunehmen, der Anspruch werde nicht mehr geltend gemacht, kann auch vor Ablauf von 4 Jahren die Geltendmachung der Rückforderung wegen unzulässiger Rechtsausübung rechtswidrig sein.
Eine verspätete Geltendmachung kann der Versorgungsbehörde andererseits aber dann nicht entgegengehalten werden, wenn der Versorgungsberechtigte die Überzahlung durch eigenes schuldhaftes Verhalten verursacht hat.
Die Versorgungsbehörde kann die Bezüge noch zurückfordern, wenn sie auch bei ordnungsgemäßer Bearbeitung der Sache erst innerhalb des Zeitraumes von 4 Jahren den Grund für die Überzahlung der vor dieser Frist geleisteten Versorgungsbezüge erkennen konnte.
Eine unzulässige Rechtsausübung liegt auch dann vor, wenn die Versorgungsbehörde deshalb den Anspruch erst nach Ablauf einer angemessenen Frist erheben kann, weil sie auf Grund objektiv fehlerhafter Bearbeitung der Sache verspätet von dem Entstehen des Anspruchs Kenntnis erlangt hat.
Normenkette
KOVVfG § 47 Fassung: 1955-05-02
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. Februar 1964 insoweit aufgehoben, als ein Anspruch auf Rückforderung der für die Zeit vom 1. Oktober 1951 bis 31. März 1952 gewährten Versorgungsbezüge abgelehnt worden ist. In diesem Umfange wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
Durch Bescheid vom 12. Juni 1951 wurde der Klägerin wegen Verschollenheit ihres Ehemannes ab 1. Oktober 1950 Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) bewilligt. 1953 stellte das Finanzministerium Baden-Württemberg fest, daß ihr rückwirkend ab 1. April 1951 auch Hinterbliebenenversorgung aufgrund des Gesetzes zur Regelung der unter Art. 131 des Grundgesetzes (GG) fallenden Personen in Verbindung mit § 106 des Deutschen Beamtengesetzes (DBG) gewährt werde. Das Regierungspräsidium Südbaden teilte dies im Mai 1953 dem Versorgungsamt (VersorgA) Freiburg mit und gab die nach den allgemeinen Bestimmungen des DBG - nach Ruhensregelung - sich ergebenden Bezüge an. Das Schreiben, das die Aufforderung enthielt, Ersatzansprüche binnen drei Wochen geltend zu machen, wurde von dem VersorgA mit dem Vermerk versehen: Kinderlose Witwe zwischen 40 bis 50 Jahren. Ersatzanspruch wird nicht geltend gemacht, da nur Grundrente gezahlt wird. Durch Bescheid vom 31. Juli 1954 wurden der Klägerin ab 1. April 1951 Bezüge von 52,42 DM monatlich, und zwar als beamtenrechtliche Unfallversorgung, bewilligt. Das hierüber an das seither zuständige VersorgA Freiburg gerichtete Schreiben des Regierungspräsidiums Südbaden vom 2. August 1954 ist bei dem VersorgA Karlsruhe, das erstmalig für die Anweisung der Septemberbezüge zuständig geworden war, nicht eingegangen. 1955 und 1956 wurde die nach dem Dritten und Vierten Gesetz zur Änderung des BVG erhöhte Grundrente ohne Berücksichtigung der beamtenrechtlichen Versorgung gewährt. Auf eine Mitteilung des Regierungspräsidiums Südbaden vom 25. Januar 1957 über die ab 1. Januar 1956 nach den Unfall-Versorgungsbestimmungen gewährten höheren Bezüge stellte das VersorgA durch Bescheid vom 15. Februar 1957 fest, daß der Klägerin vom 1. Februar 1956 bis zum 28. Februar 1957 wegen Ruhens der Versorgungsbezüge keine Rente mehr zugestanden habe. Es stellte die Zahlungen ab Ende Februar 1957 ein und forderte DM 701,- als Überzahlung zurück. Dieser Bescheid ist unanfechtbar geworden. Auf die Forderung von DM 701,- hat die Klägerin bis zum 31. Dezember 1958 Zahlungen von DM 655,28 geleistet. Nachdem das Regierungspräsidium mit Schreiben vom 16. Oktober 1958 mitgeteilt hatte, daß die Klägerin nach einem Erlaß vom 1. September 1958 nunmehr schon ab 1. Oktober 1951 bestimmte höhere Bezüge nach den Unfall-Versorgungsbestimmungen erhalte, und dem VersorgA die ab 1. April 1951 gezahlten und nach den Unfallversorgungsbestimmungen bzw. den allgemeinen Bestimmungen des Bundesbeamtengesetzes (BBG) - nach Ruhensberechnung - zustehenden Bezüge mitgeteilt worden waren, wurde durch Bescheid vom 2. Januar 1959 festgestellt, daß das Recht auf Versorgungsbezüge nach § 65 Abs. 1 Ziffer 2 BVG vom 1. April 1951 an ruhe. Von diesem Zeitpunkt an wurden die Versorgungsbezüge gemäß § 62 BVG neu festgestellt, DM 2.509,70 für die Zeit vom 1. April 1951 bis 28. Februar 1957 unter Anrechnung der Rückzahlung zurückgefordert und monatliche Ratenzahlungen von DM 25,- ab 1. Januar 1959 eingeräumt. Der Widerspruch war erfolglos. Das Sozialgericht (SG) wies durch Urteil vom 20. März 1962 die Klage ab. Auf die Berufung der Klägerin hob das Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 27. Februar 1964 das Urteil des SG und den Bescheid vom 2. Januar 1959 auf, soweit der Rückerstattungsanspruch den Betrag von 669,70 DM übersteigt. Im übrigen wurde die Berufung zurückgewiesen. Gesetzliche Grundlage für den Rückforderungsanspruch sei § 47 Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VerwVG) in der vor dem Ersten Neuordnungsgesetz (1. NOG) geltenden Fassung vom 2. Mai 1955. Der zurückgenommene Bescheid vom 12. Juni 1951 sei im Gegensatz zu den Bescheiden vom 5. Januar 1955 und 18. Juni 1956 nicht von Anfang an unrichtig gewesen; diese Bescheide seien jedoch nicht als selbständige neue Bescheide, sondern lediglich als Abänderungen des Bescheides vom 12. Juni 1951 anzusehen, dessen rechtliches Schicksal sie teilten. Da eine Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis der Klägerin von dem Ruhen des Versorgungsanspruchs nicht nachweisbar sei, scheide die erste Alternative des § 47 Abs. 2 VerwVG aus. Die Klägerin habe nach ihrem unbestritten gebliebenen Vorbringen vom VersorgA Freiburg die Auskunft erhalten, die Grundrente werde ohne Rücksicht auf ihre sonstigen Bezüge gewährt. Sie habe auf diese amtliche Auskunft und einen ordnungsgemäßen Geschäftsgang in der Versorgungsverwaltung vertrauen dürfen. Die Versorgungsverwaltung habe in den angefochtenen Bescheiden nicht darauf abgestellt, ob die Rückforderung wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin vertretbar sei; sie habe diese Begründung im Laufe des Rechtsstreits nachgebracht. Für die Beurteilung dieser Frage sei zunächst die Höhe der Forderung zu klären. Der Rückforderungsanspruch sei nicht verwirkt; er sei bis kurz vor Erlaß des angefochtenen Bescheides nicht bekannt gewesen. Bezüge nach den Unfall-Versorgungsbestimmungen seien erst mit Bescheid vom 2. August 1954 bewilligt worden. Ein Verzicht des Beklagten liege ebenfalls nicht vor. Dagegen seien vermögensrechtliche Ansprüche auch auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts der Verjährung unterworfen. Für Rückforderungsansprüche gelte die Verjährungsfrist von vier Jahren, die mit dem Abschluß des Jahres beginne, in dem der Anspruch entstanden sei (§§ 198, 201 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -). Im vorliegenden Fall sei nicht der Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 2. Januar 1959, sondern der Zeitpunkt maßgebend, in dem das Ruhen der Versorgungsbezüge nach § 65 BVG eingetreten sei. Deshalb seien 1959 bei Erhebung der Klage die vor dem 1. Januar 1955 entstandenen Rückzahlungsansprüche des Beklagten verjährt gewesen. Der Bescheid vom 15. Februar 1957 habe nur das Ruhen und die Rückforderung der Ansprüche für die unverjährte Zeit vom 1. Februar 1956 bis 28. Februar 1957 betroffen. Nach dem 1. Januar 1955 habe die Klägerin DM 1.325,- als Versorgungsrente erhalten. Bis zum Erlaß des Bescheides vom 2. Januar 1959 habe sie DM 655,28 zurückgezahlt; die verbleibende Überzahlung habe zu dieser Zeit noch DM 669,72 betragen. Im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung habe sie ein Einkommen von insgesamt DM 820,- netto gehabt. Es sei ihr daher wirtschaftlich zumutbar, die Überzahlung von DM 669,72 zurückzuerstatten, zumal der Beklagte ihr die ratenweise Zahlung von monatlich DM 25,- bewilligt habe.
Mit der zugelassenen Revision rügt der Beklagte Verletzung des § 47 VerwVG. Bei der Rückforderung zu Unrecht gewährter Versorgungsleistungen handele es sich nicht um den Ausfluß eines dem Unterhaltsanspruch vergleichbaren Rechts. Deshalb sei § 197 BGB auf den Rückforderungsanspruch nicht anwendbar. Im übrigen habe das LSG zwar festgestellt, daß der Anspruch auf Versorgung nach § 65 BVG ruhe, aber nicht geprüft, ob die Verjährungsfrist im Sinne des § 202 BGB gehemmt gewesen sei. Dem in § 202 Abs. 1 BGB geregelten Fall, daß die Verjährung gehemmt sei, solange der Verpflichtete berechtigt sei, die Leistung zu verweigern, müsse im vorliegenden Fall gleichgestellt werden, daß die Klägerin, solange das Ruhen des Versorgungsanspruchs nicht festgestellt worden sei, gegenüber dem Versorgungsträger nicht zu einer Leistung verpflichtet war und die Versorgungsverwaltung nicht berechtigt gewesen sei, empfangene Leistungen zurückzufordern. Mindestens sei die Verjährung der Rückforderung für die Zeit vom 1. Oktober 1951 bis 31. März 1952 gehemmt gewesen, da die Zahlung entsprechender beamtenrechtlicher Unfall-Versorgungsbezüge erst im Oktober 1958 angeordnet worden sei. Darüber hinaus sei die Rückforderung der gesamten als Überzahlung festgestellten Bezüge auch deshalb gerechtfertigt, weil der Beginn einer kurzen Verjährungsfrist in der Regel von der Kenntnis des anspruchsbegründenden Ereignisses und der Person des Schuldners abhängig gemacht worden sei (§§ 852 Abs. 1, 2332 BGB, § 21 Abs. 2 BVG). Aus dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17. April 1964 (BSG 21, 27) könne nicht der abstrakte Rechtssatz abgeleitet werden, daß Rückforderungsansprüche der Versorgungsverwaltung generell in vier Jahren verjährten. In dem dort entschiedenen Fall habe die Überzahlung schon innerhalb der vierjährigen Verjährungsfrist aufgrund der Akten festgestellt werden können. Hier habe die Versorgungsverwaltung erstmals durch die Mitteilung des Regierungspräsidiums vom 16. Oktober 1958 Kenntnis davon erhalten, daß die ab 1. Oktober 1951 gewährten Versorgungsbezüge der Klägerin nicht zustünden. Deshalb habe die Verjährungsfrist erst ab 1. November 1958 begonnen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 27. Februar 1964 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Karlsruhe vom 20. März 1962 abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die durch Zulassung statthafte Revision (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 164, 166 SGG) und deshalb zulässig. Sachlich ist sie teilweise im Sinne der Zurückverweisung begründet.
Das LSG hat zutreffend § 47 Abs. 2 VerwVG in der Fassung des Gesetzes vom 2. Mai 1955 (BGBl I 202) angewendet. Da die Klägerin das Urteil des LSG nicht mit der Revision angegriffen hat, steht rechtskräftig fest, daß die nach dem 1. Januar 1955 gewährte Grundrente mit restlich DM 669,70 von ihr zurückzuerstatten ist.
Es ist somit nur noch zu prüfen, ob das LSG dem Beklagten eine höhere Rückforderung als 669,70 DM hätte zuerkennen müssen.
Das LSG ist zutreffend von der Rechtsprechung des BSG ausgegangen, es könne in einem Ruhensbescheid rückwirkend für die Vergangenheit festgestellt werden, daß § 65 Abs. 1 Nr. 2 BVG kraft Gesetzes der Zahlbarkeit der Versorgungsbezüge in Höhe des Unterschiedes zwischen einer Versorgung nach allgemeinen beamtenrechtlichen Bestimmungen und aus der Unfallfürsorge entgegenstand (vgl. BSG 4, 285; 20, 161; 23, 47, 48 sowie BSG in SozR Nr. 4 § 47 VerwVG). Der Beklagte war an der Rückforderung der vor dem 1. Januar 1955 gezahlten Versorgungsbezüge aber nicht deshalb grundsätzlich verhindert, weil die Forderung verjährt war. Eine Rückforderung könnte ihm nur aus dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung verwehrt sein. Eine solche liegt vor, wenn die Versorgungsbehörde Rückforderungsansprüche nach § 47 Abs. 2 VerwVG für einen Zeitraum geltend macht, der mehr als vier Jahre seit Beginn des Jahres zurückliegt, in dem der Rückforderungsbescheid ergangen ist. Zu diesem Ergebnis ist das BSG im Urteil vom 17. April 1964 (BSG 21, 27) in Fortführung der in BSG 9, 48 vertretenen Rechtsauffassung mit der Erwägung gelangt, daß die Rückforderung zu Unrecht gezahlter Versorgungsbezüge nach einer unangemessen langen Bearbeitungszeit eine unzulässige Rechtsausübung darstellen kann; wenn für Rückforderungsansprüche auch nicht die für die Verjährung von Versorgungsansprüchen geltende Frist von vier Jahren (BSG 19, 88) in Betracht komme, so müsse sich doch unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben insoweit für die Beteiligten aus der Untätigkeit des anderen Beteiligten eine gleiche Rechtslage ergeben (BSG 21, 34). Der Senat folgt dieser Auffassung, soweit die verspätete Geltendmachung der Rückforderung nur auf Untätigkeit der Versorgungsbehörde beruht; hat diese darüber hinaus Handlungen vorgenommen, die den Verpflichteten veranlassen konnten anzunehmen, der Anspruch werde nicht mehr geltend gemacht, kann auch vor Ablauf von vier Jahren die Geltendmachung der Rückforderung wegen unzulässiger Rechtsausübung rechtswidrig sein (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 6. Dezember 1966 - 9 RV 568/64 -). Eine verspätete Geltendmachung kann der Behörde andererseits aber dann nicht entgegengehalten werden, wenn der Versorgungsberechtigte die Überzahlung durch eigenes schuldhaftes Verhalten verursacht hat. Das LSG hat festgestellt, daß die Klägerin nicht wußte und auch nicht wissen konnte, daß ihr die Grundrente nicht zustand. Diese Feststellung ist von der Revision nicht angegriffen worden und daher der Entscheidung zugrunde zu legen. Bei der Berechnung der Frist von vier Jahren, die die Rückforderung von Versorgungsbezügen ausschließt, ist das Jahr nicht mitzurechnen, in dem der Rückforderungsbescheid ergangen ist (BSG 21, 34). Im vorliegenden Fall würden somit im Rahmen der im Revisionsverfahren vorzunehmenden Prüfung die vor dem 1. Januar 1955 entgegen § 65 Abs. 1 Nr. 2 BVG gezahlten Versorgungsbezüge nicht mehr zurückgefordert werden können. Das würde im Ergebnis der Entscheidung des LSG entsprechen. Soweit jedoch trotz Ablauf von vier Jahren die Rückforderung nicht gegen Treu und Glauben verstößt, ist das Recht der Versorgungsbehörde noch nicht erloschen. Sie kann insbesondere die Bezüge noch zurückfordern, wenn sie auch bei ordnungsgemäßer Bearbeitung der Sache erst innerhalb des Zeitraumes von vier Jahren den Grund für die Überzahlung der vor dieser Frist geleisteten Versorgungsbezüge erkennen konnte. Die Revision macht geltend, dies sei hier für die rückwirkend ab 1. Oktober 1951 bewilligten höheren beamtenrechtlichen Bezüge der Fall. Das Regierungspräsidium Südbaden hat dem VersorgA allerdings erst am 16. Oktober 1958 mitgeteilt, daß die für die Zeit vom 1. April 1952 mitgeteilten Beträge an Witwengeld nach dem Erlaß des Bundesministers des Innern vom 1. September 1958 - Nr. II B 1 - BA - 3004 - 109/58 - nunmehr bereits ab 1. Oktober 1951 gezahlt würden. Aufgrund dieses Erlasses erhöhten sich die beamtenrechtlichen Bezüge für die Zeit vom 1. Oktober 1951 bis 31. März 1952 von 52,42 DM auf 96,17 DM monatlich. Der Beklagte ist in dem Bescheid vom 2. Januar 1959 gemäß der Aufstellung des Regierungspräsidiums Südbaden vom 17. Dezember 1958 schon von einem ab 1. April 1951 sich ergebenden Unterschied zwischen den Bezügen nach allgemeinen beamtenrechtlichen Bestimmungen und nach Unfall-Versorgungsbestimmungen von DM 52,42 monatlich ausgegangen. Die Richtigkeit dieser Berechnung hat der Beklagte auch im Revisionsverfahren nicht in Zweifel gezogen. Es ist aber zu berücksichtigen, daß die Gewährung von Versorgungsbezügen nach den Bestimmungen über die Unfallversorgung erst durch Verfügung des Regierungspräsidiums Südbaden vom 21. Juni 1954 rückwirkend ab 1. April 1951 angeordnet wurde. Die entsprechenden Bezüge wurden durch Bescheid vom 31. Juli 1954 nebst Festsetzung vom gleichen Tage bewilligt und in der Verfügung vom 2. August 1954 im einzelnen ausgewiesen. Bis dahin hatte die Klägerin gemäß der Kassenanweisung vom 4. Mai 1953 Versorgung nur nach den allgemeinen beamtenrechtlichen Bestimmungen erhalten; aufgrund der Anrechnung von Einkommen waren ihr Zahlungen erst ab 1. April 1952 bewilligt worden. Nach den unangefochten gebliebenen Feststellungen des LSG ist der Vorgang über die Bewilligung der Bezüge nach den Unfall-Versorgungsbestimmungen durch eine noch an das Versorgungsamt Freiburg gerichtete Nachricht vom 2.8.1954 mitgeteilt worden, dieses Schreiben beim VersorgA Karlsruhe jedoch nicht eingegangen. Das LSG ist somit davon ausgegangen, daß entweder die Weiterleitung des Schreibens an das VersorgA Karlsruhe unterblieben oder dieses aus sonstigen Gründen dort nicht eingegangen ist. In den Akten des Regierungspräsidiums findet sich der Abgangsvermerk vom 10. August 1954, der darauf schließen läßt, daß die Mitteilung vom 2. August 1954 tatsächlich an das VersorgA Freiburg abgesandt wurde. Eine Nichtweiterleitung des Schreibens an das VersorgA Karlsruhe hätte der Beklagte zu vertreten. Das gleiche gilt, wenn das Schreiben aus sonstigen Gründen zwar bei der Versorgungsbehörde in Freiburg, nicht aber in Karlsruhe eingegangen ist. Der Beklagte muß eine hierdurch nach fehlerhafter Bewilligung von Versorgungsbezügen verzögerte Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen gegen sich gelten lassen, da die Fehlerquelle in seinen Gefahrenbereich fällt. Im übrigen war der Beklagte bereits vor den Schreiben des Regierungspräsidiums Südbaden vom 25. Januar 1957 und 16. Oktober 1958 in der Lage festzustellen, ob die Klägerin Versorgung nach den allgemeinen beamtenrechtlichen Vorschriften oder nach den Unfall-Versorgungsbestimmungen erhielt. Anlaß zu dieser Prüfung gab insbesondere die Neufeststellung der Versorgungsbezüge durch Bescheid vom 5. Januar 1955. Aus den Verwaltungsakten ergab sich, daß der Ehemann der Klägerin als Leutnant seit Dezember 1944 mit letztem Aufenthalt in Budapest vermißt war. Von der Klägerin konnte der Beklagte eine Mitteilung darüber, ob und welche höheren Bezüge sie erhalte, nicht erwarten, da ihr nach den Feststellungen des LSG von dem VersorgA Freiburg die Auskunft erteilt worden war, die Grundrente werde ohne Rücksicht auf ihre sonstigen Bezüge gewährt. Eine Prüfung erschien besonders deshalb angezeigt, weil das VersorgA schon aus der Mitteilung des Regierungspräsidiums Südbaden vom 4. Mai 1953 ersehen mußte, daß die beamtenrechtlichen Hinterbliebenenbezüge für einen "Leutnant" gezahlt wurden, was, da ein Zivilberuf nicht angegeben war, darauf hindeutete, daß es sich bei dem Verschollenen um einen Berufsoffizier handelte. Darüber hinaus ergab sich aus den Versorgungsakten, daß der Ehemann der Klägerin 1938 als "Unteroffizier" geheiratet hatte; dieser dem Beklagten bekannte Umstand legte die Folgerung nahe, daß er wahrscheinlich Berufssoldat war. Ist er somit als Berufsoffizier bei den Kämpfen Ende des Jahres 1944 in Ungarn gefallen oder in Gefangenschaft geraten und dort gestorben, so war 1955 damit zu rechnen, daß die Klägerin ihren Anspruch auf Versorgung nach den Unfall-Versorgungsbestimmungen zwischenzeitlich mit Erfolg geltend gemacht hatte. Selbst wenn der Beklagte auf den rechtzeitigen Eingang einer Mitteilung des Regierungspräsidiums Südbaden über die Gewährung der Bezüge nach den Unfallversorgungsvorschriften vertrauen durfte, muß er das mit dem Nichteingang einer solchen Mitteilung verbundene Risiko auf sich nehmen, weil er vor jeder Bewilligung einer höheren Grundrente prüfen mußte, ob die Ruhensvoraussetzungen erfüllt waren. Er muß die Folgen eines sachlich fehlerhaften Verwaltungshandelns auch dann gegen sich gelten lassen, wenn ihn zwar kein Verschulden traf, die (unterbliebene) Maßnahme aber in den Bereich seines Verwaltungshandelns fiel. Hätte die Versorgungsbehörde vor Erlaß des Bescheides vom 5. Januar 1955 Art und Höhe der beamtenrechtlichen Bezüge der Klägerin festgestellt, wäre sie in der Lage gewesen, auch die bis zum 31. Dezember 1954 entgegen der Vorschrift des § 65 Abs. 1 Nr. 2 BVG gezahlten Versorgungsbezüge zurückzufordern, ohne daß ihr die Unzulässigkeit der Rechtsausübung entgegengehalten werden konnte. Eine unzulässige Rechtsausübung liegt nicht nur vor, wenn die Versorgungsbehörde den Rückforderungsanspruch erst nach einer unangemessen langen Bearbeitungszeit (BSG 21, 33) geltend macht, sondern auch dann, wenn sie deshalb den Anspruch erst nach Ablauf einer angemessenen Frist erheben kann, weil sie aufgrund objektiv fehlerhafter Bearbeitung der Sache verspätet von dem Entstehen des Anspruchs Kenntnis erlangt hat.
Grundsätzlich kann somit der Beklagte aus der Zeit vor dem 1. Januar 1955 keine Rückforderungsansprüche mehr erheben, weil er sie bei ordnungsmäßigem Verwaltungshandeln innerhalb von vier Jahren hätte geltend machen können. Dies gilt nicht für die Zeit vom 1. Oktober 1951 bis 31. März 1952; der Beklagte ist berechtigt, sofern die Voraussetzungen des § 47 Abs. 2 VerwVG erfüllt sind, diese Versorgungsbezüge zurückzufordern. Ihre Zahlung war nachträglich dadurch nicht mehr gerechtfertigt, daß 1958 die beamtenrechtlichen Bezüge rückwirkend für die Zeit vom 1. Oktober 1951 bis 31. März 1952 erhöht wurden. Insoweit kommt eine unzulässige Rechtsausübung des Beklagten nicht in Betracht, weil er von dem Rückforderungsanspruch erst 1958 Kenntnis erhielt und deshalb diesen Anspruch nicht früher geltend machen konnte.
Da das LSG diese Rechtslage verkannt hat, war das Urteil insoweit aufzuheben und die Sache in diesem Umfange an das LSG zurückzuverweisen. Das LSG wird festzustellen haben, welche Beträge erst auf Grund der dem VersorgA mit Schreiben vom 16. Oktober 1958 bzw. 17. Dezember 1958 mitgeteilten erhöhten Bezüge vom 1. Oktober 1951 bis zum 31. März 1952 nachträglich gewährt wurden. Sodann ist zu prüfen, inwieweit hierdurch der Klägerin zusätzlich Versorgungsbezüge entgegen der Vorschrift des § 65 Abs. 1 Nr. 2 BVG gewährt wurden, und ob auch insoweit die Rückforderung wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin vertretbar ist (§ 47 Abs. 2 VerwVG).
Die Kostenentscheidung bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Fundstellen