Leitsatz (redaktionell)
Die als Voraussetzung der Arbeitslosenhilfe geforderte Arbeit von 10 Wochen (AVAVG § 145 Abs 1 Nr 4 Buchst b) kann auch mit Fürsorgearbeit durch einen von vornherein auf 10 Wochen beschränkten entsprechenden Arbeitsvertrag zwischen Fürsorgebehörde und Fürsorgeempfänger erfüllt werden. Das ArbA darf in einem solchen Falle die Leistung nicht lediglich mit dem Hinweis auf langfristige Unterstützungsdauer gemäß AVAVG § 147 Abs 2 versagen.
Normenkette
AVAVG § 145 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Fassung: 1959-12-07, § 147 Abs. 2 Fassung: 1957-04-03
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 9. Januar 1959 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 29. April 1958 aufgehoben, soweit die Beklagte zur Gewährung von Arbeitslosenhilfe verurteilt worden ist; diesbezüglich wird die Klage abgewiesen.
Im übrigen werden Revision und Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I. Die Klägerin, 1901 geboren, hat keinen Beruf erlernt. Auf Arbeitslosmeldung hin wurde ihr seit Oktober 1948 laufend Arbeitslosenfürsorgeunterstützung (Alfu) und danach Arbeitslosenhilfe (Alhi) - abgesehen von einigen Krankheitszeiten - gewährt. In den Monaten August bis November 1954 hat die Klägerin wiederholt Heimarbeit verrichtet. Die dafür erhaltenen Entgelte ("Gelegenheitsverdienste") wurden dem Arbeitsamt (ArbA) gemeldet und auf die Unterstützung verrechnet. Nach arbeitsamtsärztlichem Gutachten vom 1. Dezember 1954 war die Klägerin für leichtere, vorwiegend sitzende Tätigkeiten verwendungsfähig. Im September 1956 entzog die Beklagte ihr die Alhi mit der Begründung, daß sie die Leistungsvoraussetzungen nach Maßgabe des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 16. April 1956 (AVAVG) nicht erfülle. Diese Maßnahme der Beklagten blieb unangefochten.
Laut Arbeitsbescheinigung des Magistrats der Stadt G... war die Klägerin vom 5. Oktober bis 13. Dezember 1956 als Fürsorgearbeiterin im städtischen Altersheim beschäftigt. Die Arbeitszeit dabei betrug 48 Stunden in der Woche, die Entlohnung war ortsüblich. Diese Beschäftigung war durch Arbeitsvertrag von Anfang an auf die Dauer von zehn Wochen beschränkt. Anschließend meldete sich die Klägerin erneut arbeitslos. Sie gab dem ArbA eine schriftliche Erklärung (15. Dezember 1956) dahingehend ab, daß sie bereit sei, Vollbeschäftigung anzunehmen. Daraufhin wurde ihr vom 14. Dezember 1956 neuerdings Alhi bewilligt. Ein Gutachten des Arbeitsamtsarztes vom 19. Juni 1957 ergab, daß die Klägerin für leichtere, vorwiegend sitzende Arbeiten am Wohnort ganztägig geeignet war, und zwar für entsprechende Hilfs- und Fabrikarbeiten. Ihr Leistungsvermögen wurde als ausreichend beurteilt. Die Beklagte stellte jedoch mit Bescheid vom 16. Juli 1957 die Zahlung der Alhi ab 7. Juli 1957 wieder ein. Die Klägerin komme nach ihrem Leistungsvermögen und den sonstigen Gesamtumständen für eine Vermittlung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr in Betracht. Auch die lange Dauer des Unterstützungsbezugs begründe die Vermutung, daß sie der Arbeitsvermittlung nicht mehr zur Verfügung stehe. Die Beklagte stützte ihre Entscheidung auf die §§ 145 mit 76 und § 147 Abs. 2 AVAVG nF. Der Widerspruch der Klägerin wurde verworfen (Widerspruchsbescheid vom 3. August 1957).
II. Auf ihre Klage hin hob das Sozialgericht (SG), nachdem es über Art und Umfang der Beschäftigung der Klägerin Beweis erhoben sowie den Bezirksfürsorgeverband des Kreises S... in I... und die Stadtverwaltung G... zum Verfahren beigeladen hatte, den angefochtenen Widerspruchsbescheid auf und verurteilte die Beklagte, der Klägerin die Arbeitslosenhilfe zu gewähren (Urteil vom 29. April 1958). Die von der Beklagten hiergegen eingelegte Berufung wurde vom Landessozialgericht (LSG) - das anstelle der Stadtverwaltung G... die Stadt selbst, vertreten durch den Magistrat, beigeladen hatte - zurückgewiesen (Urteil vom 9. Januar 1959). Die Zulässigkeit der Klage sei mit dem SG zu bejahen. Durch die Entziehung der Alhi sei die Klägerin tatsächlich beschwert; alsdann spiele es keine Rolle, ob sie den Rechtsweg möglicherweise nur auf Betreiben der Fürsorgebehörde beschritten habe. Ausschlaggebend für die Zulassung einer Anfechtungsklage seien nicht die Motive des Klägers, sondern der objektive Sachverhalt. Materiell-rechtlich ging das LSG, das für seine Feststellungen die Unterstützungsakten der Arbeitsverwaltung in Bezug genommen sowie zum Gegenstand der Verhandlung gemacht hatte, davon aus, daß die Klägerin mit den von ihr verrichteten Arbeitsleistungen das Erfordernis einer entlohnten Beschäftigung i.S. und im geförderten Umfange des § 145 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b AVAVG nF erfüllt habe. Daß es sich dabei um Fürsorgearbeit nach § 19 der Reichsfürsorgepflichtverordnung ( RFürsPflVO ) gehandelt habe, ändere daran nichts. Es habe ein vertraglich geordnetes Arbeitsverhältnis mit ortsüblicher Entlohnung und einer wöchentlichen Arbeitszeit von grundsätzlich 48 Stunden vorgelegen. Die Beweggründe, die zur Aufnahme jener Tätigkeit geführt hätten, spielten rechtlich ebensowenig eine Rolle wie die Frage, ob es sich hierbei um eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts gehandelt habe. Deshalb bleibe auch unbeachtlich, ob die Fürsorgebehörde die Arbeit ausschließlich mit dem Ziel vermittelte, den Fürsorgebetreuten wieder in den Genuß der Alhi zu bringen. Der Klägerin könne ferner nicht die ernstliche Arbeitsbereitschaft i.S. des § 76 Abs. 1 AVAVG abgesprochen werden. Jedenfalls reiche der Umstand, daß sie es von sich aus an Arbeitsbemühungen habe fehlen lassen, hierfür nicht aus. Schließlich habe die Beklagte zu Unrecht das körperliche Leistungsvermögen der Klägerin in Zweifel gezogen; der Arbeitsamtsarzt habe im Gutachten vom 19. Juni 1957 ein wenn auch eingeschränktes, so doch ausreichendes Leistungsvermögen bestätigt. Revision wurde zugelassen.
III. Die Beklagte legte gegen das ihr am 12. März 1959 zugestellte Urteil am 11. April Revision ein und begründete diese am 11. Mai 1959. Das LSG habe nicht allein die Anspruchsvoraussetzung einer zehnwöchentlichen Beschäftigung untersuchen, sondern zuvor ermitteln müssen, ob die Klägerin überhaupt arbeitslos gewesen sei. Die Anspruchsvoraussetzung der Arbeitslosigkeit sei hier zu verneinen, weil der Klägerin die Eigenschaft als Arbeitnehmerin fehle. Sie habe nach ihren eigenen Angaben keinen Beruf erlernt und bis zu ihrer Arbeitslosmeldung niemals in einem Arbeitsverhältnis gestanden. Zwar habe sie während des Leistungsbezugs von 1948 bis 1956 wiederholt Gelegenheitsarbeiten als Heimarbeiterin ausgeführt, jedoch zu keiner Zeit Arbeitnehmertätigkeit i.S. des AVAVG verrichtet. Daraus folge, daß die Klägerin auf Dauer gesehen ihren Lebensunterhalt nicht aus einer Arbeitnehmertätigkeit zu erwerben pflege. Die Fürsorgearbeit habe hieran nichts geändert. Diese habe, zumal sie nicht aus eigenem Antrieb aufgenommen wurde - wie sich aus den Umständen ergebe -, nur dem Zweck gedient, der Klägerin eine höhere Unterstützung als die Wohlfahrtsätze zu verschaffen. Daraus könne aber nicht der Wille abgeleitet werden, künftig berufsmäßig als Arbeitnehmerin tätig zu werden. Infolgedessen sei ihr die Unterstützung zu Recht nach § 185 AVAVG nF entzogen worden.
Die Beklagte beantragte,
das angefochtene Urteil sowie das Urteil des SG vom 29. April 1958 aufzuheben und die Klägerin mit der Klage abzuweisen.
Die Klägerin ist durch einen Prozeßbevollmächtigten (§ 166 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) nicht vertreten. Sie hat Erklärungen im Revisionsverfahren nicht abgegeben und Anträge nicht gestellt.
Der beigeladene Bezirksfürsorgeverband beantragte,
die Revision zurückzuweisen.
Seiner Auffassung nach hat das LSG für die Arbeitnehmereigenschaft der Klägerin ausreichende Feststellungen getroffen. § 75 AVAVG nF diene in erster Linie der Abgrenzung des Arbeitnehmers zu den selbständigen Erwerbstätigen. Auch wer jahrelang nicht berufstätig oder als selbständiger Gewerbetreibender tätig gewesen sei, könne die Arbeitnehmereigenschaft erwerben, wenn dies durch die entsprechenden Tatsachen erhärtet sei. Hierfür genüge aber die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als Fürsorgearbeiterin.
Die beigeladene Stadt G... hat im Revisionsverfahren weder Erklärungen abgegeben noch Anträge gestellt.
IV. Die Revision ist statthaft (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Sie ist form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden (§§ 164, 166 SGG) und deswegen zulässig.
Die Revision ist jedoch nur teilweise begründet.
Angefochten ist der Bescheid der Beklagten vom 16. Juli 1957 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 1957; somit ist Gegenstand der Klage (Streitgegenstand) die Einstellung (Entziehung) der der Klägerin zunächst auf unbestimmte Zeit bewilligten Alhi mit Wirkung vom 7. Juli 1957 an (§ 95 SGG). Deswegen war schon das Rechtsmittel der Berufung zulässig (§ 143 SGG).
Im Ergebnis zutreffend hat das LSG vorliegend die Zulässigkeit der Anfechtungsklage (Aufhebungsklage) bejaht. § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG zufolge ist eine solche Klage zulässig, wenn der Kläger schlüssig behauptet, durch den angefochtenen Verwaltungsakt beschwert zu sein. Die tatsächliche (objektive) Beschwer allein reicht für die Zulässigkeit allerdings nicht aus, wie offenbar das LSG mißverständlich annimmt. Diese gehört vielmehr zur Begründetheit der Klage (vgl. Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, 2. Aufl., Anm. 2 d zu § 54 SGG; BVerwG 1, 91; Haueisen in DOK 1955, 8). Die Beschwer unterliegt indessen in einem derartigen Fall keiner besonderen Substantiierungspflicht. Es genügt, wenn der Betroffene mit seiner Klage erkennbar die Beseitigung einer in seine Rechtssphäre eingreifende Verwaltungsmaßnahme anstrebt, indem er behauptet, daß sie nicht Rechtens sei (vgl. BSG 7, 169, 170). Dies hat die Klägerin durch das Vorbringen ihres Prozeßbevollmächtigten in den Vorinstanzen getan. Ohne Rechtsirrtum hat das LSG ferner festgestellt, daß die Motive einer Klage für deren Zulässigkeit regelmäßig keine Rolle spielen. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der Rechtsweg gegen den Entzug der Alfu lediglich auf Betreiben der Fürsorgebehörde beschritten wurde oder nicht. Ausschlaggebend ist, daß die Klage tatsächlich von der betroffenen Klägerin erhoben wurde und daß sie zulässig ist.
V. Nach § 185 Abs. 1 AVAVG nF, der über § 144 Abs. 1 Satz 2 AVAVG nF auch für die Unterstützung aus der Arbeitslosenhilfe gilt, ist der Anspruch von Amts wegen zu entziehen, wenn seine Voraussetzungen nicht vorlagen oder weggefallen sind. Die Auffassung der Beklagten, daß die Klägerin weder die Anspruchsvoraussetzung der Arbeitslosigkeit noch diejenige einer vorausgegangenen entlohnten Beschäftigung von 10 Wochen erfüllt habe, ist irrig.
Arbeitslos i.S. von § 145 Abs. 1 Nr. 1 AVAVG nF ist (ebenso wie i.S. des § 74 Abs. 1 aaO), wer berufsmäßig in der Hauptsache als Arbeitnehmer tätig zu sein pflegt, aber vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und nicht im Betriebe eines Angehörigen mithilft (§ 75 Abs. 1 AVAVG nF). Die Beurteilung der "berufsmäßigen Arbeitnehmereigenschaft" hat, da das Gesetz selbst als Merkmal das Tätigkeitswort "pflegt" verwendet, entscheidend darauf abzustellen, ob die Gesamtschau der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eines Antragstellers den Schluß zuläßt, daß seine Lebensgrundlage in dem Zeitpunkt der Antragstellung und für die Zukunft die unselbständige Beschäftigung gegen Entgelt ist. Die dafür vom LSG unter Heranziehung der Unterstützungsakten getroffenen Ermittlungen erweisen ausreichend, auch wenn nicht zu jeder Einzelheit ausdrückliche Feststellungen niedergelegt sind, daß die Klägerin, die Einkommen oder Vermögen nicht besitzt, sich bei der Arbeitslosmeldung uneingeschränkt für eine Vollbeschäftigung bereit erklärte, ihren Meldepflichten unbeanstandet nachgekommen und zudem vorgängig zu verschiedenen Zeiten bereits als Heimarbeiterin (§ 206 a AVAVG aF, § 195 AVAVG nF) beschäftigt war, auch künftig als Arbeitnehmerin tätig sein will und muß. Ihr genügendes Leistungsvermögen hierfür war durch arbeitsamtsärztliche Gutachten bestätigt worden. Umstände, die darauf hindeuten, daß die Klägerin fortan ihren Lebensunterhalt in der Wirtschaft als Selbständige zu erwerben gesonnen oder aus dem Arbeitsleben überhaupt ausgeschieden sei, sind nicht erkennbar. Infolgedessen ist die Anspruchsvoraussetzung der Arbeitslosigkeit zu Recht vom LSG bejaht worden; Verstöße gegen die Aufklärungspflicht (§ 103 SGG) oder gegen das Recht der Beweiswürdigung (§ 128 SGG) sind ihm nicht zur Last zu legen.
Das LSG hat aber auch zutreffend die Voraussetzung einer entlohnten Beschäftigung von mindestens zehn Wochen (§ 145 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b AVAVG nF) als erfüllt angesehen. Seinen einschlägigen Feststellungen nach (§ 163 SGG) erstreckte sich die von der Klägerin verrichtete Fürsorgearbeit auf die vom Gesetz geforderte Mindestdauer und hatte mehr als geringfügigen Umfang. Das Arbeitsentgelt stand zu der Arbeitsleistung in einem angemessenen Verhältnis. Ohne Belang ist alsdann, ob Grundlage der Fürsorgearbeit ein privatrechtlicher Arbeitsvertrag war oder ob es sich um eine öffentlich-rechtliche Unterstützung in Form der Gewährung von Arbeit handelt (§ 19 RFürsPflVO ). Für § 145 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b AVAVG nF ist nicht die Rechtsform der Tätigkeit entscheidend, sondern die tatsächliche Leistung (Verrichtung). Der Anlaß zur Aufnahme einer solchen Beschäftigung ist bei der Beurteilung ihrer Tatbestandsmäßigkeit ebenso unwesentlich wie der Beweggrund, mit dem etwa ein Dritter einen Antragsteller - hier die Fürsorgebehörde die Klägerin - in Arbeit brachte (vgl. Jehle, Fürsorgerecht, Handkommentar 3. Aufl., Anm. 2 zu § 19 RFürsPflVO ). Entgegen der Auffassung der Beklagten fordert § 145 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b aaO weiterhin nicht, daß die als anwartschaftsbegründend vorgesehene Beschäftigung ihrer Art nach den "üblichen Bedingungen des Arbeitsmarkts" entsprechen müsse. Außer Betracht bleiben lediglich die von der Vorschrift selbst (Satz 4 aaO) angeführten Ausnahmen. Von Gesetzes wegen kann daher die Anspruchsvoraussetzung einer entlohnten Beschäftigung von mindestens zehn Wochen, sofern die Arbeitnehmereigenschaft vorhanden ist, auch durch Leistung von entsprechender Fürsorgearbeit erfüllt werden, wenn ein derartiges Beschäftigungsverhältnis weder als geringfügig noch als gelegentlich anzusehen ist.
Schließlich ist auch die Vermutung, daß wegen langfristiger Unterstützungsdauer die Klägerin der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stehe (§ 147 Abs. 2 AVAVG nF), gegen sie nicht anwendbar, weil durch die Fürsorgearbeit eine (neue) Alhi-Anwartschaft erworben wurde und seither weder 156 Unterstützungswochen verstrichen noch gegenüber der Klägerin das Verlangen gestellt war, eigene ernstliche Arbeitsbemühungen nachzuweisen.
VI. Nach alledem hatte die Beklagte die Alhi ohne Rechtsgrund der Klägerin entzogen, so daß deren Anfechtungsklage insoweit vom SG zu Recht stattgegeben worden ist. Laut Urteilstenor des SG wurde zwar ausdrücklich nur der Widerspruchsbescheid (3. August 1957) aufgehoben; tatsächlich ist jedoch auch der Erstbescheid der Beklagten (16. Juli 1957) beseitigt worden, der nach § 95 SGG in das Verfahren einbezogen (Gegenstand der Klage) ist.
Die Revision führte in prozessualer Hinsicht teilweise indessen zu einem Erfolg, soweit das SG die Beklagte verurteilt hatte, der Klägerin Arbeitslosenhilfe zu gewähren. Unabhängig davon, ob diesbezüglich eine Leistungs- oder eine Verpflichtungsklage vorgelegen hat, bestand für keine dieser Klagearten ein Rechtsschutzbedürfnis. Das Bestreben der Klägerin ging dahin, wieder in den Genuß der entzogenen Alhi zu gelangen. Diesen prozessualen Anspruch konnte sie aber bereits mit der Aufhebung des Einstellungsbescheides (Entziehungsbescheides) erreichen, weil als Folge hiervon der ursprüngliche Bewilligungsbescheid der Beklagten unmittelbar wieder in Kraft trat (vgl. BSG, Urteil vom 28. Juni 1960, Breithaupt 1960, 1030 ff; BSG, Urteil vom 21. April 1961 - 7 RAr 37/60 -). Demzufolge hätte das SG die Klage insoweit als unzulässig abweisen bzw. das LSG der Berufung stattgeben müssen. Da das LSG dieses Rechtsmittel jedoch in vollem Umfang zurückgewiesen hat, erschien es gemäß § 170 Abs. 2 SGG jetzt sachdienlich, das Berufungsurteil vollständig aufzuheben und abschließend nochmals über die Berufung der Beklagten zu entscheiden. Soweit das SG die Beklagte zur Gewährung von Alhi verurteilt hatte, mußte dieses Urteil aufgehoben und die Klage als unzulässig abgewiesen werden. Im übrigen waren Revision und Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Es erschien gerechtfertigt, die Beklagte zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu verurteilen, da sie der Sache nach insgesamt unterlegen ist.
Fundstellen