Leitsatz (amtlich)
Rente wegen Berufsunfähigkeit kann nicht nach RVO § 1254 Abs 2 in vorzeitiges Altersruhegeld "umgewandelt" werden.
Bei Vorliegen der Voraussetzungen des vorzeitigen Altersruhegeldes ist dieses jedoch originär auch dann - unter Nichtweitergewährung der Rente wegen Berufsunfähigkeit - zu bewilligen, wenn der Antragsteller bisher Rente wegen Berufsunfähigkeit bezogen hat.
Leitsatz (redaktionell)
Der Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente schließt bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen die Gewährung des vorzeitigen Altersruhegeldes nach RVO § 1248 Abs 2 nicht aus.
Normenkette
RVO § 1246 Fassung: 1957-02-23, § 1247 Fassung: 1957-02-23, § 1248 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23, § 1254 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 2. Dezember 1960 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Der ... 1898 geborene Kläger bezieht auf Grund des Bescheides der Beklagten vom 16. September 1958 vom 1. Juni 1957 an Rente wegen Berufsunfähigkeit nach § 1246 der Reichsversicherungsordnung (RVO).
Am 24. September 1959 beantragte er die Gewährung vorzeitigen Altersruhegeldes nach § 1248 Abs. 2 RVO. Er hatte am 10. Juli 1958 das 60. Lebensjahr vollendet, hat Versicherungszeiten von mehr als 180 Beitragsmonaten zurückgelegt und ist seit Oktober 1958 ununterbrochen arbeitslos. Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 29. September 1959 mit der Begründung ab, daß die Umwandlung einer Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit in vorzeitiges Altersruhegeld gesetzlich nicht vorgesehen sei.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 9. Oktober 1959 Klage beim Sozialgericht (SG) in Hildesheim erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, daß ihm Altersruhegeld, da er dessen Voraussetzungen erfüllt habe, zustehe.
Das SG hat mit Urteil vom 12. April 1960 den Bescheid vom 29. September 1959 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an Stelle der Rente wegen Berufsunfähigkeit vorzeitiges Altersruhegeld vom 1. September 1959 an zu gewähren. Die Voraussetzungen für dieses Altersruhegeld seien erfüllt. Eine ausdrückliche gesetzliche Vorschrift, die bei Vorliegen der Voraussetzungen Bezugsberechtigte von der Gewährung des vorzeitigen Altersruhegeldes ausschließe, sei in der RVO nicht enthalten. Ein solcher Ausschluß sei auch vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt. Somit könne eine Umwandlung durchgeführt werden.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt.
Der Kläger hat die Klage zurückgenommen, soweit sie den Anspruch für September 1959 betrifft. Das Landessozialgericht (LSG) hat daraufhin durch Urteil vom 2. Dezember 1960 festgestellt, daß die Hauptsache, soweit sie den Anspruch des Klägers für September 1959 betrifft, erledigt ist, und hat im übrigen die Berufung zurückgewiesen; es hat die Revision zugelassen. Das LSG ist zwar der Auffassung, daß eine Umwandlung der Art, wie sie nach § 1254 Abs. 2 Satz 1 RVO zu erfolgen habe, nicht in Betracht komme, da nicht angenommen werden könne, daß der Gesetzgeber in § 1254 RVO lediglich vergessen habe, die Umwandlungsmöglichkeit auch für das vorzeitige Altersruhegeld zu regeln. Die Unzulässigkeit dieser Umwandlung könne aber nicht dazu führen, die Gewährung des vorzeitigen Altersruhegeldes an einen Empfänger von Rente wegen Berufsunfähigkeit überhaupt zu versagen. Grundsätzlich sei ein Anspruch dann zu erfüllen, wenn seine gesetzlichen Voraussetzungen, wie hier, erfüllt seien. Dem ständen weder allgemeine Rechtsgedanken noch die Systematik der RVO entgegen. Daß § 1254 Abs. 2 Satz 1 RVO die Umwandlungsmöglichkeit nur für das Altersruhegeld wegen Vollendung des 65. Lebensjahres vorsehe, besage nichts gegen die Zulässigkeit der Gewährung des vorzeitigen Altersruhegeldes an einen Empfänger von Rente wegen Berufsunfähigkeit. Die genannte Vorschrift stehe im Abschnitt "Zusammensetzung und Berechnung der Renten", § 1248 Abs. 2 RVO hingegen, in dem die tatsächlichen Voraussetzungen für die Gewährung des vorzeitigen Altersruhegeldes bestimmt sind, stehe im Abschnitt "Voraussetzungen der Renten an Versicherte". Aus einer erkennbar nur "Die Zusammensetzung und Berechnung der Renten" behandelnden Vorschrift könne kein negativer Schluß hinsichtlich eines Anspruchs gezogen werden, dessen in einem anderen Gesetzesabschnitt geregelte tatsächliche Voraussetzungen vorlägen. Für diese Auffassung spreche auch § 1248 Abs. 6 RVO. Danach werde Altersruhegeld neben der Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw. neben der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nicht gewährt. Der gedankliche Zusammenhang dieser Vorschrift, in der lediglich von "Altersruhegeld" schlechthin die Rede sei, mit den drei ersten Absätzen von § 1248 RVO, in denen sowohl das Altersruhegeld wegen Vollendung des 65. Lebensjahres (Abs. 1) als auch das unter bestimmten Voraussetzungen schon nach Vollendung des 60. Lebensjahres zu gewährende Altersruhegeld (Abs. 2 und 3) behandelt sei, lasse erkennen, daß sich der Wegfall der Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente auf die Gewährung sowohl der einen als auch der anderen Art von Altersruhegeld beziehe. Das wäre sinnlos, wenn nicht der Gesetzgeber davon ausgegangen wäre, daß auf Grund des Antrages des Rentenempfängers das vorzeitige Altersruhegeld an die Stelle einer bis dahin gewährten Rente wegen Berufsunfähigkeit treten könne. Gerade für das vorzeitige Altersruhegeld komme der Vorschrift des § 1248 Abs. 6 RVO entscheidende Bedeutung zu; für das Altersruhegeld wegen Vollendung des 65. Lebensjahres gelte ohnehin die Umwandlungsbestimmung des § 1254 Abs. 2 Satz 1 RVO.
Gegen dieses ihr am 17. Januar 1961 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 26. Januar 1961, eingegangen beim Bundessozialgericht (BSG) am 1. Februar 1961, Revision eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 1. März 1961, eingegangen beim BSG am 4. März 1961, begründet.
Sie hält die Auffassung des LSG für unzutreffend. Die Systematik der Versicherungsfälle der gesetzlichen Rentenversicherung zeige keine steigende Linie vom Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit bis zum Versicherungsfall der Vollendung des 65. Lebensjahres. Während der Berufsunfähige noch durchaus in der Lage sei, unter Umständen durch Ausübung einer Beschäftigung so viel zu verdienen, wie er zur Bestreitung seines Lebensunterhalts bedürfe, und nur nicht mehr in seinem versicherten Beruf hinreichend zu arbeiten vermöge, könne der Erwerbsunfähige auch mit einer anderen Beschäftigung nichts Ausreichendes mehr verdienen. Der Versicherte, der das 65. Lebensjahr vollendet habe, stehe dem Erwerbsunfähigen insoweit gleich, als von ihm eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit nicht mehr erwartet werde. Es handle sich hierbei nicht um eine fingierte Erwerbsunfähigkeit, sondern um eine Gegenleistung für die in Arbeit und Konsumverzicht bestehenden Vorleistungen während des Arbeitslebens. Die Versicherungsfälle und die ihnen entsprechenden Leistungen schlössen lückenlos aneinander an. Infolgedessen hätten in der RVO Vorkehrungen getroffen werden müssen, um von einer Leistung auf die andere überzugehen, wenn ein schwerwiegenderer Versicherungsfall eintrete. Dieser Übergang sei in Form der Umwandlung vorgesehen. Dabei bedeute Umwandlung die Feststellung, daß nunmehr ein neuer, auf einem anderen Versicherungsfall beruhender Leistungsanspruch entstehe, wobei der alte Anspruch in dem neuen aufgehe (§§ 1253 Abs. 2 Satz 2, 1254 Abs. 2 Satz 1 RVO). Obwohl diese Vorschriften in dem Abschnitt c) "Zusammensetzung und Berechnung der Renten" ständen, handle es sich bei ihnen doch insoweit um materiell-rechtliche Bestimmungen, als sich nur aus ihnen die Möglichkeit ergebe, von einer Rentenart zur anderen zu kommen. Aus § 1248 Abs. 6 RVO lasse sich nicht entnehmen, daß der Gesetzgeber die Gewährung des vorzeitigen Altersruhegeldes neben dem festgestellten Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit zulassen wolle. Eine entsprechende Vorschrift finde sich nämlich auch in § 1247 Abs. 5 RVO. Hiernach werde neben einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit eine Rente wegen Berufsunfähigkeit nicht gewährt. Der Übergang von der Rente wegen Berufsunfähigkeit zu einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit finde aber nur über § 1253 Abs. 2 RVO, d. h. im Wege der Umwandlung, statt. Mit § 1247 Abs. 5 RVO solle lediglich ausgeschlossen werden, daß der Versicherte auf Grund der Bindung an den die Rente wegen Berufsunfähigkeit festsetzenden Bescheid neben der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auch noch die Berufsunfähigkeitsrente beziehen könne. Dieselbe Bedeutung habe § 1248 Abs. 6 RVO. Auch hier solle der Bezug einer Rente wegen Erwerbsminderung ausgeschlossen werden, sobald diese Rente in das Altersruhegeld umgewandelt worden sei. In § 1254 Abs. 2 Satz 1 RVO sei aber nur die Umwandlung der Rente wegen Erwerbsminderung in das Altersruhegeld wegen Vollendung des 65. Lebensjahres vorgesehen. Wenn der Gesetzgeber auch die Umwandlung in ein vorzeitiges Altersruhegeld nach Absätzen 2 und 3 des § 1248 RVO hätte vorsehen wollen, dann hätte er das ohne Schwierigkeit in § 1254 Abs. 2 RVO zum Ausdruck bringen können. Es müsse also daraus, daß der Gesetzgeber nichts Derartiges bestimmt hat, geschlossen werden, daß er die Umwandlung bzw. den Übergang von der Rente wegen Erwerbsminderung in das vorzeitige Altersruhegeld nicht gewünscht habe. - Diese Auffassung werde auch durch die Bedeutung des Arbeitslosen-Ruhegeldes nach § 1248 Abs. 2 RVO bestätigt. Dieser Ruhegeld, dessen Voraussetzungen erfüllt seien, wenn der Versicherte das 60. Lebensjahr vollendet habe und seit mindestens einem Jahr ununterbrochen arbeitslos sei, stehe in seiner Bedeutung zwischen der Rente wegen Erwerbsminderung und dem gewöhnlichen Altersruhegeld. Die RVO habe vor dem 1. Januar 1957 eine derartige Leistung nicht gekannt. Sie sei aber in § 397 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) aF normiert gewesen, und zwar nicht als Altersruhegeld, sondern als Ruhegeld wegen Berufsunfähigkeit. Der Gesetzgeber sei damals davon ausgegangen, daß ein Versicherter, der 60 Jahre alt sei, arbeitslos werde und innerhalb eines Jahres nicht wieder eine versicherungspflichtige Beschäftigung finde, praktisch berufsunfähig sei, weil er auch in Zukunft eine derartige Beschäftigung kaum noch hätte aufnehmen können. Wenn hier auch Gegebenheiten der Arbeitsvermittlung zur Begründung einer Berufsunfähigkeit herangezogen worden seien, so möge das mit der besonderen Situation des älteren Versicherten und dem gesetzgeberischen Zweck der entsprechenden Versicherungsleistung zu begründen sein. Auf jeden Fall aber seien keine Gründe dafür erkennbar, daß der Gesetzgeber bei der Schaffung des Arbeitslosen-Ruhegeldes von anderen Gedanken ausgegangen sei. Auch hier sei ursprünglich an eine Rente, die der Berufsunfähigkeitsrente gleichzusetzen sei, gedacht gewesen. Erst im Laufe der Beratungen habe man sich dazu entschlossen, diese Leistung in Form eines Ruhegeldes festzusetzen. Es sei nicht zu erkennen, weshalb die Gegenleistung für die in Arbeit und Konsumverzicht bestehende Vorleistung, die mit Vollendung des 65. Lebensjahres gewährt werden solle, nur deshalb bereits von einem früheren Zeitpunkt an zu gewähren sei, weil der Versicherte arbeitslos sei. Hier liege das erfüllte Arbeitsleben, das Grundlage für die Gewährung des gewöhnlichen Altersruhegeldes sei, noch gar nicht vor. Der Gesetzgeber gehe ja gerade davon aus, daß der Bezieher des Arbeitslosen-Ruhegeldes durchaus noch in der Lage sein könne, eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit aufzunehmen. Für diesen Fall habe er nämlich Vorschriften vorgesehen, die den Wegfall und die Wiedergewährung des Ruhegeldes regelten. Das Arbeitslosenruhegeld stehe deshalb in der Systematik auch heute noch näher der Rente wegen Erwerbsminderung als dem gewöhnlichen Altersruhegeld. Bei den Renten wegen Erwerbsminderung sei aber davon auszugehen, daß die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit niemals als Vorstufe eines Arbeitslosen-Ruhegeldes gelten könne, weil der Erwerbsunfähige dem Arbeitsmarkt gar nicht mehr zur Verfügung stehe und infolgedessen auch nicht arbeitslos sein könne. Es käme also allenfalls die Rente wegen Berufsunfähigkeit in Frage. Diese sei ihrem Wesen nach so artverwandt mit dem Arbeitslosen-Ruhegeld, daß der Gesetzgeber aus gutem Grund in § 1254 Abs. 2 RVO von einer Umwandlung der Berufsunfähigkeitsrente in das vorzeitige Altersruhegeld abgesehen habe.
Sie beantragt,
das Urteil des LSG Niedersachsen vom 2. Dezember 1960, soweit es über den Streitfall entschieden hat, und das Urteil des SG in Osnabrück vom 12. April 1960 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen und der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens aufzuerlegen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Das Berufungsgericht sei zwar der Auffassung, daß im vorliegenden Fall eine echte "Umwandlung" nach § 1254 Abs. 2 Satz 1 RVO nicht in Betracht komme, halte aber gleichwohl den Klageanspruch für begründet, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen für das vorzeitige Altersruhegeld vorlägen und daher auf Grund eines entsprechenden Antrages des Rentenempfängers dieses an die Stelle einer bis dahin gewährten Rente wegen Berufsunfähigkeit treten müsse. Er selbst glaube allerdings, wenn er auch mit dem Ergebnis einverstanden sei, daß auch eine Umwandlung von Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit in das vorzeitige Altersruhegeld nach § 1248 Abs. 2 und 3 RVO möglich sei.
Die Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist vom LSG zugelassen und daher statthaft. Bedenken gegen ihre Zulässigkeit bestehen somit nicht. Es mußte ihn jedoch der Erfolg versagt bleiben.
Der Beklagten ist - in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht - darin zuzustimmen, daß eine "Umwandlung" einer Rente wegen Berufsunfähigkeit in ein vorzeitiges Altersruhegeld nicht möglich ist. § 1254 Abs. 2 RVO sieht die Umwandlung der Berufsunfähigkeitsrente in Altersruhegeld nur für den Fall vor, daß der Versicherte das 65. Lebensjahr vollendet. Da der Wortlaut dieser Vorschrift eindeutig ist, auch nicht angenommen werden kann, daß dem Gesetzgeber bei ihrem Erlaß das in § 1248 Abs. 2 und 3 RVO geregelte vorzeitige Altersruhegeld, das bereits mit Vollendung des 60. Lebensjahres gewährt werden kann, nicht gegenwärtig gewesen wäre, muß geschlossen werden, daß er die Rentenumwandlung bewußt auf den Fall der Vollendung des 65. Lebensjahres beschränkt hat. Eine ausdehnende Auslegung auf die Fälle, in denen der Versicherte das 60. Lebensjahr vollendet hat, ist deshalb nicht möglich. Bestätigt wird diese Auffassung durch einen Vergleich mit der entsprechenden Regelung im Reichsknappschaftsgesetz (RKG). § 53 Abs. 5 RKG entspricht der Regelung des § 1254 Abs. 2 RVO; er sieht ebenfalls nur die Umwandlung in Altersruhegeld für diejenigen Bezieher einer Rente vor, die das 65. Lebensjahr vollendet haben. Anders als § 1254 RVO sieht dagegen der § 53 RKG in seinem Abs. 6 auch eine Umwandlung in das vorzeitige Altersruhegeld vor. Daraus allein könnten kaum zwingende Schlüsse gezogen werden. Bedeutsam aber ist, daß in § 53 Abs. 6 RKG die Umwandlung auf diejenigen Rentenbezieher beschränkt ist, die eine Wartezeit von mindestens 300 Beitragsmonaten und noch weitere besondere Voraussetzungen erfüllt haben, d. h. auf die langgedienten Untertagebergleute. Für alle übrigen Versicherten aber ist eine solche Umwandlung ebensowenig wie in § 1254 RVO vorgesehen. Es ist also zwingend zu schließen, daß jedenfalls der Gesetzgeber des RKG die Frage der Umwandlung in das vorzeitige Altersruhegeld nicht übersehen hat, da das RKG ja eine Regelung enthält, daß er aber die Umwandlung bewußt auf einen Kreis besonders begünstigter Bergleute beschränkt hat, daß er also bewußt alle übrigen Versicherten von dieser Regelung ausgeschlossen hat. Eine dem § 53 Abs. 6 RKG entsprechende Regelung für einen kleinen Kreis von begünstigten Versicherten kam für die Rentenversicherung der Arbeiter nicht in Betracht, weil es hier einen solchen besonderen Kreis von Versicherten nicht gibt. Zumal in Anbetracht dessen, daß das Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz (ArVNG) und das Knappschaftsversicherungs-Neuregelungsgesetz (KnVNG) nur mit kurzem zeitlichem Abstand beschlossen und verkündet worden sind, spricht auch dieser Vergleich dafür, daß in § 1254 Abs. 2 RVO die Umwandlung in das vorzeitige Altersruhegeld bewußt nicht vorgeschrieben worden ist (a. A. Jantz-Zweng, Das neue Recht der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten, Anm. II 2 zu § 1254 RVO; Gesamtkommentar zur RVO, Anm. 3 zu § 1254; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, S. 706).
Eine andere Frage aber ist, wie das Berufungsgericht ebenfalls bereits erkannt hat, ob der Kläger nicht einen originären Anspruch auf das vorzeitige Altersruhegeld unter Wegfall der Berufsunfähigkeitsrente hat. Dies ist - entgegen der Ansicht der Beklagten - zu bejahen. Wer die Voraussetzungen des vorzeitigen Altersruhegeldes erfüllt, hat Anspruch auf dessen Gewährung; es gibt in der RVO keine Vorschrift, die einen solchen Rentenanspruch deshalb ausschließt, weil bisher eine andere Rentenart bezogen worden ist. Daß die Berufsunfähigkeits- oder Erwerbsunfähigkeitsrente nicht mehr gewährt wird, ist selbstverständlich, in § 1248 Abs. 6 RVO aber auch ausdrücklich vorgeschrieben. Im früheren Recht der Invalidenversicherung gab es dieses Problem nicht, weil nur eine Rente, die Invalidenrente, vorgesehen war und diese, gleich ob wegen Invalidität oder wegen Alters gewährt, dieselbe Höhe hatte. Dagegen kannte die knappschaftliche Rentenversicherung das Problem schon früher und kennt es auch nach heutigem Recht, und zwar in noch stärkerem Maße als die Rentenversicherung der Arbeiter, weil in ihr noch eine weitere Rentenart, die Bergmannsrente, vorgesehen ist. Heute kennt die knappschaftliche Rentenversicherung die Bergmannsrente, die Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit, die Knappschaftsrente wegen Erwerbsunfähigkeit, das Knappschaftsruhegeld und das vorzeitige Knappschaftsruhegeld. Ähnlich wie in der RVO ist nur die Umwandlung der Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit in die Knappschaftsrente wegen Erwerbsunfähigkeit sowie die Umwandlung der Bergmannsrente und der Knappschaftsrenten wegen Berufsunfähigkeit und wegen Erwerbsunfähigkeit in das Knappschaftsruhegeld bei Vollendung des 65. Lebensjahres vorgesehen; darüber hinaus kennt das RKG, wie bereits ausgeführt, für die altgedienten Untertagebergleute auch noch die Umwandlung dieser Renten in das vorzeitige Altersruhegeld. Dagegen ist die Umwandlung der Bergmannsrente in die Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit und die Knappschaftsrente wegen Erwerbsunfähigkeit, sowie die Umwandlung der Bergmannsrente und der Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit in vorzeitiges Altersruhegeld für die nicht besonders begünstigten Versicherten nicht vorgesehen. Wollte man nun, wie die Beklagte es für richtig hält, aus der Tatsache, daß eine Umwandlung gesetzlich nicht vorgesehen ist, schließen, daß die Gewährung der höherrangigen Rente überhaupt nicht in Betracht komme, so würde u. a. bei Bezug einer Bergmannsrente niemals die Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit oder wegen Erwerbsunfähigkeit gewährt werden können. Dieses Ergebnis wäre nicht nur unvertretbar, sondern würde auch der Rechtsübung und Rechtsprechung sowohl nach früherem wie auch nach heutigem Recht widersprechen. Im Knappschaftsrecht jedenfalls bleibt nur möglich anzunehmen, daß eine Rente zu gewähren ist, sobald ihre Voraussetzungen erfüllt sind, und daß es hierbei ohne Bedeutung ist, ob der Versicherte bis dahin eine andere Rentenart aus derselben Versicherung bezieht, wobei die rangniedrigere Rente mit dem Beginn der höherrangigen entfällt, wie es auch ausdrücklich jeweils vorgeschrieben ist. Eine "Umwandlung" mit ihrer Besitzstandswahrung dagegen kommt nur für diejenigen Fälle in Betracht, für die sie gesetzlich vorgeschrieben ist. Die "Umwandlung" stellt eine Sonderregelung dar. Sie hat die Besonderheit - und dies geht schon aus ihrer Bezeichnung hervor - daß, falls ihre Voraussetzungen vorliegen, die alte Rente nicht etwa - wie bei der originären Rentengewährung - wegfällt und eine andere Rente an ihre Stelle tritt, sondern daß die alte Rente in ihren Bestandteilen erhalten bleibt und nur durch zusätzliche Berücksichtigung der inzwischen zurückgelegten Versicherungszeiten ... gewissermaßen aufgestockt wird. Die damit fest erhalten bleibenden Rentenbestandteile können also nicht erneut auf ihre Richtigkeit überprüft werden; sie bleiben erhalten, selbst wenn sie zu Unrecht zuerkannt sind.
Diese Grundsätze müssen aber auch in der Rentenversicherung der Arbeiter gelten. Dort sind diese Voraussetzungen nur deshalb nicht so deutlich, weil für fast alle Fälle die Umwandlung vorgeschrieben ist. Es ist aber kaum anzunehmen, daß der Gesetzgeber der RVO eine andere Systematik gewollt hat als der des RKG. Es darf zudem nicht übersehen werden, daß § 1254 zu den Vorschriften über die Zusammensetzung und Berechnung der Rente gehört und also nichts mit der Frage zu tun hat, ob neue Renten zu gewähren sind. Die Vorschriften über die Gewährung der Renten finden sich dagegen in den §§ 1245 ff RVO. Es wäre zudem auch unverständlich, warum ein kranker Versicherter, der berufsunfähig im Sinne des § 1246 Abs. 2 RVO ist und daher Berufsunfähigkeitsrente bezieht, niemals in den Genuß des - höheren - vorzeitigen Altersruhegeldes kommen sollte, während ein gesunder Versicherter diese Rente erhalten könnte. Aus dem Umstand, daß in § 1254 Abs. 2 RVO die Umwandlung der Berufsunfähigkeitsrente und der Erwerbsunfähigkeitsrente in vorzeitiges Altersruhegeld nicht vorgesehen ist, kann also nicht, wie die Beklagte meint, geschlossen werden, daß eine originäre Gewährung des vorzeitigen Altersruhegeldes ausgeschlossen ist. Geht man von diesen systematischen Zusammenhängen zwischen originärer Rentengewährung und Rentenumwandlung aus, so verlieren auch die von der Beklagten gegen das angefochtene Urteil im einzelnen geltend gemachten Einwendungen ihre Bedeutung.
Da der Kläger das 60. Lebensjahr vollendet hat, seit über einem Jahr, wie das Berufungsgericht bedenkenfrei entschieden hat, arbeitslos ist und die Wartezeit von 180 Beitragsmonaten erfüllt hat, auch einen Rentenantrag gestellt hat, steht ihm das vorzeitige Altersruhegeld nach § 1248 Abs. 2 RVO - unter Wegfall der Berufsunfähigkeitsrente - zu. Die Beklagte hat zwar die Feststellungen des Berufungsgerichts hinsichtlich der Frage, ob der Kläger arbeitslos gewesen ist, angegriffen. Diese Rüge ist aber erst nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist - in der letzten mündlichen Verhandlung - erhoben worden. Sie ist daher nach § 164 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) verspätet und somit unzulässig.
Da das Urteil des Berufungsgerichts somit zutreffend ist, mußte die Revision der Beklagten zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 2291037 |
BSGE, 188 |