Entscheidungsstichwort (Thema)
Freie Arztwahl bei Gemeinschaftspraxis
Leitsatz (amtlich)
1. Die Genehmigung zur gemeinsamen Ausübung der kassenärztlichen Tätigkeit durch mehrere Ärzte kann nicht allein deshalb versagt werden, weil die Ärzte für unterschiedliche Fachgebiete zugelassen sind.
2. Die Zulassungsinstanzen haben jedoch bei ihrer Entscheidung die Beschränkungen zu berücksichtigen, die sich aus dem allgemeinen ärztlichen Berufsrecht und dem Kassenarztrecht für eine Gemeinschaftspraxis von Ärzten unterschiedlicher Fachgebiete ergeben. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß es der kassenärztlichen Selbstverwaltung möglich ist, die Einhaltung der Beschränkungen - zB der Beschränkung eines jeden Arztes auf sein Fachgebiet - zu überwachen.
Orientierungssatz
Die gemeinsame Ausübung der kassenärztlichen Tätigkeit darf das Recht des Patienten auf freie Arztwahl nicht beeinträchtigen.
Normenkette
RVO § 368b Abs. 4 Fassung: 1955-08-17, § 368c Abs. 2 Nr. 13 Fassung: 1976-12-28; ZO-Ärzte § 33 Abs. 2 S. 4 Fassung: 1977-07-20; ÄG HA § 4 Abs. 4 Fassung: 1978-05-22; ÄBerufsO HA § 19; RVO § 368d Abs. 1
Verfahrensgang
SG Hamburg (Entscheidung vom 04.02.1981; Aktenzeichen 3 KA 15/80) |
SG Hamburg (Entscheidung vom 04.02.1981; Aktenzeichen 3 KA 16/80) |
SG Hamburg (Entscheidung vom 04.02.1981; Aktenzeichen 3 KA 14/80) |
Tatbestand
Umstritten ist die Genehmigung zur Bildung einer fachübergreifenden kassenärztlichen Gemeinschaftspraxis.
Die Beigeladenen Rainer R. (R.) und Jürgen S. (St.) sind als Ärzte für Allgemeinmedizin und der Beigeladene Kord-Hinrich Sch. (Sch.) als Arzt für innere Medizin zur Kassenpraxis zugelassen. Am 22. Februar 1979 beantragten zunächst nur die Beigeladenen R. und Sch. die Genehmigung zur gemeinsamen Praxisausübung. Diesen Antrag lehnte der Zulassungsausschuß ab, weil einer solchen fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis § 4 Abs 4 des Hamburgischen Ärztegesetzes (HbgÄrzteG) vom 22. Mai 1978 (HbgGVBl 1978, 152) entgegenstehe, wonach der niedergelassene Arzt nur in dem Fachgebiet tätig werden dürfe, dessen Gebietsbezeichnung er führe. Dem später von allen drei Ärzten gestellten Antrag entsprach der Zulassungausschuß insoweit, als er einer auf die beiden Ärzte für Allgemeinmedizin beschränkten Gemeinschaftspraxis zustimmte. Auf die Widersprüche der Ärzte genehmigte der Berufungsausschuß mit Beschluß vom 30. Januar 1980 die gemeinsame Praxisausübung durch alle drei Ärzte.
Gegen diesen Beschluß haben die Landesverbände der Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen Klage erhoben. Sie machen geltend, die Entscheidung verstoße gegen § 4 Abs 4 HbgÄrzteG iVm § 33 der Zulassungsordnung für Kassenärzte (ZO-Ärzte) und § 18 der Berufungsordnung der Hamburger Ärzteschaft (HbgBO) idF vom 19. Januar 1971. Die Bildung einer Gemeinschaftspraxis sei nur dann sinnvoll, wenn jeder Arzt alle in der Praxis vorkommenden Behandlungsfälle übernehmen könne. Das sei aber nicht möglich, wenn die Ärzte verschiedenen Fachgebieten angehörten. Außerdem bestehe die Gefahr des Übermaßes ärztlicher Versorgung. Schließlich seien Schwierigkeiten bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung zu befürchten.
Das Sozialgericht (SG) hat die miteinander verbundenen Klagen abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klagen seien zwar zulässig, denn das den Kassenverbänden nach § 368b Abs 4 der Reichsversicherungsordnung (RVO) eingeräumte Widerspruchsrecht und die daraus folgende Rechtsmittelbefugnis erstrecke sich auch auf die hier streitige Genehmigungsentscheidung nach § 33 Abs 2 ZO-Ärzte, die einer Entscheidung über die Zulassung wesensgleich sei. Die Klagen seien jedoch unbegründet, denn die angefochtene Entscheidung des beklagten Berufungsausschusses entspreche der Sach- und Rechtslage. Das Grundrecht der Berufsfreiheit gebiete es, daß die Genehmigung nur aus den in § 33 Abs 2 Satz 4 ZO-Ärzte genannten Gründen versagt werden dürfe. Daß die Versorgung des Versicherten in einer fachverbindenden Gemeinschaftspraxis beeinträchtigt werde, wenn sich einer der Ärzte in wesentlichem Umfang fachfremd betätige, sei zwar denkbar. Diese Gefahr bestehe vielleicht in etwas höherem Maße als bei einem allein praktizierenden Arzt. Die bloße Möglichkeit unverantwortlichen oder gesetzwidrigen Handelns reiche aber nicht aus, um die Versorgung der Versicherten als beeinträchtigt ansehen zu können. Ebenso sei die Gefahr einer übermäßigen Kostenentwicklung zu beurteilen. Landesrechtliche Vorschriften stünden dem Zusammenschluß ebenfalls nicht entgegen. § 4 Abs 4 HbgÄrzteG bestimme, daß ein Facharzt grundsätzlich nur in dem Gebiet tätig werden dürfe, dessen Bezeichnung er führe; auch solle er sich in der Regel nur durch Ärzte vertreten lassen, die dieselbe Gebietsbezeichnung führten. Diese Vorschrift diene nicht nur dem Schutz der Sozialversicherten, sondern allen Patienten gleichermaßen. Das - nicht engherzig anzuwendende (BVerfGE 33, 125, 168) - Verbot fachfremder Betätigung gelte unabhängig davon, ob ein Arzt allein oder in Gemeinschaft mit anderen - sei es in einem Krankenhaus, sei es in einer Gemeinschaftspraxis - praktiziere. Der vielleicht größeren Versuchung fachfremder Betätigung in einer fachverbindenden Gemeinschaftspraxis wirke die ärztliche Kontrolle durch die übrigen Praxismitglieder entgegen. Sollten sich die Mitglieder einer Praxisgemeinschaft nicht an das Gebot halten, so böten das ärztliche Berufsrecht und das Kassenarztrecht genügend Mittel, sie dazu anzuhalten. Auch aus § 19 HbgBO (HbgÄrzteblatt 1980, 298) lasse sich kein allgemeines Verbot einer fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis ableiten. Absatz 1 verlange nur, daß der Zusammenschluß der Ärztekammer angezeigt werde. Absatz 2 bestimme, daß bei allen Formen gemeinsamer Berufsausübung die freie Arztwahl gewährleistet bleiben müsse. Die nähere Ausgestaltung der gemeinschaftlichen Zusammenarbeit werde im Gesetz nicht weiter angesprochen und bleibe daher den Ärzten überlassen. Dabei müßten allerdings die gesetzlichen Regelungen, insbesondere § 4 Abs 4 HbgÄrzteG beachtet werden.
Gegen dieses Urteil haben alle Kläger die vom SG zugelassene Sprungrevision eingelegt.
Der Kläger zu 3) rügt eine unrichtige Anwendung des § 33 Abs 2 ZO-Ärzte iVm § 4 Abs 4 HbgÄrzteG: Das SG gehe zu Unrecht davon aus, daß die Genehmigung einer Gemeinschaftspraxis nur in Ausnahmefällen versagt werden dürfe. Vielmehr ergebe sich aus § 33 Abs 2 ZO-Ärzte die zwingende Verpflichtung, jede Beeinträchtigung der Versorgung der Patienten zu verhindern und landesrechtliche Vorschriften über die ärztliche Berufsausübung zu beachten. Demzufolge und insbesondere im Hinblick auf § 4 Abs 4 HbgÄrzteG sei eine fachübergreifende Gemeinschaftspraxis abzulehnen, wenn nicht ein zwingendes Interesse auf Seiten der Ärzte, vor allem aber auf Seiten der Bevölkerung die Zulassung gebiete. In dem Stadtteil, in dem die Praxis der beigeladenen Ärzte liege, werde eine fachübergreifende Gemeinschaftspraxis nicht benötigt. Diese Feststellung beinhalte keine Bedürfnisprüfung, es gehe nur um die Abwägung der beiderseitigen Interessen. Die von den Ärzten zur Rechtfertigung der Gemeinschaftspraxis angegebene Möglichkeit der gegenseitigen Konsultation bestehe auch bei einer Praxisgemeinschaft iS des § 33 Abs 1 ZO-Ärzte, der engere Zusammenschluß einer Gemeinschaftspraxis sei daher nicht erforderlich. Von der Beschränkung des Facharztes auf sein Fachgebiet dürfe nicht ohne zwingenden Grund abgegangen werden. Der fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis sei aber die Austauschbarkeit der Ärzte immanent. Die hinter den Patienten stehenden Kostenträger seien verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, daß § 4 Abs 4 HbgÄrzteG seinen Ausnahmecharakter behalte und Mißbräuche weder bei niedergelassenen Ärzten noch bei der Zulassung neuer Gemeinschaftspraxen vorkommen könnten. Auch das ärztliche Standesrecht spreche gegen die fachübergreifende Gemeinschaftspraxis, denn es basiere auf dem engen persönlichen Band zwischen Arzt und Patient. Die medizinische Versorgung könne ebenfalls dadurch nachteilig beeinträchtigt werden, daß ein Allgemeinarzt aus Sorge, er könne seine Patienten verlieren, nicht an einen Internisten in einer Gemeinschaftspraxis mit Allgemeinärzten überweise. Die freie Arztwahl sei in der Gemeinschaftspraxis nur theoretisch gewährleistet, denn der Patient werde demjenigen Arzt überstellt, der gerade am schwächsten ausgelastet sei. Schließlich sei in der fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise nicht mehr überprüfbar; das kassenärztliche Abrechnungs- und Prüfungswesen sei auf die Einzelpraxis zugeschnitten. Das Grundrecht der freien Berufsausübung werde mit der Versagung der Zustimmung zur fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis nicht verletzt; die beigeladenen Ärzte hätten nur Anspruch auf freie Betätigung als Kassenarzt.
Der Kläger zu 3) beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts vom 4. Februar 1981 und den Beschluß des Beklagten vom 30. Januar 1980 aufzuheben und den Antrag der beigeladenen Ärzte, die Bildung einer fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis zu genehmigen, abzulehnen.
Die Kläger zu 1) und 2) schließen sich dem Vorbringen des Klägers zu 3) an.
Der beklagte Berufungsausschuß und die beigeladene Kassenärztliche Vereinigung beantragen die Zurückweisung der Revisionen.
Der Beklagte trägt dazu vor: Das entscheidende Merkmal der fachverbindenden Gemeinschaftspraxis sei weniger die apparative und personelle Rationalisierung als die intensive arbeitsteilige Zusammenarbeit. Der Patient bleibe stärker in einer Hand als bei einer Zusammenarbeit von Ärzten im Rahmen von Überweisungen. Die fachverbindende Gemeinschaftspraxis sei ferner für den Patienten in zeitlicher Hinsicht günstiger (Behandlung in einer Praxis) und für die Krankenkassen billiger (Vermeidung von Mehrfachuntersuchungen). Die freie Arztwahl sei ebenso gewährleistet wie bei Gemeinschaftspraxen von Ärzten mit gleicher Fachrichtung; der Patient könne frei entscheiden, welchen Arzt der Gemeinschaftspraxis er konsultieren möchte. Der Einwand der Kläger, die gegenseitige Vertretung verstoße gegen das Gebot der Beschränkung auf das Fachgebiet, vermöge im vorliegenden Fall schon wegen der Zusammensetzung des Teams nicht durchzugreifen. Die Arbeitsteilung innerhalb der Praxis und das angewandte Bestellsystem gewährleisteten, daß jeder Arzt grundsätzlich nur in seinem Fachgebiet tätig werde. Die Behandlung durch den fachlich zuständigen Arzt werde auch dann, wenn dieser vorübergehend oder länger abwesend sei, durch die entsprechende Bestellung oder Umbestellung des Patienten sichergestellt. Bei Abwesenheit des Internisten werde die Behandlung in dringenden Fällen nur dann einer der beiden Allgemeinärzte vertretungsweise übernehmen, wenn der Patient dies ausdrücklich wünsche und nicht auf Überweisung eines externen Arztes in die Praxis gekommen sei; Voraussetzung sei ferner, daß der Allgemeinarzt je nach der Art der Erkrankung zur Übernahme der Vertretung befähigt sei. Die Frage, ob die Versorgung der Versicherten beeinträchtigt werde, müsse im Genehmigungsverfahren anhand des jeweiligen Einzelfalles geprüft werden. Eine qualitative Beeinträchtigung der kassenärztlichen Versorgung könnte sich zB im Falle einer Gemeinschaftspraxis von Ärzten nicht verwandter Gebiete ergeben. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sei jedoch eine fachverbindende Gemeinschaftspraxis von Ärzten eng verwandter und sich ergänzender Gebiete. Es treffe schließlich auch nicht zu, daß bei einer fachverbindenden Gemeinschaftspraxis die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise nicht überprüfbar sei.
Die beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) bezieht sich im wesentlichen auf die Begründungen der angefochtenen Entscheidungen, auf die Revisionserwiderung des Beklagten und auf sein eigenes Vorbringen im Verwaltungs- und Klageverfahren.
Die beigeladenen Ärzte beantragen, die Sprungrevisionen als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, als unbegründet zurückzuweisen.
Sie begründen diesen Antrag wie folgt: Das SG leite die Sachlegitimation der Kläger zu Unrecht aus § 368b Abs 4 RVO her. Die Kläger zu 1) und 2) hätten zudem keine eigenen Revisionsanträge gestellt. In der Sache sei das SG zutreffend davon ausgegangen, daß es sich bei § 33 Abs 2 ZO-Ärzte um eine Ausnahmevorschrift handele. Die in dieser Vorschrift genannten Versagungsgründe lägen nicht vor. Die angestrebte Gemeinschaftspraxis entspreche nicht nur den Grundsätzen des Kassenarztrechtes, sondern diene in besonderem Maße den Interessen der Patienten. Die landesrechtlichen Vorschriften über die ärztliche Berufsausübung, auf die § 33 Abs 2 ZO-Ärzte verweise, seien der revisionsgerichtlichen Nachprüfung entzogen.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen der Kläger sind zulässig, insbesondere haben auch die Kläger zu 1) und 2) die Zulässigkeitsvoraussetzung erfüllt, die Revisionen form- und fristgerecht zu begründen (§ 164 Abs 2 SGG). Die Bezugnahme auf die ordnungsmäßige Revisionsbegründung des Klägers zu 3) reicht hierfür aus, zumal alle drei Kläger dasselbe Prozeßziel verfolgen (vgl BSGE 16, 227, 230). Die Kläger zu 1) und 2) haben mit ihrer uneingeschränkten Bezugnahme auf das Vorbringen des Klägers zu 3) sich dieses und damit auch die in diesem enthaltenen Anträge zu eigen gemacht. Die Revisionsanträge sind Teil der Begründung (§ 164 Abs 2 Satz 3 SGG). Die Bezugnahme auf die Begründung schließt daher die in dieser enthaltenen Anträge mit ein. Der Kläger zu 3) hat bestimmte Anträge gestellt. Dem Vorbringen der Kläger zu 1) und 2) läßt sich eindeutig entnehmen, daß sie dasselbe prozessuale Ziel wie der Kläger zu 3) erreichen wollen (zum Erfordernis des "bestimmten Antrages" vgl BSG SozR 1500 § 164 SGG Nrn 8 und 10).
Die Sprungrevisionen der Kläger führen zur Aufhebung des Urteils des SG und des Genehmigungsbeschlusses des Beklagten. Über die Anträge der beigeladenen Ärzte, ihnen die gemeinsame Ausübung kassenärztlicher Tätigkeit zu genehmigen, hat nun der Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.
Mit Recht hat das SG die Zulässigkeit der Klagen bejaht. Die Kläger wenden sich ausschließlich gegen den Beschluß des Beklagten (Genehmigung einer fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis aller drei Ärzte), also nicht gegen den Beschluß des Zulassungsausschusses (Genehmigung einer auf die beiden Ärzte für Allgemeinmedizin beschränkten Gemeinschaftspraxis). Die Klagen richten sich demnach lediglich gegen die Entscheidung der im Zulassungsverfahren zuständigen Widerspruchsbehörde (§ 368b Abs 4 und 7 RVO). Eine solche Entscheidung kann alleiniger Klagegegenstand sein, wenn sie einen Dritten erstmalig beschwert oder gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält (BSGE 35, 224, 226). Eines nochmaligen Widerspruchs- bzw Vorverfahrens bedarf es dann nicht (Meyer-Ladewig, SGG mit Erläuterungen, 2. Aufl, RdNr 7 zu § 78 mwN). Die Kläger behaupten, durch den Beschluß des Beklagten beschwert zu sein. Sie machen geltend, der Beschluß sei rechtswidrig und verletze ihre bzw die von ihr wahrzunehmenden berechtigten Interessen. Eine solche Rechtsverletzung kommt auch in Betracht, so daß die Zulässigkeitsvoraussetzungen der erhobenen Anfechtungsklagen erfüllt sind (§ 54 Abs 1 Satz 2, Abs 2 SGG; vgl BSGE 43, 134, 141). Die Krankenkassen sind verpflichtet und damit auch berechtigt, bei der Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung mitzuwirken (§ 368 Abs 1 RVO). Die den Krankenkassen in diesem Rahmen obliegenden Aufgaben sind weitgehend den Landesverbänden der Krankenkassen übertragen (vgl § 368 Abs 4, § 368b Abs 1, 4 und 6, § 368g Abs 2, § 368i Abs 1 und 2, § 368n Abs 3 und 5, § 368o Abs 1 und 2, §§ 371 ff, §§ 414 ff RVO; §§ 17, 27, 33 Abs 2 und 37 Abs 2 ZO-Ärzte). Verstößt die gemeinsame Ausübung kassenärztlicher Tätigkeit gegen das Gesetz, so verletzt ihre Genehmigung auch die berechtigten Interessen der Krankenkassen, die von den Landesverbänden der Krankenkassen wahrzunehmen sind. In Zulassungsangelegenheiten enthält § 368b Abs 4 RVO eine ausdrückliche Regelung über die Anfechtbarkeit der Entscheidungen der Zulassungsausschüsse, über das Widerspruchsrecht der beteiligten Ärzte, der KÄVen und der Landesverbände der Krankenkassen sowie über die Überprüfung der Entscheidungen in einem zweiten Verwaltungsverfahren vor dem Berufungsausschuß. Nach Auffassung des Senats werden von dieser gesetzlichen Regelung alle Entscheidungen des Zulassungsausschusses erfaßt, die die einmal erworbene Rechtsstellung des Kassenarztes betreffen (BSGE 4, 151, 153; Urteil des Senats vom 6. Oktober 1981 - 6 RKa 13/81 -). Eine fachübergreifende Gemeinschaftspraxis berührt diese Rechtsstellung; sie kann eine fachfremde Tätigkeit des Arztes begünstigen, die Zulassung des Kassenarztes ist jedoch auf ein bestimmtes Fachgebiet beschränkt (§ 24 Abs 3 ZO-Ärzte).
Entgegen der Auffassung des SG sind die Klagen auch begründet. Die gemeinsame Ausübung kassenärztlicher Tätigkeit durch den als Internisten zur Kassenpraxis zugelassenen Beigeladenen Sch. und die für das Gebiet der Allgemeinmedizin zugelassenen Beigeladenen R. und St. ist rechtlichen Beschränkungen unterworfen. Dies läßt die vom Beklagten unbeschränkt und ohne Auflagen erteilte Genehmigung unberücksichtigt. Die zu beachtenden Beschränkungen gelten zwar kraft Gesetzes unmittelbar, also unabhängig davon, ob sie in einer Verwaltungsentscheidung ausdrücklich aufgeführt werden. Es muß aber gewährleistet sein, daß ihre Einhaltung im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung durchgesetzt werden kann. Diesem Erfordernis wird der Genehmigungsbeschluß des Beklagten nicht gerecht, er kann deshalb nicht bestätigt werden. Gegen eine modifizierte Genehmigung, die den gesetzlichen Vorbehalten Rechnung trägt, bestehen dagegen keine rechtlichen Bedenken. Über die Genehmigungsanträge der beigeladenen Ärzte ist daher neu zu entscheiden. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - dem Übermaßverbot - darf eine Genehmigung nicht gänzlich versagt werden, wenn die ihr entgegenstehenden Hindernisse durch eine inhaltliche Begrenzung oder durch Aufnahme von Nebenbestimmungen - Bedingungen, Auflagen und dergleichen - beseitigt werden können (vgl Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, 9. Aufl, § 49 II b; Kopp, VwVfG, Komm, 2. Aufl, RdNr 16 zu § 36; Schroeder-Printzen/Engelmann, SGB X, Komm, 1981, Am 2.2 zu § 32; BVerwGE 56, 254, 261). Da ein Teil der hier in Betracht kommenden Nebenbestimmungen den Ermessensbereich des Beklagten berühren, ist diesem die neue Entscheidung vorbehalten (§ 54 Abs 2 Satz 2 SGG).
Nach § 33 Abs 2 ZO-Ärzte bedarf die gemeinsame Ausübung kassenärztlicher Tätigkeit, die nur unter Kassenärzten zulässig ist (Satz 1), der vorherigen Genehmigung durch den Zulassungsausschuß (Satz 2). Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn die Versorgung der Versicherten beeinträchtigt wird oder landesrechtliche Vorschriften über die ärztliche Berufsausübung entgegenstehen (Satz 4). Diese Verordnungsregelung ist gültig, denn sie beruht auf einer sie tragenden gesetzlichen Ermächtigung und sie hält sich im Rahmen des Gesetzes. § 368c RVO bestimmt, daß das Nähere über die Zulassung, die sonstige Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung sowie die zu ihrer Sicherstellung erforderliche Bedarfsplanung und Beschränkung von Zulassungen durch die als Rechtsverordnung zu erlassenden Zulassungsordnungen - für Ärzte und für Zahnärzte - geregelt wird (Absatz 1) und daß in diesen ua Vorschriften über die Voraussetzungen enthalten sein müssen, unter denen nach den Grundsätzen der Ausübung eines freien Berufes die Kassenärzte die kassenärztliche Tätigkeit gemeinsam ausüben können (Absatz 2 Nr 13 Alternative 2). Diese gesetzliche Ermächtigung rechtfertigt auch den in der ZO-Ärzte aufgenommenen Genehmigungsvorbehalt. Die gesetzlichen Einzelregelungen über die kassenärztliche Versorgung beziehen sich auf die Behandlung durch einen Arzt (vgl § 188, § 368a Abs 4, § 368d Abs 2 bis 4, § 368e, § 369f Abs 1 Satz 5, § 369b Abs 1 Nr 3, Abs 2 RVO). Für die gemeinsame Ausübung der kassenärztlichen Tätigkeit durch mehrere Ärzte bedarf es daher einer ergänzenden Regelung. Sie ist dem Verordnungsgeber überlassen. Sie muß aber, da die gesetzliche Ermächtigung nichts Abweichendes bestimmt, den allgemeinen gesetzlichen Regelungen über die kassenärztliche Tätigkeit entsprechen. Der Genehmigungsvorbehalt des § 33 Abs 2 ZO-Ärzte erfüllt diese Voraussetzung, denn die Genehmigung darf danach nur versagt werden, soweit dies die Einhaltung des Gesetzes erfordert. Es ergibt sich bereits aus der den Zulassungsordnungen vorgegebenen Rechtslage, daß die Kassenärzte nicht durch eine besondere Art der Praxisausübung die Versorgung des Versicherten beeinträchtigen und gegen landesrechtliche Vorschriften über die ärztliche Berufsausübung verstoßen dürfen (bezüglich der Bindung bei Ausübung kassenärztlicher Tätigkeit an die allgemeinen ärztlichen Grundsätze vgl BSGE 23, 97 ff mwN). Der die Gewährleistung dieser kassenärztlichen Verpflichtung bezweckende Genehmigungsvorbehalt ist ebensowenig zu beanstanden wie andere in den Zulassungsordnungen geregelte Beschränkungen, die sich aus der den Kassenärzten und den Krankenkassen gemeinsam obliegenden Aufgabe ergeben, die kassenärztliche Versorgung im Rahmen des Gesetzes sicherzustellen (vgl § 24 Abs 1 bis 4, § 32 Abs 1 bis 3 ZO-Ärzte).
Bei der Entscheidung über einen Antrag auf Genehmigung zur gemeinsamen Ausübung kassenärztlicher Tätigkeit ist davon auszugehen, daß es sich bei der Tätigkeit als Kassenarzt um eine besondere Ausübungsform des Berufes des frei praktizierenden Arztes handelt (BVerfGE 11, 30, 43). Es gilt deshalb auch für den Kassenarzt, daß das Recht auf freie Berufsausübung nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden darf (Art 12 Abs 1 Satz 2 des Grundgesetzes), und zwar lediglich insoweit, als vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls dies rechtfertigen (BVerfGE 33, 125, 167). Das Recht auf freie Berufsausübung umfaßt auch das Recht, mit anderen die berufliche Tätigkeit gemeinsam auszuüben. Dieses Recht ist in den ärztlichen Berufsordnungen ausdrücklich anerkannt (vgl § 19 der vom Deutschen Ärztetag beschlossenen Muster-Berufsordnung, DÄ 1979, 2442, 2444, und die jeweils entsprechende Vorschrift der Berufsordnungen der einzelnen Landesärztekammern). Es steht auch den Kassenärzten zu. Allerdings können die besonderen Belange der kassenärztlichen Versorgung eine Einschränkung des Rechts begründen (BSGE 23, 170).
Die Gesetzes- und Verordnungsvorschriften über die gemeinsame Ausübung kassenärztlicher Tätigkeit entsprechen diesen Rechtsgrundsätzen. Die Ermächtigungsnorm des § 368c Abs 2 Nr 13 RVO nimmt ausdrücklich auf die Grundsätze der Ausübung eines freien Berufs Bezug. Sie bestätigt damit auch das grundsätzliche Recht der Kassenärzte, die kassenärztliche Tätigkeit gemeinsam auszuüben. Entsprechend begrenzt sie die Regelungsbefugnis des Verordnungsgebers. § 33 Abs 2 ZO-Ärzte trägt dem Rechnung, indem er eine Versagung der Genehmigung nur gestattet, soweit gesetzlich geschützte öffentliche Interessen - die Kassenärztliche Versorgung der Versicherten unter Beachtung der allgemeinen Vorschriften über die ärztliche Berufsausübung - dies erfordern (vgl auch BR-Drucks 135/77, Seite 21 zu Art 1 Nr 18). Für fachübergreifende Gemeinschaftspraxen sind abweichende Regelungen nicht getroffen.
Die gemeinsame Ausübung der kassenärztlichen Tätigkeit darf jedoch das Recht des Patienten auf freie Arztwahl nicht beeinträchtigen. Wie das SG für den Senat bindend (§ 162 SGG) festgestellt hat, bestimmt die HbgBO für Ärzte in § 19 Abs 2, daß bei allen Formen gemeinsamer Berufsausübung die freie Arztwahl gewährleistet bleiben muß. Diese Vorschrift ist aus der Muster-Berufsordnung des Deutschen Ärztetages übernommen worden; eine entsprechende Vorschrift enthalten auch die Berufsordnungen anderer Länder (zB § 19 Abs 2 BO der Landesärztekammer Baden-Württemberg, Ärzteblatt Baden-Württemberg 2/79, 1, 7). Im Kassenarztrecht wird die dem Patienten zustehende freie Arztwahl ausdrücklich bestätigt (§ 368d Abs 1 RVO). Dieses Recht ist für den Patienten von besonderer Bedeutung, wenn er zwischen Ärzten verschiedener Fachrichtungen zu wählen hat. Das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient, das durch die freie Arztwahl gefördert werden soll, ist ua auch von der fachlichen Spezialisierung des Arztes abhängig. Das Recht auf freie Arztwahl wird durch die Verpflichtung des Arztes ergänzt, die kassenärztliche Tätigkeit persönlich auszuüben (§ 32 Abs 1 ZO-Ärzte; § 4 BMV-Ärzte). Vertreter und Assistenten dürfen nur in besonderen Fällen und in begrenztem Umfange beschäftigt werden (§ 32 Abs 2 ZO-Ärzte). Bei ergänzender Einschaltung eines anderen Arztes ist das Recht auf freie Arztwahl ebenfalls zu beachten; der Patient soll nicht an einen bestimmten Arzt, sondern nur an einen Arzt eines bestimmten Fachgebietes überwiesen werden (§ 368a Abs 4 Halbsatz 2 iVm § 368g Abs 3 RVO und § 19 Abs 4 BMV-Ärzte). Die Inanspruchnahme eines bestimmten Arztes einer fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis darf deshalb auch nicht dazu führen, daß alle Ärzte der Praxis zur Behandlung berechtigt sind. Das Recht der bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft (§§ 705 ff BGB), das für die Rechtsbeziehungen der Partner einer Gemeinschaftspraxis maßgebend ist, schließt die Inanspruchnahme eines bestimmten Arztes einer Gemeinschaftspraxis nicht aus (bezüglich Anwaltssozietät vgl Staudinger/Keßler Komm zum BGB, 12. Aufl, Vorbemerkung zu § 705 RdNr 142). Beauftragt der Patient nicht alle Ärzte, sondern nur einen bestimmten Arzt einer Gemeinschaftspraxis, so hat er nur insoweit sein Recht auf freie Arztwahl verbraucht. Wird die Zuziehung eines anderen Gebietsarztes erforderlich, so steht ihm das Recht auf freie Arztwahl erneut zu. Will er sich nicht dem entsprechenden Gebietsarzt der Gemeinschaftspraxis anvertrauen, so muß ihm die Möglichkeit bleiben, auf Überweisung einen zuständigen Gebietsarzt außerhalb der Gemeinschaftspraxis aufzusuchen. Verweigert der behandelnde Arzt eine erforderliche Überweisung, so wird dies in der Regel ein triftiger Grund sein, den Arzt zu wechseln (§ 368d Abs 3 RVO).
Bei einem Zusammengehen von Ärzten verschiedener Fachgebiete ist vor allem darauf zu achten, daß das berufsrechtliche Gebot der Fachgebietsbeschränkung eingehalten wird. Auch diesbezüglich hat der Senat von der vom SG dargestellten landesrechtlichen Regelung auszugehen. Nach § 4 Abs 4 HbgÄrzteG darf in Hamburg ein niedergelassener Arzt, der eine Gebietsbezeichnung führt, grundsätzlich nur in diesem Gebiet, und der eine Teilgebietsbezeichnung führt, im wesentlichen nur in diesem Teilgebiet tätig werden; auch soll er sich in der Regel nur durch einen Arzt vertreten lassen, der dieselbe Gebietsbezeichnung führt. Entsprechendes gilt in anderen Bundesländern (vgl zB § 38 des Baden-Württembergischen Kammergesetzes, GBl Baden-Württemberg 1976, 473, 481). In Übereinstimmung damit wird auch der Kassenarzt nur für die berufsrechtlich vorgesehenen Fachgebiete zugelassen (vgl § 24 Abs 3 ZO-Ärzte). Diese die Berufsausübung regelnden Vorschriften sind verfassungsrechtlich unbedenklich, beruhen sie doch auf vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls. Die Spezialisierung dient sowohl dem wissenschaftlichen Fortschritt als auch dem Interesse der Patienten. Sie wird durch die grundsätzliche Beschränkung auf das Fachgebiet gewährleistet (vgl BSGE 23, 97 ff; 30, 83, 85 ff; BVerfGE 33, 125, 167). Die zu einer besseren ärztlichen Versorgung führende Spezialisierung ist nicht nur eine Frage der Ausbildung, sie ist auch von der Weiterbildung und der beruflichen Erfahrung abhängig. Für sie ist daher der Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit von großer Bedeutung. Allerdings ist einzuräumen, daß angesichts der Vielgestaltigkeit der dem Arzt in seiner täglichen Praxis unterkommenden Behandlungsfälle eine starre Grenze zwischen den einzelnen ärztlichen Fachgebieten nicht gezogen werden kann, vielmehr eine gewisse Toleranzbreite zugestanden werden muß. So wird eine fachübergreifende Tätigkeit des Arztes, die sein Fachgebiet berührt oder diesem verwandt ist, eher zu tolerieren sein, als eine dem Fachgebiet ferner liegende Tätigkeit (vgl §§ 4, 17 der vom Deutschen Ärztetag beschlossenen Muster-Weiterbildungsordnung, DÄ 1979, 2688 ff, und der Anlage dazu, DÄ 1979, 2763 ff). Eine fortdauernde Tätigkeit außerhalb der Grenzen des Fachgebietes ist jedoch keinesfalls zulässig (BSGE 23, 97, 102 f).
Die sich daraus für eine gemeinsame Ausübung kassenärztlicher Tätigkeit ergebenden Beschränkungen sind schon im Genehmigungsverfahren nach § 33 Abs 2 ZO-Ärzte zu berücksichtigen. Mit dem Genehmigungsvorbehalt weicht das Kassenarztrecht vom allgemeinen ärztlichen Berufsrecht ab. Nach diesem ist der Zusammenschluß von Ärzten zur gemeinsamen Ausübung des Berufes nur anzuzeigen (vgl § 19 Abs 1 Muster-Berufsordnung). Die abweichende Regelung ist durch das kassenärztliche Versorgungssystem begründet.
Die Krankenkassen sind verpflichtet, dem Versicherten die ärztliche Behandlung als Sachleistung zu gewähren. Die dem Versicherten zustehende Krankenpflege ist in qualitativer und quantitativer Hinsicht näher bestimmt. Sie muß nach den Regeln der ärztlichen Kunst zweckmäßig und ausreichend sein und darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten (§ 182 Abs 2, § 368e RVO). Auch soweit darin eine Begrenzung des Anspruchs liegt, entspricht dies den Interessen der Versicherten, die zusammen mit anderen die Mittel für die Krankenversicherung aufzubringen haben (§ 380 RVO). Ziel der den Krankenkassen und Ärzten gemeinsam obliegenden Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung ist es daher, eine bedarfsgerechte und gleichmäßige ärztliche Versorgung zur Verfügung zu stellen (§ 368 Abs 3 RVO). Die kassenärztliche Versorgung ist im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien der Bundesausschüsse durch schriftliche Verträge der KÄVen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, daß eine gleichmäßige, ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Kranken gewährleistet ist und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden (§ 368g Abs 1 RVO). Die KÄVen sind verpflichtet, die kassenärztliche Versorgung gesetz- und vertragsmäßig durchzuführen, die kassenärztliche Tätigkeit zu überwachen und die kassenärztliche Gesamtvergütung unter Berücksichtigung von Art und Umfang der Leistungen des Kassenarztes zu verteilen (§§ 368n Abs 4, 368f Abs 1 RVO). Den gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungseinrichtungen obliegt es, die Wirtschaftlichkeit der kassenärztlichen Versorgung im einzelnen zu überwachen (§ 368n Abs 5 RVO).
Aus diesen Regelungen folgt, daß die für eine besondere Art der Praxisausübung vorgeschriebene Genehmigung nur erteilt werden kann, soweit nicht die gesetzmäßige Durchführung der kassenärztlichen Versorgung entgegensteht. So darf die Genehmigung einer fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis nicht dazu führen, daß die Leistungserbringung durch einen dazu nicht berechtigten Arzt - zB wegen seiner auf ein bestimmtes Fachgebiet beschränkten Zulassung oder mangels eines erforderlichen Befähigungsnachweises (vgl BSGE 23, 97, 103; 28, 73, 78; 30, 83; 36, 155, 156) - nicht verhindert werden kann. Ob bei einer fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis auch eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht möglich ist, wie die Kläger behaupten, erscheint allerdings fraglich. Auch bei Einzelpraxen finden sich unterschiedliche Strukturen, denen durch entsprechende Auswahl von zum Vergleich heranzuziehenden Praxen und durch Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten Rechnung getragen werden kann (zB internistische Praxis mit besonderem fachlichen Schwerpunkt, diagnostisch orientierte Praxis).
Dem SG ist allerdings zuzustimmen, daß die bloße Möglichkeit unverantwortlichen oder gesetzwidrigen Handelns nicht ausreicht, die Genehmigung zur gemeinsamen Ausübung kassenärztlicher Tätigkeit zu versagen. Soweit mit den Mitteln, die das Berufs- und Kassenarztrecht bietet, die Einhaltung der dem Kassenarzt obliegenden Verpflichtungen erzwungen werden kann, ist es nicht erforderlich und dann auch nicht zulässig, das Recht des Kassenarztes auf freie Berufsausübung einzuschränken. Bei einer fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis ist aber eine solche Überwachungs- und Einwirkungsmöglichkeit nicht ohne weiteres gegeben. So wird beispielsweise eine regelmäßige Tätigkeit eines Partners der Gemeinschaftspraxis außerhalb seines Fachgebietes dann kaum zu erfassen sein, wenn die diesem Arzt grundsätzlich nicht erlaubte Leistungserbringung einem anderen Partner der Gemeinschaftspraxis gestattet ist und beide Ärzte ihre Leistungen gemeinsam abrechnen. Ebenso wie bei einer Einzelpraxis muß deshalb auch bei einer Gemeinschaftspraxis die Rechtmäßigkeit der Behandlungsweise des einzelnen Arztes anhand der Abrechnungsunterlagen überprüfbar sein.
Ob die Genehmigung zur gemeinsamen Ausübung kassenärztlicher Tätigkeit versagt werden muß oder nur modifiziert erteilt werden darf, hängt von der Art der Gemeinschaftspraxis ab. Es kommt dabei nicht nur auf die Fachgebiete der Praxispartner an, sondern auch auf die nähere Ausgestaltung der gemeinschaftlichen Zusammenarbeit. Mit dem SG ist auch der Senat der Auffassung, daß die nähere Ausgestaltung der Gemeinschaftspraxis nicht durch das Gesetz vorgegeben, vielmehr den Ärzten überlassen ist. Daraus folgt jedoch nicht, daß die Art und Weise der gemeinschaftlichen Zusammenarbeit für die Erteilung der Genehmigung irrelevant wäre. Das Gegenteil ist der Fall. Da die Genehmigung nur insoweit abgelehnt werden darf, als die in § 33 Abs 2 Satz 4 ZO-Ärzte genannten Gründe im Einzelfall vorliegen, müssen die besonderen Verhältnisse der jeweils in Frage stehenden Gemeinschaftspraxis berücksichtigt werden.
Die maßgeblichen Rechtsvorschriften sprechen nur von der gemeinsamen Ausübung kassenärztlicher Tätigkeit, ohne sie näher zu bestimmen (§ 368c Abs 2 Nr 13 RVO; § 33 Abs 2 ZO-Ärzte). In einer Entscheidung vom 14. Juli 1965 (BSGE 23, 170, 171) hat der Senat ausgeführt, daß unter einer Gemeinschaftspraxis im Unterschied zur Praxisgemeinschaft (gemeinsame Nutzung von Praxisräumen und Praxiseinrichtungen sowie gemeinsame Beschäftigung von Hilfspersonal, vgl § 33 Abs 1 Satz 1 ZO-Ärzte) die gemeinschaftliche Behandlung von Patienten, gemeinsame Karteiführung und Abrechnung aller Fälle unter einem Namen verstanden werde. Daran anknüpfend vertreten die Kläger die Auffassung, der fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis sei die Austauschbarkeit der Ärzte immanent, es könne daher jeder Arzt die Behandlung übernehmen und der Patient werde dem Arzt überstellt, der gerade am schwächsten ausgelastet sei. Demgegenüber wird von den beigeladenen Ärzten eine arbeitsteilige Behandlungsweise unter voller Wahrung der kassenarzt- und berufsrechtlichen Vorschriften behauptet und diese Praxisart als fachverbindend gekennzeichnet. Der Senat räumt ein, daß unterschiedliche Arten von Gemeinschaftspraxen denkbar sind. Mit der in der Entscheidung vom 14. Juli 1965 vorgenommenen Beschreibung der Gemeinschaftspraxis sollte der Unterschied zur Praxisgemeinschaft deutlich gemacht werden. Entspricht diese Beschreibung auch dem Prototyp einer Gemeinschaftspraxis, so ist damit nicht gesagt, daß es nicht auch andere, lockerere Formen der gemeinsamen Praxisausübung geben kann. Der im Privatrecht geltende Grundsatz der Vertragsfreiheit erlaubt es den Ärzten, das Nähere über eine gemeinsame Berufsausübung - im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen - zu vereinbaren (Staudinger/Keßler aaO, RdNr 130).
Die vom Beklagten erteilte Genehmigung einer fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis ist weder inhaltlich beschränkt noch mit Nebenbestimmungen verbunden, die dem Zweck des Genehmigungsvorbehalts Rechnung tragen (§ 32 Abs 1 und 3 des Sozialgesetzbuches- Verwaltungsverfahren -SGB X-). Der Beklagte geht zwar im vorliegenden Fall, wie der Begründung seines Beschlusses zu entnehmen ist, von einem arbeitsteiligen Zusammenwirken der beigeladenen Ärzte aus, so wie es diese beschrieben haben. Jene Beschreibung stellt aber lediglich eine Behauptung dar; sie ist nur in die Begründung der Entscheidung eingegangen, ohne daß die erteilte Genehmigung selbst inhaltlich näher bestimmt worden ist. Die umfassende Genehmigung einer fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis überläßt aber die Einhaltung der kassenarzt- und berufsrechtlichen Vorschriften weitgehend den Ärzten selbst und macht eine Überwachung durch die dazu berufene kassenärztliche Selbstverwaltung zumindest teilweise unmöglich. Da aber der Genehmigungsvorbehalt die Einhaltung des Gesetzes und damit auch die gesetzlich angeordnete Überwachung der kassenärztlichen Versorgung gewährleisten soll, kann die umfassende Genehmigung der fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis nicht bestätigt werden.
Andererseits wäre aber eine völlige Versagung der beantragten Genehmigung nur dann zulässig, wenn nicht dem Gesetzeszweck durch eine inhaltliche Beschränkung der Genehmigung und durch die Aufnahme von Nebenbestimmungen ausreichend entsprochen werden könnte. Eine solche weniger einschneidende Regelung dürfte im vorliegenden Fall in Betracht kommen, zumal die hier in Frage stehenden Fachgebiete der beteiligten Ärzte - das Gebiet der Allgemeinmedizin und das Gebiet der inneren Medizin - sich teilweise decken. Eine modifizierte Genehmigung wäre auch aus kassenärztlicher Sicht einer völligen Ablehnung vorzuziehen, ist doch den Kassenärzten aufgetragen, die ärztliche Versorgung unter Berücksichtigung der Möglichkeiten der Rationalisierung und Modernisierung zur Verfügung zu stellen (§ 368 Abs 3 RVO). Eine fachübergreifende Gemeinschaftspraxis kann diesem Ziel dienen (zur fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis äußerten sich ua befürwortend: Löwenstein, selecta 36, 2550; Oldiges, ZSR 1978, 471; Bartels, WzS 1974, 209; Schichardt, DÄ 1982, 10; derselbe, Arzt und Wirtschaft 1981, 38; Hemmer, Niedergelassener Arzt 1973, Heft 3, Seite 5 bis 11; -einschränkend bis ablehnend: Siewert, WzS 1973, 282; Kreienberg, DÄ 1968, 1504, 1510; Narr, Ärztliches Berufsrecht, Stand: Oktober 1982, RdNr 1136 ff; derselbe in DMW 1982, 434; Spielmeyer, DÄ 1981, 2152; Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand: Juni 1982, Seite 17/1601; Hoch, Medical Tribune 1983, Heft 4 Seite 18; - weitere Stellungnahmen: Heinemann/Liebold, Kassenarztrecht, 5. Aufl, E 252 ff; Schirmer, KrV 1977, 253, 266; Henke NJW 1974, 2035; Meier, DÄ 1979, 2505; Kosanke/Troschke, Die ärztliche Gruppenpraxis in der Bundesrepublik Deutschland, Enke-Verlag Stuttgart, 1979, mit weiteren Literaturhinweisen auf S. 192 ff).
Soweit die beigeladenen Ärzte eine Genehmigung nur für die von ihnen geschilderte arbeitsteilige Gemeinschaftspraxis begehren, wäre bereits diese Einschränkung in den Genehmigungsbescheid aufzunehmen. Dies könnte dadurch geschehen, daß sich die Genehmigung auf einen schriftlich fixierten (Gesellschafts-)Vertrag der Ärzte bezieht, der der gemeinsamen Praxisausübung zugrunde liegt und das Nähere über die gemeinsame berufliche Tätigkeit regelt. Läßt sich der Beklagte einen solchen Vertrag nicht vorlegen, wäre die Art und Weise der zu gestattenden gemeinsamen Praxisausübung in der Genehmigungsentscheidung selbst festzulegen. Darüber hinaus kommen als Nebenbestimmungen vor allem solche Auflagen in Betracht, die die Ärzte zur Unterrichtung ihrer Patienten über die freie Arztwahl verpflichten (zB durch geeignete Hinweise in den Praxisräumen), die die Zuziehung eines Praxispartners des anderen Fachgebietes nur mit Zustimmung des Patienten sicherstellen, die die Behandlung der extern überwiesenen Patienten ausschließlich durch den zuständigen Gebietsarzt gewährleisten und die eine unzulässige Betätigung außerhalb des Fachgebietes ausschließen (zB getrennte Abrechnung, soweit ein Arzt bestimmte Leistungen nicht erbringen darf oder die vorgeschriebene Konzentration auf das Fachgebiet anders nicht überwacht werden kann). Welche Nebenbestimmungen am ehesten geeignet sind, dem Zweck des Genehmigungsvorbehalts gerecht zu werden, ist der zuständigen Genehmigungsinstanz - hier dem Beklagten - vorbehalten, wobei jedoch die berechtigten Interessen der vor der Entscheidung anzuhörenden KÄV und der Landesverbände der Krankenkassen (§ 33 Abs 2 Satz 3 ZO-Ärzte) zu berücksichtigen sind.
Es ist hier nicht zu entscheiden, ob eventuell ein - teilweiser - Ausschluß fachübergreifender Gemeinschaftspraxen (zB eine generelle Beschränkung auf bestimmte Fachgebietskombinationen) aus berufs- oder gesundheitspolitischen Gründen wünschenswert und verfassungsrechtlich zulässig wäre. Das ist eine Frage, die sich an den Gesetzgeber richtet. Eine solche Ausschlußregelung enthält weder das im vorliegenden Fall zu beachtende allgemeine ärztliche Berufsrecht noch das Kassenarztrecht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1661525 |
BSGE, 97 |