Entscheidungsstichwort (Thema)
Ruhen von Berufsunfähigkeitsrente
Beteiligte
Klägerin und Revisionsklägerin |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Berufsunfähigkeitsrente der Klägerin für die Zeit vom 1. September 1980 bis 31. August 1981 ruht (§ 61 Angestelltenversicherungsgesetz -AVG-).
Die seit 1956 bei R. … versicherungspflichtig beschäftigte Klägerin war seit dem 27. Februar 1980 arbeitsunfähig erkrankt. Während der Arbeitsunfähigkeit erhielt sie vom Arbeitgeber aufgrund betrieblicher Vereinbarungen Gehaltsfortzahlung für sechs Monate bis 27. August 1980 (in Höhe von ca. 3.000,-- DM brutto monatlich) und danach für die Zeit vom 28. August 1980 bis 31. August 1981 eine Wohnungsbeihilfe in Höhe von 650,-- DM monatlich. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 31. August 1981 beendet.
Mit Bescheid vom 1. Juni 1982 wurde der Klägerin aufgrund eines am 30. Juni 1980 eingetretenen Versicherungsfalles Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 1. Juli 1980 gewährt (Zahlbeträge 1980: 450,80 DM, 1981: 468,80 DM monatlich). Zugleich stellte die Beklagte das Ruhen der Rente in vollem Umfang für die Zeit vom 1. September 1980 bis 31. August 1981 fest (§ 61 AVG). Der Widerspruch der Klägerin wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 4. Mai 1984).
Die gegen das Ruhen gerichtete Klage hatte Erfolg (Urteil des Sozialgerichts -SG- München vom 13. März 1985). Auf die zugelassene Berufung der Beklagten wurde das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts -LSG- vom 19. März 1986). Das LSG hat zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, die Berufsunfähigkeitsrente der Klägerin habe in der streitigen Zeit wegen der fortgezahlten Wohnungsbeihilfe gemäß § 61 AVG geruht. Die Wohnungsbeihilfe sei steuerpflichtiges Arbeitsentgelt i.S. von § 14 Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB 4) und der gemäß § 17 SGB 4 dazu ergangenen Arbeitsentgeltverordnung (ArEV). Daß nicht das volle Arbeitsentgelt, sondern nur ein Teil davon gezahlt worden sei, stehe dem Ruhen nicht entgegen. Aus dem Zweck des Gesetzes, Doppelleistungen zu vermeiden, sei insbesondere nicht abzuleiten, daß das Ruhen bei nur teilweise fortgezahltem Arbeitsentgelt entfalle. Sei der weitergewährte Teil des Arbeitsentgelts nur relativ gering, würden Unbilligkeiten dadurch vermieden, daß das Ruhen nur in Höhe des gezahlten Arbeitsentgelts eintrete. Zwar sei eine solche Einschränkung dem Wortlaut des Gesetzes nicht zu entnehmen. Jedoch müsse eine verfassungskonforme und am Sinn und Zweck der Vorschrift orientierte Auslegung dazu führen, daß das Ruhen der Rente auf die Höhe des hinzutretenden anderen Anspruchs beschränkt sei (Hinweis auf BSG SozR 2200 § 1241 Nr. 5). Allerdings sei das der Klägerin fortgezahlte Arbeitsentgelt höher gewesen als ihre Rente, so daß die Rente schon deshalb in voller Höhe ruhe.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 61 AVG. Zwar sei die bis zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses weiterhin gezahlte. Wohnungsbeihilfe als Arbeitsentgelt i.S. von § 61 AVG anzusehen; jedoch sei diese Leistung nur eine Nebenleistung, die nach § 1 der ArEV dem Arbeitsentgelt lediglich zugerechnet werde. Nach dem Zweck des § 61 AVG könne die Rente nicht bereits dann in vollem Umfang ruhen, wenn nur eine derartige Nebenleistung, nicht aber das Grundgehalt gezahlt werde. Auf dieses stelle aber die Ruhensregelung schwerpunktmäßig ab. Nur wenn die Hauptleistung - Gehalt oder Gehaltsersatz - gezahlt werde, könne es zu Doppelleistungen kommen, die § 61 AVG ausschließen wolle. Demnach greife § 61 AVG im vorliegenden Fall nicht ein.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
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das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 19. März 1986 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 13. März 1985 zurückzuweisen. |
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Die Beklagte beantragt,
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die Revision zurückzuweisen. |
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Sie hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend, teilt aber nicht die Ansicht des LSG, daß die Rente nur in Höhe des gezahlten Arbeitsentgelts ruhe.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist unbegründet.
Das LSG hat zutreffend entschieden, daß die Berufsunfähigkeitsrente der Klägerin für die Zeit vom 1. September 1980 bis 31. August 1981 gemäß § 61 AVG ruht. Diese mit Wirkung ab 1. Juli 1977 in Kraft getretene Vorschrift (i.d.F. des Artikel 2 § 2 Nr. 22 des 20. Rentenanpassungsgesetzes - RAG - vom 27. Juni 1977, BGBl. I 1040) betrifft Fälle, in denen bei einem Berechtigten eine Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit mit einem Arbeitsentgelt aus einem Beschäftigungsverhältnis zusammentrifft, das vor Beginn der Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit begründet worden ist: Die Rente ruht dann insoweit, als das Zusammentreffen von Rente und Arbeitsentgelt über zwei Monate nach Rentenbeginn hinausgeht, wenn die Beschäftigung tatsächlich nicht ausgeübt worden ist. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Wegen des Zusammentreffens der Rente der Klägerin mit der seit 28. August 1980 während ihrer Arbeitsunfähigkeit gezahlten Wohnungsbeihilfe aus dem 1956 begründeten Beschäftigungsverhältnis hat ihre Rente seit 1. September 1980 (zwei Monate nach Rentenbeginn) bis zum 31. August 1981 (Wegfall der Wohnungsbeihilfe) geruht.
Dabei kann der Senat offenlassen, ob die Ruhenswirkung des § 61 AVG auch dann eintritt, wenn das Zusammentreffen von Rente und Arbeitsentgelt auf Zeiträume nach beendetem Arbeitsverhältnis entfällt. Im vorliegenden Fall hat das Arbeitsverhältnis - ebenso wie die Zahlung der Wohnungsbeihilfe - am 31. August 1981 geendet. Der vorliegende Fall betrifft daher nur Zeiten des fortbestehenden Arbeitsverhältnisses, in denen die Klägerin wegen Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit tatsächlich nicht beschäftigt war.
Die der Klägerin in dieser Zeit fortgezahlte Wohnungsbeihilfe ist Arbeitsentgelt i.S. von § 61 AVG. Bezüglich dieses Begriffs ist auf die Legaldefinition des § 14 SGB 4 vom 23. Dezember 1976 (BGBl. I 3845) zurückzugreifen, die - wie § 61 AVG - am 1. Juli 1977 in Kraft getreten ist und für die gesamte Sozialversicherung gilt. Danach sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Zu diesen Einnahmen gehören auch die einem Arbeiter oder Angestellten im Krankheitsfalle fortgezahlten Lohn- bzw. Gehaltsbezüge ("Krankenbezüge"). Die Klägerin hatte aufgrund innerbetrieblicher Vereinbarung Anspruch auf Zahlung einer Wohnungsbeihilfe im Krankheitsfalle. Daß es bei derartigen Ansprüchen auf Krankenbezüge von vornherein an einem Gegenanspruch des Arbeitgebers auf Arbeitsleistung fehlt, steht ihrem Charakter als Arbeitsentgelt nicht entgegen; denn darunter sind nicht nur Leistungen zu verstehen, denen eine konkret zu ermittelnde Arbeitsleistung des Beschäftigten entspricht (Merten in Gemeinschaftskommentar zum SGB 4, 1978, 14 Rdnr. 54; BSG SozR 2200 § 1241f Nr. 2 S. 3).
Wenn die Klägerin meint, die Wohnungsbeihilfe sei nicht "eigentliches Arbeitsentgelt", sondern werde lediglich aufgrund der zu § 17 SGB 4 ergangenen Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) dem Arbeitsentgelt "zugerechnet", verkennt sie, daß - umgekehrt - auch die von § 1 ArEV erfaßten Leistungen Arbeitsentgelt sind und nur aufgrund dieser Spezialregelung dem Arbeitsentgelt "nicht zugerechnet" werden, soweit sie lohnsteuerfrei sind. Da die Wohnungsbeihilfe im übrigen nicht lohnsteuerfrei ist, ist sie auch nicht aus dem Arbeitsentgeltbegriff des § 14 SGB 4 ausgegrenzt, ohne daß hier zu erörtern ist, inwieweit den auf § 17 Abs. 1 SGB 4 beruhenden, vornehmlich der Vereinfachung des Beitragseinzugs dienenden Regelungen der ArEV auch im Bereich des Leistungsrechts Bedeutung zukommt.
Entgegen der Ansicht der Klägerin und des SG ist das Ruhen der Rente auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil es sich bei der Wohnungsbeihilfe nur um einen Teil des Arbeitsentgelts bzw. um eine "Nebenleistung" zu der - nicht mehr gezahlten - Grundvergütung handelt. Daß mit Arbeitsentgelt nur das in vollem Umfang fortgezahlte Entgelt gemeint ist, ist weder dem Wortlaut des § 61 AVG noch seinem Sinn und Zweck zu entnehmen.
Zwar erfaßt diese Bestimmung nicht jegliches (neben einer Rente gezahlte) Arbeitsentgelt, sondern nur solches, dem eine Arbeitsleistung nicht zugrunde liegt. Damit ist offensichtlich bezweckt, Doppelleistungen von Arbeitsentgelt und Rente auszuschließen, die beide die gleiche Funktion - Unterhalts- bzw. Lohnersatzfunktion haben. Eine mit der Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit vergleichbare - unterhaltssichernde bzw. lohnersetzende - Funktion hat das Arbeitsentgelt auch dann, wenn es - abweichend von dem Grundsatz "Lohn nur für geleistete Dienste" (vgl. § 614 BGB) - auch in Zeiten weitergezahlt wird, in denen eine Beschäftigung tatsächlich nicht ausgeübt wird. Dazu gehört in erster Linie das bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit im Wege der Lohn- oder Gehaltsfortzahlung weitergezahlte Arbeitsentgelt, auf das die Ruhensregelung vornehmlich abzielt: Mit § 61 AVG soll vermieden werden, daß Rente und Arbeitsentgelt, das im Wege der. Lohn- oder Gehaltsfortzahlung oder für Zeiten nach Beendigung der Beschäftigung gezahlt wird, nebeneinander gewährt werden (BT-Drucks. 8/337, S. 91 Nr. 15). Von diesem Zweck ist auch ein nur teilweise fortgezahltes Arbeitsentgelt erfaßt. Eine Differenzierung nach Art oder Umfang der fortgezahlten Bezüge ist der Gesetzesbegründung nicht zu entnehmen. Auch arbeitsrechtlich gehören zur Lohnfortzahlung jegliche Bezüge, also nicht nur die Grundbezüge des Arbeitnehmers, sondern auch Zuschüsse, Prämien, Sachbezüge und sonstige Lohnbestandteile, selbst wenn sie - wie die Wohnungsbeihilfe - aus sozialen Gründen fortgezahlt werden.
Es mag zutreffen, daß der Gesetzgeber bei Verfolgung des Ziels, Doppelleistungen zu vermeiden, in erster Linie das Zusammentreffen von Versichertenrente mit einer Gesamtheit von Lohnfortzahlungsansprüchen im Auge hatte. Die Annahme einer Beschränkung des Ruhens auf die Fälle "voller" Lohnfortzahlung ist jedoch schon deshalb nicht zwingend, weil das Ruhen erst zwei Monate nach Rentenbeginn einsetzt und damit typischerweise die Fälle betrifft, in denen die gesetzlich vorgesehene - volle - Lohn- bzw. hier die Gehaltsfortzahlung für sechs Wochen (§ 616 Abs. 2 BGB; § 63 HGB; § 133c GewO) bereits beendet ist und die Weiterzahlung über diese Frist hinaus auf tarif- oder betriebsvertraglicher Grundlage beruht. Auch für eine Gesetzeslücke besteht insoweit kein Anhalt, zumal dem Gesetz ähnliche Ruhensregelungen, die bei teilweiser Zahlung von Arbeitsentgelt den Grundsatz des Ausschlusses von Doppelleistungen einschränken, nicht fremd sind. So hat der Gesetzgeber beim Zusammentreffen von Arbeitsentgelt und Krankengeld zwar auch Doppelleistungen vermeiden wollen, hier jedoch den Ausschluß von Doppelleistungen nicht voll durchgeführt, sondern in § 189 Abs. 1 Satz 3 (bis 1. Januar 1983 Satz 2) Reichsversicherungsordnung (RVO) vorgeschrieben, daß Leistungen des Arbeitgebers während der Arbeitsunfähigkeit seiner Arbeitnehmer dann ohne Einfluß auf die Zahlung des Krankengeldes sind, wenn sie lediglich einen "Zuschuß" des Arbeitgebers zum Krankengeld darstellen. Die Rechtsprechung zu dieser Regelung hat teilweise fortgezahlten Lohn bzw. Gehalt insoweit als (ruhensfreien) Zuschuß des Arbeitgebers gewertet, als er zusammen mit dem Krankengeld den Nettobetrag des Arbeitsentgelts nicht übersteigt; nur der übersteigende Lohnanteil ist als Arbeitsentgelt angesehen worden, daß das Ruhen des Krankengeldes zur Folge hat (BSGE 18, 236; siehe auch BSG Urteil vom 10. November 1977 - 3 RK 11/76 - SozSich 1978, 114). Ein solche Lösung hätte der Gesetzgeber zwar auch bei § 61 AVG wählen und den Ausschluß von Doppelleistungen entsprechend einschränken können, weil es auch hier mit dem Gedanken der Lohnersatzfunktion der Rente zu vereinbaren gewesen wäre, den Arbeitnehmer während der Arbeitsunfähigkeit wirtschaftlich so zu stellen, daß Rente und teilweise fortgezahltes Arbeitsentgelt nebeneinander gezahlt werden können, soweit sie zusammen den Nettolohn des Arbeitnehmers nicht übersteigen. Diesen Weg hat der Gesetzgeber aber offensichtlich nicht beschreiten wollen, weil § 61 AVG keine dem § 189 Abs. 1 Satz 3 RVO entsprechende Einschränkung enthält. Eine analoge Anwendung dieser Regelung kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil sie einen anderen Sozialversicherungsbereich - die Krankenversicherung - betrifft und auch das Krankengeld wegen seiner näher am ausgefallenen Lohn orientierten Berechnung nicht mit der Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit verglichen werden kann. Vielmehr hat der Gesetzgeber in § 61 AVG sein Ziel, eine Doppelversorgung zu vermeiden, uneingeschränkt auch insoweit durchgeführt, als jedes, also auch ein nur teilweise fortgezahltes Arbeitsentgelt, sofern es ohne Arbeitsleistung gewährt wird, das Ruhen der Rente bewirkt. Das entspricht auch dem mit dem 20. RAG verfolgten Zweck, zur Konsolidierung der Finanzen der Rentenversicherung Einsparungen, insbesondere aus Überversorgungen, vorzunehmen.
Bei dieser Auslegung kommt es - wie das LSG zutreffend ausgeführt hat - auch dann nicht zu zweckwidrigen Leistungsverkürzungen, wenn der weitergewährte Teil des Arbeitsentgelts geringer ist als die Rente. Denn das Ruhen der Rente tritt nur in Höhe des hinzutretenden Arbeitsentgelts ein, so daß dem Versicherten Rente jedenfalls in Höhe des das Arbeitsentgelt übersteigenden Betrages zu zahlen ist. Der Ansicht, daß die Rente in voller Höhe ruht, auch wenn das teilweise gezahlte Arbeitsentgelt niedriger ist als die Rente bzw. nicht ausreicht, deren Unterhalts- oder Lohnersatzfunktion zu erfüllen, kann der Senat nicht folgen.
Zwar enthält § 61 AVG hinsichtlich der Höhe des Ruhensbetrages nach seinem Wortlaut keine ausdrückliche Einschränkung, wie sie etwa in § 60 AVG ("ruht die Rente bis zur Höhe des") oder in § 58 AVG ("ruht die Rente in Höhe von") enthalten ist. Die Einschränkung "insoweit" in § 61 AVG bezieht sich lediglich auf die nachfolgende Zweimonatsfrist bzw. - zeitlich - auf den Beginn des Ruhens "zwei Monate nach Rentenbeginn". Gleichwohl muß eine am Normzweck orientierte und verfassungskonforme Auslegung zu einer entsprechenden Einschränkung führen. Wie der erkennende Senat in anderem Zusammenhang entschieden hat, ist in den Fällen, in denen das Ruhen eines Anspruchs wegen Zusammentreffens mit einem anderen gleichartigen Anspruch angeordnet wird, bereits aus dem Normzweck, Leistungskumulierungen zu verhindern, zu schließen, daß der erste Anspruch nur bis zur Höhe des hinzutretenden Anspruchs selbst dann ruht, wenn die Ruhensanordnung nicht ausdrücklich eine entsprechende Einschränkung (z.B. "insoweit") enthält (BSG SozR 2200 § 1241 Nr. 5, S. 11f. zum Zusammentreffen von Übergangsgeld und Krankengeld). Daran hält der Senat für den vorliegenden Fall fest.
Zu einer Aufgabe der vorgenannten Rechtsprechung zwingt auch nicht der Umstand, daß der Gesetzgeber zwischenzeitlich beim Zusammentreffen des Krankengeldes mit anderen Lohnersatzleistungen der Sozial- und Arbeitslosenversicherung das Ruhen des Krankengeldes ausdrücklich auch insoweit angeordnet hat, als das Krankengeld höher ist als eine dieser Leistungen (§ 183 Abs. 6 RVO i.d.F. des Art 4 § 1 Nr. 1 AFKG vom 22. Dezember 1981, BGBl. I S. 1497). Darin mag zum Ausdruck gekommen sein, daß der Gesetzgeber beim Zusammentreffen verschiedener Sozialleistungen mit gleicher Funktion - insbesondere Unterhaltsfunktion - eine dieser Leistungen in vollem Umfang ruhen lassen will, wenn die hinzutretende andere, das Ruhen bewirkende Leistung "ihrer Art nach dazu bestimmt ist, den Lebensunterhalt zu sichern", und dies auch typischerweise - nach der Art ihrer Berechnung - tut (vgl. BSGE 43, 26 = SozR 4100 § 118 Nr. 3 und bezugnehmend hierauf das Urteil des erkennenden Senats vom 31. August 1977, SozR 2200 § 1241 Nr. 5 S. 13; zu verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 183 Abs. 6 RVO n.F. vgl. die Vorlagebeschlüsse des 8. Senats vom 20. August 1986 - 8 RK 2/85 und 9. Dezember 1986 - 8 RK 24/85, SozSich 1987, 92). Daraus kann für den vorliegenden Fall des Zusammentreffens von Rente und Lohnfortzahlung schon deshalb kein Schluß gezogen werden, weil die Lohnfortzahlung keine vergleichbare Sozialleistung, sondern eine Arbeitgeberleistung ist und der Gesetzgeber einen Anlaß zu einer dem § 183 Abs. 6 RVO entsprechenden Änderung des § 61 AVG offensichtlich nicht gesehen hat. Einer solchen Änderung hätte auch entgegengestanden, daß sie nicht nur zu unbilligen, sondern auch mit der Eigentumsgarantie des Art 14 Grundgesetz (GG) schwer zu vereinbarenden Ergebnissen geführt hätte, sofern nämlich bei Fortzahlung nur geringfügiger Restleistungen des Arbeitgebers der gesamte Rentenanspruch entfiele. Damit wäre ein unzweifelhaft gegebener, mit eigenen Beiträgen erdienter Anspruch ohne rechtfertigenden Grund beseitigt und der Versicherte im Ergebnis schlechter gestellt, als wenn der Arbeitgeber überhaupt keine - tarifvertragliche oder betriebliche Teil-Lohnfortzahlung mehr geleistet hätte. Da derartige Arbeitgeberleistungen häufig - wie auch im vorliegenden Fall - aus sozialen Motiven gewährt werden, und zwar über die zwingenden Vorschriften hinaus, die den Arbeitgeber zur ungekürzten Gehaltsfortzahlung für sechs Wochen verpflichten (§ 616 Abs. 2 BGB; § 63 HGB; § 133c GewO), sind sie schon der Art nach nicht dazu bestimmt, den Lebensunterhalt abzusichern bzw. zu decken. Der Arbeitgeber würde mit ihrer Fortzahlung nicht nur zur vollen Entlastung der Rentenversicherung beitragen, sondern darüber hinaus auch seinen Arbeitnehmer schädigen, weil dieser ohne diese Leistungen die volle Rente erhielte. Deshalb ist nach wie vor davon auszugehen, daß § 61 AVG nicht bezweckt, den wirtschaftlichen Besitzstand des Arbeitnehmers zu verringern, den ihm das Gesetz durch Zuerkennung eines Leistungsanspruchs bereits eingeräumt hatte.
Da im vorliegenden Fall die fortgezahlte Wohnungsbeihilfe höher ist als die Rente, ruht diese allerdings schon deshalb in voller Höhe. Daher kann dahingestellt bleiben, ob eine im August 1981 gezahlte Urlaubsabgeltung ebenfalls als Arbeitsentgelt i.S. von § 61 AVG anzusehen ist.
Nach allem war die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen