Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 13. Januar 1987 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Die Klägerin wendet sich gegen die Ablehnung von Arbeitslosenhilfe (Alhi).
Die 1958 geborene Klägerin, die bis Oktober 1979 als Lagerverwalterin eines Kinderhorts in Polen beschäftigt war, siedelte im März 1980 in die Bundesrepublik Deutschland über und erhielt von der Beklagten Arbeitslosengeld (Alg) sowie nach dessen Erschöpfung Anschluß-Alhi (zuletzt in Höhe von 140,40 DM). Der letzte Bewilligungsabschnitt lief am 12. Mai 1985 ab. Seit April 1981 lebt die Klägerin mit M. … W. … (W.) in einer Wohnung zusammen. Aus dieser Verbindung ist der am 17. August 1982 geborene S. … P. … (S.) hervorgegangen, für den W. Unterhalt von monatlich 203,– DM zahlt. W. selbst ist Hilfsdreher mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.900,– bis 2.100,– DM. Er ist verheiratet und leistet für seine Ehefrau und ein Kind, die beide in Polen zurückgeblieben sind, Unterhalt in Höhe von monatlich 150,– DM.
In ihrem Antrag auf Weiterbewilligung der Alhi ab 13. Mai 1985 gab die Klägerin in einem Fragebogen unter dem 22. April 1985 W. als ihren „Partner in eheähnlicher Gemeinschaft” an. Daraufhin lehnte die Beklagte die Weiterbewilligung von Alhi mangels Bedürftigkeit ab. Zur Begründung führte sie aus: Die Klägerin müsse sich das Einkommen des mit ihr in eheähnlicher Gemeinschaft zusammenlebenden Partners anrechnen lassen; W. verfüge (nach Abzug von Werbungskosten, Versicherungsbeiträgen und Unterhaltsleistungen) über ein wöchentliches Einkommen von 337,39 DM; nach Abzug des gesetzlichen Freibetrages von 75,– DM verbleibe ihm ein anzurechnendes Einkommen von wöchentlich 262,39 DM; dieser Betrag übersteige die von der Klägerin zu beanspruchende Alhi in Höhe von 144,– DM, so daß es am Merkmal der Bedürftigkeit fehle (Bescheid vom 2. August 1985; Widerspruchsbescheid vom 22. August 1985).
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin Alhi zu zahlen (Urteil vom 13. November 1985). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin Alhi über den 12. Mai 1985 hinaus zu zahlen (Urteil vom 13. Januar 1987). In den Entscheidungsgründen heißt es:
Die Klägerin erfülle über den 12. Mai 1985 hinaus die Voraussetzungen für den Bezug von Alhi. Insbesondere fehle es nicht am Merkmal der Bedürftigkeit (§ 134 Abs 1 Nr 3, § 137 Arbeitsförderungsgesetz -AFG-).
Für die Zeit vom 13. Mai bis 31. Dezember 1985 gebe es keine Vorschrift, aufgrund der die Klägerin sich das Einkommen des W. anrechnen lassen müsse. Die Bestimmung des § 137 Abs 2a AFG, wonach Einkommen und Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebe, wie das Einkommen und Vermögen eines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen seien, wirke nicht auf die Zeit vor dem 1. Januar 1986 zurück. Die Vorschrift des § 138 Abs 1 Nr 2 AFG, wonach ua das Einkommen des von dem Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten in gewissem Rahmen zu berücksichtigen sei, finde auf eheähnliche Gemeinschaften keine Anwendung. Dies folge aus Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Gesetzesgeschichte. Der Wortlaut des § 138 Abs 1 Nr 2 AFG sei eindeutig und einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich. Sinn und Zweck geböten eine restriktive Auslegung, weil es sich um eine typisierende Regelung mit Ausnahmecharakter handele. Die Entstehungsgeschichte belege, daß der Gesetzgeber bei Schaffung des AFG bewußt auf eine Übernahme des früheren § 149 Abs 5 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) verzichtet habe, der mit dem am 1. Januar 1986 eingefügten § 137 Abs 2a AFG im wesentlichen übereingestimmt habe.
Der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 10. Juli 1984 – 1 BvL 44/80 – BVerfGE 67, 186 = SozR 4100 § 139 Nr 1, durch den § 139 Satz 1 und 2 AFG für nichtig erklärt worden sei, berechtige zu keinen anderen Schlußfolgerungen. Wenn darin ausgeführt werde, „daß die Berücksichtigung von Einkünften eines Arbeitslosen sowohl bei nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten als auch bei unverheiratet zusammenlebenden Personen im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung in gleicher Weise nach § 138 Abs 1 AFG zu erfolgen habe, solange der Gesetzgeber nicht eine andere Lösung finde”, habe das BVerfG lediglich zum Ausdruck bringen wollen, daß bis zur gebotenen Neuregelung für beide Personengruppen nur noch § 138 Abs 1 AFG anzuwenden sei, nicht aber mehr § 139 Satz 1 und 2 AFG; allein hierauf bezögen sich die Worte „in gleicher Weise”. Überdies hätte das BVerfG, hätte es die Anwendung des § 138 Abs 1 Nr 2 AFG für eine Übergangszeit vorschreiben wollen, einen ausdrücklichen Hinweis geben müssen. Indem es nur allgemein auf die Anwendbarkeit des § 138 Abs 1 AFG hingewiesen habe, fehle jeder Anhalt für eine Annahme in dem Sinne, daß diese Regelung wie eine vorweggenommene Neuregelung gehandhabt werden solle. Im übrigen hätte das BVerfG sich mit einer solchen Auslegungsanweisung zur eigenen Rechtsprechung hinsichtlich der Grenzen verfassungskonformer Auslegung in Widerspruch gesetzt.
Die Klägerin brauche sich das Einkommen des W. auch nicht gemäß § 138 Abs 1 Nr 1 AFG anrechnen zu lassen, wonach im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung die Leistungen zu berücksichtigen seien, die der Arbeitslose von Dritten erhalte oder zu beanspruchen habe. Ein Leistungsanspruch habe ihr nicht zugestanden; es entspreche gerade nicht dem Willen der Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft, die für eine Ehe typischen Unterhaltspflichten zu übernehmen. Nicht auszuschließen sei, daß die Klägerin von W. in gewissem Umfang tatsächliche Unterhaltsleistungen erhalten habe. Indessen dürften tatsächliche Unterhaltsleistungen nur in dem Umfang angenommen werden, der nach dem Einkommen und Vermögen des Partners zu erwarten sei. Der vermutete Grundbedarf des W. sei, wovon auch die Beklagte ausgehe, mit monatlich 1.470,– DM anzusetzen. Das Einkommen des W., das sich nach Abzug der Werbungskosten, Versicherungsleistungen und Unterhaltsleistungen auf 1.462,01 DM belaufe, übersteige diesen Grundbedarfsbetrag nicht, so daß auch über § 138 Abs 1 Nr 1 AFG eine Anrechnung des Einkommens des W. ausscheide.
Der Anspruch der Klägerin auf Alhi sei aber auch für die Zeit ab 1. Januar 1986 begründet. Ab diesem Zeitpunkt gelange § 137 Abs 2a AFG zur Anwendung. Er stelle die Vermutung auf, daß die Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft wie Ehegatten ihre Bedürfnisse aus gemeinsamen Beiträgen finanzierten. Doch sei diese Vermutung hier widerlegt. Einzuräumen sei, daß die Klägerin mit W. in einer Wohngemeinschaft lebe; beide benutzten das Wohnzimmer gemeinsam. Indessen fehle es an einer Wirtschaftsgemeinschaft. Allerdings seien die von der Klägerin und W. eingebrachten Leistungen in etwa gleichwertig. So bestreite W. die monatliche Wohnungsmiete einschließlich Nebenkosten (600,– DM); die Klägerin beköstige W. von der ihr gewährten Hilfe zum Lebensunterhalt (424,50 DM), soweit W. nicht bei seiner Mutter esse; sie besorge seine Wäsche und stelle die Wohnungsmöbel. Auf der anderen Seite sei W. nicht zu weiteren Leistungen an die Klägerin bereit. So gebe er der Klägerin von den rund 800,– bis 900,– DM, die er übrigbehalte, kein Geld ab und lasse sie an den von ihm angeschafften Konsumgütern (Auto, Videorecorder, Stereoanlage, Spiegelreflexkamera) nicht teilhaben; darüber hinaus habe er an ihren Möbeln ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht. Ein Zusammenleben auf dieser Grundlage könne nicht als eheähnliche Gemeinschaft bezeichnet werden. Auch die Tatsache, daß zwischen beiden seit etwa 1982 kein Geschlechtsverkehr mehr stattgefunden habe, sei Indiz dafür, daß eine solche Gemeinschaft nicht existiere.
Die Beklagte rügt mit der Revision eine Verletzung des § 138 Abs 1 Nr 2 AFG. Diese Vorschrift müsse in der Zeit vor dem 1. Januar 1986 im Wege der Lückenfüllung auf eheähnliche Gemeinschaften angewandt werden. Richtig sei, daß der Gesetzgeber bei Schaffung des AFG auf eine dem früheren § 149 Abs 5 AVAVG entsprechende Bestimmung bewußt verzichtet habe. Doch habe er die Partner eheähnlicher Gemeinschaften gegenüber Ehegatten nicht privilegieren wollen; er sei vielmehr von der Anrechnungsmöglichkeit gemäß § 138 Abs 1 Nr 1 AFG ausgegangen. Die Verwirklichung dieser Absicht sei jedoch an der unzureichenden Praktikabilität des § 138 Abs 1 Nr 1 AFG gescheitert. Die so entstandene Lücke müsse durch analoge Anwendung des § 138 Abs 1 Nr 2 AFG geschlossen werden. Das ergebe sich auch aus der Entscheidung des BVerfG vom 10. Juli 1984. Ihr sei in bezug auf die Bedürftigkeitsprüfung eine Handlungsanweisung zu Gleichbehandlung von Ehe und eheähnlicher Gemeinschaft zu entnehmen. Dazu sei das BVerfG befugt gewesen. Mit einer Kassation des § 139 Satz 1 und 2 AFG allein hätte eine Gleichbehandlung nicht verwirklicht werden können. Diese hätte sich auch nicht durch eine Anwendung des § 138 Abs 1 Nr 1 AFG auf beide Personenkreise realisieren lassen; eine solche Verfahrensweise hätte sich nicht mit § 138 Abs 1 Nr 2 AFG in Einklang bringen lassen.
Entgegen der Ansicht des LSG seien bei der Klägerin und W. auch für die Zeit ab 1. Januar 1986 die Voraussetzungen einer eheähnlichen Gemeinschaft gegeben. Dafür genüge das Bestehen einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft; nicht entscheidend sei, ob innere Bindungen oder Verpflichtungen zur Unterhaltsgewährung oder zur gemeinsamen Lebensführung eingegangen worden seien. Das Bestehen einer Wohngemeinschaft zwischen der Klägerin und W. sei vom LSG bejaht worden. Das Bestehen einer Wirtschaftsgemeinschaft zwischen beiden müsse ebenfalls angenommen werden. Kennzeichnend für sie sei, daß die Dinge des täglichen Bedarfs gemeinsam benutzt und hauswirtschaftliche Angelegenheiten füreinander vorgenommen würden. Die Klägerin habe W. nach dem 31. Dezember 1985 in dessen Wohnung betreut und versorgt, indem sie ihm zu verschiedenen Tageszeiten Essen bereitet habe. Umgekehrt habe W. die Klägerin finanziell unterstützt; er habe ihr Geld zur Bestreitung der Haushaltsführung gegeben und ihre Krankenversicherungsbeiträge übernommen. Daß die gegenseitige Unterstützung sich auf das notwendigste Maß beschränkt habe, ändere am Vorliegen einer Wirtschaftsgemeinschaft nichts.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und erwidert: Eine unbeabsichtigte Regelungslücke, die eine analoge Anwendung des § 138 Abs 1 Nr 2 AFG auf eheähnliche Gemeinschaften vor dem 1. Januar 1986 rechtfertige, sei nicht feststellbar. Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Entstehungsgeschichte der Bestimmung liefen einer solchen Annahme zuwider. Die Entscheidung des BVerfG vom 10. Juli 1984 rechtfertige keine anderen Schlußfolgerungen. Das BVerfG habe eine Anwendung des § 138 Abs 1 Nr 2 AFG auf eheähnliche Gemeinschaften weder aussprechen wollen noch können. Zudem widerspreche es dem verfassungsmäßigen Grundsatz der Bestimmtheit eines Gesetzes, würde man allein aus Gründen der Praktikabilität über den eindeutigen Gehalt einer Regelung hinausgehen. Demgemäß bleibe nur die Möglichkeit einer Anrechnung gemäß § 138 Abs 1 Nr 1 AFG. Sie scheitere indes daran, daß das von W. erzielte Einkommen nach allen Abzügen den Grundbedarfsbetrag (1.470,– DM) nicht überschreite.
Für die Zeit ab 1. Januar 1986 scheide eine Berücksichtigung des Einkommens des W. deswegen aus, weil eine eheähnliche Gemeinschaft nicht mehr bestanden habe. Die Klägerin habe schon seit 1982 mit W. keinen intimen Kontakt mehr gehabt. Aus dem ehemals freundschaftlichen Verhältnis sei eine auf Zweckmäßigkeit beruhende Wohngemeinschaft geworden. Mit Recht habe das LSG deshalb von einer bloßen Wohngemeinschaft gesprochen. Demgegenüber könne von einer Wirtschaftsgemeinschaft nicht die Rede sein. Die Klägerin sei vollends vom Wohlwollen des W. abhängig. Dieser nehme den bestehenden Zustand nur notgedrungen und mit ständig wachsendem Widerwillen hin. Insoweit fehle es an jeder Form der Gleichberechtigung. Es bestehe allenfalls eine soziale Notgemeinschaft. Die Klägerin müsse sich für die Möglichkeit, in der Wohnung des W. zu leben, in irgendeiner Weise erkenntlich zeigen; sie tue das durch gelegentliches Kochen für W. Wenn die Beklagte aus Zuwendungen aufgrund wirtschaftlicher Not finanzielle Pflichten ableite und auf diese Weise eigene Verpflichtungen gegenüber dem Bedürftigen auf Dritte abzuwälzen versuche, stelle sie die Grundlagen menschlicher Hilfsbereitschaft in Frage. Schließlich könne das gemeinsame Kind, das 1982 geboren sei, nicht Indiz für das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft für die Zeit ab Januar 1986 sein.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist iS der Zurückverweisung an das LSG begründet.
Das LSG hat, auch wenn seiner Entscheidung die bezifferte Höhe der Leistung nicht zu entnehmen ist, den Anspruch der Klägerin auf Alhi über den 12. Mai 1985 hinaus bejaht. Es hat mithin angenommen, daß die Klägerin entgegen der Auffassung der Beklagten in vollem Umfang iS des § 134 Abs 1 Nr 3, § 137 Abs 1, § 138 AFG bedürftig sei. Es hat hierzu ausgeführt, daß in der Zeit vom 13. Mai bis 31. Dezember 1985 weder das Einkommen des W. noch aus diesem Einkommen erbrachte Leistungen des W. an die Klägerin zu berücksichtigen seien (§ 138 Abs 1 Nrn 2 und 1 AFG) und daß für die Zeit ab 1. Januar 1986 die Voraussetzungen des § 137 Abs 2a iVm § 138 Abs 1 Nr 2 AFG deswegen nicht gegeben seien, weil zwischen der Klägerin und W. zwar eine Wohn-, nicht aber eine Wirtschaftsgemeinschaft vorliege. Dagegen wendet sich die Revision zu Recht.
Nach § 137 Abs 1 AFG in der hier maßgeblichen Fassung des Einführungsgesetzes zum Einkommensteuerreformgesetz vom 21. Dezember 1974 (BGBl I 3656) ist der Arbeitslose iS des § 134 Abs 1 Nr 3 AFG bedürftig, soweit er seinen Lebensunterhalt und den seines Ehegatten sowie seiner Kinder, für die er Anspruch auf Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz oder auf eine das Kindergeld ausschließende Leistung für Kinder hat, nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das Einkommen, das nach § 138 AFG zu berücksichtigen ist, die Alhi nach § 136 AFG nicht erreicht. § 138 AFG konkretisiert in seinem Absatz 1 für bestimmte Personengruppen den Begriff der Bedürftigkeit, wie er in § 137 Abs 1 AFG allgemein umschrieben ist; seine Regelungen gehen insoweit denen des § 137 Abs 1 AFG vor (st Rechtspr, vgl BSG SozR 4100 § 138 Nr 14 mwN).
Nach § 138 Abs 1 AFG in den seit dem Fünften Gesetz zur Änderung des AFG (5. AFG-ÄndG) vom 23. Juli 1979 (BGBl I 1189) geltenden Fassungen sind im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigen das um bestimmte Abzüge (Abs 2) verminderte Einkommen des Arbeitslosen selbst und Leistungen, die er von Dritten erhält oder beanspruchen kann (Nr 1), sowie außerdem ua das Einkommen des von dem Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten, soweit es konkret bezifferte Freibeträge übersteigt (Nr 2). Nr 1 und Nr 2 unterscheiden sich dadurch, daß im Falle der Nr 1 festgestellt werden muß, ob und in welcher Höhe der Arbeitslose von seiten des Dritten Leistungen erhalten hat oder erhalten kann, während bei Nr 2 diese tatsächliche Feststellung entbehrlich ist. Bei Ehegatten wird aufgrund der zwischen ihnen bestehenden Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft vermutet, daß derartige gegenseitige Unterhaltsleistungen erfolgen. Die Nr 2 geht auf die Erkenntnis zurück, daß in solchen Haushaltsgemeinschaften „aus einem Topf” gewirtschaftet wird und deshalb die Bedürfnisse der Partner aus den gemeinsamen Beiträgen ohne Rücksicht auf rechtliche Unterhaltsansprüche befriedigt werden. Nr 2 ist lex specialis zu Nr 1 und regelt abschließend, in welcher Weise das Einkommen des mit dem Arbeitslosen zusammenlebenden Ehegatten im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung bei der Alhi zu berücksichtigen ist (vgl BSG SozR 4100 § 138 Nr 14). Eine Berücksichtigung des Einkommens des mit dem Arbeitslosen zusammenlebenden Ehegatten dieser Art hat für die Alhi immer gegolten; entsprechende Vorschriften gab es schon für die Arbeitslosenfürsorge, an deren Stelle die Alhi getreten ist (vgl für viele § 7 Abs 1 Buchst b des Anhangs der Verordnung Nr 117 der britischen Militärregierung vom 22. Dezember 1947, MRABl BZ 652). Zwar führt die Vorschrift des § 138 Abs 1 Nr 2 AFG dazu, daß zusammenlebende Ehepartner anders als Arbeitslose behandelt werden, die nicht verheiratet sind oder die von ihrem Ehegatten getrennt leben. Jedoch bestehen für diese unterschiedliche Regelung sachliche Gründe; sie liegen in der gemeinsamen Haushalts- und Wirtschaftsführung zusammenlebender Ehegatten und der vorrangigen bürgerlich-rechtlichen Unterhaltspflicht. Die Regelung steht daher insoweit sowohl mit Art 3 als auch mit Art 6 Grundgesetz (GG) im Einklang (vgl dazu Beschluß des BVerfG vom 16. Juni 1987 – 1 BvL 4, 6/84 – BVerfGE 75, 382; BSG SozR 4100 § 138 Nr 14).
Die Vorschrift des § 138 Abs 1 Nr 2 AFG ist bei der Prüfung der Anspruchsberechtigung der Klägerin heranzuziehen. Das führt wegen der Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens des W. zumindest zur teilweisen Verneinung der Bedürftigkeit der Klägerin iS von § 137 Abs 1 AFG, obwohl die Klägerin mit W. nicht verheiratet ist.
Für den Anspruchszeitraum ab 1. Januar 1986 folgt dies ohne weiteres aus dem durch das Siebte Gesetz zur Änderung des AFG – 7. AFG-ÄndG – vom 20. Dezember 1985 (BGBl I 2484) eingefügten § 137 Abs 2a AFG. Er bestimmt, daß das Einkommen und Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, wie das Einkommen und Vermögen eines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen ist. Der Wortlaut des § 137 Abs 2a AFG ist eindeutig. Er bedeutet, daß die für nicht dauernd getrennt lebende Ehegatten in § 138 Abs 1 Nr 2 AFG getroffene Regelung über die Berücksichtigung des Einkommens des Ehegatten bei der Bedürftigkeit des Arbeitslosen in gleicher Weise für die Berücksichtigung des Einkommens einer Person gilt, mit der der Arbeitslose in eheähnlicher Gemeinschaft lebt. Dies entsprach auch der Absicht des Gesetzgebers (vgl den Regierungsentwurf eines 7. AFG-ÄndG, BT-Drucks 10/4211, Begründung zu Nr 31 – § 137 –).
Die Klägerin lebt entgegen der Ansicht des LSG mit W. in eheähnlicher Gemeinschaft. Von einer solchen Gemeinschaft ist auszugehen, wenn zwischen einem Mann und einer Frau, zwischen denen eine Eheschließung grundsätzlich möglich ist, eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft besteht. Darauf, ob innere Beziehungen oder Verpflichtungen zur Unterhaltsgewährung oder zur gemeinsamen Lebensführung bestehen, kommt es ebensowenig an wie darauf, ob die Partner durch geschlechtliche Beziehungen miteinander verbunden sind. Entscheidend ist, ob – wie in einer echten Ehe „aus einem Topf” gewirtschaftet wird. Das hat der erkennende Senat in seiner grundlegenden Entscheidung vom 24. März 1988 – 7 RAr 81/86 – BSG SozR 4100 § 138 Nr 17 anhand von Wortsinn, Zweck und Zusammenhang des § 137 Abs 2a AFG sowie der Rechtsentwicklung dieser Vorschrift und den erkennbaren Absichten des Gesetzgebers im einzelnen dargestellt. Insoweit wird auf jene Entscheidung Bezug genommen.
Der Senat hat in der erwähnten Entscheidung darüber hinaus zum Ausdruck gebracht, daß die Frage, wann eine ehetypische Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft iS des § 137 Abs 2a AFG, also das wie bei Ehepaaren übliche „Wirtschaften aus einem Topf”, vorliegt, nicht generell und für alle Fälle abschließend beantwortet werden kann. Es kommt stets auf die Umstände des Einzelfalles an. Hierbei ist der Erkenntnis Rechnung zu tragen, daß in der eheähnlichen Gemeinschaft die gesamte Bandbreite von Gestaltungsformen möglich ist, wie sie auch bei zusammenlebenden Ehegatten vorkommen (vgl Hennig/ Kühl/Heuer, Komm z AFG, Stand: März 1988, Anm 5 zu § 137). Ebenso wie bei Ehen, in denen das Zusammenleben der Ehegatten weitgehend deren Disposition überlassen bleibt, sind auch bei eheähnlichen Gemeinschaften aufgrund ihrer von den Partnern bestimmten individuellen Ausgestaltung die vielfältigsten Erscheinungsformen denkbar. Diese Vielfalt hat zur Folge, daß im Einzelfall die besonderen Gestaltungen der gemeinsamen Lebensführung festzustellen sind, um daraus, ggf indiziell, auf das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft iS einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft schließen zu können (vgl dazu Schwabe in ZfS 1988, 34, insbes 44 ff). Notwendig ist dabei nicht, daß sämtliche in Betracht kommenden Merkmale oder Indizien in jedem Einzelfall vorliegen; ausreichend ist es, wenn im Einzelfall genügend Anhaltspunkte vorhanden und festgestellt sind, die trotz des Fehlens anderer Merkmale den Schluß auf das Bestehen einer ehetypischen gemeinsamen Haushalts- und Wirtschaftsführung rechtfertigen (vgl dazu auch BVerwGE 52, 11, insbes S 14, 15).
Hier reichen die Feststellungen des LSG, die die Klägerin nicht angegriffen hat und die deshalb für den Senat bindend sind (§ 163 SGG) für die Annahme aus, daß die Klägerin mit W. über den 31. Dezember 1985 hinaus in eheähnlicher Gemeinschaft iS des § 137 Abs 2a AFG lebt. Eine Eheschließung ist zwischen ihr und W. nach deutschem Recht grundsätzlich möglich, nämlich dann, wenn W. sich von seiner noch in Polen lebenden Ehefrau scheiden läßt (vgl § 20 EheG). Die Tatsache, daß zwischen beiden seit etwa 1982 keine intimen Beziehungen bestehen, ist ohne Belang. Gewisse indizielle Bedeutung kommt den Umständen zu, daß W. der Vater des am 17. August 1982 geborenen S. ist, daß die Klägerin bei ihrer Antragstellung auf Alhi im April 1985 W. als ihren „Partner in eheähnlicher Gemeinschaft” angegeben hat und daß beide, obschon sie sich nach ihren Angaben auseinandergelebt haben, nach wie vor in einer Wohnung leben. Wie das LSG unangegriffen festgestellt hat, besteht zwischen beiden auch eine Wohngemeinschaft. Zwar bewohnen beide ihr eigenes Zimmer. Jedoch nutzen sie das Wohnzimmer gemeinsam. Auch in einer Ehe kommt es vor, daß jedem Partner ein Raum zu seiner ausschließlichen Benutzung vorbehalten ist, andere Räume dagegen gemeinsam genutzt werden, ohne daß von einer dauernden Trennung gesprochen werden könnte. Entgegen der Auffassung des LSG und der Klägerin ist im vorliegenden Fall aber auch das Bestehen einer Wirtschaftsgemeinschaft zu bejahen. Diese setzt nicht etwa voraus, daß nur eine gemeinsame Kasse besteht, daß die der Befriedigung jeglichen Lebensbedarfs dienenden Güter nur gemeinsam und aufgrund gemeinsamer Planung angeschafft werden, daß jede Ausgabe nur gemeinsam bestritten wird, daß der eine Partner über ein etwa bestehendes Konto des anderen Partners verfügen darf; auch in einer Ehe gibt es viele Angelegenheiten, die jeder Partner für sich erledigt. Ebensowenig spricht gegen die Annahme einer Wirtschaftsgemeinschaft, daß Mieter der Wohnung im Außenverhältnis nur der eine Partner ist und dementsprechend die Miete entrichtet, während der andere Partner seinen Beitrag im Innenverhältnis leistet (BVerwGE 52, 11, 14). Maßgebend ist, ob ein nicht unerheblicher Restbestand an gemeinsamer Haushaltsführung gegeben ist. Das trifft hier zu. Während nämlich W. die monatliche Miete nebst Nebenkosten (600,– DM) von seinem Konto abbuchen läßt, stellt die Klägerin die Wohnungsmöbel zur Verfügung; sie kocht für W., soweit dieser nicht bei seiner Mutter ißt, was vornehmlich an den Wochenenden der Fall ist; sie bestreitet von ihrem Geld, auch wenn sie zeitweise lediglich Hilfe zum Lebensunterhalt (424,50 DM) erhielt, die Kosten für die Nahrungsmittel; sie erledigt schließlich die Wäsche für W. und hält sie instand. Diese von W. und der Klägerin eingebrachten Leistungen sind, wie das LSG unangefochten festgestellt hat, in etwa gleichwertig. Danach muß auch für die Zeit ab 1. Januar 1986 noch von einem nicht unerheblichen Restbestand an gemeinsamer Haushaltsführung ausgegangen werden. Durch ihn sichern sich die Klägerin und W. einen höheren Lebensstandard, als er ihnen bei getrennter Haushaltsführung möglich wäre. Dagegen vermag der Umstand, daß W. von den rund 800,– bis 900,– DM, die er von seinem Monatslohn übrigbehält, der Klägerin kein Geld abgibt und sie nicht an den von ihm angeschafften Gegenständen (Auto, Videorecorder, Stereoanlage, Spiegelreflexkamera) teilhaben läßt, am Bestehen einer Wirtschaftsgemeinschaft nichts zu ändern; ein solches Verhalten ist auch unter Ehepartnern nicht völlig von der Hand zu weisen. Demgemäß muß sich die Klägerin das Einkommen des W. im Rahmen und nach Maßgabe des § 137 Abs 2a iVm § 138 Abs 1 Nr 2 AFG anrechnen lassen.
Diese Rechtsfolge scheitert nicht an der Unwirksamkeit des § 137 Abs 2a AFG. Der Senat hat in seinem Urteil vom 24. März 1988 – 7 RAr 81/86 – näher dargelegt, aus welchen Gründen in der Gleichbehandlung von verheirateten und nicht verheirateten Partnern, soweit es um das Recht der Alhi geht, kein Verstoß gegen Art 3, Art 6 Abs 1 sowie Art 2 Abs 1 GG erblickt werden kann. Auch insoweit wird auf jene Entscheidung verwiesen. Der Senat hat darüber hinaus ausgeführt, daß Art 6 Abs 1 GG gerade für die von § 137 Abs 2a AFG angeordnete Gleichbehandlung das entscheidende verfassungsrechtliche Argument liefert. Die Vorschrift des § 137 Abs 2a AFG beruht nämlich auf der Erkenntnis, daß das Grundgesetz gesetzliche Regelungen verbietet, die einen ehebenachteiligenden Charakter besitzen. Eine solche Rechtslage aber wäre gegeben, würde sich die pauschale Bedürftigkeitsprüfung des § 138 Abs 1 Nr 2 AFG nur auf verheiratete Arbeitslose erstrecken dürfen, obwohl zwischen ihnen und Arbeitslosen, die in eheähnlicher Gemeinschaft leben, hinsichtlich der tatsächlichen Lebensführung, nämlich der gleichartigen Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft mit dem Partner, keine wesentlichen Unterschiede bestehen.
Auch soweit mit der Klage Ansprüche auf Alhi für die Zeit vor dem Inkrafttreten des § 137 Abs 2a AFG (1. Januar 1986) geltend gemacht werden (13. Mai bis 31. Dezember 1985), muß die Klägerin sich das Einkommen des W. zumindest teilweise anrechnen lassen. Insoweit gilt § 137 Abs 2a AFG zwar nicht unmittelbar. Entgegen der Auffassung der Klägerin bedeutet dies aber nicht, es fehle für die Anrechnung des Partnereinkommens bei ehehähnlichen Gemeinschaften nach Maßgabe des § 138 Abs 1 Nr 2 AFG an jeglicher Grundlage. § 138 Abs 1 Nr 2 AFG ist nämlich in verfassungskonformer Auslegung dahin zu ergänzen, daß sein Regelungsgehalt sich auch schon vor dem Inkrafttreten des § 137 Abs 2a AFG auf Partner eheähnlicher Gemeinschaften erstreckte. Der Senat hat dies in seiner Entscheidung vom 24. März 1988 – 7 RAr 81/86 daraus gefolgert, daß das Gesetz in dieser Hinsicht eine Lücke enthielt, die durch analoge Anwendung des § 138 Abs 1 Nr 2 AFG zu schließen ist (vgl insoweit auch BSG vom 14. Juli 1988 – 11/7 RAr 53/87 –).
Grundlage dafür ist die schon erwähnte verfassungsrechtlich gebotene Gleichbehandlung von verheirateten und nicht verheirateten Paaren im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung bei der Alhi, soweit diese in gleichartiger Weise zusammenleben und wirtschaften. Diese Gleichbehandlung hat das BVerfG zur Wahrung des Grundgesetzes im Beschluß vom 10. Juli 1984 (BVerfGE 67, 186 = SozR 4100 § 139 Nr 1) für erforderlich angesehen. Das BVerfG hat dort den § 139 Sätze 1 und 2 AFG als mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) in Verbindung mit Art 6 Abs 1 GG für unvereinbar und deshalb für nichtig erklärt, weil die Vorschrift „in einer anderweit nicht ausgleichbaren Weise im gemeinsamen Haushalt lebende Ehegatten gegenüber eheähnlichen Gemeinschaften benachteiligt, obschon die Bedürftigkeit gleich ist”. Die Entscheidung des BVerfG fußt mithin auf der Überzeugung, daß Ehegatten und Partner eheähnlicher Gemeinschaften in gleicher tatsächlicher Lebenslage bei der Bedürftigkeitsprüfung in der Alhi nicht in einer die Ehegatten benachteiligenden Weise unterschiedlich behandelt werden dürfen. Jedenfalls insoweit sind die Ausführungen des BVerfG in der Begründung seiner Entscheidung tragend und damit gem § 31 Abs 1 Gesetz über das Bundesverfassungsgericht für die übrigen Gerichte verbindlich (vgl BVerfGE 1, 14, 37; 33, 199, 203; 40, 88, 94). Ob der Entscheidung des BVerfG auch insoweit eine Bindungswirkung beikommt, daß bereits vor dem 1. Januar 1986 für die Bedürftigkeitsprüfung des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft die für zusammenlebende Ehegatten geltende Regelung des § 138 Abs 1 Nr 2 AFG anzuwenden ist, bedarf keiner Entscheidung; denn eine andere Rechtsfolge ist bei Beachtung des Gleichbehandlungsgebots schon nach den Regeln des AFG nicht möglich.
§ 138 Abs 1 Nr 2 AFG trifft, wie schon ausgeführt, eine abschließende, verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung ua darüber, in welcher Weise das Einkommen des mit dem Arbeitslosen zusammenlebenden Ehegatten im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung bei der Alhi zu berücksichtigen ist. Ist sie jedoch für Ehegatten zwingendes Recht, muß sie analog auch für nichteheliche Lebensgemeinschaften angewendet werden; denn anders wäre die zwischen beiden Lebensgemeinschaften hier erforderliche Gleichbehandlung nicht gewährleistet. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Wirksamkeit dieses Gleichbehandlungsgrundsatzes gilt nichts anderes, als schon zu § 137 Abs 2a AFG ausgeführt wurde.
Die rechtssystematischen Voraussetzungen für eine Rechtsanalogie liegen ebenfalls vor; denn das AFG enthält für die Zeit vor dem 1. Januar 1986 insoweit eine Regelungslücke. Bei einer Lücke handelt es sich um eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes (vgl BVerfGE 34, 269, 286 f; BSGE 25, 150, 151; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 5. Aufl 1983, S 354 f, 358). Ob sie besteht, beurteilt sich nach der dem Gesetz zugrundeliegenden Regelungsabsicht, dem mit ihm verfolgten Zweck und dem Plan des Gesetzgebers (Larenz, aaO S 358). Eine Lücke bestünde nicht, wenn der Gesetzgeber bewußt und gewollt auf eine Gleichbehandlung von Ehen und eheähnlichen Gemeinschaften bei der Bedürftigkeitsprüfung verzichtet hätte. Dies ist indessen nicht der Fall. Zwar ist richtig, daß bei der Schaffung des AFG die Übernahme des § 149 Abs 5 AVAVG abgelehnt worden ist (vgl BT-Drucks V/2291, S 87, Begründung zu § 137). Hieraus kann jedoch nicht der Schluß gezogen werden, der Gesetzgeber habe eheähnliche Gemeinschaften gegenüber zusammenlebenden Ehegatten bevorzugen oder eine Bevorzugung auch nur hinnehmen wollen. Die Gesetzesmaterialien sind Beleg dafür, daß der Gesetzgeber ungeachtet der formalgesetzlichen Ausgestaltung des Regelungskomplexes der §§ 137 ff AFG entsprechend dem früheren Rechtszustand eine im wirtschaftlichen Ergebnis gleichartige Behandlung von ehelichen und eheähnlichen Gemeinschaften zu erreichen trachtete. Er meinte allerdings, hierfür genüge es, „daß Unterhaltsleistungen, die einem Empfänger von Arbeitslosenhilfe im Rahmen von eheähnlichen Verhältnissen zufließen, bei der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigen sind” (BT-Drucks V/2291 aaO). Dieses gesetzgeberische Programm ist an tatsächlichen Schwierigkeiten gescheitert, wie das BVerfG in seinem Beschluß vom 10. Juli 1984 (aaO) eindrucksvoll dargelegt hat. Unter Berücksichtigung der Regelungsabsicht des Gesetzgebers zeigt dies eine vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte und daher planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes auf; sie führt zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Privilegierung eheähnlicher Gemeinschaften gegenüber Ehegatten und hätte ohne sachgerechte Ausfüllung zur Folge, daß die Regelung des § 138 Abs 1 Nr 2 AFG, die von der Beklagten bei Ehegatten als zwingendes Recht zu beachten ist, gegen Art 6 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 GG verstoßen würde.
Die hier vorgenommene Analogie verletzt nicht den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit (Art 20 Abs 3 GG). Das Rechtsstaatsprinzip garantiert Rechtssicherheit, die ihrerseits für den Bürger vor allem Vertrauensschutz bedeutet (BVerfGE 18, 429, 439; 23, 12, 32). Soweit der Gesetzgeber – was nicht geschehen ist – rückwirkend die Anwendbarkeit des § 138 Abs 1 Nr 2 AFG auf eheähnliche Gemeinschaften vor dem 1. Januar 1986 bestimmt hätte, wäre dies verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden gewesen, da ausnahmsweise belastende gesetzliche Regelungen auch auf zurückliegende Sachverhalte erstreckt werden dürfen, wenn das Vertrauen der Betroffenen auf das Unterbleiben einer solchen Regelung, hier auf die Nichtanrechnung des Partnereinkommens, sachlich nicht gerechtfertigt wäre. Letzteres ist der Fall, wenn der Bürger nach der rechtlichen Situation in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge vom Gesetz zurückverlegt wird, mit dieser Regelung rechnen mußte (BVerfGE 1, 264, 280; 2, 237, 264 f; 8, 274, 304). Diese Überlegungen gelten auch für die analoge Anwendung einer Gesetzesvorschrift auf zurückliegende Sachverhalte. Hier mußte damit gerechnet werden, daß fortan bis zu einer gesetzlichen Neuregelung § 138 Abs 1 Nr 2 AFG auch auf eheähnliche Gemeinschaften angewendet würde, weil sich die gebotene gleiche Berücksichtigung der Einkünfte des Arbeitslosen, lebt er in einer Ehe oder einem eheähnlichen Verhältnis, angesichts des im übrigen geltenden Gesetzesrechts nicht anders herbeiführen läßt. Soweit Betroffene darauf vertraut haben sollten, daß entgegen den Ausführungen des BVerfG von der gleichen Berücksichtigung des Partnereinkommens abgesehen wird, wäre das Vertrauen nicht schutzwürdig.
Ergibt sich nach allem schon für die Zeit vor dem 1. Januar 1986, daß das Einkommen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, wie das Einkommen eines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen ist, muß die Bedürftigkeit der Klägerin auch unter Einschluß des Einkommens des W. entsprechend § 138 Abs 1 Nr 2 AFG beurteilt werden; denn daß die Klägerin schon 1985 mit W. in einer eheähnlichen Gemeinschaft im Sinne einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft gelebt hat, ist angesichts der vom LSG für die Zeit ab 1. Januar 1986 festgestellten Gesamtumstände nicht zweifelhaft.
Ob die Bedürftigkeit der Klägerin nach § 138 Abs 1 Nr 2 AFG mit der Folge zu verneinen ist, daß der Klägerin kein Anspruch auf Alhi zusteht, wie die Beklagte entschieden hat, kann der Senat aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG allerdings nicht abschließend entscheiden. Die Bedürftigkeit wäre nach § 137 Abs 1 AFG zu verneinen, wenn das Einkommen, das nach § 138 AFG zu berücksichtigen ist, die Alhi nach § 136 AFG erreicht. Aus den Feststellungen des LSG läßt sich das nach § 138 Abs 1 Nr 2 AFG zu berücksichtigende wöchentliche Einkommen des W. nicht ableiten; das LSG spricht lediglich von einem monatlichen Nettoeinkommen des W. in Höhe von 1.900,– bis 2.100,– DM ohne exakt anzugeben, ob es sich nun auf 1.900,– DM, 2.000,– DM oder 2.100,– DM monatlich beläuft; unterstellt, W. hätte ein Nettoeinkommen von lediglich 1.900,– DM, wäre nicht auszuschließen, daß der Klägerin ein Anspruch auf geringe Alhi verbliebe. Im übrigen ist das LSG von dem „bereinigten Nettoentgelt” ausgegangen, das die Beklagte in ihren Bescheiden errechnet hatte, ohne den Betrag oder die tatsächlichen Grundlagen, aus denen sich dieser Betrag nach dem Gesetz ergibt, festzustellen. Da es nicht Aufgabe des Revisionsgerichts ist, die entscheidungserheblichen Tatsachen festzustellen, muß das angefochtene Urteil des LSG daher gemäß § 170 Abs 2 SGG aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
Das LSG wird die erforderlichen Feststellungen zu treffen und bei seiner abschließenden Entscheidung auch über die Kosten der Revisionsinstanz zu befinden haben.
Für das weitere Verfahren wird es sich empfehlen, darauf zu achten, daß nach der Rechtsprechung des Senats das auf die Alhi des Arbeitslosen anrechnungsfähige Einkommen seines Partners sich in den Fällen des § 138 Abs 1 Nr 2 AFG nicht um dessen tatsächliche Unterhaltsbeiträge an dritte Personen mindert, sondern ausschließlich um die dort vorgesehenen Freibeträge (BSG SozR 4100 § 138 Nrn 14 und 15; vgl auch BSG vom 24. März 1988 – 7 RAr 82/87 –). Insoweit ist die von der Beklagten in ihren Bescheiden vorgenommene Berechnung, die die durch das 7. AFG-ÄndG erhöhten Freibeträge (§ 242f Abs 11 AFG) noch nicht berücksichtigen konnte, schon im Ansatz unrichtig.
Fundstellen