Entscheidungsstichwort (Thema)
Bruttobezüge iS des § 2 Abs 2 S 2 BKGG. Ermessensausübung bei Aufhebung eines Verwaltungsaktes nach § 48 SGB 10
Leitsatz (amtlich)
Zu den Bruttobezügen aus dem Ausbildungsverhältnis gehört auch ein pauschales Wegegeld, das der Auszubildende ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Fahrtkosten erhält.
Orientierungssatz
1. Der Begriff der "Bruttobezüge" aus dem Ausbildungsverhältnis in § 2 Abs 2 S 2 BKGG ist mit dem Begriff des "Arbeitsentgelts" iS des § 14 Abs 1 SGB 4 gleichzusetzen.
2. Anders als bei der Fahrgelderstattung für tatsächlich entstandene Fahrtkosten, die nach Abschn 24 Abs 26 S 1 der Lohnsteuerrichtlinien nicht steuerpflichtig ist (vgl BSG vom 24.9.1986 - 10 RKg 9/85 = SozR 5870 § 2 Nr 47), gehört die gewährte Wegegeldpauschale nicht zu den steuerfreien Einkünften, ist deshalb Teil des Arbeitsentgelts iS von § 14 Abs 1 SGB 4 und fällt damit unter den Begriff "Bruttobezüge" iS von § 2 Abs 2 S 2 BKGG.
3. Ein Verwaltungsakt ist, wenn eine wesentliche Änderung eingetreten ist, nicht stets für die Vergangenheit aufzuheben, sondern nur in der Regel. Bei atypischen Fallgestaltungen räumt die Sollvorschrift des § 48 Abs 1 S 2 SGB 10 der Verwaltung ein Ermessen ein, ob und in welchem Umfang sie den Verwaltungsakt rückwirkend aufhebt oder nicht (vgl BSG vom 6.11.1985 - 10 RKg 3/84 = BSGE 59, 111 = SozR 1300 § 48 Nr 19).
Normenkette
BKGG § 2 Abs 2 S 2 Fassung: 1975-12-18; SGB 4 § 14 Abs 1; SGB 4 § 17; ArEV § 1, 1977; LStR 1981 Abschn 24 Abs 26 S 1; SGB 10 § 48 Abs 1 S 2
Verfahrensgang
LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 22.09.1987; Aktenzeichen L 3 Kg 22/87) |
SG Stade (Entscheidung vom 14.05.1987; Aktenzeichen S 8 Kg 6/85) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die beklagte Bundesanstalt für Arbeit die Bewilligung von Kindergeld für die Vergangenheit aufheben und von dem Kläger Leistungen zurückfordern darf.
Der Kläger bezieht von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) eine Rente wegen Berufsunfähigkeit einschließlich Kinderzuschuß. Außerdem erhält er für seine drei Kinder Holger (geb. 1966), Susanne (geb. 1969) und Christian (geb. 1976) Kindergeld. Holger, für den Kindergeld nur in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen Kinderzuschuß und Kindergeld für ein drittes Kinder (monatlich 67,-- DM) ausgezahlt wurde, befand sich seit dem 1. August 1983 in einer Ausbildung zum Chemielaboranten. Nach einer im Juni 1984 bei der Beklagten eingegangenen Ausbildungsbescheinigung erhielt Holger zusätzlich zur Bruttoausbildungsvergütung, die im ersten Ausbildungsjahr 695,-- DM und im zweiten Jahr 765,-- DM beträgt, seit dem 1. August 1983 ein Wegegeld von 100,-- DM. Die Beklagte stellte mit dem 1. Juli 1984 die Zahlung des Kindergeldes ein und hob - nach Anhörung des Klägers - mit Bescheid vom 28. November 1984 die Bewilligung von Kindergeld rückwirkend ab August 1983 in Höhe von 67,-- DM monatlich auf. Außerdem forderte sie von den seit Beginn der Ausbildung zum Chemielaboranten gezahlten Leistungen 737,-- DM zurück.
Widerspruch, Klage und die - vom Sozialgericht (SG) zugelassene - Berufung des Klägers sind ohne Erfolg geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat zur Begründung seiner Entscheidung ua ausgeführt, für den Sohn Holger bestehe kein Anspruch auf Kindergeld mehr, weil er seit dem 1. August 1983 aus seinem Ausbildungsverhältnis mehr als 750,-- DM monatlich an Einkommen erzielt habe. Der Betrag von 100,-- DM Wegegeld gehöre zu dem berücksichtigungsfähigen Einkommen iS von § 2 Abs 2 Satz 2 des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG). Der in dieser Vorschrift verwendete Begriff "Bruttobezüge" sei mit dem Begriff "Arbeitsentgelt" iS des § 14 Abs 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV) gleichzusetzen. Zu den Bruttobezügen gehörten danach diejenigen Bezüge, die auch die Grundlage für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge und den Steuerabzug bildeten. Nur solche laufenden Zulagen dürften nicht dem Arbeitsentgelt zugerechnet werden, die lohnsteuerfrei seien (§ 14 Abs 1 SGB IV iVm § 1 der aufgrund des § 17 Abs 4 ergangenen Arbeitsentgeltverordnung -ArEV-). Das Wegegeld, das dem Sohn des Klägers gezahlt worden sei, werde vom Ausbildungsbetrieb jedoch zu Recht als lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtiges Bruttoentgelt angesehen. Denn es handele sich dabei nicht um eine an den tatsächlich entstandenen Fahrtkosten ausgerichtete Fahrgelderstattung, sondern um eine pauschalierte zusätzliche Zuwendung, die unabhängig von den tatsächlich entstandenen Aufwendungen gewährt werde. Nach den Werkrichtlinien erhielten alle Mitarbeiter des Ausbildungsbetriebes dieses Wegegeld, gestaffelt nach vier Entfernungszonen. Die Arbeitgeberin erbringe diese zusätzliche Leistung selbst dann, wenn der Arbeitnehmer zu Fuß zum Betrieb gehe und ihm keinerlei Kosten entstünden. Die Beklagte habe die Bewilligung des Kindergeldes auch rückwirkend ab August 1983, dem Zeitpunkt der Erzielung des den Grenzwert übersteigenden Einkommens, nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 des Zehntes Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) aufheben dürfen. Dabei sei es unerheblich, ob und wann dem Kläger bekannt geworden sei, daß die Ausbildungsvergütung seines Sohnes mit dem Wegegeld die maßgebliche Grenze des § 2 Abs 2 Satz 2 BKGG überschritten habe. Denn es komme allein auf den Zeitpunkt der Erzielung des anrechenbaren Einkommens an. Es seien auch keine Gesichtspunkte dafür ersichtlich, daß die Beklagte von der rückwirkenden Aufhebung ganz oder teilweise hätte absehen können. Denn es handele sich nicht um einen sogenannten atypischen Fall, in dem die Beklagte über die rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung eine Ermessensentscheidung zu treffen habe.
Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision macht der Kläger geltend, nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24. September 1986 (SozR 5870 Nr 47) dürfe eine gewährte Fahrgelderstattung für tatsächlich entstandene Fahrtkosten nicht den Bruttobezügen aus einem Ausbildungsverhältnis zugerechnet werden. Im vorliegenden Fall habe der Ausbildungsbetrieb aus Gründen der "Verwaltungsvereinfachung" seinen Arbeitnehmern eine pauschalierte Fahrtkostenerstattung in Form einer Wegegeld-Zulage gezahlt. Dies bedeute aber nicht, daß sein Sohn Holger keine tatsächlichen Fahrtkosten gehabt habe. Zwar ermittle der Ausbildungsbetrieb bei dieser Methode der pauschalen Fahrtkostenerstattung nicht, welche tatsächlichen Aufwendungen entstanden seien. Dies müsse der Arbeitnehmer gegenüber dem Finanzamt geltend machen, das dann diese Aufwendungen nachträglich bei der für das jeweilige Jahr zu zahlenden Lohnsteuer berücksichtige. Entgegen der Annahme des LSG seien hier auch insgesamt für den Weg von der Wohnung bis zur Betriebsstätte, der 10 km betrage, und für Besuche der Berufsschule Fahrtkosten entstanden, die bei ihrer Berücksichtigung zu einer Bruttovergütung aus dem Ausbildungsverhältnis von weniger als 750,-- DM monatlich führen würden. Das LSG habe insoweit gegen § 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) verstoßen. Denn es hätte von Amts wegen die entstandenen tatsächlichen Aufwendungen ermitteln müssen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG Niedersachsen vom 22. September 1987 und den Bescheid der Beklagten vom 28. November 1984 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 1985 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und macht ergänzend geltend, der Kläger habe die Feststellung des LSG, daß das seinem Sohn Holger gezahlte Wegegeld zu Recht vom Arbeitgeber als lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtiges Entgelt behandelt worden sei, nicht angegriffen. Seine Behauptung, zumindest in Höhe der tatsächlich entstandenen Fahrtkosten sei das Wegegeld gleichwohl deshalb steuerfrei, weil es im Rahmen des Lohnsteuerjahresausgleichs steuermindernd geltend gemacht werden könne, sei demgegenüber unerheblich. Denn der Gesetzgeber habe bei Schaffung der Einkommensgrenze des § 2 Abs 2 Satz 2 BKGG ausdrücklich auf das aus dem Ausbildungsverhältnis erzielte Bruttoentgelt abgestellt und somit die je nach den persönlichen Verhältnissen des einzelnen Auszubildenden unterschiedlichen steuerlichen Abzugsbeträge bewußt außer acht gelassen. Die Entscheidung des Gesetzgebers für eine Brutto- anstelle einer Nettogrenze sei im Rahmen des ihm zustehenden weiten Gestaltungsfreiraums auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs 2 SGG).
Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 28. November 1984 in der Fassung des Widerspruchsbescheides ist - wie das LSG zu Recht entschieden hat - nicht zu beanstanden. Die Beklagte durfte dem Kläger das Kindergeld für seinen Sohn Holger rückwirkend ab August 1983 entziehen und die von diesem Zeitpunkt an zuviel erbrachten Leistungen zurückfordern.
Nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlaß des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlaß des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (§ 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X).
Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind erfüllt. Dadurch, daß die Ausbildungsfirma dem Sohn des Klägers neben der Ausbildungsvergütung seit August 1983 ein Wegegeld zahlt, darf Holger, der schon vor August 1983 das 16.Lebensjahr vollendet hatte, nach § 2 Abs 2 Satz 2 BKGG nicht mehr kindergeldrechtlich berücksichtigt werden. Die genannte Vorschrift, die nicht gegen das Grundgesetz (GG) verstößt (BSG SozR 5870 § 2 Nr 46), schließt nämlich Kinder, die sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden und denen aus dem Ausbildungsverhältnis Bruttobezüge in Höhe von wenigstens 750,-- DM monatlich zustehen, von der Berücksichtigung als Kinder iS des Kindergeldes aus. Entgegen der Auffassung des Klägers gehört das von der Ausbildungsfirma gezahlte Wegegeld in voller Höhe zu den Bruttobezügen.
Der Begriff der "Bruttobezüge" aus dem Ausbildungsverhältnis ist mit dem Begriff des "Arbeitsentgelts" iS des § 14 Abs 1 des Vierten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) gleichzusetzen. § 2 Abs 2 Satz 2 BKGG enthält zwar keine Definition des Begriffs "Bruttobezüge". Es ist lediglich bestimmt, daß Ehegatten- und Kinderzuschläge sowie einmalige Zuwendungen außer Ansatz bleiben. § 2 Abs 2 Satz 2 BKGG wurde zusammen mit dem § 39 Abs 3 Satz 4 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG), § 1262 Abs 3 Satz 4 der Reichsversicherungsordnung (RVO) mit Wirkung ab 1. Juli 1976 durch das Haushaltsstrukturgesetz (HStruktG) vom 18. Dezember 1975 (BGBl I 3091) in das Gesetz eingefügt (vgl Art 17 § 1 Nr 7 und § 2, Art 44 Nr 1 HStruktG). Wie sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs (vgl BT-Drucksache 7/4243, Seite 7 zu Art 17, Seite 15 zu Art 42b) ergibt, soll sich die Grenze von 750,-- DM im Interesse der Verwaltungsvereinfachung auf die Bruttovergütung beziehen. Deshalb ist es - abgesehen davon, daß die Vergütung aus einem Ausbildungsverhältnis bezogen werden muß - gerechtfertigt, als "Bruttobezüge" diejenigen Bezüge anzusehen, die auch die Grundlage für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge und für den Steuerabzug bilden (Urteil des erkennenden Senats vom 24. September 1986 - 10 RKg 9/85 - BSG SozR 5870 § 2 Nr 47 unter Hinweis auf die Urteile des 1. und 11. Senats des BSG vom 10. Juni 1980 und 18. Februar 1981 in SozR 2200 § 1262 Nrn 13 und 19). Die Einfügung des § 2 Abs 2 Satz 2 BKGG und der entsprechenden für den Kinderzuschuß geltenden Vorschriften beruht auf der Erwägung, daß in Ausbildung stehende Kinder, die mit der ihnen zustehenden Ausbildungsvergütung ihren Unterhaltsbedarf selbst decken können, beim Familienlastenausgleich nicht mehr als Kinder berücksichtigt werden sollen (vgl BT-Drucksache aaO). Deshalb kann der für den Wegfall des Kinderzuschusses und des Kindergeldes maßgebliche Grenzwert von 750,-- DM nur nach einheitlichen Kriterien bestimmt werden. Die von der Rechtsprechung des BSG entwickelten Grundsätze zu den Vorschriften über den Kinderzuschuß der gesetzlichen Rentenversicherung sind daher auch für das Kindergeldrecht maßgebend, so daß im Rahmen des § 2 Abs 2 Satz 2 BKGG jedenfalls auf den in § 14 Abs 1 SGB IV definierten Begriff des Arbeitsentgelts abzustellen ist (BSG SozR 5870 § 2 Nr 47).
Nach § 14 Abs 1 SGB IV in Verbindung mit der aufgrund des § 17 SGB IV ergangenen ArEV vom 6. Juli 1977 (BGBl I 1208) sind laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, grundsätzlich nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen, soweit sie lohnsteuerfrei sind (§ 1 ArEV).
Zwischen den Beteiligen ist zu Recht unstreitig, daß das dem Sohn des Klägers neben der eigentlichen Ausbildungsvergütung gezahlte Wegegeld einen Bruttobetrag darstellt, der steuerpflichtig ist und auch der Beitragspflicht in der Sozialversicherung unterliegt. Die Ausbildungsfirma gewährt das Wegegeld in vier Stufen, je nach der Entfernung der Wohnung des Arbeitnehmers von der Betriebsstätte, jedoch pauschal ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Fahrtkosten. Auch derjenige, der in unmittelbarer Nähe des Betriebes wohnt und für den Weg zum Betrieb keine Aufwendungen hat, erhält ein Wegegeld. Anders als bei der Fahrgelderstattung für tatsächlich entstandene Fahrtkosten, die nach Abschnitt 24 Abs 26 Satz 1 der Lohnsteuerrichtlinien nicht steuerpflichtig ist (vgl BSG SozR 5870 § 2 Nr 47), gehört die gewährte Wegegeldpauschale nicht zu den steuerfreien Einkünften, ist deshalb Teil des Arbeitsentgelts iS von § 14 Abs 1 SGB IV und fällt damit unter den Begriff "Bruttobezüge" iS von § 2 Abs 2 Satz 2 BKGG.
Dem steht nicht entgegen, daß der Sohn des Klägers - wie die Revision geltend macht - im Lohnsteuerjahresausgleich die tatsächlichen Aufwendungen für die Fahrten zwischen seiner Wohnung und dem Betrieb geltend machen kann und daß diese dann von dem zu versteuernden Betrag abgezogen werden. Eine solche Möglichkeit besteht dagegen nicht bei der Feststellung der "Bruttobezüge" im Kindergeldrecht. Durch den Lohnsteuerjahresausgleich werden die absetzbaren Teile der steuerpflichtigen Einkünfte nicht steuerfrei, sondern gehören weiterhin zu den steuerpflichtigen Einkünften und damit zum Bruttoeinkommen, das lediglich in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen bei der Berechnung der Jahressteuer unberücksichtigt bleibt. Der Gesetzgeber hat, worauf schon oben hingewiesen worden ist, aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung in § 2 Abs 2 Satz 2 BKGG auf die Bruttobezüge abgestellt (vgl BT-Drucksache 7/4243 Seite 15 zu Art 42b). Andernfalls müßten die Kindergeldkassen in jedem Einzelfalle überprüfen, welche tatsächlichen Aufwendungen Auszubildende für den Weg zwischen Betrieb und Wohnung haben. Das aber soll gerade vermieden werden. Es ist nicht zu verkennen, daß mit der gesetzlichen Regelung Härten im Einzelfalle verbunden sein können. Dies durfte der Gesetzgeber aber hinnehmen, um sein Ziel zu erreichen, einerseits die Anspruchsvoraussetzungen klar erkennbar und andererseits die Entscheidung von Kindergeldanträgen im Rahmen der Massenverwaltung so einfach wie möglich zu gestalten.
Da die eigentliche Ausbildungsvergütung im 1. Ausbildungsjahr, das am 1. August 1983 begann, 695,-- DM betrug, überschritt die Bruttovergütung aus dem Ausbildungsverhältnis zusammen mit dem Wegegeld von 100,-- DM den Grenzbetrag von 750,-- DM. Damit ist aber eine wesentliche Änderung seit der schon vor Beginn der Ausbildung erfolgten Bewilligung des Kindergeldes eingetreten. Denn nunmehr steht der Kindergeldgewährung die Ausnahmevorschrift des § 2 Abs 2 Satz 2 BKGG entgegen.
Die Beklagte durfte die Bewilligung auch vom Zeitpunkt der eingetretenen Änderung der Verhältnisse an aufheben, weil aus dem Ausbildungsverhältnis Einkommen erzielt worden ist, das zum Wegfall des Anspruchs geführt haben würde (§ 48 Abs 2 Satz 2 Nr 3 SGB X). Zwar ist ein Verwaltungsakt, wenn eine wesentliche Änderung eingetreten ist, nicht stets für die Vergangenheit aufzuheben, sondern nur in der Regel. Bei atypischen Fallgestaltungen räumt die Sollvorschrift des § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X der Verwaltung ein Ermessen ein, ob und in welchem Umfang sie den Verwaltungsakt rückwirkend aufhebt oder nicht (vgl BSGE 59, 111, 114 f). Das LSG ist aber zu Recht davon ausgegangen, daß es sich hier nicht um einen atypischen Fall handelt. Jedenfalls sind hierfür keinerlei Gesichtspunkte erkennbar. Die Aufhebung der Kindergeldbewilligung für den Sohn des Klägers ist deshalb Rechtens.
Aber auch soweit die Beklagte die Rückzahlung der seit August 1983 erbrachten Leistungen verlangt, stehen die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen mit dem Gesetz im Einklang. Denn gemäß § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X sind, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, bereits erbrachte Leistungen zu erstatten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen