Leitsatz (redaktionell)
Enthält ein rechtskräftiger Strafbefehl - beim Vorliegen eines Vergehens, das sowohl vorsätzlich als auch fahrlässig begangen werden kann - keine Feststellung darüber, ob der Bestrafte die Tat vorsätzlich oder fahrlässig begangen hat, so fehlt es an den Voraussetzungen, unter denen der Versicherungsträger den Schadenersatz versagen kann.
Der Versicherungsträger und die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit dürfen insoweit nicht zusätzlich eigene Feststellungen treffen.
Normenkette
RVO § 557 Abs. 1 Fassung: 1924-12-15
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. Oktober 1962 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger war in den Jahren 1958 und 1959 mehrmals bei der Straßenbauunternehmung S in T beschäftigt. Am 21. Mai 1959 erhielt er von dem Schachtmeister D den Auftrag, mit einer Zugmaschine eine zum Verkehr auf öffentlichen Straßen nicht zugelassene Kipplore von der Baustelle zu einer außerhalb des Baustellenbereichs aufgestellten Betonmischmaschine zu fahren und dort Betongemisch zu holen. Zum Fahren der Zugmaschine auf öffentlichen Straßen ist der Besitz des Führerscheins Klasse 2 erforderlich. Der Kläger besaß damals aber nur den Führerschein der Klasse 4. Er fuhr mit überhöhter Geschwindigkeit und geriet in einer scharfen Rechtskurve der von ihm befahrenen Straße auf die äußerste linke Fahrbahnseite. Bei dem Versuch, zu bremsen, kippte die Zugmaschine um und stürzte mit der angehängten Lore die etwa 7 m hohe Straßenböschung hinab. Der Kläger brach den linken Oberarm. Er befand sich bis 16. Juni 1959 in stationärer Krankenhausbehandlung und war bis 8. November 1959 arbeitsunfähig.
Mit - rechtskräftigem - Strafbefehl vom 21. Juli 1959 verhängte das Amtsgericht Tuttlingen gegen den Kläger u. a. wegen eines Vergehens nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 19. Dezember 1952 (StVG) eine Geldstrafe von 50,- DM - ersatzweise 10 Tage Gefängnis -, weil er ein Kraftfahrzeug geführt habe, ohne einen Führerschein zu besitzen.
Die Beklagte versagte mit Bescheid vom 20. November 1959 die Gewährung von Unfallentschädigung unter Berufung auf § 557 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung - RVO aF - (in der bis zum Inkrafttreten des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes - UVNG - geltenden Fassung), weil der Unfall sich bei Begehung eines vorsätzlichen Vergehens ereignet habe. Den Widersprüchen des Klägers und der beigeladenen Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) half sie im Bescheid vom 4. April 1960 nicht ab, weil "Anhaltspunkte für einen Ermessensfehlgebrauch ... nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich" seien.
Das Sozialgericht (SG) Konstanz hat durch Urteil vom 2. Dezember 1960 entsprechend dem Klagantrag die Bescheide der Beklagten aufgehoben.
Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat durch Urteil vom 17. Oktober 1962 (veröffentlicht in Breithaupt 1963, 395) die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und auf die Anschlußberufung des Klägers die Beklagte verpflichtet, dem Kläger "einen Bescheid über die Gewährung der Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung für die Folgen des Arbeitsunfalls vom 21. Mai 1959 zu erteilen".
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Der Kläger sei, was § 557 Abs. 1 RVO aF voraussetze, durch strafgerichtliches Urteil wegen eines vorsätzlichen Vergehens bestraft worden. Ein rechtskräftiger Strafbefehl erlange nämlich die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils. Entgegen der Ansicht der Beklagten lasse der Strafbefehl in seinem Schuldausspruch zwar nicht erkennen, ob die Bestrafung wegen eines vorsätzlichen oder eines - nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 StVG ebenfalls möglichen - fahrlässigen Vergehens erfolgt sei. Der Strafbefehl sei aber - ebenso wie ein Urteil - aus den in ihm angeführten Beweismitteln, nämlich den eigenen Angaben des Klägers, auslegungsfähig. § 557 Abs. 1 RVO aF erfordere nicht, daß die Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Vergehens ausdrücklich, d. h. in der Urteilsformel oder in den Gründen der strafgerichtlichen Entscheidung ausgesprochen worden sei. Der Kläger habe indessen in seiner wenige Tage nach dem Unfall erfolgten polizeilichen Einvernahme zugegeben, daß ihm bekannt sei, daß er mit einem Führerschein der Klasse 4 nicht mit einer gewerblich benutzten und zugelassenen Zugmaschine mit angekoppeltem zweiachsigem gummibereiftem Anhänger fahren dürfe. Mit dem Einwand, er wäre allenfalls wegen eines fahrlässigen Vergehens nach § 24 StVG bestraft worden, wenn er gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt hätte, habe der Kläger nicht gehört werden können. Die strafgerichtliche Feststellung, daß es sich um ein vorsätzliches Vergehen handele, habe für die Versagung des Schadensersatzes nach § 557 Abs. 1 RVO aF Tatbestandswirkung; der Inhalt des strafgerichtlichen Urteils sei sonach maßgebend. Im übrigen habe der Kläger, wie eine Würdigung der vorhandenen Beweisunterlagen - auch der des sozialgerichtlichen Verfahrens - ergebe, die Straftat vorsätzlich begangen. Zwischen der strafbaren Handlung und dem Unfall bestehe ein Zusammenhang; der Kläger habe sich den Unfall beim Begehen einer strafbaren Handlung zugezogen. Die Beklagte habe indessen mit der Versagung der Unfallentschädigung ermessensfehlerhaft gehandelt. In ihren Bescheiden habe sie keine Gründe angeführt, welche für die Ausübung ihres Ermessens bestimmend gewesen seien. Ihre im Klageverfahren nachgeschobene Begründung, die Versagung des Schadensersatzes nach § 557 RVO aF diene ebenso wie die Unfallverhütungsvorschriften der Erfüllung der ihr als Hauptaufgabe obliegenden Unfallverhütung und sei durch die hohen Verkehrsunfallziffern gerechtfertigt, lasse keinen sachgerechten Grund erkennen. Nach der Rechtsprechung des Reichsversicherungsamts - RVA - (EuM 23, 275, 277) habe § 557 RVO aF keinen Strafcharakter; er dürfe daher nicht zu Zwecken der Vergeltung oder der allgemeinen Abschreckung angewandt werden. Der Kläger habe sich durch sein - bestraftes - Verhalten zwar gegen die Rechtsordnung aufgelehnt, er habe damit aber nicht zugleich seiner versicherten Tätigkeit und dem mit ihr verbundenen Pflichtenkreis zuwider gehandelt. Er habe seine Tätigkeit auf Weisung des Beauftragten des Unternehmers ausgeführt und - in Überschätzung seiner Fähigkeiten - ausschließlich dessen Interessen wahrgenommen. Durch sein verbotswidriges Verhalten habe er nur sich und keine anderen Personen gefährdet. Die Berufung der Beklagten sei daher nicht begründet. Da die Beklagte ausdrücklich erklärt habe, daß keine sonstigen Gründe für die Ausübung ihres Ermessens gegeben seien, habe der Anschlußberufung des Klägers stattgegeben werden müssen; angesichts der Dauer der Arbeitsunfähigkeit und der Art der durch den Unfall erlittenen Körperverletzung habe der Kläger mit hoher Wahrscheinlichkeit gegen die Beklagte einen Leistungsanspruch.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Die Beklagte hat ihr Rechtsmittel im wesentlichen damit begründet, daß § 557 RVO aF sehr wohl einen Abschreckungszweck habe. Diese Vorschrift sei für die Träger der Unfallversicherung die einzige gesetzliche Handhabe, um auf ihre Versicherten und auf die Verhinderung von Unfällen durch untragbares, böswilliges, also tadelnswertes Verhalten einwirken zu können. Durch seine irrtümliche Rechtsanwendung habe das Berufungsgericht zugleich unbefugt in ihr Recht, Unfallverhütungsmaßnahmen durchzuführen, eingegriffen.
Die Beklagte beantragt,
die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie die Anschlußberufung zurückzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Berufungsgerichts mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Der Kläger und die Beigeladene beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Sie halten das Urteil des Berufungsgerichts für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
II
Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden; die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind gegeben.
Die - durch Zulassung statthafte (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG) - Revision ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil des LSG ist im Ergebnis zutreffend.
Nach § 557 Abs. 1 RVO aF kann der Schadensersatz ganz oder teilweise versagt werden, wenn sich der Verletzte den Unfall beim Begehen einer Handlung zugezogen hat, die nach strafgerichtlichem Urteil ein Verbrechen oder vorsätzliches Vergehen ist. Diese Versagungsmöglichkeit hat der Gesetzgeber in § 554 RVO (in der seit 1. Juli 1963 geltenden Fassung - RVO nF) übernommen; der von § 557 Abs. 1 RVO aF geringfügig abweichende Wortlaut des neuen Gesetzes hat ersichtlich an dessen Inhalt nichts geändert. In der vorliegenden Streitsache war der Entscheidung § 557 Abs. 1 RVO aF zugrunde zu legen, weil sich der Unfall vor Inkrafttreten des UVNG ereignet hat und § 554 Abs. 1 RVO nF, da er in den Übergangsvorschriften des Art. 4 UVNG nicht aufgeführt ist, auf vorher eingetretene Arbeitsunfälle nicht anwendbar ist.
Wie der Gesetzeswortlaut sowohl nach altem als auch nach neuem Recht deutlich macht, "kann" der Versicherungsträger die dem Verletzten an sich zustehenden Leistungen ganz oder teilweise versagen, wenn bestimmte im Gesetz genannte Erfordernisse erfüllt sind. Diese einen Leistungsanspruch des Versicherten voraussetzende Berechtigung des Versicherungsträgers zur Versagung der Leistung steht sonach in seinem Ermessen. Nach § 79 Nr. 1 SGG hatte der Klage daher - wie auch geschehen - ein Vorverfahren voranzugehen, da es sich bei dem streitigen Verwaltungsakt um eine Ermessensentscheidung handelt (BSG 3, 209, 215; 7, 292; 18, 148, 153; SozR Nr. 9, 12, 13 zu § 79 SGG; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Stand 15.6.1965, Band I S. 234 a VI; Haase/Koch, Die Unfallversicherung, Anm. 5 zu § 554 RVO).
Der den Leistungsanspruch des Klägers vernichtende Verwaltungsakt der Beklagten ist aber schon deshalb rechtswidrig, weil der Kläger nicht ersichtlich wegen eines vorsätzlichen Vergehens bestraft worden ist.
Allerdings steht, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ein rechtskräftiger Strafbefehl einem strafgerichtlichen Urteil gleich (§ 410 der Strafprozeßordnung; ebenso schon RVA AN 1904, 348 zu der dem § 557 Abs. 1 RVO aF im wesentlichen gleichlautenden Vorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 2 des Gewerbeunfallversicherungsgesetzes vom 30. Juni 1900 - GUVG). Die Straftat, die durch den Strafbefehl des Amtsgerichts geahndet worden ist, nämlich: Führen eines Kraftfahrzeugs, ohne einen Führerschein zu besitzen, ist nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 StVG ein Vergehen. Dieses kann, wie das LSG zutreffend erkannt hat, sowohl vorsätzlich als auch fahrlässig begangen werden (zu vgl. Müller, Straßenverkehrsrecht, 21. Aufl., 1959, Anm. A I c 2 a und A III b 1).
Nach der im Zeitpunkt der Bestrafung des Klägers geltenden Fassung jener Vorschrift, d. h. vor Änderung des § 24 StVG durch das Zweite Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs vom 26. November 1964 (BGBl I 921), hat für die vorsätzliche oder fahrlässige Begehung dieses Vergehens keine unterschiedliche Strafandrohung bestanden. Aus der im Strafbefehl aufgeführten Strafvorschrift des § 24 Abs. 1 Nr. 1 StVG (damaliger Fassung) kann also nicht entnommen werden, welchen Grad des Verschuldens der Strafrichter beim Kläger als erwiesen angenommen hat. Wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat, ist aus dem Strafbefehl auch im übrigen nicht zu ersehen, ob der Kläger wegen eines vorsätzlichen oder eines fahrlässigen Vergehens bestraft worden ist.
Das RVA (AN 1905, 211) hat zu dem bereits erwähnten § 8 Abs. 2 Satz 2 GUVG entschieden, die Anwendbarkeit dieser Vorschrift setze voraus, daß der Strafrichter das Vorliegen eines Verbrechens oder eines vorsätzlichen Vergehens festgestellt habe; bei den Vergehen, die ohne Rücksicht darauf unter Strafe gestellt seien, ob sie vorsätzlich oder fahrlässig begangen würden, müsse aus den Gründen des Strafurteils mit Sicherheit erkennbar sein, daß der Strafrichter eine im Sinne des Strafrechts vorsätzliche Handlungsweise für vorliegend erachtet habe (gleicher Meinung: Handbuch der Unfallversicherung, 1909, Band I S. 254; Schraeder/Strich, Die Deutsche Unfallversicherung, Band II, Anm. 3 zu § 557 RVO; Wagner, Der Arbeitsunfall, 4. Aufl., Stand Januar 1965, S. 384; Vollmar, ArbVers 1965, 273, 275).
An dieser Rechtsprechung des RVA ist auch für § 557 Abs. 1 RVO aF festzuhalten. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ("nach strafgerichtlichem Urteil") soll, wenn der Versicherungsträger nach § 557 Abs. 1 RVO aF vorgeht, jeder Zweifel darüber ausgeschlossen sein, daß der Verletzte bei Begehung der Straftat etwa fahrlässig gehandelt hat. Insoweit soll zwischen Verletzten und Versicherungsträger kein Streit entstehen können. Wie das RVA mit Recht angenommen hat, hat sich die Prüfung des Versicherungsträgers und der Gerichte bei Beurteilung der Frage, ob die strafbare Handlung des Verletzten ein Verbrechen oder ein vorsätzliches Vergehen ist, darauf zu beschränken, ob der Strafrichter in seinem Erkenntnis eine entsprechende Feststellung getroffen hat. Im Rahmen eines Verfahrens nach § 557 Abs. 1 RVO aF kann - wie das Berufungsgericht zutreffend dargetan hat - der Verletzte nicht etwa mit der Behauptung, bei Einlegung eines Rechtsbehelfs hätte er allenfalls nur wegen eines fahrlässigen Vergehens bestraft werden dürfen, gegen das strafgerichtliche Erkenntnis angehen. Die dort getroffene Feststellung, daß ein vorsätzliches Vergehen oder ein Verbrechen vorliegt, hat nach den zutreffenden Ausführungen des LSG für die Versagung des Schadensersatzes Tatbestandswirkung (gleicher Meinung: Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl., Anm. 4 zu § 554 RVO nF). Andererseits darf der Versicherungsträger, wenn der Strafrichter bei der Verurteilung wegen eines Vergehens, das auch bei fahrlässigem Verhalten mit Strafe bedroht ist, sich mit der Feststellung des Verschuldens des Täters begnügt hat, nicht von sich aus - vielleicht gar erst nach Erhebung weiterer Beweise - feststellen, daß der Verletzte die Straftat vorsätzlich begangen hat, um nach § 557 Abs. 1 RVO aF gegen den Verletzten vorgehen zu können. Nach § 557 Abs. 4 RVO aF durfte er - als Ausnahme von § 557 Abs. 1 RVO aF - eine solche Feststellung nur treffen, wenn wegen eines in der Person des Verletzten liegenden Grundes ein strafgerichtliches Urteil nicht gefällt worden war. Diese Ausnahmeregelung ist in § 554 RVO nF nicht übernommen worden. Eine in den Regierungsentwurf des UVNG aufgenommene Vorschrift, durch die die Ausnahmetatbestände des § 557 Abs. 4 RVO aF erweitert und allgemeiner gefaßt werden sollten, ist vom sozialpolitischen Ausschuß des Deutschen Bundestages gestrichen worden. Dieser hat die Möglichkeit der Versagung von Leistungen durch den Unfallversicherungsträger auf die Fälle beschränken wollen, in denen ein strafgerichtliches Urteil ergangen ist; er hat bewußt in Kauf genommen, daß es bei einer solchen Einschränkung (zB infolge Einstellung des Strafverfahrens wegen Strafverfolgungsverjährung oder im Falle einer allgemeinen Amnestie) zu Unbilligkeiten kommen kann (vgl. im einzelnen Lauterbach aaO, Anm. 1 zu § 554 RVO nF).
Das LSG ist der Meinung, es könne, obwohl der Strafbefehl des Amtsgerichts keine Feststellungen darüber enthalte, ob der Kläger die bestrafte Handlung vorsätzlich oder fahrlässig begangen habe, den Strafbefehl aus den in ihm angeführten Beweismitteln, nämlich den eigenen Angaben des Klägers gegenüber der Polizei auslegen. Dem kann indessen nicht gefolgt werden. Das Berufungsgericht hat aus der polizeilichen Einvernahme des Klägers auf eine vorsätzliche Begehung der Straftat geschlossen. Es hat damit aber nicht etwa den Strafbefehl "ausgelegt" (zu den Auslegungsgrundsätzen bei Urteilen siehe BSG SozR Nr. 5 zu § 1585 RVO), sondern eine - im Strafverfahren unterbliebene - Beweiswürdigung sowie eine darauf - und nicht etwa auf das strafgerichtliche Erkenntnis - gestützte strafrechtliche Wertung vorgenommen, zu der es nach § 557 Abs. 1 RVO aF nicht befugt gewesen ist.
Die Beklagte durfte somit - mangels strafgerichtlicher Feststellung eines Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens - dem Kläger die Unfallentschädigung nicht gemäß § 557 RVO aF versagen. Ihre Revision war deshalb als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen