Beteiligte
Klägerin und Revisionsklägerin |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I
Die im Jahre 1932 geborene Klägerin spanischer Staatsangehörigkeit war von Oktober 1970 bis zum 31. Oktober 1975 als Kindergartenhelferin bei der Katholischen Kirchengemeinde St. S… in R… beschäftigt und bei der Beklagten pflichtversichert. Nach einem Erholungsurlaub in Spanien, der bis zum 26. August 1975 gedauert hatte, hat der spanische Versicherungsträger der Beklagten mitgeteilt, daß die Klägerin, die seither wieder in Spanien lebt, seit dem 27. August 1975 wegen einer Halswirbel-Arthrose voraussichtlich 30 Tage arbeitsunfähig sei. Die Arbeitgeberin hat den Lohn bis zum 7. Oktober 1975 fortbezahlt und ihr zum 31. Oktober 1975 gekündigt. Den Antrag der Klägerin, ihr ab 8. Oktober 1975 - im Anschluß an die Lohnfortzahlung - Krankengeld zu gewähren, hat die Beklagte mit der Begründung abgelehnt, daß eine Arbeitsunfähigkeit nicht nachgewiesen sei (Bescheid vom 14. Dezember 1976; Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 1977). Im Februar 1977 ist die Beklagte vom spanischen Versicherungsträger unterrichtet worden, daß die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin am 15. Februar 1977 beendet gewesen sei. Die zwischen der Erstmitteilung vom September 1975 und der Letztmitteilung vom Februar 1977 erfolgten weiteren Mitteilungen des spanischen Versicherungsträgers - alle auf dem vorgesehenen Formular SP 13/1 - gaben an, daß die Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit fortbestehe; zum voraussichtlichen Ende der Arbeitsunfähigkeit enthielten sie keinen Datumsvermerk, sondern nur ein Fragezeichen und trugen auch keine Angaben über stattgefundene Kontrolluntersuchungen. Mit Schreiben vom 21. Februar 1976 und mit den Erinnerungsschreiben vom 31. März, 6. Mai und 23. Juni 1976 hat die Beklagte versucht, vom spanischen Versicherungsträger Angaben über Untersuchungsdaten, Untersuchungsergebnisse und Krankheitsdauer zu bekommen. Sie hat keine Antwort erhalten.
Mit der Klage begehrt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Krankengeld (vom 8. Oktober 1975) bis zum 10. Februar 1977. Das Sozialgericht (SG) hat - nach Einholung einer Auskunft des Vertrauensarztes des spanischen Versicherungsträgers (- der folgende Untersuchungstage angab: 27. 8.1975; 8. 5., 23. 8., 9. 9. 1976; 9. 2.1977 -) und nach Erhebung eines ärztlichen Gutachtens - die Klage abgewiesen. Die Berufung hatte keinen Erfolg. Das Landessozialgericht (LSG) hat ausgeführt, daß die Beklagte entgegen der Ansicht der Berufung nicht an die Feststellungen des spanischen Versicherungsträgers gebunden sei. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin. Zur Begründung wird ausgeführt: Sowohl nach den Bestimmungen der Reichsversicherungsordnung (RVO) als auch nach dem deutsch-spanischen Abkommen über Soziale Sicherheit vom 29. Oktober 1959 (BGBl. 1961 II S. 598 ff.) und der Zusatzvereinbarung vom selben Tage (BGBl. 1961 II S. 628 ff.) - beide gültig bis 31. Oktober 1977 - sei die Arbeitsunfähigkeit bewiesen. Bei der gesetzlichen Krankenversicherung bestehe nach dem Abkommen keine Möglichkeit, die in Spanien arbeitsunfähig gewordene Person durch einen Vertrauensarzt in der Bundesrepublik untersuchen zu lassen. Das LSG habe übersehen, daß die vertrauensärztliche Überprüfung schon durch den spanischen Vertrauensarzt erfolgt sei. Wenn der Vertrauensarzt die Arbeitsunfähigkeit bestätige, bestehe kein begründeter Zweifel an ihrer Richtigkeit. Ein spanischer Vertrauensarzt sei aber nicht weniger glaubhaft als ein deutscher. Das vom SG eingeholte orthopädische Gutachten vom 15. Juni 1979 sei nicht überzeugend; es entspreche nicht dem § 369 b RVO.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 31. März 198ä - L 11 Kr 35/80 - sowie das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 17. April 1980 - S. 4 Kr 133/77 - aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 14. Dezember 1976 und 16. Juni 1977 zu verurteilen, der Klägerin Krankengeld für die Zeit vom 8. Oktober 1975 bis zum 10. Februar 1977 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend.
II
Die Revision ist unbegründet.
1. Die Klägerin hat keine dahingehende Verfahrensrüge erhoben, daß das Berufungsgericht bei der Würdigung des Beweisergebnisses eine verfahrensrechtliche Norm verletzt habe. Weder hat sie eine solche Verfahrensnorm bezeichnet (§ 164 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG) noch eine entsprechende rechtliche Begründung der Revision - § 164 Abs. 2 Satz 1 SGG - abgegeben.
2. Soweit das Revisionsvorbringen der Klägerin im übrigen dahin verstanden werden kann, die Beklagte sei an die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch den spanischen Versicherungsträger gebunden, trifft diese Rechtsansicht, wie das LSG mit Recht ausgeführt hat, nicht zu. Das obengenannte Abkommen vom 29. Oktober 1959 und die ebenfalls obengenannte Zusatzvereinbarung von demselben Tage enthalten keine entsprechende Vorschrift, die verfassungsrechtlich auch gar nicht haltbar wäre. Eine solche Bindung ergibt sich insbesondere nicht aus Art. 13 der Zusatzvereinbarung, der die Vorlage eines ärztlichen Attestes durch den Versicherten und die Vornahme einer vertrauensärztlichen Untersuchung durch den Versicherungsträger des Aufenthaltsortes sowie die Mitteilung an den zuständigen Träger regelt ohne eine solche Bindungswirkung auszusprechen oder auch nur den Grundsatz des Art. 16 Abs. 3 des Abkommens, wonach krankenversicherungsrechtliche Geldleistungen von dem zuständigen Versicherungsträger nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften gewährt werden, hier also deutsches Recht maßgeblich ist, zu beseitigen. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts vermag der Senat insoweit zwischen dem Abkommen und der Zusatzvereinbarung keinen Widerspruch festzustellen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Spanischen Staat über Soziale Sicherheit vom 4. Dezember 1973, BGBl. II Nr. 33 vom 6.8.1977 S. 687, dessen Art. 16 Abs. 3 sich mit Art. 16 Abs. 3 des vorangegangenen Abkommens inhaltlich deckt, und auch nicht aus der Zusatzvereinbarung von demselben Tage (BGBl. a.a.O., S. 715), dessen Art. 7 Abs. 1 ebenfalls mit Art. 13 weitgehend übereinstimmt. Daher befindet sich die Durchführungsvereinbarung der Verbindungsstellen für die Krankenversicherung vom 25. Oktober 1977 (vgl. Plöger/Wortmann, Deutsche Sozialversicherungsabkommen mit ausländischen Staaten, XII, Spanien, S. 87 ff.) durchaus im Rahmen der genannten Rechtsvorschriften, wenn sie unter Ziffer 27 bestimmt, daß der zuständige Träger nach Eingang des Arztberichtes dem aushelfenden Träger bekanntgibt, ob die betreffende Person einen Anspruch auf Geldleistungen hat, also eine Überprüfung des konkreten Anspruches und damit auch der Voraussetzungen der Arbeitsunfähigkeit vornimmt.
3. Soweit das Revisionsvorbringen der Klägerin aber dahin geht, daß die Beklagte an die Begutachtung des Vertrauensarztes gebunden sei, läßt sich diese Ansicht weder auf § 369 b Abs. 1 Nr. 2 RVO noch auf eine sonstige Rechtsvorschrift stützen. Nach § 369 b Abs. 1 Nr. 2 RVO sind die Kassen verpflichtet, eine Begutachtung der Arbeitsunfähigkeit durch einen Vertrauensarzt zu veranlassen, wenn es zur Beseitigung von begründeten Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit erforderlich erscheint. Mit der Verpflichtung der Kasse zur Einschaltung eines Vertrauensarztes ist für den Versicherungsträger offensichtlich aber nicht die Verpflichtung verbunden, der Begutachtung des Kassenarztes zu folgen. Aber auch die Frage, ob die Kasse bei der Prüfung der Erforderlichkeit der vertrauensärztlichen Untersuchung ihr Ermessen richtig ausgeübt hat (vgl. dazu Krauskopf/Schroeder-Printzen, Soziale Krankenversicherung, Stand: Juli 1981, Anm. 3, 1 zu § 369 b RVO), kann nicht zur Stützung der Rechtsansicht der Klägerin führen. Wo keinerlei Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit bestehen, darf die Kasse zwar keine Begutachtung veranlassen, muß also die Arbeitsunfähigkeit als gegeben ansehen, und sie darf dementsprechend auch keine weitere Begutachtung veranlassen, wenn durch die bereits erfolgte vertrauensärztliche Begutachtung jeder vernünftige Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit beseitigt ist. Auch in einem solchen Falle liegt der Rechtsgrund ihrer Verpflichtung, die Arbeitsunfähigkeit als gegeben anzusehen, aber nicht darin, daß sie an die Begutachtung des Vertrauensarztes gebunden wäre, sondern darin, daß sie aufgrund einer Würdigung dieser Begutachtung jeden vernünftigen Zweifel ausräumen konnte.
Abgesehen davon, daß hier - nachdem der spanische Versicherungsträger ursprünglich nur eine Arbeitsunfähigkeit für 30 Tage bescheinigt, dann aber über 1 Jahr lang keinerlei Angaben über Kontolluntersuchungen sowie über die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit gemacht und die entsprechenden Anfragen der Beklagten auch nicht beantwortet hatte - vom Fehlen jedes vernünftigen Zweifels nicht die Rede sein kann, hat die Klägerin, wie oben ausgeführt, aber keine Verfahrensrüge hinsichtlich der Beweiswürdigung des LSG erhoben.
4. Die Revision konnte somit keinen Erfolg haben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.3 RK 26/82
Bundessozialgericht
Verkündet am
23. März 1983
Im Namen des Volkes
Urteil
Fundstellen