Leitsatz (amtlich)
1. RVUELG § 45 ist nicht revisibel.
2. Die für eine Versicherte wegen Vollendung des 60. Lebensjahres nach dem Berliner Recht (RVUELG § 48) rechtskräftig festgestellte Versichertenrente gilt seit dem 1952-04-01 als Leistung im Sinne des Fremd- und Auslandsrentengesetzes; sie ist daher auch dann weiterzugewähren, wenn auf die Versicherte später Vorschriften des Bundesrechts, die im gegebenen Fall eine Rentenzahlung erst nach Vollendung des 65. Lebensjahres gestatten, anzuwenden sind.
3. Ein durch Krankheit erzwungener Auslandsaufenthalt ist auch dann nicht freiwillig, wenn er den Zeitraum von 6 Monaten übersteigt; er führt daher nicht zum Ruhen der Rente nach FAG SV § 1 Abs 4.
4. FAG SV § 8 betrifft nur diejenigen Fälle, in denen der Berechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat.
Normenkette
SVFAG § 1 Abs. 4 Fassung: 1953-08-07, § 8 Fassung: 1953-08-07, § 17 Abs. 6 Fassung: 1953-08-07; SGG § 162 Abs. 2 Fassung: 1953-09-03; RVÜblG BE § 48 Fassung: 1952-07-10, § 45 Fassung: 1952-07-10
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 5. Dezember 1957 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die am 17. Januar 1889 geborene Klägerin, die ihren ersten Beitrag im Jahre 1905 an die Landesversicherungsanstalt (LVA.) Schlesien geleistet hatte, war bis zum November 1949 invalidenpflichtversichert, zuletzt bei der früheren Versicherungsanstalt Berlin (VAB.), die ihr antragsgemäß durch Bescheid vom 20. März 1952 die Altersinvalidenrente in Höhe von 79,30 DM monatlich vom 1. März 1952 an bewilligte.
Im Juni 1952 verreiste die Klägerin zu Bekannten nach Irland. Die Post stellte mit Ablauf des Monats September 1953 die Überweisung der Rente auf das Postscheckkonto der Klägerin ein, weil für Oktober 1953 die fällige Rentenjahresbescheinigung ("Lebensbescheinigung") nicht eingereicht worden war. Auch nach Eingang dieser Bescheinigung wies die Beklagte die Rente nicht wieder an, forderte vielmehr durch Bescheid vom 14. Mai 1954 die in der Zeit vom 1. Juli 1952 bis zum 30. September 1953 gezahlten Rentenbeträge von insgesamt 1239,50 DM wieder zurück und verneinte weiterhin bis zum 31. Januar 1954, dem Ende des Monats der Vollendung des 65. Lebensjahres, jeden Rentenanspruch. Sie vertrat die Auffassung, die nach dem Gesetz zur Anpassung des Rechts der Sozialversicherung in Berlin an das in der Bundesrepublik geltende Recht vom 3. Dezember 1950 (BSVAG) weiblichen Rentenberechtigten schon mit der Vollendung des 60. Lebensjahres zustehende Altersrente sei nur an Versicherte zu gewähren, die in ihrem, der Beklagten, eigenen Bezirk wohnten, während im übrigen nur nach den im Bundesgebiet geltenden Vorschriften, d. h. erst nach Vollendung des 65. Lebensjahres Altersrente gezahlt werden dürfe. In dem Bescheid wird die Klägerin weiter aufgefordert, geeignete Vorschläge über die Tilgung des Schuldbetrages innerhalb von 3 Wochen zu machen und ihr schließlich ein besonderer Bescheid über den Rentenanspruch vom 1. Februar 1954 angekündigt.
Durch Bescheid vom 30. Juni 1954 gewährte die Beklagte der Klägerin anschließend für die Zeit ihres Auslandsaufenthalts nach Vollendung ihres 65. Lebensjahres (1.2. bis 30.4.1954) die Invalidenrente ohne Grundbetrag, Rentenzulage und Grundbetragserhöhung in Höhe von monatlich 49,80 DM und vom 1. Mai 1954 an wieder die volle Rente von nunmehr 84,30 DM, da die Klägerin zwischenzeitlich wieder nach Berlin zurückgekehrt und seit dem 3. Mai 1954 polizeilich in Berlin-Tempelhof gemeldet war. Dabei rechnete sie den Nachzahlungsbetrag in voller Höhe auf die zurückgeforderten Beträge auf und kürzte die Rente bis auf weiteres um monatlich 20,- DM wegen dieser Rückzahlung.
Bereits vor Erlaß dieses zweiten Bescheides hatte die Klägerin gegen den ersten ihr am 15. Mai 1954 zugestellten Bescheid Klage vor dem Sozialgericht (SG.) Berlin erhoben. Sie machte geltend, sie habe nie ihren Wohnsitz in Berlin, der bereits seit 1912 bestehe, aufgegeben; ihre Rückkehr habe sich verzögert, da sie bettlägerig erkrankt und von September 1952 bis zum April 1954 nicht reisefähig gewesen sei, wofür sie sich auf eine beigefügte Bescheinigung ihres Gastgebers und ihres behandelnden Arztes berief.
Während des sozialgerichtlichen Verfahrens setzte die Beklagte durch einen dritten Bescheid vom 16. Januar 1955 den Mehrbetrag der monatlichen Rente auf 4,- DM fest.
Das SG. wies die Klage, mit der die Klägerin begehrt hatte, unter Aufhebung des ersten und Abänderung des zweiten Bescheides die Beklagte zum Verzicht auf die Rückforderung von 1239,50 DM und zur Zahlung der Invalidenrente über den 30. Juni 1952 bis zum 31. Januar 1954 zu verurteilen, durch Urteil vom 21. Juni 1955 zurück; die Rentenzahlung während eines Auslandsaufenthalts richte sich ausschließlich nach dem Fremd- und Auslandsrentengesetz (FremdRG); nach dessen § 8 in Verbindung mit § 2 gelte für solche Ansprüche nur Bundesrecht, so daß der Klägerin im Ausland bis zur Vollendung ihres 65. Lebensjahres keine Rente zugestanden habe. Der Rückforderungsanspruch sei noch nicht verjährt und ohne Ermessensfehler geltend gemacht. Die Berechnung für die Rente vom 1. Februar 1954 an sei richtig.
Die Klägerin legte gegen dieses Urteil die vom SG. ausdrücklich zugelassene Berufung ein mit dem Antrag, die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 14. Mai 1954 zu verurteilen, der Klägerin in Abänderung des Bescheids vom 30. Juni 1954 vom 1. Oktober 1953 an Rente zu zahlen.
Das Landessozialgericht (LSG.) erhob Beweis durch Einholung einer Auskunft des Polizeipräsidenten von Berlin und durch Vernehmung einiger Zeugen; durch Urteil vom 5. Dezember 1957 änderte es alsdann die beiden Bescheide der Beklagten dahingehend ab, daß die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 1. Juli 1952 bis zum 31. Januar 1954 eine monatliche Rente von 49,80 DM zu zahlen und die Kosten des Rechtsstreits zu erstatten habe. Im übrigen wies das LSG. die Berufung zurück und verurteilte die Klägerin zur Zurückzahlung der ihr von der Beklagten in der Zeit vom 1. Juli 1952 bis zum 30. September 1953 gezahlten, den Betrag von 49,80 DM monatlich übersteigenden Rente.
Das LSG. hielt die Berufung auch ohne Zulassung für statthaft, da die Berufungsausschließungsgründe der §§ 144 und 146 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nicht gegeben seien. Es führte in seiner Entscheidung ferner aus, auf den vorliegenden Fall müßten nach Art. 2 § 5 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) noch die vor dessen Inkrafttreten gültigen Vorschriften angewandt werden. Nach § 1305 der Reichsversicherungsordnung (RVO) a. F. setze die Rückforderung einer gewährten Rente voraus, daß sie zu Unrecht gewährt worden sei. Streitig sei insoweit, ob der Klägerin während ihres Auslandsaufenthalts ein Rentenanspruch zugestanden habe. Entgegen der Ansicht des SG. seien jedoch die Bestimmungen der §§ 8 ff. FremdRG nicht allein maßgeblich, sondern schüfen nur zusätzliche Voraussetzungen neben den sonst gültigen Vorschriften. Daher müsse auch für die Zeit des Auslandsaufenthalts nicht von der Regelung des § 1253 Abs. 1 Nr. 3 RVO a. F., sondern von der Berliner Sonderregelung des § 48 Nr. 1 des "Gesetzes zur Überleitung der Berliner Rentenversicherung auf das in der Bundesrepublik Deutschland geltende Recht" vom 10. März 1952 ( BRVÜG ) ausgegangen werden, das weiblichen Versicherten grundsätzlich einen Anspruch auf Altersrente bereits mit dem vollendeten 60. Lebensjahr zugestehe. Die Klägerin habe ihren Wohnsitz in der fraglichen Zeit auch nicht ins Ausland verlegt, so daß nicht etwa über § 45 Abs. 5 BRVÜG für jene Zeit nur § 1253 Abs. 1 Nr. 3 RVO a. F. anzuwenden sei. Die Beweiserhebung habe ergeben, daß die Klägerin vor ihrer Abreise keinerlei Verfügungen über den Verbleib ihres weiter in Berlin befindlichen Eigentums getroffen habe, daß sie vielmehr nur eine kurze Besuchsreise nach Irland beabsichtigt habe, für die sie auch nur die notwendigsten Gebrauchsgegenstände mitgenommen hätte. Durch die ärztlich bestätigte Krankheit habe die Klägerin ihren Entschluß, nach Berlin zurückzukehren, zwar von Monat zu Monat verschieben müssen, aber niemals aufgegeben. Aus allen diesen Feststellungen zieht das LSG. den Schluß, daß die Klägerin ihren Wohnsitz in Berlin, bei dem es anders als bei dem "Wohnort" und "Aufenthalt" nicht nur auf das tatsächliche Verweilen, sondern auf rechtliche Umstände (§ 7 BGB) ankomme, im Juni 1952 nicht aufgegeben habe; daran ändere auch nichts die polizeiliche Abmeldung, die ohne ihr Wissen von der damaligen Wohnungsinhaberin vorgenommen worden sei.
Die der Klägerin somit grundsätzlich nach § 48 Nr. 1 BRVÜG für die Zeit ihres Auslandsaufenthalts zustehende Rente habe auch nicht nach § 1281 RVO a. F. geruht. Als Auslandsaufenthalt, der bei Versäumnis der Mitteilung des Aufenthaltsortes die Rente zum Ruhen bringe, könne mit dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG.) vom 21. Dezember 1955 (BSG. Bd. 2 S. 150) nur der gewöhnliche, nicht aber auch der vorübergehende Aufenthalt angesehen werden. Dabei müsse jeweils auf die Verhältnisse des Einzelfalles und hierbei insbesondere auf den Willen des jeweiligen Rentenempfängers abgestellt werden.
Die schon erwähnten Feststellungen berechtigen nach Ansicht des LSG. zu dem Schluß, daß die Klägerin im Jahre 1952 und auch später nicht ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Irland habe nehmen wollen; da demnach eine Meldepflicht nicht bestanden habe, habe die Rente niemals geruht.
Der Klägerin habe jedoch für die fragliche Zeit nicht die volle Rente zugestanden, da bei der Zahlung ins Ausland weder der Grundbetrag noch die Rentenzulage noch die Grundbetragserhöhung zu gewähren sei; demnach stehe ihr auch für die ganze Zeit ihres Auslandsaufenthalts nur eine monatliche Rente von 49,80 DM zu, wie sie die Beklagte für die Zeit vom 1. Februar 1954 an bereits durch ihren Bescheid vom 30. Juni 1954 berechnet habe. Soweit die Klägerin demnach Überzahlungen erhalten hätte, könne die Beklagte diese zu Unrecht gewährten Beträge nach § 1305 RVO a. F. zurückverlangen. Die Rückforderung sei nicht unbillig, da die Überzahlung nicht von der Beklagten, die von dem Auslandsaufenthalt keine Kenntnis gehabt, verursacht sei. Die Klägerin sei daher zur Zurückzahlung verpflichtet.
Gegen das am 17. Januar 1958 zugestellte Urteil hat nur die Beklagte am 15. Februar 1958 die vom LSG. zugelassene Revision eingelegt und diese gleichzeitig begründet.
Sie rügt als rechtsirrig die Nichtanwendung der §§ 1 Abs. 4 und 8 Abs. 1 in Verbindung mit den §§ 2 bis 6 FremdRG. Nicht nur, weil Bundesrecht das Landesrecht breche, sondern weil das FremdRG in Berlin ohnehin hier anzuwenden sei und weil sein § 20 Abs. 2 entgegenstehende Vorschriften - hier den § 45 Abs. 5 BRVÜG - außer Kraft setze, habe das LSG. das FremdRG anwenden müssen. Dem stehe nicht entgegen, daß die angefochtenen Bescheide auf dieses Gesetz nicht gestützt seien. Für die Inlandsrentenansprüche der Klägerin gelte Abschn. I FremdRG, da die Klägerin zu einem Versicherungsträger im Sinne des § 1 Abs. 1 a. a. O. Beiträge entrichtet habe. Aber auch ihre Ansprüche während des Auslandsaufenthalts seien nach dem FremdRG, und zwar nach Abschn. II, der als Sonderregelung den Vorschriften der RVO vorgehe, zu beurteilen. § 8 Abs. 1 FremdRG gelte für alle Versicherten, die sich im Ausland auch nur vorübergehend aufhielten; nach dieser Bestimmung seien die §§ 2 bis 6 FremdRG und damit das Recht der RVO anzuwenden. Der Inlandsrentner nehme seinen Rentenanspruch nach § 8 a. a. O. grundsätzlich nicht mit ins Ausland, sondern erwerbe dort ggf. einen neuen Anspruch nur nach Bundesrecht, auch wenn der alte Anspruch sich gegen die LVA. Berlin gerichtet habe. Nach Bundesrecht habe die Klägerin eine Altersrente erst mit der Vollendung des 65. Lebensjahres erhalten können.
Auch wenn man diese Auffassung nicht teile, entfalle der Rentenanspruch der Klägerin nach § 1 Abs. 4 FremdRG für die Dauer ihres Auslandsaufenthalts, da sie sich mehr als 6 Monate, also nicht nur vorübergehend, im Ausland aufgehalten habe.
Die Beklagte beantragt, die Klage unter Aufhebung des angefochtenen Urteils abzuweisen.
Die Klägerin beantragt demgegenüber, die Revision als unbegründet zu verwerfen.
Sie wiederholt in ihrem Vorbringen die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist form- und fristgerecht eingelegt, sie ist vom LSG. zugelassen und daher statthaft.
Von den drei erteilten Bescheiden ist nur der erste vor der Klageerhebung ergangen, doch ist - wovon bereits im Verfahren vor dem LSG. ausgegangen wurde - der zweite Bescheid mindestens insoweit Gegenstand des Verfahrens geworden, als er sich mit der von der Beklagten vorgesehenen Aufrechnung und Kürzung der Rente der Klägerin befaßt; nur insoweit ist im übrigen auch die Beklagte, die allein Revision eingelegt hat, beschwert, so daß die Nachprüfung auf diesen Teil des Urteils zu beschränken war.
Der dritte Bescheid, der einzig die Festsetzung des Rentenmehrbetrags betrifft, wird dagegen von dem vorliegenden Verfahren nicht berührt.
Auszugehen ist davon, daß durch den Bescheid vom 20. März 1952 der Klägerin die Altersrente mit die Beklagte bindender Wirkung zuerkannt worden war; die Beklagte konnte daher diese Leistung zu Ungunsten der Klägerin nur ändern oder entziehen, soweit dies gesetzlich vorgeschrieben oder gestattet war.
Der rechtskräftige Bescheid vom 20. März 1952 beruhte auf der besonderen, die Klägerin gegenüber dem Bundesrecht begünstigenden Vorschrift des § 48 BRVÜG . Der Irlandaufenthalt der Klägerin war nach dem Berliner Recht nur dann von Bedeutung, wenn die Klägerin damit ihren Wohnsitz ins Ausland verlegt hätte, da alsdann nach § 45 Abs. 5 a. a. O. auch auf sie die spätere Altersgrenze von 65 Jahren anzuwenden gewesen wäre. Wie das BSG. bereits mehrfach, insbesondere im Urteil des erkennenden Senats vom 8. Juli 1959 (BSG. 10, 163) entschieden hat, gilt das BRVÜG nur im Bezirk des LSG. Berlin; für § 45 Abs. 5 a. a. O. findet sich im Bundesrecht oder im Landesrecht außerhalb Berlins auch keine inhaltlich entsprechende Vorschrift; die genannte Bestimmung ist daher nach § 162 Abs. 2 SGG nicht revisibel und das BSG. deshalb an die Auffassung des LSG. gebunden, daß die Klägerin ihren Wohnsitz im Sinne des § 45 Abs. 5 a. a. O. nicht ins Ausland verlegt hat und ihr deshalb aus dieser Bestimmung keine Rechtsnachteile erwachsen sind.
An dieser Rechtslage änderte sich auch mit dem Inkrafttreten des FremdRG nichts. Entgegen der Auffassung des LSG. ist dieses Gesetz in seinem I. Teil zwar auf die Klägerin anzuwenden, da sie infolge ihrer früher zu der LVA. Schlesien geleisteten Beiträge zu dem Personenkreis gehört, der nach § 1 FremdRG leistungsberechtigt ist (vgl. BSG. 4, 47). Nun bestimmt zwar § 2 FremdRG - aus den §§ 3 bis 7 a. a. O. ergibt sich im vorliegenden Fall nichts Besonderes -, daß der Rentenanspruch der Klägerin sich vom 1. April 1952 an nach Bundesrecht richtet; trotzdem ist von diesem Zeitpunkt an auf sie jedoch nicht § 1253 Abs. 1 Nr. 3 RVO a. F. anzuwenden, weil die für sie von der Beklagten bereits auf Grund des § 48 BRVÜG festgestellte Leistung nach der Übergangsvorschrift des § 17 Abs. 6 FremdRG als Leistung im Sinne dieses Gesetzes gilt und ihr daher auch weiterhin zu gewähren ist. Wenn § 17 Abs. 6 FremdRG auch nur auf Leistungen abstellt, die bei dem Inkrafttreten des Gesetzes am 1. April 1952 bereits rechtskräftig festgestellt waren und der der Klägerin am 20. März 1952 erteilte Rentenbescheid am 1. April 1952 noch nicht rechtskräftig geworden war, so gilt doch nach ständiger Rechtsprechung des BSG. (Bd. 4 S. 96) der im § 17 Abs. 6 FremdRG aufgestellte Gedanke der Besitzstandswahrung auch für diejenigen Fälle, in denen die frühere Feststellung noch bis zum 10. August 1953, dem Tage der verspäteten Verkündung des Gesetzes, rechtskräftig geworden ist.
Wenn mithin die Klägerin in der Zeit ihres Irlandaufenthalts grundsätzlich einen Rentenanspruch hatte, so ist weiter zu prüfen, ob dieser Anspruch für die Dauer jenes Aufenthalts geruht hat; da das Ruhen kraft Gesetzes eintritt, hätte die Beklagte in diesem Fall die Möglichkeit gehabt, die Einstellung durch förmlichen Bescheid auch für eine zurückliegende Zeit auszusprechen.
Nach § 1 Abs. 4 FremdRG tritt das Ruhen nur ein, wenn der Versicherte sich freiwillig nicht nur vorübergehend außerhalb des Bundesgebiets und des Landes Berlin aufgehalten hat. Die Beklagte will aus Satz 2 a. a. O. folgern, daß jeder sechs Monate übersteigende Auslandsaufenthalt zwangsläufig das Ruhen des Rentenanspruchs bewirkt. Sie übersieht dabei, daß jene Bestimmung für ihre Anwendbarkeit zwei Voraussetzungen fordert, die nebeneinander gegeben sein müssen. Abs. 2 a. a. O. befaßt sich allein mit dem Begriff eines nicht nur vorübergehenden Aufenthalts, wobei vorausgesetzt wird, daß die Freiwilligkeit dieses Aufenthalts vorliegt; er bestimmt im Ergebnis, daß unter diesen Umständen ein unter sechs Monaten liegender Auslandsaufenthalt immer als vorübergehend anzusehen sei, während er für einen längeren Aufenthalt auf weitere Voraussetzungen, insbesondere die Zustimmung des Versicherungsträgers abstellt. Entfällt jedoch bereits die Freiwilligkeit des Auslandsaufenthalts, so spielt dessen Dauer für die Nichtanwendung des § 1 Abs. 4 FremdRG keine Rolle. Nach den Feststellungen des LSG., an die das BSG. nach § 163 SGG gebunden ist, da in bezug auf sie zulässige und begründete Revisionsrügen nicht vorgebracht sind, hatte die Klägerin nur eine kurze Besuchsreise nach Irland beabsichtigt. Der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen sollte Berlin bleiben. Sie hatte daher auf der Reise nur die für einen kurzen Aufenthalt notwendigen Gebrauchsgegenstände mitgenommen und ihr gesamtes übriges Vermögen in Berlin zurückgelassen. Sie wollte schon Anfang September 1952 wieder nach Berlin zurückkehren, war aber durch Erkrankung gezwungen, sich wesentlich länger als beabsichtigt in Irland aufzuhalten. Aus diesen Feststellungen ergibt sich einwandfrei, daß die Klägerin sich nicht freiwillig länger als sechs Monate in Irland aufgehalten hat, vielmehr sollte der von ihr beabsichtigte Auslandsaufenthalt nur kürzere Zeit dauern; die Absicht der Heimkehr innerhalb kürzerer Zeit war von Anfang an vorhanden und dauerte fort, auch dann noch, als die durch die Krankheit eingetretene Zwangslage die Rückkehr verzögert hatte und dadurch den anfangs freiwilligen Aufenthalt zu einem unfreiwilligen machte. (vgl. hierzu Urteil des erkennenden Senats vom 3.3.1960, SozR. § 1283 RVO a. F. Aa 1 ff. Nr. 1).
Allerdings gilt § 1 Abs. 4 FremdRG nur "unbeschadet der Vorschriften des Abschnitts II". Dieser Abschnitt setzt nach § 8 Abs. 1 a. a. O. für einen Auslandsrentenanspruch voraus, daß sich der Berechtigte im Ausland "aufhält". Der Gesetzestext macht insoweit keinen Unterschied zwischen einem gewöhnlichen oder einem vorübergehenden Aufenthalt. Trotzdem wird man mit Brackmann (Handbuch der Sozialversicherung, S. 396 b) den Abschnitt II dann nicht anzuwenden haben, wenn sich der Berechtigte nur kurzfristig im Ausland aufhält. Betrachtet man nämlich diesen § 8 insgesamt, so ist seinen Absätzen 2 und 3, die auf Ruhensvorschriften bei ins Ausland zu zahlenden Renten hinweisen, zu entnehmen, daß der Abschnitt II nur diejenigen Fälle regeln wollte, in denen der Berechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, betreffen doch die dort in Bezug genommenen §§ 615 Abs. 1 Nr. 3 und 1282 Nr. 1 RVO nur solche Fälle. Auch § 1 FremdRG selbst spricht für diese Auslegung; er macht in seinem Abs. 1 Nr. 1 den ständigen Aufenthalt des Berechtigten im Bundesgebiet oder im Land Berlin zur Anspruchsvoraussetzung für die Fremdrente, ohne zu bestimmen, ob diese Voraussetzung nur beim Rentenantrag oder auch während des Bezugs der Rente vorliegen muß. Mit dem Schrifttum (Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, S. 294 d IV u. VII; Haase, WzS 1955 S. 152 und SozVers. 1956 S. 364) ist der zweiten Auslegungsmöglichkeit zuzustimmen, weil Abschnitt I des FremdRG ersichtlich nur die Fremdrentenansprüche der im Bundesgebiet und in Berlin sich ständig aufhaltenden Berechtigten regeln will, während der Abschnitt II sich mit den Ansprüchen der im Ausland "lebenden" Berechtigten befaßt, beide Regelungen sich demnach ausschließen. Nimmt also ein nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 FremdRG Leistungsberechtigter freiwillig seinen nicht nur vorübergehenden Aufenthalt außerhalb des Bundesgebiets und des Landes Berlin, dann fällt erst damit die Anspruchs- und Leistungsvoraussetzung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 FremdRG weg und es können Leistungen an ihn dann nur noch nach Abschnitt II des FremdRG in Frage kommen.
Wenn das LSG. somit durch Nichtanwendung der §§ 1 und 17 FremdRG auch gegen Bundesrecht verstoßen hat, so erweist sich seine Entscheidung im Ergebnis doch als zutreffend, da auch die Anwendung jener bundesrechtlichen Vorschriften nicht zum Entfallen oder Ruhen des Rentenanspruchs der Klägerin führt und das LSG. im übrigen das Bundesrecht zutreffend angewendet hat.
Insoweit ist mit dem LSG. anzunehmen, daß ein Ruhen nach § 1281 RVO a. F. entfällt, da diese Vorschrift bei nur vorübergehendem Auslandsaufenthalt keine Anwendung findet (vgl. BSG. 2, 150), die Klägerin daher im vorliegenden Fall keiner Meldepflicht unterlag.
Auf der anderen Seite hat das LSG. zutreffend klargestellt, daß sowohl der Grundbetrag (§ 1284 Abs. 1 Nr. 1 RVO a. F.) wie die Rentenzulage (§ 1 Abs. 3 RZG in Verb. mit § 5 a. a. O. und §§ 1 Abs. 2 und 28 Abs. 1 BRVÜG ) und die Grundbetragserhöhung (§ 2 Abs. 1 GBEG ) während des Auslandsaufenthalts geruht haben. Soweit diese Rentenbeträge geruht haben, hat die Klägerin in der Zeit vom 1. Juli 1952 bis zum 30. September 1953 Leistungen "zu Unrecht" erhalten, demgemäß kam auch nur insoweit eine Rückforderung nach § 1305 RVO a. F. in Betracht, die in diesem Umfang nicht gegen Treu und Glauben verstieß.
Soweit die Bescheide der Beklagten vom 14. Mai 1954 und 30. Juni 1954 mehr als diese Beträge zurückfordern und soweit sie die Rente für die Zeit vom 1. Oktober 1953 bis zum 31. Januar 1954 gänzlich versagen, sind sie rechtswidrig.
Aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils läßt sich erkennen, daß das LSG. mit der Verurteilung der Klägerin zur Zurückzahlung der überzahlten Beträge nicht etwa entgegen § 123 SGG der Beklagten etwas zusprechen wollte, was diese gar nicht beantragt hatte, worin ein von Amts wegen zu berücksichtigender wesentlicher Verfahrensmangel gelegen hätte (vgl. RGZ 156, 376); nach Auffassung des LSG. sollte vielmehr durch diese allerdings mißverständliche Fassung nur klargestellt werden, daß die Klägerin aus den angefochtenen Bescheiden teilweise rückzahlungspflichtig war. Die erfolgte Verurteilung der Klägerin erscheint danach als ein in den Tenor eingearbeiteter Teil der Entscheidungsgründe, der nach dem Willen des LSG. nicht als echte Verurteilung gedacht war, so daß ein besonderer Ausspruch des BSG. in dieser Hinsicht sich erübrigte.
Die Revision der Beklagten war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen