Leitsatz (redaktionell)
1. Für den Anspruch der KK auf Kostenersatz nach BVG § 19 hat die Regelung des Versorgungsverhältnisses, insbesondere die bescheidmäßige Anerkennung von Gesundheitsstörungen als Schädigungsfolgen, Tatbestandswirkung.
2. Wird von der Versorgungsverwaltung ein Anerkennungsbescheid zuungunsten des Beschädigten rückwirkend geändert oder aufgehoben, so kann sie von der KK den nach BVG § 19 geleisteten Kostenersatz insoweit, als er Gesundheitsstörungen betrifft, deren Anerkennung als Schädigungsfolgen aufgehoben ist, nach den Grundsätzen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches zurückfordern; dieser Rückforderungsanspruch besteht auch dann, wenn vom Beschädigten selbst keine Leistungen zurückgefordert werden können.
Normenkette
BVG § 19 Fassung: 1955-11-03; KOVVfG § 41 Abs. 1 Fassung: 1960-06-27, § 47 Abs. 3 Fassung: 1960-06-27
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 25. Januar 1967 aufgehoben.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 14. September 1965 abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für alle Rechtszüge nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beteiligten streiten nur noch darüber, ob der Beklagte nach Erteilung eines bindend gewordenen Berichtigungsbescheides gemäß § 41 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VerwVG) an den Versorgungsberechtigten M. befugt war, die Beträge, die er als Ersatz für die Krankenbehandlung des M. in der Zeit von April 1951 bis 31. März 1955 an die Klägerin geleistet hatte, zurückzuverlangen und mit diesem Anspruch gegen andere, unstreitige Ersatzansprüche der Klägerin aufzurechnen.
Bei dem Beschädigten M. war durch Bescheid vom 28. Mai 1943 eine "Lähmung des rechten Wadenbeinnerven" als Wehrdienstbeschädigung anerkannt worden; er erhielt zunächst Versehrtengeld nach Stufe 1 und seit 1947 Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v. H.. Auf Grund von Verschlimmerungsanträgen des M. wurden außerdem als Versorgungsleiden anerkannt: "Nervenwurzeldruckerscheinungen der Lendengegend" (Bescheid vom 8. November 1949), "Nervenwurzeldruckerscheinungen der Leistengegend" (Bescheid vom 27. April 1951; Umanerkennung), "Rechtsseitige Fibularislähmung , Beschwerden nach chirurgischem Eingriff an der Lendenwirbelsäule" (Bescheide vom 1. Juni 1953 und 21. Juni 1953). Die MdE wurde ab 1. April 1949 auf 40 % festgesetzt.
Durch - bindend gewordenen - Berichtigungsbescheid vom 12. Februar 1960, der auf § 41 Abs. 1 VerwVG gestützt ist, wurden die genannten Bescheide geändert und als Schädigungsfolge blieb nur noch anerkannt: "Wadenbeinnervenlähmung rechts" bei einer MdE um 30 v. H.; ferner wurde die bisher nach einer MdE um 40 v. H. gezahlte Rente ab 1. April 1960 auf 30 v. H. herabgesetzt. Weiter heißt es in diesem Bescheid: "IV. Die Ihnen auf Grund der genannten Bescheide über einen Erwerbsminderungsgrad von 30 v. H. hinaus gezahlten Versorgungsbezüge wurden zu Unrecht gezahlt. Ein Rückforderungsanspruch wird nicht geltend gemacht (§ 47 Abs. 3 VerwVG)".
Mit zwei Schreiben vom 14. Oktober 1960 und 17. Dezember 1960 beanspruchte der Beklagte von der Klägerin, bei der M. krankenversichert ist, die Rückzahlung von insgesamt 2697,35 DM, die er in der Zeit vom II. Quartal 1951 bis zum II. Quartal 1959 für die Behandlung der aberkannten Leiden an die Klägerin erstattet habe. Die Klägerin lehnte die Rückerstattung ab. Daraufhin rechnete der Beklagte seinen geltend gemachten Anspruch gegen andere - unstreitige - Ersatzansprüche der Klägerin auf und setzte den Betrag des zur Aufrechnung gestellten Anspruchs von den nächsten Kostennachweisen der Klägerin ab. Nunmehr erhob die Klägerin Klage und begehrte die Zahlung des ihr nach ihrer Meinung zu Unrecht durch die Aufrechnung vorenthaltenen Betrages. Während des Klageverfahrens ermäßigte der Beklagte seinen zur Aufrechnung gestellten Rückforderungsanspruch und dementsprechend die Klägerin ihr Klagebegehren auf 2413,43 DM; davon entfiel ein Betrag von 1977,47 DM auf die bis zum 31. März 1955 entstandenen Heilbehandlungskosten, der Restbetrag auf die nach diesem Zeitpunkt entstandenen Heilbehandlungskosten. Das Sozialgericht (SG) hat durch Urteil vom 14. September 1965 den Beklagten verurteilt, an die Klägerin den Betrag von 1977,47 DM zu zahlen und im übrigen die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat nur der Beklagte Berufung eingelegt. Das Landessozialgericht (LSG) hat durch Urteil vom 25. Januar 1967 nur die Kostenentscheidung des vorinstanzlichen Urteils geändert, im übrigen aber die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. In den Gründen ist ausgeführt, daß durch einen auf § 41 VerwVG gestützten Bescheid zwar auch Bescheide zurückgenommen werden könnten, die vor dem 1. April 1955 erlassen worden seien und deren tatsächliche und rechtliche Unrichtigkeit sich später herausstelle. Die Auswirkungen des aufgehobenen Bescheides, d. h. die Folgen eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes, könnten aber nicht für die Zeit vor dem 1. April 1955 - wenigstens nicht nach den Bestimmungen des VerwVG - beseitigt werden. Diese zeitlich beschränkte Wirkung einer Berichtigung gelte gleichermaßen für die Beteiligten wie für Dritte, die aus der unrichtigen Anerkennung bereits Rechte hergeleitet hätten. Der bindend gewordene Bescheid vom 12. Februar 1960 sei zwar allein auf § 41 VerwVG gestützt; aber auch nach den Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts könne eine Berichtigung und Rückwirkung über den 1. April 1955 hinaus nicht erreicht werden, da die Rechtswidrigkeit der fehlerhaften begünstigenden Verwaltungsakte nicht durch Umstände bewirkt sei, die in den Verantwortungsbereich des Betroffenen M. fielen. Auch Ziffer 26 der Sozialversicherungsanordnung (SVA) Nr. 11 könne nicht als Rechtsgrundlage gelten, da die Geltungsdauer dieser Vorschrift bis zum 31. Dezember 1952 befristet gewesen sei. Die Auffassung des Beklagten, ein bindend gewordener begünstigender Verwaltungsakt könne immer, also auch für die Vergangenheit, zurückgenommen werden, wenn das öffentliche Interesse seine Aufhebung verlange, treffe in dieser Allgemeinheit nicht zu.
Dieses Urteil ist dem Beklagten am 15. März 1967 zugestellt worden. Dieser hat dagegen am 13. April 1967 Revision eingelegt und mit Schriftsatz vom 18. April 1967, beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangen am 20. April 1967, begründet.
Der Beklagte stellt den Antrag,
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 25. Januar 1967 aufzuheben und das Urteil des SG Dortmund vom 14. September 1965 abzuändern und die Klage in vollem Umfange abzuweisen.
Er führt in seiner Revisionsbegründung, auf die Bezug genommen wird aus, die Klägerin müsse Bescheide über Anerkennungen und Rücknahme von Anerkennungen so hinnehmen, wie sie die Versorgungsverwaltung verfügt habe. Eine Prüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Versorgungsverwaltung finde im Rahmen des § 19 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) niemals statt; die Entscheidung habe reine Tatbestandswirkung. Das LSG habe sich offenbar von der Überzeugung tragen lassen, daß der Bescheid vom 12. Februar 1960 nicht über den 1. April 1955 zurückwirke, dabei habe es aber den eindeutigen Inhalt dieses Bescheides übergangen. In dem Verfügungssatz IV habe die Versorgungsverwaltung eine unbeschränkte Rückwirkung ausgesprochen; das sei auch für den Empfänger eindeutig und unmißverständlich gewesen. Ob diese Rückwirkung rechtswidrig gewesen sei, stehe hier wegen der Bindung dieses Bescheides im Verhältnis zum Beschädigten und der Tatbestandswirkung im Verhältnis zur Klägerin nicht zur Entscheidung. Für die unbeschränkte Rückwirkung des Bescheides seines auch unerheblich, daß gegenüber M. keine Rückforderung geltend gemacht worden sei.
Die Beklagte rügt dann noch vorsorglich wesentliche Verfahrensmängel, die sie darin sieht, daß das LSG den Verfügungssatz IV des Bescheides vom 12. Februar 1960 nicht ausgewertet habe und auch auf den Vortrag des Beklagten in seinen Schriftsätzen nicht eingegangen sei.
Die Klägerin beantragt,
die Revision des Beklagten zurückzuweisen.
Sie trägt u. a. vor, durch einen Berichtigungsbescheid gemäß § 41 VerwVG könnten zwar auch vor dem 1. April 1955 ergangene unrichtige Verwaltungsakte zurückgenommen werden, jedoch könnten die Wirkungen, die diese Verwaltungsakte bis zum 31. März 1955 erzielt hätten, hierdurch nicht beseitigt werden. Das Berufungsgericht habe sich mit dem Verfügungssatz IV des Berichtigungsbescheides auseinandergesetzt, aber zutreffend Auswirkungen auf das zwischen dem Beklagten und der Klägerin im Hinblick auf § 19 BVG maßgebende Rechtsverhältnis bis zum 31. März 1955 verneint. Der Berichtigungsbescheid vom 12. Februar 1960 sei seinem Inhalt nach rechtswidrig, soweit die Wirkungen der zurückgenommenen unrichtigen Verwaltungsakte auch für die Zeit vor dem 1. April 1955 beseitigt werden sollten. Eine Berufung auf diesen Bescheid sei daher unzulässig und stelle einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben dar. Die Klägerin hat die zunächst erhobene Einrede der Verjährung ausdrücklich fallengelassen.
Die durch Zulassung statthafte Revision (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) ist von dem Beklagten frist- und formgerecht eingelegt und rechtzeitig begründet worden; sie ist daher zulässig. Sie mußte in der Sache zum Erfolg führen.
Der Rückforderungsanspruch des Beklagten, den er gegen andere, unstreitige Ersatzansprüche der Klägerin zur Aufrechnung gestellt hat, stellt sich als öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch dar. Der Beklagte macht geltend, daß er seinerzeit etwas (Ersatz der Heilbehandlungskosten) geleistet habe, aber nach dem Gesetz nicht er (vgl. §§ 10 ff BVG), sondern die Klägerin als Trägerin der gesetzlichen Krankenversicherung gegenüber ihrem Mitglied M. (vgl. §§ 179, 182 ff der Reichsversicherungsordnung - RVO -) diese Kosten zu tragen gehabt habe, so daß die Klägerin um die von ihm, dem Beklagten, erhaltenen Ersatzleistungen bereichert sei. Zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch hat der erkennende Senat bereits in dem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil vom 11. Dezember 1968 (10 RV 606/65) ausgeführt, daß § 81 b BVG, der erst durch das Erste Neuordnungsgesetz (1. NOG, vom 27. Juni 1960) mit Wirkung vom 1. Juni 1960 in das BVG eingefügt worden ist, zwar nicht mit rückwirkender Kraft ausgestattet ist, daß diese Vorschrift aber nach dem Willen des Gesetzgebers "lediglich eine Klarstellung bringen" und einen internen Lastenausgleich der öffentlich-rechtlichen Leistungsträger herbeiführen sollte, wie er im öffentlichen Recht auch vor dem Inkrafttreten des § 81 b BVG bereits allgemein anerkannt war. Der Senat hat weiter entschieden, daß im öffentlichen Recht ganz allgemein - auch ohne ausdrückliche Normierung im Gesetz - der Grundsatz gilt, daß Leistungen, die ohne rechtlichen Grund bewirkt sind, von dem zu erstatten sind, der eigentlich zur Leistung verpflichtet war. Dabei ist dem Mangel des rechtlichen Grundes zur Leistung der spätere Wegfall des ursprünglich vorhandenen rechtlichen Grundes gleichzustellen. Das bedeutet für den vorliegenden Fall, daß der Beklagte, der die Heilbehandlungskosten aufgrund der früheren Anerkennungsbescheide an die Klägerin gezahlt hat, diese Zahlungen grundsätzlich zurückerstattet verlangen kann, wenn seine Verpflichtung zur Gewährung der Heilbehandlung aufgrund des Berichtigungsbescheides vom 12. Februar 1960 rückwirkend entfallen war.
Die Rechtsgrundlage für die seiner Zeit erhobenen Ersatzansprüche der Klägerin gegen den Beklagten bildet § 19 BVG in seiner jeweils für den Anspruchszeitraum geltenden Fassung. Nach dieser Vorschrift wird der Krankenkasse, sofern sie nicht nur nach den Vorschriften des BVG (§§ 10 ff BVG) verpflichtet ist, Heilbehandlung zu gewähren, für ihre Aufwendungen Ersatz von der Versorgungsverwaltung geleistet. Die ursprünglich in § 19 BVG enthaltene Befristung der Ersatzleistung auf drei Jahre betrug in dem hier interessierenden Zeitraum zunächst fünf Jahre (vgl. 2. Gesetz zur Änderung und Ergänzung des BVG vom 7. August 1953 - BGBl I S. 862 -), dann acht Jahre (vgl. 4. Gesetz zur Änderung des BVG vom 3. November 1955 - BGBl I S. 703 -); sie ist jetzt ganz fortgefallen (vgl. § 19 BVG idF des 2. NOG). Im vorliegenden Fall waren die Voraussetzungen für eine Ersatzleistung nach § 19 BVG zunächst gegeben. Der Beschädigte M. war bei der Klägerin krankenversichert und hatte gegen diese gemäß §§ 165, 179, 182 ff RVO einen gesetzlichen Anspruch auf Krankenhilfe. Außerdem aber stand ihm, nachdem durch die Bescheide vom 8. November 1949, 27. April 1951, 1. Juni 1953 und 21. Juni 1953 weitere Leiden als Versorgungsleiden anerkannt worden waren, ein Anspruch auf Heilbehandlung wegen dieser anerkannten Versorgungsleiden gegen die Versorgungsverwaltung zu (vgl. insbesondere § 10 Abs. 1 BVG). Diese Heilbehandlung war gemäß § 14 Abs. 2 BVG, soweit in Abs. 1 nichts anderes bestimmt war, von den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung (Krankenkassen) durchzuführen. Dabei deckten sich Art und Umfang dieser Heilbehandlung mit den Leistungen, zu denen die Krankenkasse ihren Mitgliedern gegenüber verpflichtet war (§ 11 Abs. 1 BVG). Die Streitfrage, ob als Voraussetzung für das Bestehen des Ersatzanspruchs der Krankenkasse erforderlich ist, daß ein Leiden als Versorgungsleiden anerkannt ist, oder ob der materiell-rechtlich begründete Anspruch auf Anerkennung für den Ersatzanspruch genügt (s. hierzu Urteil BSG vom 22. Mai 1969, 4 RJ 315/68, für den ähnlich gelagerten Ersatzanspruch des Fürsorgeträgers gemäß § 1531 RVO gegen den Sozialversicherungsträger), braucht nicht entschieden zu werden, denn auf jeden Fall ist dann, wenn - wie hier - ein Versorgungsanspruch durch einen bindenden Bescheid gegenüber dem Beschädigten konkretisiert worden ist, der Bescheid maßgebend. Dieser Bescheid hat nun nicht nur Bedeutung für das Versorgungsverhältnis zwischen dem Beschädigten und dem Versorgungsträger, sondern er hat zugleich auch, soweit er die Anerkennung von Versorgungsleiden und damit den Heilbehandlungsanspruch des Beschädigten betrifft, Tatbestandswirkung für den Ersatzanspruch der Krankenkasse gem. § 19 BVG, der dafür voraussetzt, daß ein Heilbehandlungsanspruch nach dem BVG besteht. Für den Anspruch der Krankenkasse ist also die Regelung des Versorgungsverhältnisses und insbesondere die bescheidmäßige Anerkennung von Versorgungsleiden maßgebend, die sie hinnehmen muß, während andererseits auch die Versorgungsverwaltung nicht einseitig zu Ungunsten der Krankenkasse von der bescheidmäßigen Anerkennung ihres Verhältnisses zum Versorgungsberechtigten abweichen kann. Da die Versorgungsverwaltung im vorliegenden Fall in den Bescheiden von 1949 bis 1953 weitere Leiden als Versorgungsleiden anerkannt hatte - wodurch für den Beschädigten gleichzeitig der Anspruch auf Heilbehandlung gegeben war - und unstreitig für diese neu anerkannten Leiden die Heilbehandlung erforderlich geworden und auch gewährt worden war, ist zunächst die Erstattung der Heilbehandlungskosten demnach mit rechtlichem Grund, nämlich auf Grund der in den Bescheiden ausgesprochenen Anerkennung und der für diese Leiden erforderlichen Heilbehandlung erfolgt.
Dieser zunächst für die Erstattung der Heilbehandlungskosten aus der Zeit vor dem 1. April 1955 - nur dieser Zeitraum interessiert hier, da die Klägerin gegen das Urteil des SG kein Rechtsmittel eingelegt hat - vorhanden gewesene Rechtsgrund ist jedoch später durch den Berichtigungsbescheid vom 12. Februar 1960 rückwirkend beseitigt worden. Mit diesem Bescheid sind die früheren, in den Jahren 1949 bis 1953 ergangenen Bescheide geändert und die in den Bescheiden zusätzlich anerkannten Versorgungsleiden - für die gerade die Heilbehandlung durchgeführt worden war - wieder aberkannt worden. Als Schädigungsleiden blieb nur noch die ursprünglich anerkannte Wadenbeinnervenlähmung rechts (vgl. Bescheid vom 28. Mai 1943) weiterhin anerkannt bei einer von 40 v. H. auf 30 v. H. herabgesetzten MdE. Als Rechtsgrundlage für diesen Berichtigungsbescheid vom 12. Februar 1960 ist ausdrücklich der § 41 VerwVG angegeben. Nach dieser Vorschrift können Bescheide über Rechtsansprüche zuungunsten des Versorgungsberechtigten von der zuständigen Verwaltungsbehörde durch einen neuen Bescheid geändert oder aufgehoben werden, wenn ihre tatsächliche und rechtliche Unrichtigkeit im Zeitpunkt ihres Erlasses außer Zweifel steht. Der Beschädigte M. hat gegen den Bescheid vom 12. Februar 1960 kein Rechtsmittel eingelegt; damit ist dieser Bescheid zwischen den Beteiligten (Versorgungsverwaltung und Versorgungsberechtigter) bindend geworden. Es kann dahinstehen, ob auch die Klägerin gegen diesen Bescheid hätte Rechtsmittel einlegen können; jedenfalls ist ein derartiges Streitverfahren nicht anhängig gemacht worden. Im vorliegenden Verfahren kann daher nicht mehr geprüft werden, ob der Berichtigungsbescheid zu Recht ergangen ist oder nicht. Auch die Klägerin muß somit den Inhalt dieses Bescheides, soweit es sich um die Aberkennung bzw. weitere Anerkennung von Schädigungsleiden und den daran geknüpften Anspruch des Beschädigten auf Heilbehandlung gegen die Versorgungsverwaltung handelt, als tatbestandsmäßige Voraussetzung für ihren davon abhängigen Ersatzanspruch gemäß § 19 BVG ebenso gegen sich gelten lassen, wie den Inhalt der früheren Anerkennungsbescheide. Wenn also durch den Berichtigungsbescheid die Anerkennung der erwähnten Leiden von Anfang an beseitigt wurde und damit ein Anspruch des M. auf Heilbehandlung wegen der aberkannten Leiden nicht bestanden hatte, so würde danach auch ein Ersatzanspruch der Klägerin gegen die Versorgungsverwaltung für die von der Klägerin durchgeführte Heilbehandlung nicht bestanden haben. Diese Auffassung wird offenbar auch von den Vorinstanzen und von der Klägerin geteilt. Für den vorliegenden Fall macht die Klägerin nur geltend, daß der Berichtigungsbescheid die früheren Bescheide nicht von Anfang an, sondern nur rückwirkend vom 1. April 1955 an beseitigt haben könne, weil das VerwVG erst mit dem 1. April 1955 in Kraft getreten sei und damit auch dessen § 41, auf den sich der Berichtigungsbescheid stütze, erst von diesem Zeitpunkt an Wirkungen äußern könne. Aus dieser Auffassung heraus hat die Klägerin sich auch nicht gegen den Rückerstattungsanspruch des Beklagten für die in der Zeit nach dem 1. April 1955 entstandenen und bewirkten Heilbehandlungskosten gewendet, sondern wendet sich nur gegen den Rückerstattungsanspruch, soweit er die Heilbehandlungskosten für die Zeit vor dem 1. April 1955 betrifft.
Dieser Auffassung kann jedoch nicht gefolgt werden. Nach der Rechtsprechung des BSG wirkt - wie auch von der Klägerin richtig hervorgehoben - die Rücknahme eines Bescheides nach § 41 VerwVG grundsätzlich auf den Zeitpunkt zurück, in dem der rechtswidrige Bescheid erlassen ist, das Rechtsverhältnis wird also ex tunc richtig gestellt, jedoch wirkt die Berichtigung nicht auf die Zeit vor dem Inkrafttreten des VerwVG vom 1. April 1955 (vgl. BSG in SozR VerwVG Nr. 9, 11, 21, 22) zurück. Das bedeutet jedoch nicht, daß die Versorgungsbehörde nur Bescheide zurücknehmen kann, die nach dem 1. April 1955 ergangen sind. Sie kann vielmehr auch vor diesem Zeitpunkt ergangene Bescheide - wie im vorliegenden Fall - durch einen nach dem Inkrafttreten des VerwVG ergangenen Berichtigungsbescheid zurücknehmen, lediglich die Wirkung einer auf § 41 VerwVG gestützten Rücknahme ist auf die Zeit nach dem Inkrafttreten des VerwVG beschränkt (vgl. BSG aaO); das schließt nicht aus, daß andere Rechtsnormen eine weitergehende Rückwirkung gestatten (vgl. Urteile BSG vom 19. Juli 1961, 11 RV 928/59; vom 6. Oktober 1964, 10 RV 867/62; vom 24. November 1965, 9 RV 184/64).
All die angezogenen Entscheidungen und Erwägungen über die Rückwirkungen von Berichtigungsbescheiden gem. § 41 VerwVG betreffen die Rechtmäßigkeit dieser Bescheide und der darin ausgesprochenen Rückwirkung, sie betreffen also den Fall, daß der Berichtigungsbescheid angefochten und nunmehr zu entscheiden war, inwieweit der Bescheid hinsichtlich der sich beigelegten Rückwirkung rechtmäßig ist. Im vorliegenden Fall aber ist der Berichtigungsbescheid, wie von keinem der Beteiligten in Zweifel gezogen wird, verbindlich geworden. Er kann daher in diesem Verfahren nicht mehr auf seine Rechtmäßigkeit hin, insbesondere was die im Bescheid ausgesprochene Rückwirkung betrifft, geprüft werden, und es kann dem Bescheid in dieser Beziehung auch nicht mehr eine andere Wirkung beigelegt werden, als sie tatsächlich ausgesprochen ist. Das heißt mit anderen Worten, daß es in diesem Verfahren nicht darauf ankommt, was in dem Berichtigungsbescheid ausgesprochen werden durfte, sondern nur darauf, was in dem Berichtigungsbescheid tatsächlich ausgesprochen worden ist.
Inwieweit der Berichtigungsbescheid vom 12. Februar 1960 sich eine Rückwirkung beigelegt hat, muß nach dem in dem Berichtigungsbescheid zum Ausdruck gekommenen Willen der Versorgungsverwaltung beurteilt werden.
Unter I des Berichtigungsbescheides hat die Versorgungsverwaltung die früher ergangenen Bescheide "abgeändert". Eine Aufhebung dieser Bescheide kam deshalb nicht in Betracht, weil ein Teil der in diesen Bescheiden ausgesprochenen Anerkennung von Versorgungsleiden bestehen blieb. Das Wort "abgeändert" gibt für sich allein keinen Aufschluß darüber, ob die Abänderung rückwirkend - also von der Erteilung der früheren Bescheide ab - oder ex nunc erfolgen sollte. Unter IV des Bescheides heißt es jedoch weiter: "Die Ihnen auf Grund der genannten Bescheide über einen Erwerbsminderungsgrad von 30 v. H. hinaus gezahlten Versorgungsbezüge wurden daher zu Unrecht gezahlt". Diese Formulierung ist eindeutig und läßt nur den Schluß zu, daß die in den früheren Bescheiden ausgesprochene Anerkennung rückwirkend ex tunc beseitigt werden sollte. Der Beklagte hat damit deutlich zum Ausdruck gebracht, daß er alle aufgrund der früheren Bescheide zuviel gezahlten Rentenbeträge als zu Unrecht gezahlt ansah. Dem steht nicht der weitere Zusatz entgegen: "Ein Rückforderungsanspruch wird nicht geltend gemacht (§ 47 Abs. 3 VerwVG)"; damit ist nur zum Ausdruck gekommen und von dem Beklagten anerkannt worden, daß gegen den Versorgungsberechtigten keine Erstattungsansprüche nach § 47 Abs. 3 VerwVG bestehen oder erhoben werden, die ja nur unter ganz erschwerenden Umständen gegen den Versorgungsberechtigten erhoben werden können. Diese Regelung der jeweils bei einer Berichtigung gem. § 41 VerwVG in Betracht zu ziehenden Erstattungsansprüche (gem. § 47 VerwVG) berührt aber in keiner Weise den übrigen Gehalt des Berichtigungsbescheides, mit dem die früheren Bescheide rückwirkend berichtigt und mit Wirkung ex tunc die Anerkennung der erwähnten Versorgungsleiden beseitigt worden ist, womit zugleich auch nachträglich der Grund für die Ersatzleistungen des Beklagten (gem. § 19 BVG) an die Klägerin entfallen ist.
Die Bedenken, welche die Klägerin gegen diese Gesetzesanwendung vorbringt, nach welcher es die Versorgungsverwaltung bei Erteilung eines Berichtigungsbescheides in der Hand habe, dem Versorgungsberechtigten gegenüber keine Rückforderungen gem. § 47 Abs. 3 VerwVG zu erheben, dafür aber als öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch die Rückzahlung des gem. § 19 BVG geleisteten Ersatzes der Heilbehandlungskosten gegen die Krankenkasse geltend zu machen, entbehren jeder Grundlage. Die Versorgungsbehörde hat es nämlich "nicht in der Hand", über die Entstehung oder Nichtentstehung eines Rückerstattungsanspruchs gem. § 47 Abs. 3 VerwVG zu befinden; es handelt sich dabei nicht um eine Kannforderung, vielmehr bestimmt das Gesetz, ob ein Rückerstattungsanspruch entstanden ist und die Verwaltungsbehörde hat nur dem Gesetz nach zu entscheiden. Ob etwa ein Verzicht nach § 47 Abs. 4 VerwVG auf einen an sich bestehenden Rückerstattungsanspruch, den die Versorgungsbehörde bis zu einem gewissen Grade "in der Hand hat" (gem. § 47 Abs. 4 VerwVG "kann" verzichtet werden) den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch beeinträchtigt, bedarf hier keiner Erörterung, da in dem Berichtigungsbescheid nicht auf einen bestehenden Rückerstattungsanspruch verzichtet, sondern anerkannt ist, daß kein Rückerstattungsanspruch gem. § 47 Abs. 3 VerwVG besteht.
Diesem zum öffentlich rechtlichen Erstattungsanspruch des Beklagten gewonnen en Ergebnis steht nicht die Entscheidung des 9. Senats des BSG vom 6. Mai 1969 - 9 RV 512/66 - entgegen. Der dort entschiedene Fall ist gerade im entscheidenden Umstand, der Rückwirkung des Berichtigungsbescheides, anders gelagert. In jenem Fall hatte die Versorgungsverwaltung den auf § 42 VerwVG gestützten Bescheid vom 26. August 1960 zwar zunächst Rückwirkung ex tunc beigelegt und die vom 1. Februar 1951 an zu Unrecht gezahlten Versorgungsbezüge von dem Versorgungsberechtigten zurückgefordert. In dem von dem Versorgungsberechtigten anhängig gemachten Sozialrechtsstreit hat der Beklagte alsdann im Vergleichswege auf die Rückforderung der festgestellten Überzahlung verzichtet. Diesen Vergleich hat dann der 9. Senat "unter Berücksichtigung der dem Vergleich beigegebenen Begründung" dahin ausgelegt, daß der Beklagte nicht nur auf die Rückforderung gegen den Versorgungsberechtigten verzichtet hat, sondern auch der Berichtigungsbescheid als abgeändert zu gelten hat und die früheren Bescheide "nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben worden sind". Der 9. Senat ist also bei der Beurteilung des Rückerstattungsanspruchs des Beklagten von ganz anderen tatsächlichen Voraussetzungen hinsichtlich der Rückwirkung des dort auf § 42 VerwVG gestützten Berichtigungsbescheides ausgegangen, so daß dieses Urteil dem Senat keine Bedenken gegen seine Ansicht aufgibt.
Soweit die Klägerin mit ihrem Vorbringen in der Revisionsbegründung etwa gemeint haben sollte, die Beseitigung der Anerkennung der Leiden des Versorgungsberechtigten sei deshalb belanglos, weil die früheren Ersatzforderungen der Klägerin seinerzeit vom Versorgungsamt als sachlich und rechnerisch richtig "festgestellt" worden sind, kann ihr nicht gefolgt werden. Darin liegt weder ein konstitutives Anerkenntnis seitens der Versorgungsbehörde nach § 781 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), das unabhängig von dem bestehenden Schuldgrund (der Anerkennung in den früheren Bescheiden) eine neue selbständige Verpflichtung schaffen würde, noch ein Verwaltungsakt, durch den bindend das Rechtsverhältnis zwischen der Versorgungsverwaltung und der Krankenkasse selbständig geregelt worden wäre. Durch diese im verwaltungsmäßigen Abrechnungsverfahren gemachten Vermerke werden weder Leistungen noch Ersatzansprüche, die sich nur unmittelbar aus dem Gesetz (vgl. BSG in SozR BVG § 19 Nr. 4) ergeben können, begründet, noch sonstwie die materielle Rechtslage verändert.
Hat somit der Berichtigungsbescheid vom 12. Februar 1960 die früheren Änderungsbescheide mit rückwirkender Kraft, d. h. ex tunc beseitigt, so ist der Beklagte berechtigt, die von ihm zu Unrecht gezahlten Ersatzleistungen für den gesamten Zeitraum, also auch für den hier interessierenden Zeitraum vor dem 1. April 1955, im Wege des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs von der Klägerin zurückzuverlangen.
Diesem Anspruch gegenüber hat die Klägerin die von ihr zunächst erhobene Einrede der Verjährung ausdrücklich fallengelassen, so daß auf die Frage der Verjährung nicht weiter eingegangen zu werden braucht.
Die Aufrechnung mit diesem Anspruch seitens des Beklagten gegen die anderweitig unstreitig in gleicher Höhe bestehenden Ersatzforderungen der Klägerin kann unter den obwaltenden Umständen nicht als unzulässige Rechtsausübung oder als Verstoß gegen Treu und Glauben angesehen werden. Insbesondere kann die Berufung auf die Bindungswirkung des Berichtigungsbescheides, der nicht auf seine Rechtmäßigkeit hin geprüft werden kann, nicht als Verstoß gegen Treu und Glauben angesehen werden.
Im übrigen sind die für eine Aufrechnung erforderlichen Voraussetzungen, insbesondere Gegenseitigkeit, Fälligkeit und Gleichartigkeit der Forderungen (vgl. §§ 387 ff BGB), gegeben. Mit der vom Beklagten erklärten Aufrechnung ist die - unstreitige - Klagforderung erloschen (§ 389 BGB). Eine Forderung in dieser Höhe steht der Klägerin gegenüber dem Beklagten nicht mehr zu. Der Beklagte ist mithin durch die Vorinstanzen zu Unrecht zur Zahlung von 1977,47 DM verurteilt worden.
An einer dieser Rechtslage entsprechenden Sachentscheidung ist der Senat nicht durch die "vorsorglich" erhobenen Verfahrensrügen des Beklagten gehindert und zu einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG gezwungen. Dahinstehen kann dabei, ob die vorsorglich erhobenen Rügen nicht überhaupt nur "hilfsweise" vorgebracht sind für den Fall, daß die materielle Rechtsansicht des Beklagten nicht durchgreift. Auf jeden Fall sind die Rügen des Beklagten nicht gerechtfertigt. Das LSG hat sich mit dem Berichtigungsbescheid so eingehend befaßt, daß es seinen Inhalt, insbesondere den Ausspruch unter IV nicht übersehen haben kann. Wenn es diesen Ausspruch wie wie auch das vom Beklagten dazu schriftsätzlich Vorgebrachte nicht noch besonders erwähnt hat, so liegt dies an der für die Beurteilung von Verfahrensmängeln maßgeblichen Rechtsansicht des LSG, nach welcher es für die Beurteilung der Rückwirkung des Berichtigungsbescheides nicht auf das ankam, was tatsächlich darin gesagt ist, sondern auf das, was nach Ansicht des LSG nur (gem. § 41 VerwVG) hätte gesagt werden dürfen.
Es war daher auf die Revision des Beklagten das Urteil des LSG aufzuheben sowie das Urteil des SG, das die Klage bereits in Höhe eines Teilbetrages abgewiesen hat, abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 4 SGG.
Fundstellen