Leitsatz (amtlich)
Bei der Berechnung des Übergangsgeldes aus der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 560 Abs 1 und § 561 Abs 1 idF des § 21 Nr 44 Buchst a und Nr 45 RehaAnglG) sind auch vor dem Inkrafttreten des SGB 4 (1.7.1977) die vom Versicherten im Bemessungszeitraum erzielten Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit zu berücksichtigen, auch soweit sie lohnsteuerfrei sind.
Orientierungssatz
Keine Wechselwirkung zwischen Beitrag und Leistung in der gesetzlichen Unfallversicherung - Weitergeltung des RAMErl 1941-02-18:
1. Der in der Kranken- und Rentenversicherung geltende Grundsatz, daß der Versicherte auf der Leistungsseite keinen Vorteil aus Bezügen haben soll, für die er keine Beiträge entrichtet, trifft für die gesetzliche Unfallversicherung nicht zu, denn der abhängig beschäftigte Versicherte zahlt keine Beiträge zur Unfallversicherung, so daß ihn die Frage, welcher Teil seines Lohnes oder Gehaltes der Beitragszahlung zugrunde gelegt wird, nicht berührt. Hat er also aus dem Umstand, daß bestimmte steuerfreie Teile seines Lohnes oder Gehaltes der Beitragszahlung nicht zugrunde gelegt werden, keinen Vorteil, so erscheint es auch nicht gerechtfertigt, diesem fehlenden Vorteil auf der Beitragsseite einen Nachteil auf der Leistungsseite gegenüberzustellen (vgl BSG 1980-02-21 5 RKnU 1/78 = BSGE 50, 9).
2. Der RAMErl 1941-02-18, der eine von der gesetzlichen Ermächtigung getragene Rechtsverordnung war, wurde weder durch den RFM/RAMErl 1944-09-10 noch durch später ergangene andere Bestimmungen aufgehoben. Er hatte seine Gültigkeit auch nicht dadurch verloren, daß seine Ermächtigungsgrundlage (§ 9 S 2 der NotdienstV 1939) aufgrund von Art 129 Abs 3 GG als erloschen anzusehen war und durch Art 10 § 10 Abs 2 Nr 9 AVAVGÄndG 1956-12 ausdrücklich aufgehoben worden ist. Das Außerkrafttreten der Grundlage hat nicht zur Folge, daß auch die vordem aufgrund der Ermächtigung erlassenen Vorschriften außer Kraft treten (vgl BSG 1962-10-26 3 RK 47/58 = BSGE 18, 65).
Normenkette
RVO § 160 Abs. 1, § 560 Abs. 1 Fassung: 1974-08-07, § 561 Abs. 1 Fassung: 1974-08-07; RAMErl 1940-11-29; RAMErl 1941-02-18; RFM/RAMErl 1944-09-10; RAMErl 1944-10-24; LAV 2; SGB 4
Verfahrensgang
LSG für das Saarland (Entscheidung vom 12.05.1981; Aktenzeichen L 2 U 13/79) |
SG für das Saarland (Entscheidung vom 01.03.1979; Aktenzeichen S 4 U 89/76) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des dem Kläger für die Zeit vom 29. April bis 9. August 1975 zu gewährenden Übergangsgeldes.
Die Beklagte zahlte dem Kläger aus Anlaß des am 18. März 1975 erlittenen Arbeitsunfalls nach Wegfall des Anspruchs auf Lohnfortzahlung Übergangsgeld nach § 561 Abs 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO). Bei der Berechnung des Regellohnes ließ die Beklagte die im Bemessungszeitraum (Februar 1975) vom Kläger erzielten Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit unberücksichtigt. Vom 10. August 1975 an bezog der Kläger eine vorläufige Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 vH (Bescheid vom 9. Oktober 1975). Den Antrag des Klägers vom 8. Oktober 1975, ihm das restliche Übergangsgeld zu zahlen, lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, daß die Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit in vollem Umfang von der Steuerpflicht freigestellt seien und daher bei der Berechnung des Übergangsgeldes unberücksichtigt bleiben müßten. Als Entgelt gelte nach § 160 RVO nur das der Steuerpflicht unterliegende Arbeitseinkommen (Bescheid vom 11. Mai 1976).
Die gegen diesen Bescheid gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) für das Saarland nach Beiladung der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) für das Saarland abgewiesen (Urteil vom 1. März 1979). Die zugelassene Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) für das Saarland zurückgewiesen (Urteil vom 12. Mai 1981). Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt: Was bei der Berechnung des Übergangsgeldes als Entgelt anzusehen sei, ergebe sich für die Zeit vor dem 1. Juli 1977 aus § 160 RVO, der Zweiten Lohnabzugsverordnung -2. LAV- vom 24. April 1942 (RGBl I 252) und dem Gemeinsamen Erlaß des Reichsministers der Finanzen (RMdF) und des Reichsarbeitsministers (RAM) betreffend weitere Vereinfachung des Lohnabzugs vom 10. September 1944 (aufgehoben durch Art II § 1 Nr 1 Buchst a und § 21 Abs 1 Satz 2 Nrn 3 und 4 SGB IV). Diese Vorschriften seien geltendes Recht gewesen. Was als Entgelt anzusehen sei, richte sich allgemein nach lohnsteuerrechtlicher Beurteilung. Die dem Kläger gewährten Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit hätten in dem hier maßgebenden Zeitraum nicht der Lohnsteuerpflicht unterlegen; sie gehörten daher nicht zum Entgelt iS des § 160 RVO.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Der Kläger hat dieses Rechtsmittel eingelegt und im wesentlichen wie folgt begründet: Anders als im Recht der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung seien im Leistungsrecht der gesetzlichen Unfallversicherung steuerfreie Entgeltteile, soweit sie nicht zu den einmaligen Zuwendungen gehörten, bei der Bemessung der Geldleistungen zu berücksichtigen. In der Unfallversicherung fehle es nämlich an der Wechselwirkung zwischen Beitrag und Leistung, denn der unfallversicherte Arbeitnehmer brauche keine Beiträge zur Unfallversicherung zu entrichten. Wenn das Übergangsgeld für Unfallverletzte den entstandenen Schaden (Lohnausfall) annähernd ersetzen solle, müsse diese Geldleistung unter Berücksichtigung auch der steuerfreien Entgeltteile bestimmt werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG für das Saarland vom 12. Mai 1981 und das Urteil
des SG für das Saarland vom 1. März 1979 aufzuheben und die Beklagte
unter Abänderung ihres Bescheides vom 11. Mai 1976 zu verurteilen,
bei der Berechnung seines Übergangsgeldes die von ihm im
Bemessungszeitraum erzielten Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und
Nachtarbeit zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie trägt vor, daß die Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit kein bei der Berechnung des Übergangsgeldes zu berücksichtigendes Entgelt seien, da sie nicht der Steuerpflicht unterlägen. Den Urteilen der Vorinstanzen werde zugestimmt.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und nichts vorgetragen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 11. Mai 1976 ist insofern rechtswidrig, als bei der Berechnung des Übergangsgeldes des Klägers für die Zeit vom 29. April bis 9. August 1975 die Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit nicht in das für die Ermittlung des Regellohnes maßgebliche Arbeitsentgelt einbezogen worden sind.
Für die hier streitige Berechnung des Übergangsgeldes gilt gemäß §§ 560 Abs 1 und 561 Abs 1 Satz 1 RVO idF des § 21 Nr 44 Buchst a und Nr 45 des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation -RehaAnglG- vom 7. August 1974 (BGBl I 1881) § 182 Abs 4, 5, 8 und 10 RVO entsprechend mit der Maßgabe, daß der Regellohn - anders als nach § 182 Abs 9 RVO - bis zu einem Betrag in Höhe des 360. Teils des Höchstjahresarbeitsverdienstes (§ 575 Abs 2 RVO) zu berücksichtigen ist. Nach § 182 Abs 4 Satz 1 RVO beträgt das Übergangsgeld 80 vH des wegen der Arbeitsunfähigkeit entgangenen regelmäßigen Entgelts (Regellohn) und darf das entgangene regelmäßige Nettoarbeitsentgelt nicht übersteigen. Der Regellohn ist entsprechend § 182 Abs 5 Satz 1 und 3 RVO aus dem Entgelt zu ermitteln, das der Versicherte im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Lohnabrechnungszeitraum - hier: Februar 1975 - erzielt hat. Das dem Kläger gewährte Übergangsgeld hat die Beklagte zu Unrecht nur nach dem steuerpflichtigen Bruttoarbeitsentgelt im Monat Februar 1975 in Höhe von 2.935,70 DM ohne Berücksichtigung der steuerfreien Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit (716,79 DM) berechnet.
In der hier maßgebenden Zeit vor dem Inkrafttreten des Sozialgesetzbuches Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung -SGB IV- vom 23. Dezember 1976 (BGBl I 3845) am 1. Juli 1977 (Art II § 21 Abs 1 Satz 1 SGB IV) bestimmte § 160 Abs 1 RVO den Begriff des Entgelts. Danach gehörten zum Entgelt neben Gehalt oder Lohn auch Gewinnanteile, Sach- und andere Bezüge die der Versicherte, wenn auch nur gewohnheitsmäßig, statt des Gehaltes oder Lohnes oder neben ihm von dem Arbeitgeber oder einem Dritten erhält. Nach § 160 Abs 1 Satz 2 RVO konnte der RAM Näheres, auch Abweichendes, bestimmen. Durch § 19 der 2. LAV vom 24. April 1942 (RGBl I 252) wurde zur Angleichung der Bemessungsgrundlagen (Arbeitslohn und Entgelt) für die gesetzlichen Lohnabzüge bestimmt, daß die Lohnabzüge grundsätzlich von der gleichen Bemessungsgrundlage zu berechnen sind. Der RMdF und der RAM wurden ermächtigt, die erforderlichen Anordnungen zu erlassen. Hierauf gestützt haben der RMdF und der RAM durch den Gemeinsamen Erlaß vom 10. September 1944 betr: Weitere Vereinfachung des Lohnabzugs - Gemeinsamer Erlaß - (AN 1944, 281), der, wie auch die 2. LAV, bis zur Aufhebung durch Art II § 21 Abs 1 Satz 2 Nrn 3 und 4 SGB IV geltendes Recht waren (vgl Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 9. Aufl S 310b mit Nachweisen der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts -BSG-) bestimmt, daß die Beiträge zur Sozialversicherung grundsätzlich von dem Betrag zu berechnen sind, der für die Berechnung der Lohnsteuer maßgebend ist. Ergänzend dazu hatte der RAM durch Erlaß vom 24. Oktober 1944 betr: Entgelt in der Sozialversicherung und Jahresarbeitsverdienstgrenze in der Krankenversicherung und der Rentenversicherung der Angestellten (AN 1944, 302) bestimmt, daß zum Entgelt iS der Sozialversicherung solche Bezüge nicht gehören, die nach dem Gemeinsamen Erlaß vom 10. September 1944 (aaO) bei der Berechnung der Beiträge außer Ansatz bleiben; sie werden auch nicht für die Jahresarbeitsverdienstgrenze in der Krankenversicherung und der Rentenversicherung der Angestellten angerechnet. Danach galten grundsätzlich nur die lohnsteuerpflichtigen Bezüge aus abhängiger Beschäftigung als Arbeitsentgelt iS des § 160 RVO. Während der Gemeinsame Erlaß vom 10. September 1944 (aaO) sich auf die Berechnung der Beiträge zur Sozialversicherung beschränkte (vgl BSGE 50, 9, 10), ging der Erlaß des RAM vom 24. Oktober 1944 (aaO) davon aus, daß das Arbeitsentgelt auch Berechnungsgrundlage der Leistungen in der Krankenversicherung und der Rentenversicherung der Angestellten ist. Deshalb erschien es dem RAM auch gerechtfertigt, die Teile des Lohns, die nach dem Gemeinsamen Erlaß vom 10. September 1944 (aaO) für die Beitragsberechnung unberücksichtigt blieben, allgemein als Arbeitsentgelt iS der Sozialversicherung unberücksichtigt zu lassen. Der Behandlung dieser Lohnteile liegt der Gedanke zugrunde, daß eine Wechselbeziehung zwischen Beiträgen und Leistungen besteht (vgl BSGE 47, 211, 212). Dadurch, daß lohnsteuerfreie Zulagen beitragsfrei bleiben, haben die Versicherten den Vorteil niedrigerer Sozialversicherungsbeiträge. Ihnen kann daher auch der Nachteil entsprechend geminderter Leistungen zugemutet werden. Daß der Versicherte auf der Leistungsseite keinen Vorteil aus Bezügen haben soll, für die er keine Beiträge entrichtet, trifft indes für die gesetzliche Unfallversicherung nicht zu. Nach § 723 Abs 1 RVO werden die Mittel für die Aufgaben der Berufsgenossenschaft durch Beiträge der Unternehmer aufgebracht. Der abhängig beschäftigte Versicherte zahlt keine Beiträge zur Unfallversicherung, so daß ihn die Frage, welcher Teil seines Lohnes oder Gehaltes der Beitragszahlung zugrunde gelegt wird, nicht berührt. Hat er also aus dem Umstand, daß bestimmte steuerfreie Teile seines Lohnes oder Gehaltes der Beitragszahlung nicht zugrunde gelegt werden, keinen Vorteil, so erscheint es auch nicht gerechtfertigt, diesem fehlenden Vorteil auf der Beitragsseite einen Nachteil auf der Leistungsseite gegenüberzustellen (BSGE 33, 205, 208; 50, 9, 11).
Aufgrund des § 9 Satz 2 der Verordnung zur Sicherstellung des Kräftebedarfs für Aufgaben von besonderer staatspolitischer Bedeutung vom 13. Februar 1939 (RGBl I 206) hatte der RAM zwar zunächst durch Erlaß vom 29. November 1940 betr: Mehrarbeitszuschläge und Zuschüsse zur Gemeinschaftsverpflegung der Betriebe als Entgelt (AN 1940, 427) bestimmt, daß die Zuschläge für Mehrarbeit und für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit (s Verordnung über die Nichtbesteuerung der Zuschläge für Mehrarbeit und für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit vom 7. November 1940 - RGBl I 1478 -) bis auf weiteres nicht als Entgelt iS der Sozialversicherung anzusehen sind, aufgrund derselben Ermächtigung jedoch in seinem weiteren Erlaß vom 18. Februar 1941 zum selben Betreff (AN 1941, 108) ausdrücklich verfügt, daß diese Zuschläge bei der Berechnung der Beiträge und der Leistungen in der Unfallversicherung zu berücksichtigen sind. Der Erlaß vom 18. Februar 1941 (aaO), der eine von der gesetzlichen Ermächtigung getragene Rechtsverordnung war (vgl BSGE 12, 157, 158; 18, 65, 67), wurde weder durch den Gemeinsamen Erlaß vom 10. September 1944 (aaO) noch durch später ergangene andere Bestimmungen aufgehoben. Er wurde auch vom Bundesminister für Arbeit (BMA) in dem an die Obersten Arbeitsbehörden der Länder gerichteten Erlaß vom 8. August 1951 betr: Sozialversicherungsrechtliche Behandlung der Mehrarbeitslöhne (Grundlöhne) und Zuschläge für Mehrarbeit (BABl 1951, 385) als fortgeltendes Bundesrecht bezeichnet. Der Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften eV hat in seinen Rundschreiben vom 25. Mai 1960 VB 67/60 (Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung 2. Auflage, Anhang Nr 28) und vom 19. Oktober 1966 VB 143/66 (Lauterbach aaO 3. Auflage, Anhang Nr 22) unter Bezugnahme auf den Erlaß des BMA vom 8. August 1951 (aaO) auf die Entgelteigenschaft der Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit hingewiesen (vgl auch Podzun, Der Unfallsachbearbeiter, 3. Aufl Kennzahl 440 S 5, 11 -Tabelle).
Der Erlaß vom 19. Februar 1941 (aaO) hatte seine Gültigkeit auch nicht dadurch verloren, daß seine Ermächtigungsgrundlage (§ 9 Satz 2 der Verordnung vom 13. Februar 1939 aaO) aufgrund von Art 129 Abs 3 des Grundgesetzes (GG) als erloschen anzusehen war und durch Art X § 10 Abs 2 Nr 9 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über die Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 23. November 1956 (BGBl I 1018) ausdrücklich aufgehoben worden ist. Das Außerkrafttreten der Ermächtigungsgrundlage hat nicht zur Folge, daß auch die vordem aufgrund der Ermächtigung erlassenen Vorschriften außer Kraft treten (vgl BSGE 18, 65 68; Wolff, Verwaltungsrecht I, 9. aufl 1974, § 27 I b 6, S 144). Mit dem Inkrafttreten des RehaAnglG am 1. Oktober 1974 (§ 45 RehaAnglG) trat ebenfalls keine Änderung in der Rechtslage ein. Aus § 9 RehaAnglG ist zu entnehmen, daß das gegliederte Sozialleistungssystem für den Bereich der Rehabilitation ausdrücklich beibehalten wird; Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistungen im einzelnen richten sich nach den für den einzelnen Rehabilitationsträger geltenden besonderen Vorschriften (vgl Urteil des BSG vom 26. März 1980 - 3 RK 39/79 - USK 8040). Durch die Ausrichtung der Unterhaltsleistungen während der Maßnahmen der Rehabilitation nach den Grundsätzen des Krankengeldes wird erreicht, daß ein Arbeitnehmer, der wegen medizinischer oder berufsfördernder Maßnahmen der Rehabilitation zeitweise aus dem Erwerbsleben ausscheidet, Geldleistungen etwa in gleicher Höhe wie während der Erwerbstätigkeit erhält (vgl BT-Drucks 7/1237 S 52). Damit ist für die Unfallversicherung gegenüber der Zeit vor dem Inkrafttreten des RehaAnglG keine Änderung eingetreten. Der Gesetzgeber wollte auch insoweit nichts Neues schaffen. Die Vorschriften über die Höhe und Berechnung des Übergangsgeldes lehnen sich eng an die bisherige Regelung über die Berechnung des Krankengeldes in der gesetzlichen Krankenversicherung an (vgl BT-Drucks aaO S 58). Für den Entgeltbegriff hat das RehaAnglG keine neue Regelung gebracht.
Der Entgeltbegriff ist erst durch die §§ 14 des am 1. Juli 1977 in Kraft getretenen SGB IV neu geregelt worden unter gleichzeitiger Aufhebung des § 160 RVO (Art II § 1 Nr 1 Buchst a SGB IV) sowie der 2. LAV vom 24. April 1944 und des Gemeinsamen Erlassen vom 10. September 1944 (Art II § 21 Abs 1 Satz 2 Nrn 3 und 4 SGB IV). Wie der erkennende Senat im Urteil vom 24. Februar 1982 (2 RU 41/80) dargelegt hat, sind jedoch in Übereinstimmung mit dem bisherigen Recht in der Unfallversicherung die Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit weiterhin dem Arbeitsentgelt zuzurechnen, auch soweit sie lohnsteuerfrei sind (§ 17 Satz 1 Nr 1 SGB IV iVm § 3 der Arbeitsentgeltverordnung -ArEV- vom 6. Juli 1977 - BGBl I 1208). In der Begründung der ArEV (BR-Drucks 244/77 S 8) heißt es zu § 3 ua: "Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit sind nach geltendem Recht im Rahmen des § 3b des Einkommensteuergesetzes lohnsteuerfrei und damit beitragsfrei. Eine Ausnahme bestand bisher schon für die gesetzliche Unfallversicherung. Diese Ausnahme soll beibehalten werden, damit keine Leistungsverschlechterungen eintreten".
Angesichts der eindeutigen Regelung in dem für die Zahlung des Übergangsgeldes an den Kläger maßgebenden Zeitraum ist der in dem Erlaß des BMA vom 17. Dezember 1975 (mitgeteilt im Rundschreiben des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften vom 18. März 1976 VB 56/76) geäußerten Ansicht, daß bei der Berechnung des Übergangsgeldes nach § 561 Abs 1 RVO die Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit unberücksichtigt bleiben sollten, nicht zu folgen. Das gilt auch für das Gemeinsame Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenversicherung, Unfallversicherung und Rentenversicherung und der Bundesanstalt für Arbeit vom 12. Juli 1974 (Rundschreiben des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften vom 26. August 1974 VB 154/75, abgedruckt bei Lauterbach aaO § 561 Anm 4 Buchst d), für die Verwaltungsvereinbarung der Spitzenverbände der Träger der Unfallversicherung mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen idF der 7. Änderungsvereinbarung vom 30. Januar 1973 (abgedruckt bei Lauterbach aaO § 560 Anm 26) und für die Gemeinsamen Erläuterungen der vertragsschließenden Teile idF vom 29. April 1975 (abgedruckt bei Lauterbach aaO § 560 Anm 28), insofern dort unter 2.2. die Auffassung vertreten wird, daß bei der Berechnung des Übergangsgeldes derselbe Entgeltbegriff wie bei der Berechnung des Krankengeldes gilt.
Die angefochtenen Urteile und der Bescheid der Beklagten vom 11. Mai 1976 mußten daher aufgehoben und die Beklagte verurteilt werden, dem Kläger Übergangsgeld vom 29. April bis 9. August 1975 unter Berücksichtigung der vom Kläger im Bemessungszeitraum erzielten Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit zu zahlen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes:
Fundstellen
BSGE, 133 |
Breith. 1982, 770 |