Leitsatz (amtlich)

Die Frist nach AVAVG § 143l Abs 2 ist eine materiellrechtliche Ausschlußfrist. Wird sie versäumt, so erlischt grundsätzlich der Anspruch auf Schlechtwettergeld.

 

Normenkette

AVAVG § 143l Abs. 2 S. 2 Fassung: 1960-10-28

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 29. Juli 1966 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Der Kläger hatte als Inhaber eines Baugeschäfts in W im Zeitraum vom 1. November 1962 bis zum 31. März 1963 (Schlechtwetterzeit 1962/63) verschiedentlich witterungsbedingten Arbeitsausfall seines Betriebs dem Arbeitsamt H angezeigt. Dieses teilte ihm daraufhin mit Schreiben vom 20. Mai 1963 mit, daß gemäß § 143 1 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) Anträge auf Schlechtwettergeld (SWG) bis spätestens zwei Monate nach Beendigung der Schlechtwetterzeit einzureichen, somit spätestens am 31. Mai 1963 dem Arbeitsamt H vorzulegen seien; diese Ausschlußfrist sei zwingend. Der Kläger gab seinen vom 29. Mai 1963 datierten Antrag auf Erstattung von insgesamt 11.873,55 DM unter Bezugnahme auf die Mitteilung des Arbeitsamts vom 20. Mai 1963 dann am 31. Mai beim Bahnpostamt B 2 auf; der Poststempel trägt die Uhrzeit 22 - 23 Uhr. Der Antrag ging am 1. Juni 1963 beim Arbeitsamt Helmstedt ein. Die Beklagte lehnte die Zahlung des beantragten SWG ab (Bescheid vom 7. Juni 1963), da der Antrag verspätet gestellt sei. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch; er erklärte, er habe den Antrag mit den Abrechnungslisten am 29. Mai fertiggestellt und am 31. Mai 1963 beim Arbeitsamt in Wolfsburg abgeben wollen. Hier sei er indessen darauf verwiesen worden, daß der Antrag nur beim Arbeitsamt in H eingereicht werden könne. Da es für eine Fahrt dorthin zu spät gewesen sei, habe er den Brief mit nach Braunschweig genommen und dort unter "Einschreiben" aufgegeben. Der Widerspruch des Klägers wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 5. September 1963). Seine Klage blieb erfolglos (SG-Urteil vom 22. September 1964). Die Berufung des Klägers wurde vom Landessozialgericht - LSG - (Urteil vom 29. Juli 1966) im wesentlichen mit folgender Begründung zurückgewiesen: Der Kläger sei mit einem an ihn persönlich gerichteten Schreiben der Beklagten vom 20. Mai 1963, das zutreffend die gesetzlichen Bestimmungen über den Antrag auf SWG enthielt, auf den bevorstehenden Ablauf der Antragsfrist vom 31. Mai 1963 hingewiesen worden. Auf dieses Schreiben habe er sich auch ausdrücklich in seinem Antrag vom 31. Mai 1963 bezogen; daher sei ihm der Fristablauf am 31. Mai 1963 um 24 Uhr sowie das für die Entgegennahme des Antrags zuständige Arbeitsamt bekannt gewesen. Seine entgegenstehenden Behauptungen seien sämtlich widerlegt. Bei § 143 1 AVAVG handele es sich um eine materiell-rechtliche Ausschlußfrist, die eine Rechtshandlung nach Fristablauf schlechthin ausschließe. Deshalb sei es nicht möglich, dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - wie bei der Versäumnis einer verfahrensrechtlichen Frist - oder irgendeine Nachsicht zu gewähren oder die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften für die Hemmung der Verjährung auf die Ausschlußfrist zu übertragen. Auch unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben habe der Kläger keinen Anspruch auf SWG. Die Berufung der Beklagten auf die Ausschlußfrist stelle ferner keine unzulässige, mißbräuchliche Ausnützung einer Rechtsposition dar. Die in der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17. Februar 1965 (vgl. BSG 22, 257) insoweit behandelten besonderen "Einzelumstände" träfen im Falle des Klägers nicht zu. Er habe seine Postsendung erst am 31. Mai 1963 zwischen 22 und 23 Uhr beim Bahnpostamt B zur Weiterbeförderung nach dem 36 km entfernten Helmstedt aufgegeben, also zu einem Zeitpunkt, der eine normale Postbeförderung und Zustellung bis zum Ablauf dieses Tages um 24 Uhr in Helmstedt erkennbar nicht mehr ermöglichte. Die Nichteinhaltung der gesetzlichen Frist müsse somit ausschließlich der Kläger vertreten. Er könne schließlich auch aus der Tatsache, daß die beim Arbeitsamt H in den Behördenbriefkasten im Laufe der Nacht eingeworfenen Sendungen noch mit dem Eingangsstempel des vergangenen Tages ausgezeichnet würden, keine andere Behandlung herleiten; denn sein Antrag sei erst am 1. Juni 1963 mit der üblichen Morgenpost in die Verfügungsgewalt des Arbeitsamts H gelangt und daher nach Ablauf der Ausschlußfrist eingereicht worden.

Revision wurde zugelassen.

Der Kläger hat Revision eingelegt und beantragt,

das Urteil des LSG Niedersachsen vom 29. Juli 1966 und das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 22. September 1964 sowie die vorausgegangenen Bescheide des Arbeitsamts H vom 7. Juni und 5. September 1963 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 11.783,55 DM zu zahlen.

In seiner Revisionsbegründung hat der Kläger im wesentlichen ausgeführt: Zwar sei anzuerkennen, daß es sich bei der Frist des § 143 1 AVAVG um eine echte, grundsätzlich zu beachtende Ausschlußfrist handele; das schließe aber immerhin nicht aus, für einen Unternehmer, dem eine kleine Verspätung unterlaufen sei, durch Gewährung von Nachsicht abzuhelfen. Zu dieser Auffassung führe schon die in der Bundestags-Drucksache 3. Wahlperiode 1960 Nr. 2044 zu § 143 1 AVAVG gegebene Begründung (Regierungsentwurf), die dahin ziele, den Betrieben genügend Zeit zur Abrechnung zu verschaffen. Auch Schieckel vertrete in seinem Kommentar zum AVAVG bei § 143 1 Anm. 3 a die Ansicht, daß besondere Einzelumstände die Versäumnis der Ausschlußfrist entschuldbar machen und heilen könnten. Zu dem gleichen Ergebnis führe eine Übertragung der Grundgedanken aus der Entscheidung des Großen Senats des BSG vom 9. Juni 1961 (vgl. BSG 14, 246 ff). Vor allem aber widerspreche die Berufung der Beklagten auf die Ausschlußfrist den Grundsätzen von Treu und Glauben, wie der erkennende Senat in seiner Entscheidung vom 17. Februar 1965 (vgl. BSG 22, 257 ff) anderweit anerkannt habe. Wenn die Beklagte den Kläger darüber belehrt hätte, daß nach ihrer Verwaltungspraxis Briefe von Arbeitgebern, die bis Mitternacht in den Briefkasten beim Arbeitsamt eingeworfen würden, noch den Eingangsstempel des Vortages erhalten, dann hätte er die geringfügige Verspätung von wenigen Stunden vermeiden können. Im übrigen seien die Ausschlußfristen auf sozialrechtlichem Gebiet nicht "sakrosankt". Der Kläger, der das SWG zugunsten seiner Arbeitnehmer für das Arbeitsamt vorweg verauslagt, habe also Anspruch auf behördliche Nachsicht.

Die Beklagte beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Wenn der Gesetzgeber in § 143 1 Abs. 1 Satz 2 AVAVG iVm § 1 der Achten Durchführungsverordnung (8. DVO) zum AVAVG vorgeschrieben habe, daß der Antrag auf Gewährung von SWG innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Monaten - spätestens bis zum 31. Mai des Kalenderjahres - beim zuständigen Arbeitsamt "einzureichen" sei, so bedeute dies nach allgemeiner Rechtsansicht, daß dieser Antrag innerhalb der Frist nicht nur abgesandt, sondern auch tatsächlich dem Arbeitsamt zugegangen sein müsse. Das Verhalten des Klägers reiche deshalb keinesfalls zur Fristwahrung aus. Aus dem Beschluß des Großen Senats vom 9. Juni 1961 (BSG 14, 246 ff) könnten für die Arbeitslosenversicherung keine Folgerungen hergeleitet werden. Tatbestände, die eine unzulässige (mißbräuchliche) Ausnützung einer Rechtsposition durch die Beklagte darstellen könnten, seien - worauf das LSG zutreffend hingewiesen habe - nicht erkennbar. Ferner widerspreche die unterschiedliche Behandlung der im Laufe der Nacht in den Briefkasten des Arbeitsamts H eingeworfenen Eingänge und der am Morgen vom Postamt abgeholten Postsendungen weder den Grundsätzen von Treu und Glauben noch verstoße sie gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. Schließlich sei ein auf Billigkeitserwägungen gestützter Verzicht auf die Einhaltung der Frist des § 143 1 AVAVG für den Bereich der Arbeitslosenversicherung weder vorgesehen noch zulässig.

II

Die nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zugelassene Revision ist form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden. Sie kann jedoch keinen Erfolg haben.

Was zunächst die verfahrensrechtliche Seite anbelangt, so hat das LSG ohne Rechtsirrtum festgestellt, daß zwar das "Motiv" des Sozialgerichts (SG) für die Zulassung der Berufung ("aus Billigkeitsgründen") nicht zutreffe, daß jedoch das SG ausdrücklich die Berufung in den Urteilsgründen zugelassen hat und daß diese Entscheidung wegen der wirtschaftlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 150 Nr. 1 SGG zu rechtfertigen ist.

Materiell-rechtlich ist der Anspruch des Klägers auf Zahlung von SWG unbegründet. Nach § 143 1 Abs. 2 AVAVG ist der Antrag auf SWG vom Arbeitgeber "spätestens innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Monaten nach dem Ende der Schlechtwetterzeit bei dem für die Baustelle zuständigen Arbeitsamt einzureichen". Als Schlechtwetterzeit gilt gemäß § 143 n Abs. 1 AVAVG iVm § 1 der 8. VO zur Durchführung des AVAVG vom 9. Dezember 1959 idF der VO vom 19. Oktober 1960 (BGBl I 829) die Zeit vom 1. November bis zum 31. März, so daß nach §§ 190 AVAVG, 125 der Reichsversicherungsordnung (RVO) die Ausschlußfrist des § 143 1 Abs. 2 AVAVG für den Kläger spätestens am 31. Mai 1963, 24 Uhr, endete. Nach den das Revisionsgericht bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG hat der Kläger persönlich seinen Antrag auf SWG am 31. Mai 1963 unter "Einschreiben" beim Postamt 2 (Bahnpostamt) in B aufgegeben. Dieser Brief trägt den Poststempel des 31. Mai 1963, 22 - 23 Uhr, und hat auf dem Postweg am Vormittag des 1. Juni 1963 das Arbeitsamt H erreicht. Zu dieser Zeit war die gesetzliche Frist für die Einreichung des Antrags auf SWG bereits verstrichen. Da es sich in § 143 1 Abs. 2 AVAVG nicht um eine Frist zur Geltendmachung oder Verteidigung von Rechten vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, d. h. um eine verfahrensrechtliche Frist im Sinne des § 67 SGG, handelt, kann gegen ihre Versäumung weder Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden noch sind die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über die Hemmung der Verjährung (§§ 202 ff BGB) entsprechend anwendbar (vgl. BSG 22, 258). Ebensowenig lassen sich - entgegen der Auffassung der Revision - die vom Großen Senat des BSG entwickelten Gedanken (vgl. BSG 14, 246 ff) auf den vorliegenden Fall übertragen. Dieser Beschluß, der im Schrifttum und in der obergerichtlichen Rechtsprechung durchaus keine einhellige Anerkennung gefunden hat (vgl. außer BSG 22, 257 ff auch BVerwG 17, 199 und BVerwG in DÖV 1962 S. 668 ff sowie in NJW 1964, 610), bezieht sich ausschließlich auf § 58 Abs. 2 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) aF = Versorgung von Witwen und Waisen nach dem Tode des Beschädigten; er enthält also keine allgemeinen, auf § 143 1 Abs. 2 AVAVG ebenfalls zu erstreckenden Grundsätze. Der Annahme, es handele sich bei § 143 1 Abs. 2 AVAVG um eine unechte, etwa § 58 Abs. 1 BVG vergleichbare, in die Disposition der Verwaltung gestellte Frist, die nach ihrer rechtspolitischen und sozialen Funktion dem Schutz der Verwaltung vor schwer nachprüfbaren Ansprüchen diene und die daher keine Anwendung finden dürfe, wenn die Anspruchsvoraussetzungen zweifelsfrei gegeben sind, steht schon der Wortlaut dieser Vorschrift entgegen. In § 143 1 Abs. 2 AVAVG hat sich der Gesetzgeber nicht damit begnügt, eine Frist zur Antragstellung zu setzen, sondern er hat durch die Verwendung des gesetzestechnischen Ausdrucks "Ausschlußfrist" selbst klargestellt, daß ihre Versäumung regelmäßig den Anspruch endgültig und ohne die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung oder dergleichen zum Erlöschen bringen soll. Darüber hinaus hat er durch Einfügen des Wortes "spätestens" nochmals besonders hervorgehoben, daß diese Ausschlußfrist die äußerste Grenze darstelle, innerhalb derer die Anträge auf SWG beim Arbeitsamt einzureichen sind. Somit ergibt sich aus der Fassung des § 143 1 Abs. 2 AVAVG nicht nur kein Anhaltspunkt dafür, daß der Gesetzgeber lediglich eine unechte Ausschlußfrist schaffen wollte, vielmehr im Gegenteil, daß es sich hier um eine echte, grundsätzlich zu beachtende materiell-rechtliche Ausschlußfrist handelt. Die Frist des § 143 1 Abs. 2 AVAVG hat zunächst eine Ordnungsfunktion. Da die Ansprüche auf Schlechtwettergeld einen sehr erheblichen Ausgabenposten alljährlich im Haushalt der Beklagten ausmachen, ist es geboten, ihr möglichst schnell einen Überblick über die zu erwartenden Belastungen zu verschaffen, damit sie die notwendigen Haushaltmittel rechtzeitig bereitzustellen vermag. Indessen bezweckt diese Vorschrift nicht allein den Schutz der Verwaltung vor erst nach erheblichem Zeitablauf geltend gemachten und daher nur noch schwer oder überhaupt nicht mehr nachprüfbaren Ansprüchen. Die Einhaltung der Ausschlußfrist des § 143 1 AVAVG dient zugleich den Interessen der Arbeitgeber selbst, da nur so eine schnelle Erledigung ihrer Anträge und die baldige Erstattung des SWG gewährleistet werden kann. In diesem Zusammenhang kommt allerdings dem Umstand, daß der Arbeitgeber das SWG bereits vor Antragstellung an die Arbeitnehmer ausgezahlt hat, gleichsam also für die Arbeitsverwaltung vorweg verauslagte, entgegen der Meinung des Klägers rechtlich keine besondere Bedeutung zu.

Tatbestandsmerkmale, die etwa eine Berufung der Beklagten auf den Ablauf der materiell-rechtlichen Ausschlußfrist des § 143 1 AVAVG zu einer unzulässigen - mißbräuchlichen - Rechtsausnutzung machen könnten, wie dies der erkennende Senat in seiner Entscheidung in Band 22 S. 257 ff beim Vorliegen besonderer Einzelumstände (dort: fehlerhaftes Verhalten des Arbeitsamtes) angenommen hat, sind im hier anhängigen Fall nicht erkennbar. Der Annahme eines Rechtsmißbrauchs steht zunächst schon die Tatsache entgegen, daß die Beklagte aus eigenem Antrieb - ohne daß hierfür eine rechtliche (oder moralische) Verpflichtung besteht - am 20. Mai 1963 den Kläger schriftlich auf den bevorstehenden Ablauf der Antragsfrist hingewiesen und ihn dabei eingehend über die bei der Einreichung des SWG-Antrags zu beachtenden Einzelheiten, nämlich a) Endtermin = 31. Mai 1963, b) Empfänger = Arbeitsamt H, belehrt hat. Wohl war der Kläger grundsätzlich befugt, die gesetzliche Frist voll auszuschöpfen. Er mußte indessen hierfür einen Weg wählen, der die Fristwahrung sicherstellte. Das hat er mit der Aufgabe seines Einschreibebriefes beim Bahnpostamt B am 31. Mai 1963 gegen 22 Uhr allerdings nicht getan. Denn kein vernünftiger Mensch, ob er mit dem Geschäfts- oder Behördenverkehr vertraut ist oder nicht, kann erwarten, daß ein solcher Brief bis Tagesablauf (24 Uhr) mit der Postbeförderung noch den Empfänger in Helmstedt (Entfernung etwa 36 km) erreicht. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, daß der Gesetzgeber bislang keine Regelung getroffen hat, in der für die Einhaltung einer Frist nicht das Datum des tatsächlichen Zugangs der Sendung beim Empfänger, sondern die Zeitangabe des Poststempels (Postauslieferung) maßgebend wäre. Entgegen der Auffassung des Klägers widerspricht weiterhin die unterschiedliche Behandlung der im Laufe der Nacht in den Hausbriefkasten des Arbeitsamtes eingeworfenen Eingaben und der am Morgen von der Post abgeholten oder zugestellten Postsendungen weder den Grundsätzen von Treu und Glauben noch dem Grundsatz der Gleichbehandlung. Die für die Benutzer des Briefkastens beim Arbeitsamt vorhandene Möglichkeit ("Auch-Möglichkeit", außerhalb des Regelwegs; vgl. hierzu BSG 6, 256 ff) ist ein Zugeständnis gleichermaßen an sämtliche Benutzer des Behördenbriefkastens. Sie bedingt aber nicht eine Gleichbehandlung der Absender von Postsendungen, die einen anderen Einreichungsweg gewählt haben. Jedenfalls bedurfte es keiner besonderen "Belehrung" des Klägers über die verschiedenen Wege, seinen SWG-Antrag einzureichen; denn der Gesetzgeber hat die Beförderungsweise den Beteiligten freigestellt. Mithin kann sich der Kläger auch nicht nachträglich mit Erfolg darauf berufen, daß er über die Verwaltungspraxis bei der Behandlung der Eingänge im Briefkasten des Arbeitsamts H nicht belehrt worden sei.

Im übrigen bleibt hier unbeachtlich, welche Gründe beim Kläger selbst ursächlich dafür waren, daß er die gesetzliche Frist des § 143 1 Abs. 2 AVAVG nicht eingehalten hat. Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) hat er die materiell-rechtliche Ausschlußfrist des § 143 1 Abs. 2 AVAVG versäumt; dieser Mangel ist von Amts wegen zu beachten (BSG 22, 257 ff). Es ist keine Rechtsgrundlage dafür vorhanden, in solchen Fällen durch Gewährung irgendeiner Nachsicht abzuhelfen.

Folglich ist das Urteil des LSG, das dem Kläger den Anspruch auf Erstattung von SWG versagt hat, weil er die Anspruchsvoraussetzung des rechtzeitigen Antrags nicht erfüllte, zu bestätigen. Die Revision des Klägers muß zurückgewiesen werden (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI926694

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