Entscheidungsstichwort (Thema)
Witwenbeihilfe. Beschädigtenrente eines Erwerbsunfähigen. Kausalität bei seelischen Erkrankungen. seelische Belastbarkeit. Sachaufklärungspflicht
Orientierungssatz
1. Unter Beschädigtenrente eines Erwerbsunfähigen iS des § 48 Abs 1 S 2 BVG ist allein die entsprechende Rente aus der Kriegsopferversorgung zu verstehen. Die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1247 Abs 2 RVO) ist eine andere Rentenart und kommt als Anspruchsvoraussetzung im bezeichneten Sinne nicht in Betracht.
2. Zu den Anforderungen an die Sachaufklärungspflicht, insbesondere zur Kausalitätsbeurteilung, wenn die Schädigungsfolgen wesentliche Mitursache einer psychischen Erkrankung und Alkoholmißbrauchs sein könnten, die den Verstorbenen an einer ausreichenden Erwerbstätigkeit gehindert und somit (möglicherweise) die Hinterbliebenenversorgung der Witwe iS des § 48 Abs 1 S 1 BVG beeinträchtigt haben.
Normenkette
BVG § 48 Abs 1 S 1 Fassung: 1975-12-18; BVG § 48 Abs 1 S 2 Fassung: 1975-12-18; RVO § 1247 Abs 2; SGG §§ 103, 148 Abs 1 S 1
Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Entscheidung vom 25.09.1980; Aktenzeichen L 7 V 318/78) |
SG Augsburg (Entscheidung vom 27.07.1978; Aktenzeichen S 10 V 573/77) |
Tatbestand
Der Ehemann der Klägerin, der seit 1949 nicht erwerbstätig war, bezog Rente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) wegen Verlustes des rechten Oberschenkels und wegen Lungendurchschußfolgen entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 70 vH. 1977 ist er an einem dekompensierten Cor pulmonale bei chronisch-asthmatischer Emphysembronchitis verstorben. Der Beklagte lehnte sowohl eine Witwenrente (§ 38 BVG) als eine Witwenbeihilfe (§ 48 BVG) ab (Bescheid vom 10. August 1977, Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 1977). Klage und Berufung, die auf eine Witwenbeihilfe beschränkt wurden, hatten keinen Erfolg (Urteile des Sozialgerichts vom 27. Juli 1978 und des Landessozialgerichts -LSG- vom 25. September 1980). Das Berufungsgericht hat festgestellt, der Ehemann der Klägerin sei nicht durch die Schädigungsfolgen gehindert gewesen, voll erwerbstätig zu bleiben, und durch eine solche Behinderung sei die Hinterbliebenenversorgung der Klägerin nicht erheblich beeinträchtigt (§ 48 Abs 1 Satz 1 BVG). Wenn der Beschädigte nach dem 2. Weltkrieg keine Beiträge mehr zur Rentenversicherung entrichtet habe, so könne das nicht ursächlich auf die Schädigungsfolgen zurückgeführt werden. Insbesondere habe ihn nicht die Oberschenkelamputation gehindert, einer Beschäftigung im Sitzen nachzugehen. Der Lungendurchschuß habe die Erwerbsfähigkeit überhaupt nicht beeinträchtigt. Die Gewährung von Renten aus der Rentenversicherung von 1945 bis 1949, von 1951 bis 1958 und seit 1964 habe nicht auf schädigungswirkenden Einwirkungen iS des BVG beruht, sondern auf versorgungsfremden Leiden: Auf einer asthmatischen Bronchitis, einem Magenleiden sowie einer 1961 und 1970 stationär behandelten paranoiden Psychose. Sowohl die Psychose als ein übermäßiger Alkoholgenuß seien nach den "Anhaltspunkten für die Ärztliche Gutachtertätigkeit im Versorgungswesen" ("Anhaltspunkten") anlagebedingt und nicht durch äußere Einflüsse wenigstens verschlimmert worden. Ein nervenfachärztliches Gutachten sei nicht entsprechend dem Hilfsantrag der Klägerin einzuholen, weil sich die maßgebenden Tatsachen aus den Beschädigtenakten beurteilen ließen.
Die Klägerin hat die vom - Bundessozialgericht (BSG) zugelassene - Revision eingelegt. Sie rügt als Verfahrensfehler, daß das LSG nicht von Amts wegen die beantragte nervenfachärztliche Begutachtung veranlaßt habe. Diese hätte eine Verschlimmerung der paranoiden Erkrankung durch den Beinverlust und evtl durch den Lungendurchschuß ergeben können. Das Gegenteil hätte das Berufungsgericht nicht aus allgemeinen Erfahrungen und aus dem Krankheitsverlauf schließen dürfen. Auch das Magenleiden könne durch die Schädigungsfolgen ursächlich beeinflußt worden sein. Im übrigen stehe der Klägerin Witwenbeihilfe nach § 48 Abs 1 Satz 2 BVG zu; denn der Verstorbene habe seit 1964 wegen Erwerbsunfähigkeit eine Rente aus der Rentenversicherung (§ 1247 Reichsversicherungsordnung -RVO-) bis zu seinem Tode bezogen und somit eine Beschädigtenrente wegen Erwerbsunfähigkeit iS jener BVG-Vorschrift.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und den
Rechtsstreit an einen anderen Senat des
Bayerischen LSG zur erneuten Verhandlung
und Entscheidung zurückzuverweisen,
hilfsweise (sinngemäß),
unter Aufhebung der entgegenstehenden
Entscheidungen den Beklagten zu verurteilen,
der Klägerin ab 1. April 1977 Witwenbeihilfe
zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, ein nervenfachärztliches Gutachten sei völlig ungeeignet gewesen, eine Verschlimmerung des chronischen Alkoholismus und der paranoiden Psychose durch Schädigungsfolgen nachzuweisen. Ein solcher Ursachenzusammenhang sei nur in extremen Ausnahmefällen möglich.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, und der Rechtsstreit ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen. Für eine Entscheidung über eine Witwenbeihilfe nach § 48 Abs 1 Satz 1 BVG idF des Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des Arbeitsförderungsgesetzes und des Bundesversorgungsgesetzes vom 18. Dezember 1975 (BGBl I 3113), die für nach dem 31. Dezember 1975 eingetretene Sterbefälle gilt (Art 2 § 2 Abs 3 iVm Art 5 § 1), fehlen ausreichende Tatsachenfeststellungen im Berufungsurteil (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
Hingegen kann das Revisionsgericht schon jetzt entscheiden, daß der "Hilfsantrag" auf Verurteilung des Beklagten zur Gewährung der Witwenbeihilfe nach § 48 Abs 1 Satz 2 BVG keinen Erfolg hat.
Nach § 48 Abs 1 Satz 1 BVG ist einer Witwe Witwenbeihilfe zu gewähren, wenn ihr Ehemann, der Schwerbeschädigter (§ 31 Abs 3 Satz 1 BVG) war und nicht an den Folgen der Schädigung iS des § 1 BVG verstorben ist, durch diese gehindert war, eine entsprechende Erwerbstätigkeit in vollem Umfange auszuüben, und wenn dadurch die Versorgung der Hinterbliebenen nicht unerheblich beeinträchtigt worden ist. Diese Voraussetzung gilt nach Satz 2, worauf der "Hilfsantrag" der Revisionsklägerin gestützt wird, ua als erfüllt, "wenn der Beschädigte im Zeitpunkt seines Todes Anspruch auf die Beschädigtenrente eines Erwerbsunfähigen" hatte. Die Klägerin behauptet selbst nicht, daß einer der beiden anderen Tatbestände des Satzes 2 gegeben war, daß nämlich ihr Ehemann im Zeitpunkt seines Todes Anspruch auf Pflegezulage oder auf Berufsschadensausgleich gehabt hätte. Entgegen ihrer Ansicht hat der Verstorbene aber auch nicht im Todeszeitpunkt eine Erwerbsunfähigkeits-Rente im bezeichneten Sinn bezogen.
Wenn er seit 1964 "Rente wegen Erwerbsunfähigkeit" aus der Rentenversicherung gem § 1247 RVO erhielt, so war dies eine andere Rentenart. Als "die Beschädigtenrente eines Erwerbsunfähigen" ist hingegen in § 48 Abs 1 Satz 2 BVG zwangsläufig schon nach dem Sprachgebrauch allein die entsprechende Rente aus der Kriegsopferversorgung nach § 9 Nr 3 iVm § 31 Abs 1 Satz 1 und Abs 3 Satz 2 iVm § 30 Abs 1 und 2 BVG gemeint; das bestätigt die Überschrift vor den §§ 29 ff BVG. Eine solche Rente bezog der Ehemann der Klägerin nicht; seine MdE war auf nicht mehr als 70 vH festgestellt. Falls der Gesetzgeber mit dem in § 48 Abs 1 Satz 2 verwendeten Ausdruck "Beschädigtenrente" auch andere Renten wegen Erwerbsunfähigkeit, die Beschädigte iS dieses Gesetzes beziehen, gemeint hätte, so hätte er diese Unterscheidung gegenüber dem Sprachgebrauch des BVG zum Ausdruck gebracht. Der Begriff "Beschädigtenrente" ist allein auf Renten beschränkt, die jemand als "Beschädigter" iS dieses Versorgungsgesetzes erhält, das heißt ausschließlich wegen Schädigungsfolgen iS des § 1 BVG. Diese Abgrenzung ist innerhalb des gegliederten Sozialleistungssystems (§§ 1 bis 10 Sozialgesetzbuch Allgemeiner Teil) notwendig gegenüber Erwerbsunfähigkeits-Renten, die Beschädigten auch wegen anderer Gesundheitsstörungen als der anerkannten Schädigungsfolgen iS des § 1 BVG zustehen können, wie es beim Ehemann der Klägerin der Fall war. Als solche kommen insbesondere Renten aus der Rentenversicherung in Betracht, die nicht allein wegen der durch bestimmte Umstände verursachten Störungen unabhängig von der Ursache gewährt werden.
Diese Auslegung des § 48 Abs 1 Satz 2 BVG wird durch den Zweck der Witwenbeihilfe iS des Satzes 1 bestätigt. Eine solche Leistung erhält die Witwe eines Beschädigten, der keine Witwenrente wegen eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen Beschädigung und Tod zusteht (§ 1 Abs 1 bis 3 Satz 1 und Abs 4, § 38 Abs 1 BVG), wegen einer mittelbaren Beeinträchtigung ihrer Hinterbliebenenversorgung durch die Schädigungsfolgen (BSG SozR 3100 § 48 Nr 4; zum früheren Recht: SozR Nr 5 zu § 48 BVG). Wenn nach § 48 Abs 1 Satz 2 BVG die gesamte Witwen-"Versorgung" als derart gemindert gilt, falls ein bestimmter Tatbestand beim Beschädigten im Zeitpunkt seines Todes vorlag, so unterstellt der Gesetzgeber, daß der Verstorbene infolge eines solchen schwerwiegenden Umstandes nicht voll erwerbstätig sein konnte und daß dadurch die Vorsorge für seine Ehefrau für die Zeit nach seinem Tod gelitten hat. Diese fingierte Beziehung setzt aber nach dem Zusammenhang mit dem Regeltatbestand des Satzes 1 voraus, daß die Erwerbseinbuße samt einer der in Satz 2 genannten Bedingungen in vollem Umfang durch Schädigungsfolgen verursacht worden ist; sonst wäre die beweiserleichternde Unterstellung des Satzes 2 nicht gerechtfertigt. Demgemäß hat das BSG für den Geltungsbereich der früheren Fassung des § 48 Abs 1 Satz 1 BVG (Fassung des 1. Neuordnungsgesetzes vom 27. Juni 1960 - BGBl I 453 -) einer Invalidenrente nach dem Recht der sowjetischen Besatzungszone nicht die gleiche Wirkung zuerkannt wie der "Rente eines Erwerbsunfähigen", die dem Verstorbenen nach dem BVG oder nach bisherigen versorgungsrechtlichen Vorschriften zugestanden haben müßte (BSGE 25, 272 = SozR Nr 4 zu § 48 BVG).
Ob der Grundtatbestand des § 48 Abs 1 Satz 1 BVG zugunsten der Klägerin gegeben war, läßt sich nicht ohne weitere Sachaufklärung beurteilen.
Selbst nach dem Vorbringen der Klägerin werden die anerkannten Schädigungsfolgen allein ihren Ehemann nicht gehindert haben, nach dem Krieg "entsprechend" in vollem Umfange erwerbstätig zu werden (BSG SozR 3100 § 48 Nr 4). Das LSG hat die Schädigungsfolgen, insbesondere den Beinverlust, auch nicht als wesentliche Mitursache der psychischen Erkrankung und des Alkoholmißbrauchs beurteilt, die vor allem dem Verstorbenen an einer ausreichenden Erwerbstätigkeit iS der bezeichneten Vorschrift gehindert und infolgedessen die Hinterbliebenenversorgung der Witwe beeinträchtigt haben können. Diese Überzeugung hat das Berufungsgericht auf unzureichendes Erkenntnismaterial gestützt. Dabei hat es eine Beweiswürdigung verallgemeinernd vorweggenommen. Somit ist § 128 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verletzt.
Allgemeine Erfahrungen, auf die sich das Gericht berufen hat, insbesondere die sehr pauschalen Maßstäbe der "Anhaltspunkte", genügen nicht für die problematische Beurteilung dieses Falles. Vielmehr hätte das Gericht, entsprechend der Beweisanregung der Klägerin, den Sachverhalt durch ein psychologisch-psychiatrisches Gutachten weiter aufklären müssen (§ 103 SGG). Ein solches Gutachten hätte nach weiteren Ermittlungen über den Krankheitsverlauf die konkreten Umstände dieses Einzelfalles berücksichtigen und sich sodann sachkundig dazu äußern müssen, ob der Ehemann der Klägerin mit der schädigungsbedingten Behinderung nicht fertig werden konnte und ob die gesundheitlichen Folgen der Kriegsverletzung, namentlich der Beinverlust, die geistig-seelische Erkrankung ursächlich beeinflußt haben. Als besondere Art der Verursachung kommt eine Verschlimmerung (BSG SozR 3100 § 1 Nr 3; 3200 § 81 Nr 3) durch die Schädigungsfolgen als wenigstens wesentliche Mitbedingung, dh als mindestens gleichwertige Ursachen neben anderen Umständen, in Betracht (BSGE 11, 50, 52 ff; 37, 282, 287 = SozR 3200 § 81 Nr 1). Bei der Kausalitätsbeurteilung ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG auf die individuelle seelische Belastbarkeit des Verstorbenen abzustellen (BSGE 11, 50, 53 ff; 19, 275, 278 = SozR Nr 174 zu § 172 SGG; BSG 1980-10-29 - 9 RV 23/80 -; zur Unfallversicherung: BSGE 18, 163, 166, 168 f = SozR Nr 60 zu § 542 RVO aF; BSG 18, 173, 176 = SozR Nr 61 zu § 542 RVO aF). Aus diesem Grund kann der erforderliche Ursachenzusammenhang nicht ohne weiteres nach allgemeiner Erfahrung verneint werden, mag zwar auch im Regelfall eine paranoide Psychose ebenso wie ein Alkoholmißbrauch nicht durch einen Beinverlust und die Folgen eines Lungendurchschusses im bezeichnenden Sinn verstärkt werden. Die unterlassene fachärztliche Beurteilung mußte sich deshalb dem LSG aufdrängen, weil der Verstorbene schon bald nach Kriegsende aus dem Erwerbsleben ausgeschieden ist. Darin könnte sich ein schädigungsbedingtes Versagen gegenüber den beruflichen Belastungen ausgewirkt haben, das später behandlungsbedürftige Krankheiten beeinflußt haben könnte. Die festgestellte psychische Erkrankung könnte anzeigen, daß der Verstorbene weniger belastungsfähig war als "durchschnittliche" Menschen.
Das LSG wird nun unter Beachtung dieser rechtlichen Gesichtspunkte die gebotene Sachaufklärung nachzuholen haben.
Die Revision ist nicht etwa schon nach dem jetzigen Sachstand deshalb als unbegründet zurückzuweisen, weil ein Versorgungsanspruch aus Rechtsgründen ausgeschlossen wäre. Vielmehr ist zu ermitteln, ob eine seelische Fehlhaltung und -entwicklung bei dem Verstorbenen in der Weise die Psychose verstärkend überlagert und eine Alkoholsucht mit bestimmt hat, daß der Ehemann der Klägerin nicht mehr kraft eigenen Willens sich anders verhalten konnte, dh, daß "das abartige Verhalten der gewollten Einwirkung entglitten" war (BSG SozR Nr 38 zu § 1246 RVO; BSGE 21, 163, 166 = SozR Nr 1 zu § 1277 RVO; BSGE 21, 189, 190 ff = SozR Nr 39 zu § 1246 RVO; BSGE 31, 279, 281 = SozR Nr 30 zu § 184 RVO; seither ständige Rechtsprechung des BSG; zur Kriegsopferversorgung im Zusammenhang mit der noch zu erörternden Kausalität: BSGE 19, 275).
Wenn nach diesem Maßstab zu beurteilen ist, ob ein seelisches Versagen iS einer Neurose sich zur krankhaften Störung entwickelt hat, die zu Rentenansprüchen führen kann, dann ist von derselben Voraussetzung, dh von der Unfähigkeit, das Verhalten willentlich zu beeinflussen, abhängig, ob sich die kriegsbedingte Schädigung über eine schädigungsunabhängige Störung iS des § 48 Abs 1 Satz 1 BVG erwerbsmindernd ausgewirkt hat. Dazu gehört naturgemäß, daß die nicht aus eigener Kraft überwindbare Störung die Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt hat (BSG SozR Nr 76 zu § 1246 RVO; BSGE 21, 191 f). Falls der Verstorbene erst allmählich in ein krankhaftes Versagen hineingeglitten ist, müßte festgestellt werden, von wann ab diese Entwicklung der Beeinflußbarkeit durch seinen Willen entzogen war. Erst dieses Stadium wäre rechtserheblich.
In zweiter Linie wäre zu ermitteln, ob ein solcher krankhafter Zustand - als Anteil einer Psychose und einer Trunksucht - wahrscheinlich durch die Kriegsverletzung und durch deren mittelbare Folgen, die anerkannt waren, ursächlich beeinflußt wurde. Ein solcher Ursachenzusammenhang, der wahrscheinlich iS der Verschlimmerung in Betracht kommt, wäre - wie schon dargelegt - gegeben, wenn die Schädigungsfolgen als mindestens gleichwertige Mitursache neben anderen Umständen zu werten wären. In diese Kausalitätsbeurteilung sind auch Wirkungsabläufe einzubeziehen, die sich im seelischen Bereich abgespielt haben (BSGE 19, 276 ff; für die Unfallversicherung: BSGE 18, 164 ff; 18, 175 ff; BSG Sozialrechtliche Entscheidungssammlung BSG IV RVO § 542 (b) Nr 16).
Das LSG hat auch unter Verwertung des weiteren Revisionsvorbringens zu prüfen, ob das Magen- und Bronchialleiden den Ehemann der Klägerin an einer die Hinterbliebenenversorgung sichernden Erwerbstätigkeit gehindert haben und ob dies auf schädigende Einwirkungen iS des § 1 BVG ursächlich zurückzuführen ist. Dazu wird ein internistisches Gutachten angezeigt sein.
Das Revisionsgericht hat davon abgesehen, den Rechtsstreit an einen anderen für KOV-Sachen zuständigen Senat des LSG zurückzuverweisen. Dies wäre zwar ausnahmsweise zulässig (§ 202 SGG iVm § 565 Abs 1 Satz 2 Zivilprozeßordnung; Urteil des erkennenden Senats vom 24. März 1976 - 9 RV 92/74 - = Breithaupt 1976, 803). Indes hat die Klägerin ihren darauf gerichteten Antrag nicht näher begründet und nicht dargelegt, welche Umstände ihr Vertrauen in die Unvoreingenommenheit der Richter des Senats, der das Berufungsurteil erlassen hat, erschüttern könnten. Allein der gerügte und vorliegende Verfahrensfehler genügt dafür nicht.
Über die Kosten des Revisionsverfahrens ist im abschließenden Urteil zu entscheiden.
Fundstellen