Leitsatz (amtlich)

Hat ein Rentenversicherungsträger einem Versicherten aus dem Tuberkuloseversorgungswerk Geldleistungen gewährt, so kann er diese Leistungen nicht auf eine demselben Versicherten nachträglich für den gleichen Zeitraum gewährte Invalidenrente anrechnen oder zur Aufrechnung gegen jene Rentennachzahlungsansprüche verwenden.

 

Normenkette

RVO § 1252 Fassung: 1934-05-17, § 1309 Fassung: 1934-05-17, § 1311 Fassung: 1934-05-17

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. März 1956 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Tatbestand

I. Der im Jahre 1914 geborene Kläger erkrankte während seines Kriegsdienstes im Jahre 1943 an Lungentuberkulose; er erhält deswegen eine Versorgungsrente; aus demselben Grunde wurde ihm von der Beklagten bereits durch Bescheid vom 9. März 1945 mit Wirkung vom 1. Juni 1944 an eine Invalidenrente bewilligt; diese Rente wurde nach den Vorschriften der Sozialversicherungsdirektive (SVD) Nr. 27 vom 1. August 1947 bis zum 31. Mai 1949 nicht ausgezahlt.

Seit 1946 wurde der Kläger aus Mitteln der Tbc-Hilfe wirtschaftlich betreut, während dieser Zeit vom 26. November 1948 bis zum 5. März 1951 durch stationäre Krankenhausbehandlung, deren Kosten vom 1. Oktober 1950 das Versorgungsamt (VersorgA.) trug.

Über die Wiedergewährung der Invalidenrente - vom 1. Juni 1949 ab noch gekürzt und vom 1. Oktober 1950 in voller Höhe - entschied die Beklagte erst durch Bescheid vom 15. August 1952; sie ließ die laufenden Rentenzahlungen danach am 1. September 1952 wieder beginnen und behielt die aufgelaufenen Nachzahlungsbeträge zunächst zur Befriedigung etwaiger Ersatzansprüche zurück.

In einem zusätzlichen, vom Landessozialgericht (LSG.) als Bescheid angesehenen Schreiben ohne Rechtsmittelbelehrung vom 16. Oktober 1952 erteilte die Beklagte dem Kläger sodann die Abrechnung über die zurückbehaltenen Beträge, darunter einen - allein noch im Streit befangenen - Betrag von 991,60 DM, den sie der Zentralstelle für Tbc-Hilfe (Zentralst.) in Münster als Ersatz für geleistete wirtschaftliche Tbc-Hilfe überwiesen habe. Aus späteren Angaben ist zu ersehen, daß die Zentralst. vom März 1951 bis zum September 1952 insgesamt 1385,26 DM wirtschaftliche Tbc-Hilfe an den Kläger gezahlt hatte und daß während der gleichen Zeit unter Berücksichtigung der für dieselben Monate zum Teil niedriger liegenden Beträge der nachzuzahlenden Invalidenrente nur ein Betrag von insgesamt 1277,03 DM bei der Beklagten zur Erstattung verfügbar war, von dem wegen einer vorweg durchgeführten - vom Kläger nicht mehr beanstandeten - Erstattung an das Landesversorgungsamt (LVersorgA.) nur noch der oben angegebene Betrag von 991,60 DM tatsächlich an die Zentralst. erstattet werden konnte.

Mit seiner gegen den Bescheid vom 16. Oktober 1952 am 28. Februar 1953 beim Oberversicherungsamt (OVA.) in Münster eingelegten Berufung hatte der Kläger keinen Erfolg; das OVA. sah - unter Berufung auf die Grundsätzliche Entscheidung Nr. 5591 des Reichsversicherungsamts (RVA.) vom 27. Oktober 1944 (AN. 1944 S. 333) - die dem Kläger gewährte Tbc-Hilfe als Vorschuß auf die spätere Invalidenrente an und hielt deshalb die von der Beklagten vorgenommene "Aufrechnung" für berechtigt.

Die gegen dieses Urteil vom 1. Oktober 1953 am 4. November 1953 bei dem Landesverwaltungsgericht (LVerwG.) in Münster erhobene Klage ging nach Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gemäß § 215 Abs. 7 SGG an das LSG. in Essen über.

II. Dieses hob durch das angefochtene Urteil vom 6. März 1956 den Bescheid der Beklagten vom 16. Oktober 1952 auf, soweit darin die Verrechnung der Rentennachzahlung hinsichtlich der strittigen 991,60 DM ausgesprochen war und verurteilte die Beklagte kostenpflichtig, dem Kläger die genannte Summe zu zahlen.

Das LSG. führt in seinem Urteil zunächst aus, die Berufung des Klägers an das OVA. in Münster sei trotz der Frist von über vier Monaten seit Empfang des Bescheides als rechtzeitig eingelegt anzusehen, da dem Bescheid die im § 1631 Abs. 4 der Reichsversicherungsordnung (RVO) a. F. vorgeschriebene Rechtsmittelbelehrung gefehlt habe und daher die Berufungsfrist nicht in Lauf gesetzt worden sei.

Die (weitere) Berufung zum LSG. sei statthaft, weil hier überhaupt keine "Leistung" im Sinne der einschränkenden Bestimmung der §§ 144 Abs. 1 Nr. 1 und 146 SGG streitig sei, sondern die davon zu trennende Frage, ob "die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung besteht oder nicht besteht", für die keine Berufungsbeschränkung im SGG vorgesehen sei.

In der Sache selbst verneinte das LSG. sowohl ein Recht der Beklagten zur Nichtauszahlung des Rentenbetrags wie auch das Bestehen einer zur Aufrechnung geeigneten Gegenforderung. Es begründet diese Auffassung im wesentlichen folgendermaßen:

Eine Einstellung der Rentenleistungen sei nicht nach § 1311 Abs. 3 RVO a. F. berechtigt. Zwar könne kein Bedenken daraus hergeleitet werden, daß die wirtschaftliche Tbc-Versorgung nicht unmittelbar durch die Beklagte, sondern durch die Zentralst. gewährt sei, denn diese sei insoweit keine von der Beklagten verschiedene Rechtsperson; die Leistungen seien - wie die vorgelegten Nachweisungen ergäben - auch aus Mitteln der Invalidenversicherung erbracht worden. Es fehle jedoch schon daran, daß die Beklagte selbst in ihrem Bescheid gar keine auf § 1311 Abs. 3 RVO a. F. gestützte Versagung ausgesprochen habe; sie habe nicht einmal später ihren Bescheid in diesem Sinne verstanden wissen wollen. Darüber hinaus werde der vorliegende Fall jedoch auch materiell-rechtlich gar nicht vom § 1311 Abs. 3 RVO a. F. erfaßt. Diese Bestimmung käme vielmehr nur beim Vorliegen eines "Heilverfahrens" im gesetzlichen Sinne, nicht jedoch auch bei sonstigen gesundheitsfördernden Maßnahmen eines Versicherungsträgers in Frage; eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift schließlich sei auch nicht zulässig.

Eine wirksame Aufrechnung liege gleichfalls nicht vor. Allerdings könne unter Hinweis auf die früheren Ausführungen über die Rechtsnatur der Zentralst. das Erfordernis der Gegenseitigkeit etwaiger Forderungen zugestanden werden. Es fehle jedoch an dem Bestehen einer aufrechenbaren Gegenforderung überhaupt.

Darauf, ob aus der Tbc-Hilfe-Verordnung vom 8. September 1942 (RGBl. I S. 549) und den dazu ergangenen Bestimmungen etwa eine Ausgleichspflicht der Unterstützten abgeleitet werden könne, komme es nicht an, weil das Tbc-Versorgungswerk (TVW) der Rentenversicherungsträger jener Regelung nicht unterliege. Die Tbc-Hilfe-Verordnung bestimme allein die Landesfürsorgeverbände als Träger der gesetzlichen Tbc-Hilfe, jedoch mit der Einschränkung, daß deren Leistungspflicht nach § 2 a. a. O. erst eintrete, "wenn ... und soweit die erforderliche Hilfe nicht durch Träger der Sozialversicherung gedeckt wird oder anderweitig sichergestellt ist." Diese, die unmittelbare Anwendung der Tbc-Hilfe-Verordnung ausschließende Sonderregelung sei festgelegt in den von den Rentenversicherungsträgern freiwillig vereinbarten Richtlinien über das TVW, die der frühere Reichsarbeitsminister durch Erlaß vom 3. Juni 1944 (AN. 1944 S. 150) für verbindlich erklärt habe. Diese Regelung sei danach mit der allgemeinen Tbc-Hilfe nicht identisch, wohl aber - wie z. B. deutlich die Gewährung eines Hausgeldes zeigt - jener gleichwertig. Diese Eigenständigkeit des TVW habe auch das frühere Reichsinnenministerium ausdrücklich voraus gesetzt, wenn es in seinem 4. Runderlaß vom 22. Dezember 1943 zur Tbc-Hilfe-Verordnung diese als Sicherstellung der von der Verordnung verlangten entsprechenden Tbc-Hilfe anerkannt habe.

An diesem Rechtszustand habe auch die Nachkriegszeit nichts geändert. Zwar bestimmten Erlasse der zuständigen Minister der Länder z. T. Abweichungen von dem geschilderten Zustand, so der Erlaß des Arbeitsministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 4. November 1948 unter B 5, daß die wirtschaftliche Tbc-Hilfe der Rentenversicherungsträger (außerhalb der stationären Behandlung) nach den Bestimmungen ... über ... die Tbc-Hilfe zu leisten sei, und der Runderlaß des Sozialministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 1. Juni 1949 in Ziff. 24, daß auch Rentennachzahlungen auf bereits gezahlte Tbc-Hilfe anzurechnen seien; - diese Erlasse seien jedoch keine für die Allgemeinheit verbindlichen Rechtsvorschriften, sondern nur interne Verwaltungsanordnungen, auf die demnach die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids nicht gestützt werden könne.

Die Beklagte hätte daher zum mindesten vor oder bei der Leistung der wirtschaftlichen Tbc-Fürsorge einen ausdrücklichen Vorbehalt der Rückforderung bzw. Aufrechnung machen müssen; der Leistungsempfänger brauche einen solchen Vorbehalt nicht stillschweigend vorauszusetzen; dem widerspreche der ganze Sinn der Tbc-Hilfe.

Wenn somit eine wirksame Bestimmung, die im Rahmen des TVW einen Ausgleichsanspruch begründe, fehle, so müsse auch die Grundsätzliche Entscheidung Nr. 5591 des RVA. abgelehnt werden. Es treffe nicht zu, daß auch ohne ausdrückliche Erwähnung die Versicherungsanstalten "wirtschaftlich gesehen" bei derartigen Fällen nur Rentenvorauszahlungen gewährten; die wirtschaftliche Tbc-Versorgung werde vielmehr gerade ohne Rücksicht auf etwa später zu erwartende Rentenbezüge geleistet, sie sei also gerade kein Rentenvorschuß. Eine nachträgliche Umdeutung in einen Vorschuß sei - einseitig - ebenfalls nicht möglich; dadurch würde der Charakter der Tbc-Versorgung als endgültige Zahlung rechtlich nachträglich beseitigt und ihr nur die Bedeutung eines Darlehens beigemessen.

Die Konstruktion der wirtschaftlichen Tbc-Versorgung als "Rentenvorschuß" lasse sich auch nicht unter Berufung auf die Verwaltungspraxis halten, denn diese allein schaffe kein Recht; zur Bildung eines echten Gewohnheitsrechts fehlte es jedoch an den erforderlichen Voraussetzungen.

Die Leistungen seien von der Beklagten schließlich auch nicht etwa zu Unrecht an den Kläger gewährt; die Beklagte habe sie vielmehr durchaus nach den für sie maßgeblichen Vorschriften zu Recht gewährt. Durch eine spätere rückwirkende Rentenbewilligung sei der Leistungszweck nicht nachträglich weggefallen, der in der im Augenblick der Not vorzunehmenden Deckung der Lebensbedürfnisse des Versicherten bestanden habe.

Mangels einer Gegenforderung könne die Beklagte somit weder aufrechnen noch von einem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machen.

Das LSG. hat die Revision ausdrücklich - unter Hinweis auf seine Abweichung von der Grundsätzlichen Entscheidung des RVA. (AN. 1944 S. 333) - zugelassen.

III. Gegen das ihr am 8. Mai 1956 zugestellte Urteil des LSG. vom 6. März 1956 hat die Beklagte unter Stellung eines Antrags am 4. Juni 1956 Revision eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

Sie rügt eine Verletzung der Aufrechnungsvorschrift der RVO (§ 1309 a. F.) sowie der Tbc-Hilfe-Verordnung und der Richtlinien zum TVW.

Die für das TVW maßgeblichen Bestimmungen schrieben, soweit sich überhaupt Unterschiede zu den in der Tbc-Hilfe-Verordnung selbst vorgeschriebenen Leistungen ergäben, stets eine noch günstigere Regelung vor. Die durch die Verordnung und ihre Zusatzbestimmungen vorgesehene Regelung sei demnach im Rahmen des TVW als jeweiliger Mindestbetrag zu betrachten, der den Betreffenden in jedem Falle zu gewähren sei. Damit seien die Leistungen der Verordnung selbst ein Teil der Leistungen nach dem TVW; dann müßten jedoch auch die sonstigen Grundsätze, die zur Verordnung erlassen seien, für das TVW gelten. Nach § 1 Abs. 2 der Verordnung sei die Rückforderung der Leistungen zwar ausgeschlossen, nach § 3 der Verordnung in Verbindung mit Ziff. 27 des 1. Runderlasses sei jedoch das Einkommen anzurechnen. Zu den anzurechnenden Bezügen gehörten auch Rentennachzahlungen. Die wirtschaftliche Hilfe sei daher nur eine ergänzende Leistung, die das sonstige Einkommen auf eine durch die Vorschriften näher bestimmte Höhe aufstocken solle. Aus dieser Subsidiarität folge der Charakter als vorschußweise Leistung, soweit für denselben Zeitraum Rentenansprüche beständen.

In § 292 des Lastenausgleichsgesetzes (LAG) sei der unmittelbare Übergang des Anspruchs auf Nachzahlung der Unterhaltshilfe nach dem Lastenausgleich von dem Landesfürsorgeverband für rückliegende Monate, in denen wirtschaftliche Tbc-Hilfe gewährt sei, vorgeschrieben. Dies müsse als allgemeiner Grundsatz dann auch für andere öffentlich-rechtliche Nachzahlungen gelten. Diese Auffassung werde durch die im Urteil angeführten Erlasse der Nordrhein-Westfälischen Minister bestätigt.

Danach sei auch die Auffassung des früheren RVA. zutreffend, daß eine Aufrechnung nach § 1309 RVO a. F. aus dem Gesichtspunkt eines "gezahlten Vorschusses" berechtigt sei; die wirtschaftliche Hilfe sei wirtschaftlich nur vorläufig gewährt.

Das LSG. irre auch, wenn es die tatsächlich durch Rentennachzahlungen erfolgten Überzahlungen nicht als zu Unrecht gewährte Leistungen ansehen wolle; auch deshalb sei eine Aufrechnung zulässig.

Die Vorschriften über den "Einsatzfamilienunterhalt", die ebenso wie die Tbc-Hilfe-Verordnung ausdrücklich betonten, daß der Familienunterhalt keine Leistung der öffentlichen Fürsorge sei, und die deshalb gleichfalls ein Rückerstattungs- und Pfändungsverbot enthielten, sahen gleichwohl ausdrücklich eine Anrechnung auf Rentennachzahlungen und die Zurückerstattung danach zu Unrecht gezahlten Familienunterhalts vor. Entsprechendes müsse auch für die Tbc-Hilfe-Verordnung gelten.

Die Beklagte beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Kläger abzuweisen.

Der Kläger beantragt demgegenüber, die Beklagte kostenpflichtig zurückzuweisen.

Er beruft sich vollinhaltlich auf das angefochtene Urteil, ohne noch eigene Ausführungen dazu zu machen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist frist- und formgerecht unter Stellung eines Antrags eingelegt und begründet worden; sie ist vom LSG. zugelassen und daher statthaft.

Die Revision ist jedoch nicht begründet.

Das Bundessozialgericht (BSG.) hatte zunächst von Amts wegen die Zulässigkeit der Berufung zu prüfen. Das LSG. hat die Berufung deswegen für statthaft angesehen, weil keine der eine Berufung ausschließenden Vorschriften (§§ 144 Abs. 1 und 146 SGG) hier in Frage kämen, da keine "Leistung" in deren Sinn streitig sei. Der erkennende Senat hat bereits früher (BSG. 3 S. 279) eingehend dargelegt, daß ein Urteil über den Streit, ob gegen den unstreitigen Anspruch auf Nachzahlung einer Rente für einen rein in der Vergangenheit liegenden Zeitraum aufgerechnet oder diese Nachzahlung nach § 1311 RVO a. F. verweigert werden könne, nur die "Rente für bereits abgelaufene Zeiträume" betreffe. Es besteht kein Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzugehen, so daß auch im vorliegenden Fall die Berufung an sich entgegen der Auffassung des LSG. nicht statthaft war.

Wie das BSG. jedoch in ständiger Rechtsprechung für die Übergangsfälle des § 215 Abs. 3 und Abs. 8 SGG entschieden hat (vgl. BSG., Urteil vom 9.5.1957 - 4 RJ 318/55 - mit dortigen Belegangaben), bleibt die Berufung trotz der Vorschriften der §§ 143 und 149 zulässig, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hatte und die Berufung nach § 150 Abs. 1 SGG von einem Sozialgericht (SG.) zuzulassen gewesen wäre; die Prüfung der grundsätzlichen Bedeutung hat in derartigen Übergangsfällen - bei denen es sich um Entscheidungen von Oberversicherungsämtern aus der Zeit vor dem 1. Januar 1954 handelt - das LSG. selbst vorzunehmen; diese Grundsätze sind gleichermaßen auch auf Fälle des § 215 Abs. 7 SGG anzuwenden. Im vorliegenden Fall bedarf die grundsätzliche Bedeutung der Sache keiner besonderen Darlegung. Das LSG. hätte die Berufung somit über § 150 Abs. 1 als zulässig ansehen müssen; es hat daher, wenn auch mit rechtlich unzutreffender Begründung, die Berufung im Ergebnis richtig als statthaft angesehen und auf sie sachlich entschieden.

In der Sache selbst handelt es sich allein um die Frage, ob die Beklagte die Nachzahlung von Rente für solche Zeiten verweigern durfte, während deren der Kläger von der Zentralst. mit Geldmitteln im Rahmen der wirtschaftlichen Tbc-Hilfe betreut wurde, während hinsichtlich der Zeit, während der dem Kläger auch stationäre Krankenhausbehandlung zuteil wurde, zwischen den Parteien kein Streit mehr besteht.

Auszugehen ist von der Regelung im Rahmen der Verordnung über die Tbc-Hilfe vom 8. September 1942 selbst, wenn auch die späteren Ausführungen ergeben werden, daß diese Verordnung jedenfalls unmittelbar auf Fälle wie den vorliegenden nicht anwendbar ist.

1. Die genannte Verordnung regelt die Verpflichtungen der Fürsorgeverbände, die nach ihr immer dann einzutreten haben, wenn die erforderliche Hilfe nicht anderweitig sichergestellt ist (§ 3 a. a. O.). Diese Leistungen der Fürsorgeverbände sind nach § 1 Abs. 2 a. a. O. keine Leistungen der öffentlichen Fürsorge. Ziff. 5 des 1. Runderlasses des Ministers des Innern vom 9. September 1942 (MinBlIV. Spalte 1826) erläutert dies folgendermaßen:

"Sie ist eine durch Reichsrecht den Fürsorgeverbänden übertragene Pflichtaufgabe besonderer Art, deren Inhalt unter Ausschaltung des Fürsorgerechts die Tbc-Verordnung und die nach § 8 Abs. 1 erlassenen Vorschriften regelt. Die Leistungen gehen deshalb ... den ... Fürsorgeleistungen vor."

Diese beabsichtigte Verschiedenheit (besonders deutlich hervorgehoben wird der Wille des Gesetzgebers in dem Gutachten Muthesius, das sich als "Rechtsauskunft vom 21. August 1954" als Anlage zum Urteil des LSG. Bremen (ZfS. 1954 S. 212) findet) zeigt sich auch in dem Verbot des Erstattungsverlangens (§ 1 Abs. 2), das nur im Rahmen des § 4 durchbrochen wird (Ziff. 6 des 1. Runderlasses). Nach Muthesius soll diese Unzulässigkeit sogar unmittelbar aus der Ausschaltung des Fürsorgerechts folgen und in die Verordnung nur nochmals erläuternd aufgenommen worden sein. Feststeht hiernach zunächst unzweifelhaft, daß die Fürsorgeverbände nicht berechtigt sind, sich ihre Auslagen unmittelbar von den Versicherungsträgern oder Versorgungsämtern erstatten zu lassen (vgl. OVG. Lüneburg ZfS. 1953 S. 9).

2. Anerkannten Rechts dürfte es jetzt sein, daß der Bedürftige auf die echten Fürsorgeleistungen einen klagbaren Anspruch hat, auch wenn die gesetzlichen Bestimmungen darüber unmittelbar nichts besagen (vgl. BVerwG. Bd. 1 S. 159). Darüber, ob aus gleichen oder ähnlichen Gedankengängen auch ein im Rechtsweg verfolgbarer Anspruch des Tbc-Erkrankten auf Tbc-Hilfe anzunehmen ist, besteht dagegen in Rechtsprechung und Literatur keine einheitliche Auffassung. Man geht zwar übereinstimmend davon aus, daß die Tbc-Verordnung als Mittel der Seuchenbekämpfung zum Schutze der Allgemeinheit erlassen ist; die Befürworter des klagbaren Anspruchs wollen jedoch neben dieser seuchenpolizeilichen Aufgabe auch eine zu Gunsten der einzelnen Betroffenen sich auswirkende wohlfahrtspflegerische Aufgabe (bei Vorliegen von "Hilfsbedürftigkeit" in einem weiteren Sinne) als heutiges Anliegen der Tbc-Verordnung annehmen (dafür: LVG. Koblenz, Urteil vom 9.10.1952, DVBl. 1953 S. 151; Rohwer-Kahlmann, ZfS. 1956 Hefte 9/10 und 11/12; dagegen u. a. OVG. Lüneburg, Urteil vom 3.3.1954, ZfS. 1954 S. 285 und BVerwG. Bd. 2 S. 203).

3. Die nach der Tbc-Verordnung in ausreichendem Maße zu leistende wirtschaftliche Fürsorge ist nach Ziff. 20 des 1. Runderlasses ein wesentlicher Bestandteil der Tbc-Hilfe: "Eine unzureichende wirtschaftliche Fürsorge gefährdet den Heilerfolg". Nach Ziff. 22 a. a. O. muß das Maß des zu gewährenden Lebensbedarfs im angemessenen Verhältnis zur früheren Lebensführung stehen; Ziff. 23 gibt als Maßstab an: "Die Leistungen für den Lebensbedarf müssen sich im Rahmen der entsprechenden Leistungen des Einsatz-Familien-Unterhalts (EFU) halten. Nach Ziff. 21 a. a. O. ist diese wirtschaftliche Fürsorge von den Stadt- und Landkreisen nach den Bestimmungen der Fürsorgeverbände durchzuführen; für diese von den Fürsorgeverbänden zu erlassenden Bestimmungen wird im 1. Runderlaß vom 30. Dezember 1942 (MinBlIV. 1943 Spalte 26) ein einheitliches Muster vorgeschrieben, das in seiner Ziff. 11 wieder auf den EFU verweist und insbesondere im einzelnen anführt, welche §§ der EFU-Durchführungsverordnung vom 26. Juni 1940 und welche Nummern des zugehörigen Runderlasses vom 5. Mai 1942 sinngemäß anzuwenden sind. Hinzuweisen ist hier darauf, daß die Nr. 181, die die Geltendmachung von Ersatzansprüchen und die Inanspruchnahme von Rentennachzahlungen zum Ausgleich für geleistete EFU regelt, nicht in Bezug genommen ist.

4. Abgesehen von Roth (ZfS. 1954 S. 207), der aus Ziff. 5 des 1. Runderlasses folgern will, daß Tbc-Hilfe selbst bei relativ hohem Einkommen gewährt werden solle und nicht an Hilfsbedürftigkeit gebunden sei, vielmehr immer zu gewähren sei, wenn das Einkommen 7200,- DM nicht übersteige (so daß besonders Renten, die regelmäßig unter dieser Grenze lägen, niemals anzurechnen seien), wird einhellig die auch nach der Auffassung des erkennenden Senats zutreffende Ansicht vertreten, daß eine anderweitige Sicherstellung der Hilfe schon dann und insoweit anzunehmen ist, als Einkommen (vgl. Ziff. 26 des 1. Runderlasses), gleichviel welcher Art, sonst zur Verfügung steht. Falls Renten gezahlt werden, kann daher der Fürsorgeverband seine wirtschaftliche Hilfe auf die etwaige Differenz zwischen der Rente und der nach EFU-Richtlinien möglicherweise höheren Hilfe beschränken.

Für den Kreis der von der Rentenversicherung erfaßten Tbc-Kranken sind von den Rentenversicherungsträgern Richtlinien über die Maßnahme zur Bekämpfung der Tbc vereinbart, wobei die Gesamtheit dieser Maßnahmen unter der Bezeichnung "Tuberkuloseversorgungswerk" zusammengefaßt wird. Diese Richtlinien sind vom Reichsarbeitsminister in seinem Erlaß vom 3. Juni 1944 ("Verbindlichkeitserlaß") für verbindlich erklärt ("Ich ersuche, nach ihnen zu verfahren.").

In diesen Richtlinien ist unter IV festgelegt: "Wirtschaftliche Versorgung wird für den an Tbc Erkrankten und seine Familie von der Rentenversicherung in dem Umfange gewährt, der der nach der Tbc-Verordnung vorgesehenen wirtschaftlichen Fürsorge gleichwertig ist, und zwar in Form des Hausgeldes."

Unter Hinweis auf die vereinbarten Richtlinien erklärte der Minister des Innern in seinem 4. Runderlaß vom 22. Dezember 1943 unter Ziff. 5: "Die zur Bekämpfung der Tbc erforderliche Hilfe ist damit für den genannten Personenkreis im Sinne der Nr. 26 des 1. Runderlasses sichergestellt", während er in dem vorhergehenden 3. Runderlaß vom 18. August 1943 noch einen Vorbehalt insoweit machen mußte, als damals die Versicherungsträger die Kosten der Pflege und der Absonderung in der Wohnung noch nicht übernommen hatten (so daß insoweit noch die Fürsorgeverbände leistungspflichtig bleiben).

Bei aller Verschiedenheit in der sonstigen rechtlichen Beurteilung wird heute im wesentlichen übereinstimmend angenommen, daß - entgegen dem Ausgangspunkt der Grundsätzlichen Entscheidung des RVA. vom 27. Oktober 1944 (AN. 1944 S. 333) - die von den Rentenversicherungsträgern durchgeführten wirtschaftlichen Tbc-Hilfe-Maßnahmen nicht unmittelbar aus der Tbc-Hilfe-Verordnung folgen, die sich nur an die Landesfürsorgeverbände (LFV.) richtet, sondern daß sie auf dem TVW und der damit in Zusammenhang stehenden Regelung beruhen.

Auch die Beklagte, die daraus, daß die Leistungen nach dem TVW alle die nach der Tbc-Hilfe-Verordnung vorgeschriebenen Leistungen enthalten und sogar darüber hinausgehen, offenbar zu einer praktischen Gleichsetzung der Verpflichtungen aus beiden Vorschriftenkreisen kommen will, vermeidet es jedenfalls, so weit zu gehen und die Verpflichtungen der Rentenversicherungsträger unmittelbar auf die Tbc-Hilfe-Verordnung zurückzuführen; die insoweit allerdings nicht ganz verständlichen Ausführungen der Beklagten sollen im wesentlichen nur begründen, daß nach ihrer Auffassung sämtliche für die Verordnung getroffenen Regelungen auch im Rahmen des TVW stets ohne weiteres anzuwenden seien. für welche Annahme ein erkennbarer Rechtsgrund allerdings fehlt.

Wenn danach auf die Rentenversicherungsträger die Tbc-Hilfe-Verordnung und die zu ihr ergangenen Runderlasse auch nicht unmittelbar anzuwenden sind, so haben sie doch im Rahmen des TVW ihre große praktische Bedeutung dadurch, daß sich nur an ihnen die Gleichwertigkeit der Fürsorge und damit die Freistellung der Fürsorgeverbände von der Pflicht zur Gewährung der Tbc-Hilfe messen läßt.

Sehr umstritten ist dagegen die Frage, ob es sich bei den Leistungen nach dem TVW um Leistungen handelt, die von den Rentenversicherungsträgern auf Grund gesetzlicher Verpflichtung gewährt werden, oder ob diese Leistungen unverändert - wie jedenfalls für die anfänglichen Maßnahmen der Versicherungsträger auf dem Gebiet der Tbc-Bekämpfung unbestritten ist - freiwillige, auf § 1252 RVO a. F. beruhende Leistungen geblieben sind. Der 8. Senat des BSG. hat (BSG. 4 S. 75) die Rechts- und Sachlage unter Anführung der wesentlichen Belegstellen aus Rechtsprechung und Literatur eingehend untersucht und ist zu dem, für seine Entscheidung wesentlichen Ergebnis gekommen, daß "der Charakter der von den Rentenversicherungsträgern gewährten Tbc-Hilfe als freiwillige Leistung ... sich auch nach ... dem Jahre 1945 nicht geändert" habe. Es kann auf diese Entscheidung verwiesen werden, ohne daß es einer weiteren Untersuchung der auch heute noch stark umstrittenen Frage bedarf, da es für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits darauf nicht ankommt.

Unbedenklich kann mit dem LSG. davon ausgegangen werden - Angriffe gegen diese, auf einer eingehenden Beweiserhebung gegründete Auffassung sind auch von keiner Seite vorgetragen worden -, daß die Zentralst. keine von der Beklagten verschiedene Rechtsperson ist, daß sie vielmehr nur eine von der Beklagten und dem LFV. Westfalen errichtete gemeinsame Geschäftsstelle zur zentralen Durchführung der beiden Teilen auf dem Gebiete der Tbc-Bekämpfung obliegenden Pflicht- und freiwilligen Aufgaben darstellt, die jeweils unmittelbar für den in Frage kommenden Kostenträger handelt; für den vorliegenden Fall ist vom LSG. als dieser Kostenträger die Beklagte als nachgewiesen angesehen worden. Die hier fragliche wirtschaftliche Tbc-Hilfe kann daher als von der Beklagten unmittelbar geleistet angesehen werden.

Der Anspruch des Klägers auf Auszahlung des Restbetrags wäre zunächst dann ungerechtfertigt, wenn dieser Anspruch nicht mehr ihm, sondern einem Dritten zugestanden hätte.

1. Eine rechtsgeschäftliche Abtretung ist weder festgestellt noch behauptet worden.

2. Eine unmittelbare Anwendung des § 1531 RVO a. F. scheidet aus, weil es sich bei den Leistungen der Tbc-Hilfe nach dem ausdrücklich betonten Willen des Gesetzgebers nicht um Fürsorgepflichtleistungen handelt.

3. Eine entsprechende Anwendung der Bestimmung des § 1531 RVO a. F. scheidet gleichfalls aus, da selbst für die Pflichtleistungen der Tbc-Hilfe-Verordnung der Fürsorgecharakter ausgeschlossen und damit gerade in dieser Beziehung deutlich die wesensmäßige Verschiedenheit zu jenen Leistungen klargestellt ist; dies muß umso mehr für Leistungen nach dem TVW gelten.

4. Soweit die Beklagte eine Erstattungspflicht aus den Vorschriften über den EFU herleiten will, der nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift ebenfalls nicht als Fürsorgeleistung anzusehen ist und bei dem gleichwohl auch Rentennachzahlungen zum Ausgleich in Anspruch genommen werden können, übersieht sie, daß diese Inanspruchnahme auf einer ausdrücklichen Vorschrift (Nr. 181 des Runderlasses vom 5.5.1942 zur EFU-Durchführungsverordnung vom 26.6.1940) beruht, daß jedoch gerade diese Bestimmung nach Nr. 11 des 1. Runderlasses vom 30. Dezember 1942 zur Tbc-Hilfe-Verordnung hier nicht anzuwenden ist und jede sonstige gesetzliche Ermächtigung dafür im Rahmen der Tbc-Hilfe-Verordnung fehlt; läßt sich jedoch eine Erstattung im Rahmen der Tbc-Hilfe-Verordnung unmittelbar auf jene Vorschriften nicht stützen, so kommt ihre entsprechende Anwendung auf nach dem TVW zu regelnde Fälle erst recht nicht in Betracht.

5. Das LSG. hat zutreffend ausgeführt, daß die Erlasse der Minister der beteiligten Länder, die die Anrechnung der Rentennachzahlungen auf Tbc-Hilfe vorschreiben, nur Verwaltungsanordnungen sind. Selbst für die nach der Tbc-Hilfe-Verordnung unmittelbar geleisteten Zahlungen würde durch derartige Anordnungen die rückwirkende Anrechnung von Rentennachzahlungen nicht rechtswirksam begründet werden können; um so weniger kann dies der Fall sein für Zahlungen auf Grund des TVW.

6. Wenn die Beklagte schließlich unter Berufung auf § 292 LAG geltend macht, aus dieser Bestimmung könne auf einen allgemeinen Grundsatz geschlossen werden, daß die Leistung wirtschaftlicher Tbc-Hilfe für die leistende Stelle einen unmittelbaren Anspruch auf etwaige öffentlich-rechtliche Nachzahlungen in entsprechender Höhe begründe, so ist dieses Vorbringen nicht schlüssig. Es zeigt sich vielmehr gerade umgekehrt an den in den Rahmen der vorstehenden Untersuchung einbezogenen Vorschriften, daß die jeweiligen Bestimmungen hinsichtlich der Frage einer "cessio legis" des Anspruchs auf etwaige Nachzahlungen so stark voneinander abweichen, daß daraus ein verbindlicher Schluß auf einen allgemein in gleicher Richtung laufenden Willen des Gesetzgebers nicht gezogen werden kann.

Wenn das LSG. in seinem Urteil ferner die Möglichkeit einer Einstellung der Rentenleistungen nach § 1311 Abs. 3 RVO a. F. ablehnt, so ist dieser Auffassung schon deswegen zuzustimmen, weil es sich vorwiegend einzig um im Tbc-Hilfe-Verfahren gewährte Geldleistungen handelt und diese keinesfalls als "Heilverfahren" im Sinne jener Vorschrift angesehen werden können; eines Eingehens auf die sonstigen Erwägungen des LSG. bedarf es daher insoweit nicht.

Schließlich ergeben auch die Vorschriften der RVO a. F. über die Aufrechnung keine rechtliche Grundlage für das Vorgehen der Beklagten.

Von den im § 1309 RVO a. F. - § 1544 e Abs. 1 Satz 3 RVO kommt offensichtlich nicht in Frage - vorgesehenen Fällen scheiden ohne weiteres die Aufrechnung gegen Ersatzforderungen nach § 1542 RVO a. F., diejenige gegen geschuldete Beiträge, diejenige gegen Erstattungsansprüche auf Verfahrenskosten und diejenige gegen ausstehende Geldstrafen aus.

Es bleibt daher allein noch zu prüfen, ob Zahlungen aus der wirtschaftlichen Tbc-Hilfe "als gezahlte Vorschüsse" oder als "zu Unrecht gezahlte Leistungen" betrachtet werden können.

Abzulehnen ist zunächst in Übereinstimmung mit dem LSG. der Gedanke, durch die nachträgliche Rentenzahlung für frühere Zeiträume werde die in jenen Zeiten gewährte wirtschaftliche Fürsorge zu einer zu Unrecht gezahlten Leistung. Da der Betroffene in jener Zeit, in der er dessen bedurfte, kein Einkommen hatte, sind die TVW-Leistungen durchaus berechtigt gewährt worden. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob diese Leistung für die Beklagte eine Pflichtleistung gewesen ist oder nicht. Handelt es sich um eine freiwillige Leistung, so kann eine dann allein auf dem Willen der Beklagten beruhende Zahlung ohnehin als zu Unrecht gezahlte Leistung nicht in Betracht kommen; wäre es dagegen eine Pflichtleistung, dann würde sie nach den infrage kommenden Bestimmungen nicht nachträglich zu einer Unrechtleistung werden können, wenn dies nicht irgendwie ausdrücklich bestimmt wäre.

Die Frage, ob die wirtschaftliche Tbc-Hilfe als eine Vorschußleistung auf eine etwaige Rente angesehen werden kann, hat das Urteil des 8. Senats (a. a. O. S. 81/82) für den Fall einer beabsichtigten Anrechnung auf spätere Versorgungsbezüge bereits ausdrücklich behandelt. Wenn, wie im vorliegenden Fall, beide Zahlungen von demselben Versicherungsträger zu leisten waren, entfallen allerdings die in dem Urteil aus der Personenverschiedenheit hergeleiteten Bedenken. Die übrigen Erwägungen des Urteils reichen jedoch bereits aus, auch die Tbc-Hilfe nicht als Vorschußleistung anzusehen. Die Wesensverschiedenheit beider Leistungen läßt eine nachträgliche Umdeutung nicht zulässig erscheinen. Wenn das RVA. (AN. 1944 S. 333) eine derartige Umdeutung allein damit begründet, "wirtschaftlich gesehen habe der Versicherungsträger eine Vorauszahlung auf die Rente gewährt, auch wenn dies nicht besonders zum Ausdruck gebracht wurde", so reicht diese Begründung nicht hin. Eine Vorschußzahlung auf eine Rente, immerhin allgemein ein ungewöhnlicher Vorgang, muß mindestens im Augenblick der Zahlung klar stehen und für den Betroffenen als solche bezeichnet werden. Unzulässig ist es, dem Versicherten zuzumuten, selbst mit dieser Möglichkeit zu rechnen, etwa, weil er einen Rentenantrag gestellt hat.

Dahingestellt bleiben kann im vorliegenden Fall, ob derartige Zahlungen dann als Vorschüsse behandelt werden und eine geeignete Aufrechnungsgrundlage bilden könnten, wenn auf ihrem Vorschußcharakter vorher ausdrücklich hingewiesen worden wäre.

Das Urteil des LSG. läßt mithin keinen Rechtsverstoß erkennen, wenn es die Beklagte nicht für berechtigt hält, dem Kläger die Auszahlung des noch ausstehenden Rentenrestbetrages zu verweigern.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2253203

BSGE, 61

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge