Entscheidungsstichwort (Thema)
Versagung einer Leistung. Klageart
Orientierungssatz
1. Die Versagung einer Leistung (hier: Krankengeld) kann grundsätzlich nur mit der isolierten Anfechtungsklage angegriffen werden. Dennoch ist auch im Falle einer Versagung nach § 66 SGB 1 nicht stets ausgeschlossen, mit der Anfechtungsklage eine Leistungs- oder Verpflichtungsklage zu verbinden
2. Ist der Kläger rechtskundig vertreten, stellt es keinen Verfahrensmangel dar, wenn das Sozialgericht im Zusammenhang mit der Versagung einer Leistung nach § 66 SGB 1 gleichzeitig über die Anspruchsvoraussetzungen bezüglich der Leistung selbst entscheidet.
3. Eines Hinweises des Gerichts, das Klagebegehren auf eine Anfechtungsklage zu beschränken, bedarf es in diesem Fall nicht.
Normenkette
SGG § 54; SGB 1 § 66 Abs 1; SGG § § 123, 150 Nr 2, § 54 Abs 1, § 54 Abs 4
Verfahrensgang
Tatbestand
In diesem Rechtsstreit verfolgt der Kläger das Ziel, von der beklagten Betriebskrankenkasse Krankengeld für die Zeit vom 19. November bis 18. Dezember 1984 zu erhalten. Die Beklagte hatte die Krankengeldzahlung nach § 66 des Sozialgesetzbuches - Allgemeiner Teil - (SGB I) versagt.
Der Kläger war aufgrund einer Beschäftigung als Zimmermann versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten. Nach wiederholtem Krankengeldbezug schrieb ihn sein behandelnder Arzt am 5. November 1984 wegen eines Schulter-Arm-Syndroms erneut arbeitsunfähig, und zwar zunächst bis 13. November und dann darüber hinaus. Einer mit Hinweis auf § 66 Abs 2 SGB I versehenen Aufforderung der Beklagten, am 12. November 1984 die Vertrauensärztliche Dienststelle (VäD) zu einer sozialmedizinischen Begutachtung aufzusuchen, kam der Kläger nicht nach. Als Entschuldigungsgrund gab der behandelnde Arzt in seinem Bericht vom 12. November 1984 an, (Kläger) "hatte eine akute Ischialgie und lag im Bett". Außerdem teilte er mit, die letzte Beratung habe am selben Tag stattgefunden und es hätten die Befunde "Neuralgien in den Armen, Kraftlosigkeit" vorgelegen. Nun bestellte die Vertrauensärztliche Facharztzentrale (VäFAZ) den Kläger mit Schreiben vom 12. November 1984 - ebenfalls unter Hinweis auf §§ 62 und 66 Abs 2 SGB I - zu einer Begutachtung seiner Arbeitsfähigkeit am 19. November 1984 ein. Auch zu diesem Termin erschien der Kläger nicht.
Mit Schreiben vom 26. November 1984 bat die Beklagte den Kläger, bis spätestens 30. November 1984 die Gründe seines Fernbleibens anzugeben und bei einer Verhinderung wegen seines Gesundheitszustandes eine ärztliche Entschuldigung einzureichen. Ferner teilte sie ihm mit, daß der Anspruch auf Krankengeld ab 19. November 1984 ganz versagt werde, falls der Kläger ohne wichtigen Grund ferngeblieben sei. Am 26. November 1984 ging bei der Beklagten ein Bericht des behandelnden Arztes vom 19. November 1984 mit einem Anschreiben der Ehefrau des Klägers ein. Der Bericht des Arztes enthielt ua folgende Eintragungen: Befund "kann nicht beurteilt werden, Patient kommt nicht", (er) "kommt nicht regelmäßig zu Sprechstunden, Ehefrau kommt und läßt den Bericht ausfüllen", (er) "liegt angeblich im Bett und hat keine Lust", "vertrauensärztliche Begutachtung ist ... jederzeit ... möglich". Die Ehefrau teilte mit, ihr Mann könne aus gesundheitlichen Gründen bis zur Kur nicht mehr arbeiten und die Kur könnten sie erst im März 1985 antreten, weil sie beide führen und die Kinder erst im März Osterferien bekämen.
Die Beklagte sah das Fernbleiben des Klägers nicht als entschuldigt an; sie wies ihn auf ihr Schreiben vom 26. November 1984 hin, wonach das Krankengeld ab 19. November 1984 versagt werde (Schreiben vom 28. November 1984). Der vom Kläger mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragte Rechtsanwalt K (K.) widersprach mit der Begründung, seinem Mandanten treffe keine Schuld, denn er habe die Terminsmitteilung der VäFAZ vom 12. November 1984 erst am 19. November 1984 gegen 16.00 Uhr erhalten; abgesehen davon sei er aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen, einen Termin beim Vertrauensarzt wahrzunehmen (Schreiben vom 3. Dezember 1984). Die Beklagte antwortete Rechtsanwalt K., sie müsse die Krankengeldzahlung solange einstellen, bis der Kläger der Einbestellung zur vertrauensärztlichen Nachuntersuchung Folge leiste (Schreiben vom 12. Dezember 1984). Am 18. Dezember 1984 unterzog sich der Kläger der vertrauensärztlichen Untersuchung. Sie ergab keinen Objektivbefund mit Krankheitswert. Der untersuchende Arzt hielt in seiner Beurteilung fest, mit dem behandelnden Kollegen sei volle Übereinstimmung erzielt worden, daß der Patient uneingeschränkt arbeitsfähig sei, keiner Umschulung und keines Heilverfahrens bedürfe und auch keinen Rentenfall darstelle. Der Kläger wurde am selben Tag von der Beklagten telegraphisch unterrichtet, daß er ab sofort als arbeitsfähig anzusehen sei. Rechtsanwalt K. forderte die Beklagte unter Fristsetzung bis 31. Januar 1985 und Androhung der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs auf, das Krankengeld für die Zeit vom 19. November bis 18. Dezember 1984 nachzuzahlen (Schreiben vom 25. Januar 1985).
Anfang März 1985 hat Rechtsanwalt K. Klage mit dem Antrag erhoben, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Krankengeld für die streitbefangene Zeit in Höhe von 1.695,30 DM nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen. Während des Klageverfahrens führte die Beklagte das Widerspruchsverfahren durch. Sie hielt daran fest, daß davon ausgegangen werden müsse, der Kläger sei ohne hinreichende Gründe der sozialmedizinischen Begutachtung am 19. November 1984 ferngeblieben und damit seiner Mitwirkungspflicht nach § 66 Abs 2 SGB I nicht nachgekommen. Sie habe daher zu Recht die Zahlung von Krankengeld für diesen Zeitraum der Weigerung versagt.
Das Sozialgericht (SG) hat von Prof. Dr. W, Chefarzt der Abteilung für Orthopädie am Krankenhaus in B, ein Sachverständigengutachten zu der Frage eingeholt, ob beim Kläger vom 19. November bis zum 18. Dezember 1984 zweifelsfrei ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand bestanden habe, aufgrund dessen er nicht in der Lage gewesen sei, die Tätigkeit eines Zimmermanns zu verrichten. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, er könne zwar zum jetzigen Zeitpunkt die vom SG gestellte Frage nicht zweifelsfrei beantworten, da jedoch vom behandelnden Arzt ein Schulter-Arm-Syndrom festgestellt und behandelt worden sei, sollte von der Richtigkeit der Diagnose ausgegangen werden (Gutachten vom 26. November 1985).
Die Beklagte hat eingewandt, das Gutachten vermöge an der Rechtmäßigkeit ihres Verwaltungshandelns nichts zu ändern. Streitgegenstand sei die Versagung des Krankengelds, wozu sie nach § 66 Abs 1 SGB I berechtigt gewesen sei. Für die Rechtmäßigkeit der Versagung des Krankengeldes komme es gerade nicht darauf an, ob der Kläger in dem strittigen Zeitraum objektiv arbeitsunfähig gewesen sei, sondern allein darauf, daß er durch fehlende Mitwirkung die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert habe. Seine persönliche Vorstellung beim VäD sei das vom Gesetzgeber vorgesehene Mittel (§ 369b Reichsversicherungsordnung -RVO-), um die Anspruchsvoraussetzungen für das begehrte Krankengeld zu dokumentieren bzw Zweifel daran auszuräumen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat Rechtsanwalt K. seinen Antrag dahingehend neu gefaßt, den Bescheid der Beklagten vom 28. November 1984 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 1985 aufzuheben und die Beklagte zur Krankengeldzahlung für die streitbefangene Zeit (dem Grunde nach) zu verurteilen.
Das SG hat die Klage aus folgenden Gründen abgewiesen: Der Anspruch auf Krankengeld scheitere daran, daß die Arbeitsunfähigkeit nicht nachgewiesen sei. Die Versuche der Beklagten, die Arbeitsunfähigkeit durch den Vertrauensarzt klären zu lassen, seien daran gescheitert, daß der Kläger aus Gründen, die keine Rolle spielten, nicht zum Vertrauensarzt gegangen sei. Auch die nachträgliche Prüfung durch den gerichtlichen Sachverständigen habe keine einwandfreie Klärung ergeben. Da die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Krankengeld nicht vorlägen, komme eine Prüfung, ob die Beklagte einen Krankengeldanspruch zu Recht versagt habe, nicht mehr in Betracht; denn nur ein tatsächlich bestehender Anspruch könne versagt werden.
Der nun nicht mehr von Rechtsanwalt K. vertretene Kläger hat gegen das Urteil des SG zur Niederschrift des Urkundsbeamten des Landessozialgerichts (LSG) Berufung eingelegt und in einem selbst gefertigten Schreiben ausgeführt: Die Beklagte habe es versäumt, ihn ein zweites Mal zum Vertrauensarzt zu schicken. In B sei es üblich, daß man einen neuen Termin bekomme, wenn man sich telefonisch entschuldigt habe. Sein Arzt habe ihn bis zum 19. Dezember 1984 wöchentlich weiter krank geschrieben. Er habe vier Wochen von der Kasse nichts gehört und sich dann selbst einen Termin beim Vertrauensarzt geben lassen.
Das LSG hat dem Vorbringen des Klägers entnommen, er begehre nur (noch) die Aufhebung der angefochtenen Bescheide. In diesem Sinne hat es der Klage in vollem Umfang stattgegeben und seine Entscheidung wie folgt begründet: Die an sich nach § 144 Abs 1 Nr 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ausgeschlossene Berufung sei nach § 150 Nr 2 SGG statthaft. Gegen die Versagung einer Leistung nach §§ 62, 66 SGB I sei nur die reine Anfechtungsklage nach § 54 Abs 1 SGG statthaft. Das habe das SG nicht beachtet, es sei vielmehr sowohl bei der Sachverhaltsermittlung als auch bei der abschließenden Entscheidung davon ausgegangen, daß der Kläger einen Leistungsantrag nach § 54 Abs 4 SGG gestellt habe. Es hätte auf eine sachgerechte Antragstellung hinweisen müssen. Da es über einen Streitgegenstand entschieden habe, der zulässigerweise nicht zur Prüfung habe gestellt werden dürfen, habe es § 123 SGG nicht beachtet. Dieser Mangel sei vom Kläger gerügt worden, denn sein Vortrag bezeichne den zutreffenden Streitgegenstand. Seine Klage sei auch begründet. Der erforderliche Beweis dafür, daß der Kläger die Vorladung für den Termin zum Vertrauensarzt am 19. November 1984 rechtzeitig erhalten habe, sei von der beweispflichtigen Beklagten nicht geführt worden. Abgesehen davon genüge die Einladung zum Untersuchungstermin am 19. November 1984 nicht den Grundsätzen, die bei einer Versagung nach § 66 SGB I zu beachten seien.
Mit der Revision rügt die Beklagte, das LSG habe § 150 Nr 2, § 123 iVm §§ 54 und 56, § 106 und § 103 SGG sowie § 66 SGB I verletzt. Der vom LSG angenommene Verfahrensmangel hafte dem erstinstanzlichen Urteil nicht an, denn der Kläger habe vor dem SG ausdrücklich die Verurteilung zur Leistung beantragt. Dagegen habe das LSG ohne Berücksichtigung der vom Kläger erhobenen Ansprüche nur über die Anfechtungsklage entschieden. Aus dem Gesamtvorbringen des Klägers hätte das LSG erkennen müssen, daß das Ziel des Klägers die Zahlung des Krankengeldes gewesen sei. Ihrem Beweisantrag, durch Vernehmung der Zeugin Sch von der VäFAZ festzustellen, daß die Einladung zu der - auf 19. November 1984 festgesetzten - vertrauensärztlichen Untersuchung bereits am 12. November 1984 zur Post gegeben worden sei, habe das LSG ohne Begründung nicht entsprochen. Schließlich verkenne das LSG bei seiner Auslegung des § 66 SGB I die Zweckbestimmung der Mitwirkungspflichten und der bei fehlender Mitwirkung zu verhängenden Folgen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts vom 12. November 1986 - L 9 Kr 71/86 - aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 9. Mai 1986 - S 72 Kr 71/85 - als unzulässig, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen, hilfsweise den Rechtsstreit an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Er macht sich die Begründung des Berufungsurteils zu eigen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie wendet sich zu Recht dagegen, daß das LSG in der Sache entschieden hat. Die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des SG ist unzulässig. Entgegen der Auffassung des LSG ist der Ausschluß der Berufung nach § 144 Abs 1 Nr 2 SGG nicht aufgrund einer Verfahrensrüge des Klägers nach § 150 Nr 2 SGG aufgehoben.
Das Revisionsgericht kann in vollem Umfang prüfen, ob in der Berufungsinstanz ein wesentlicher Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens gerügt worden ist und ob dieser Verfahrensmangel auch tatsächlich vorliegt. Die Zulässigkeit der Berufung ist eine Voraussetzung für eine Sachentscheidung des LSG. Sie muß objektiv gegeben sein. Das Revisionsgericht hat daher nicht nur zu prüfen, ob die Feststellungen des LSG zur Zulässigkeit verfahrensfehlerhaft zustande gekommen sind oder nicht (BSG SozR 1500 § 150 SGG Nr 18 mwN).
Das Berufungsvorbringen des Klägers enthält keine Verfahrensrüge und auch keine sonstigen Beanstandungen, die sich auf das erstinstanzliche Verfahren beziehen. Der Kläger hat im wesentlichen nur vorgetragen, die Beklagte habe es versäumt, ihn ein zweites Mal zum Vertrauensarzt zu schicken, obwohl es "in B üblich" sei, "daß man einen neuen Termin bekommt, wenn man sich telefonisch entschuldigt hat". Die Umstände des vorliegenden Falles erlauben es nicht, dieses Vorbringen des Klägers in der Berufungsinstanz dahin auszulegen, daß der Kläger einen Verfahrensmangel des sozialgerichtlichen Verfahrens rügen wollte.
Das LSG ist der Meinung, vom SG sei § 123 SGG nicht beachtet worden, weil es über einen Streitgegenstand entschieden habe, der zulässigerweise nicht zur Prüfung habe gestellt werden dürfen. Es muß hier nicht entschieden werden, ob allein die Nichtbeachtung des § 123 SGG einen Verfahrensmangel darstellt oder ob es sich um einen Fehler in der Urteilsfindung - unrichtige Anwendung materiellen Prozeßrechts - handelt (strittig; im letzteren Sinne Meyer-Ladewig, SGG mit Erläuterungen, 3. Aufl., § 123 RdNr 6 mit Hinweis auf Entscheidungen des BSG und BAG; kritisch: Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, Stand März 1987, § 123 SGG Anm 3 S II/121). Der Kläger hat jedenfalls im Berufungsverfahren weder ausdrücklich noch sinngemäß eine Verletzung des § 123 SGG gerügt. Das LSG folgert eine solche Rüge daraus, daß gegen die Versagung einer Leistung nach §§ 62, 66 SGB I nur die reine Anfechtungsklage nach § 54 Abs 1 SGG statthaft sei, das SG dagegen auch über einen Leistungsantrag nach § 54 Abs 4 SGG entschieden habe, und der Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren den zutreffenden Streitgegenstand bezeichne, nämlich die Frage, ob eine Mitwirkungspflicht verletzt worden sei. Dieser Folgerung steht entgegen, daß der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren ausdrücklich neben dem Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide auch den Antrag gestellt hat, die Beklagte zur Zahlung von Krankengeld für die streitbefangene Zeit zu verurteilen. Nach § 123 SGG hat das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche zu entscheiden. Zwar ist das Gericht nicht an die Fassung der Anträge gebunden, maßgebend bleibt aber das Begehren des Klägers. Dieses war im vorliegenden Fall auch auf die Verurteilung zur Leistungsgewährung gerichtet. Ob das SG insoweit zutreffend entschieden hat, ist eine andere Frage. Jedenfalls kann bei den gegebenen Umständen aus dem Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren nicht die Rüge herausgelesen werden, das SG habe mit der Entscheidung über den Leistungsantrag über einen nicht erhobenen Anspruch entschieden.
Zu erwägen ist allerdings in diesem Zusammenhang, ob der Kläger eine Verletzung des § 123 SGG insofern rügen wollte, als das SG die angefochtenen Bescheide mit einer anderen Begründung bestätigt und deshalb unter Umständen in ihrem Wesen verändert hat. Das SG hat die Klage auf Aufhebung der Bescheide nach § 66 SGB I mit der Begründung abgewiesen, dem Kläger habe ein Anspruch auf Krankengeld nicht zugestanden. Bei der Verneinung eines Leistungsanspruchs handelt es sich dem Wesen nach um eine andere Entscheidung als bei der Versagung einer Leistung nach § 66 SGB I. Dennoch kann sich der Senat auch aus dieser Sicht nicht der Schlußfolgerung des LSG anschließen. Für die Beantwortung der Frage, ob durch die Entscheidung des Gerichts der Verwaltungsakt in seinem Wesen verändert wird, ist maßgebend, inwieweit die Entscheidung des Gerichts in Rechtskraft erwächst. Die Begründung der gerichtlichen Entscheidung wird grundsätzlich nicht von der Rechtskraft erfaßt (vgl Peters/Sautter/Wolff aaO § 123 Anm 4 S II/122; Meyer-Ladewig aaO § 141 RdNr 7). Die rechtskräftige Abweisung der Anfechtungsklage hat zur Folge, daß der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend wird (§ 77 SGG). Soweit das SG im vorliegenden Fall die Abweisung der Anfechtungsklage damit begründet hat, daß die Voraussetzungen des vom Kläger geltend gemachten Leistungsanspruchs nicht vorliegen, entspricht die Begründung derjenigen, mit der die Leistungsklage abgewiesen worden ist. Es kann deshalb dem Berufungsvorbringen des Klägers, soweit es sich gegen diese Begründung richten sollte, keine weitergehende Bedeutung als in Bezug auf die abweisende Entscheidung des SG über die Leistungsklage beigemessen werden.
Wenn auch, wie dargelegt, die vom Kläger bzw seinem Rechtsanwalt im Widerspruchs- und Klageverfahren gestellten Anträge der Annahme entgegenstehen, das SG habe § 123 SGG verletzt, bleibt die Frage zu beantworten, ob der Kläger mit seinem Berufungsvorbringen - retrospektiv - beanstanden wollte, das SG habe zu Unrecht über seine Leistungsklage in der Sache entschieden, statt sie als unzulässig zu behandeln. Eine Leistungsklage setzt in der Regel voraus, daß bereits eine Verwaltungsentscheidung über die geltend gemachte Leistung vorliegt; nur wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hat, kann eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, unmittelbar eingeklagt werden (§ 54 Abs 4 und 5 SGG). Die Entscheidung über die Versagung einer Leistung nach § 66 SGB I enthält aber keine Entscheidung über den Leistungsanspruch selbst. Es ist deshalb dem LSG zuzustimmen, daß eine Versagung grundsätzlich nur mit der isolierten Anfechtungsklage angegriffen werden kann. Dennoch ist auch im Falle einer Versagung nach § 66 SGB I nicht stets ausgeschlossen, mit der Anfechtungsklage eine Leistungs- oder Verpflichtungsklage zu verbinden. So ist eine Versagung nach § 66 Abs 1 SGB I nur zulässig, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Daraus folgt, daß der Versicherungsträger die Leistung nicht wegen mangelnder Mitwirkung des Versicherten bei der Aufklärung des Sachverhalts versagen darf, wenn bereits alle Leistungsvoraussetzungen nachgewiesen sind. In solchen Fällen wäre es aus prozeßökonomischen Gründen nicht sinnvoll und aus Rechtsschutzgründen nicht vertretbar, lediglich die Versagung aufzuheben - mit der Begründung, die Leistungsvoraussetzungen seien nachgewiesen - und den Versicherten im übrigen auf ein neu in Gang zu setzendes Verfahren zu verweisen. Der Kläger hat geltend gemacht, aufgrund der Bescheinigungen seines behandelnden Arztes stehe fest, daß er in der streitbefangenen Zeit arbeitsunfähig gewesen sei und ihm deshalb Krankengeld zugestanden habe. Er hat damit nicht nur die Voraussetzungen für eine Versagung bestritten, sondern auch das Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen behauptet. Seine Leistungsklage war aus diesem Grund nicht bereits unzulässig.
Eine andere Frage ist es, ob das SG nach seiner Sachaufklärung den Kläger auf die Möglichkeit und Zweckmäßigkeit einer Beschränkung oder Änderung seiner Klage hätte aufmerksam machen müssen. Da nach Ansicht des SG die Leistungsvoraussetzungen nicht nachgewiesen waren, hätte eine Beschränkung auf die Anfechtungsklage nahe gelegen. Unter Umständen wäre auch, da der Kläger während des Verwaltungsverfahrens seine Mitwirkung nachgeholt hatte, hilfsweise eine Verpflichtungsklage in Betracht gekommen, nämlich die Klage auf Verpflichtung der Beklagten, über eine nachträgliche Leistungserbringung nach § 67 SGB I zu entscheiden. Das Gericht ist jedoch nicht verpflichtet, auf "sachgerechte Anträge" hinzuweisen, wenn die Klagepartei, wie im vorliegenden Fall der Kläger, von einem rechtskundigen Bevollmächtigten vertreten wird und dieser zu erkennen gibt, daß er aufgrund seiner Beurteilung der Sach- und Rechtslage seine Anträge für begründet hält. Die Beklagte hat zudem den Bevollmächtigten des Klägers im erstinstanzlichen Verfahren darüber informiert, daß nach ihrer Ansicht nur die Versagung nach § 66 SGB I Gegenstand des Rechtsstreits sei. Der Bevollmächtigte des Klägers hätte dem Rechnung tragen und auch seinerseits den Rechtsstreit auf die Versagung beschränken können. Stattdessen hat er an dem bei Klageerhebung gestellten Leistungsantrag festgehalten.
Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt ebenfalls nicht vor. Das SG hat deutlich zu erkennen gegeben, daß es seine Prüfung auf die Leistungsvoraussetzungen erstreckt (zB durch die Einholung des Sachverständigengutachtens). Der Bevollmächtigte des Klägers hat, wie sich aus seinen Anträgen ergibt, eine solche Prüfung ausdrücklich gewünscht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen