Leitsatz (amtlich)
Auf dem Versorgungsausgleich beruhende Rententeile sind als vom Ausgleichsberechtigten selbst erworbene Leistungen nur bei den einkommensabhängigen Ansprüchen nach dem BVG (Ausgleichsrente, Schadensausgleich und Berufsschadensausgleich), nicht aber auf die wiederaufgelebte Gesamtversorgung der Witwe nach § 44 Abs 5 BVG anzurechnen.
Orientierungssatz
Wiederaufgelebte Witwenrente Versorgungsausgleich bei Auflösung der neuen Ehe - Anrechnung Regelungslücke - Gleichberechtigung von Mann und Frau - Gleichwertigkeit von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit - verfassungskonforme Auslegung - allgemeiner Gleichheitsgrundsatz - schuldrechtlicher Versorgungsausgleich
1. Ansprüche leiten sich nur dann "aus der neuen Ehe" her, wenn sie dazu bestimmt sind, den Unterhalt, den die Witwe bei Fortbestehen der neuen Ehe von ihrem Ehemann erhalten hätte, zu ersetzen. Dagegen fallen Ansprüche, die auf eigenen Geldleistungen oder sonstigen Aufwendungen oder Leistungen der Ehefrau in der Zeit der neuen Ehe beruhen, nicht unter § 44 Abs 5 BVG. Solche Ansprüche sind selbst erworben und berühren die Hinterbliebenenversorgung nicht (vgl BSG vom 5.7.1979 9 RV 12/78 = SozR 3100 § 44 Nr 12). Dieser Tatbestand ist beim Versorgungsausgleich gegeben, weil der Versorgungsausgleich nach der Ehescheidung keinen Unterhaltsanspruch gegen den geschiedenen Ehemann ersetzt. Der Versorgungsausgleich beruht vielmehr auf dem Gedanken, daß die Ehefrau während der Ehe durch eigene Leistungen dazu beigetragen hat, daß der Ehemann eine höhere Versorgungsanwartschaft als sie selbst erlangen konnte.
2. § 1291 Abs 2 S 2 RVO und auch § 615 Abs 2 RVO erklären ausdrücklich, daß der auf einem Versorgungsausgleich beruhende Teil einer Versichertenrente bei der wiederaufgelebten Witwenrente nicht anzurechnen ist. Daraus, daß diese Regelung nicht auch für § 44 Abs 5 BVG - und die vergleichbare Vorschrift des § 61 Abs 3 BeamtVG getroffen ist, läßt sich nicht folgern, daß hier etwas anderes zu gelten hätte. Für eine abweichende Behandlung des Versorgungsausgleichs im Versorgungsrecht gegenüber dem Recht der Rentenversicherung und Unfallversicherung besteht keine sachliche Rechtfertigung.
3. Die in § 9 Abs 3 BSchAV enthaltene Regelung, daß "Einkommen aus früherer Tätigkeit, das infolge eines Versorgungsausgleichs in seiner Höhe verändert ist, stets mit dem Betrag anzurechnen ist, der sich ohne den Versorgungsausgleich ergäbe", widerspricht § 30 Abs 3 BVG. Diese vom Verordnungsgeber getroffene Wertung, daß der Versorgungsausgleich kein auf früherer Tätigkeit beruhendes Einkommen begründet, sondern so zu behandeln ist, als begründe er eine Art Unterhaltsanspruch widerspricht nicht nur der gewandelten allgemeinen Auffassung über die Gleichwertigkeit von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit, sondern - spätestens seit dem 1. EhRG - auch dem Gesetz. Daß die Haushaltstätigkeit der Frau als Berufstätigkeit zu werten ist, hat der Senat in seinem Urteil vom 13.07.1988 9/9a RV 18/87 = SozR 3614 § 1 Nr 7 im Zusammenhang mit dem sogenannten "Hausfrauenberufsschadensausgleich" entschieden. An die abweichende Auffassung des Verordnungsgebers ist er nicht gebunden, weil es sich um eine im Rang unter dem förmlichen Gesetz stehende Rechtsquelle handelt.
Normenkette
BVG § 44 Abs 5; BSchAV § 9 Abs 3; RVO § 1291 Abs 2 S 2; BeamtVG § 61 Abs 3; RVO § 615 Abs 2; GG Art 3 Abs 1; GG Art 3 Abs 2
Verfahrensgang
SG Gelsenkirchen (Entscheidung vom 30.04.1987; Aktenzeichen S 19 V 303/86) |
Tatbestand
Streitig ist, ob der Teil des Altersruhegeldes der Klägerin, der auf einem Versorgungsausgleich beruht, auf ihren wiederaufgelebten Anspruch auf Witwenrente anzurechnen ist.
Der erste Ehemann der Klägerin ist 1941 an Schädigungsfolgen gestorben. Die zweite Ehe der Klägerin wurde 1980 geschieden. Dabei wurden der Klägerin im Wege des Versorgungsausgleichs Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 222,40 DM übertragen. Die Landesversicherungsanstalt (LVA) bewilligte der Klägerin wiederaufgelebte Witwenrente ohne Anrechnung von Ansprüchen aus der zweiten Ehe. Das Versorgungsamt rechnete bei der mit Bescheid vom 8.Mai 1981 wiederbewilligten Witwenrente (Grundrente, Ausgleichsrente und Schadensausgleich) den Versorgungsausgleich als einen sich aus der aufgelösten Ehe ergebenden Anspruch an.
Einen Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 8. Mai 1981 lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom 16. August 1985). Dem Widerspruch half er insoweit ab, als er bis zum Bezug des Altersruhegeldes ab 1. November 1981 von einer Anrechnung der im Wege des Versorgungsausgleichs übertragenen Rentenanwartschaften absah. Im übrigen blieb der Widerspruch erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 1986).
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 30. April 1987): Bei dem Rentenanteil, der auf einem Versorgungsausgleich beruhe, handele es sich um einen Anspruch, der sich aus der neuen Ehe herleite. Deshalb sei er nach § 44 Abs 5 Bundesversorgungsgesetz (BVG) anzurechnen.
Mit der zugelassenen Sprungrevision rügt die Klägerin die Verletzung des § 44 Sozialgesetzbuch-Verwaltungsverfahren (SGB X) und des § 44 Abs 5 BVG. Sie verweist auf die ausdrückliche Regelung des § 1291 Abs 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) in der ab 1. Januar 1986 durch das Gesetz zur Neuordnung der Hinterbliebenenrenten sowie zur Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung - HEZG - vom 11.Juli 1985 (BGBl 1985 I Seite 1450 ff) gültigen Fassung, wonach der auf einem Versorgungsausgleich beruhende Teil einer Versichertenrente auf die wiederaufgelebte Witwenrente nicht anzurechnen sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide zu verurteilen, den Bescheid vom 8. Mai 1981 zurückzunehmen, soweit der auf dem Versorgungsausgleich beruhende Teil des Altersruhegeldes auf die wiederaufgelebte Witwenrente angerechnet worden ist.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Aus der ausdrücklichen Regelung in § 1291 Abs 2 RVO lasse sich der Schluß ziehen, daß dies für den Bereich des Versorgungsrechts gerade nicht gelten solle. Die Systematik der Anrechnung von Einkommen sei in beiden Rechtsgebieten unterschiedlich.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Der Beklagte durfte bei der Bewilligung der wiederaufgelebten Witwenrente die auf dem Versorgungsausgleich beruhenden Rentenansprüche der Klägerin auf die Gesamtversorgung nicht anrechnen. Er hat deshalb den Bescheid vom 8. Mai 1981 gemäß § 44 Abs 1 SGB X insoweit zurückzunehmen und die Gesamtversorgung der Klägerin ab 1. November 1981 neu festzustellen.
Der Anspruch auf Witwenversorgung lebt nach § 44 Abs 2 BVG wieder auf, wenn eine Witwe wieder geheiratet hat und die neue Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt wird. Auf diesen wiederaufgelebten Versorgungsanspruch sind nach § 44 Abs 5 BVG Versorgungs-, Renten- oder Unterhaltsansprüche, die sich aus der neuen Ehe herleiten, anzurechnen, soweit sie zu verwirklichen sind, nicht schon zur Kürzung anderer wiederaufgelebter öffentlich-rechtlicher Leistungen geführt haben und nicht auf den Kostenträger der Kriegsopferversorgung übergeleitet sind. Dadurch soll sichergestellt werden, daß die Witwe nach Auflösung der zweiten Ehe jedenfalls nicht eine geringere Versorgung erhält als nach der ersten Ehe. Nur soweit der Anspruch aus der neuen Ehe hinter den Ansprüchen aus der früheren Ehe zurückbleibt, wird eine Leistung gewährt, das heißt, die wiederaufgelebte Rente soll lediglich eine eventuelle Versorgungslücke, die durch die Wiederheirat entstehen würde, schließen (BSGE 38, 183, 184 = SozR 2200 § 1291 Nr 2; BSGE 42, 110, 111 = SozR 2200 § 1291 Nr 10; BSG SozR 2200 § 1291 Nr 17 und Nr 20; BSG SozR 3100 § 44 Nrn 3, 10 und 12).
Nach dem Sinn dieser Regel leiten sich Ansprüche nur dann "aus der neuen Ehe" her, wenn sie dazu bestimmt sind, den Unterhalt, den die Witwe bei Fortbestehen der neuen Ehe von ihrem Ehemann erhalten hätte, zu ersetzen. Dagegen fallen Ansprüche, die auf eigenen Geldleistungen oder sonstigen Aufwendungen oder Leistungen der Ehefrau in der Zeit der neuen Ehe beruhen, nicht unter § 44 Abs 5 BVG. Solche Ansprüche sind selbst erworben und berühren die Hinterbliebenenversorgung nicht (BSG SozR 3100 § 44 Nr 12). Dieser Tatbestand ist hier gegeben, weil der Versorgungsausgleich nach der Ehescheidung keinen Unterhaltsanspruch gegen den geschiedenen Ehemann ersetzt. Der Versorgungsausgleich beruht vielmehr auf dem Gedanken, daß die Ehefrau während der Ehe durch eigene Leistungen dazu beigetragen hat, daß der Ehemann eine höhere Versorgungsanwartschaft als sie selbst erlangen konnte. Alle in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte beider Ehegatten werden als Ergebnis einer partnerschaftlichen Lebensleistung angesehen und daher bei Auflösung der Ehe zwischen den Eheleuten gleichmäßig aufgeteilt (BT-Drucksache 7/4361 Seite 18 ff; BGHZ 74, 38 ff mit weiteren Nachweisen). Die Arbeitsleistungen von Mann und Frau werden damit als gleichwertige Beiträge zum Familienunterhalt und zur Alterssicherung gewertet (BVerfGE 37, 217, 251 mit weiteren Nachweisen). Dabei ist es unerheblich, wodurch diese Leistungen erbracht worden sind, ob durch Erwerbstätigkeit oder Haushaltsführung. Mit dem Versorgungsausgleich sollte zugleich dem während der Ehe nicht erwerbstätigen Ehegatten eine von der Person des früheren Ehegatten unabhängige, eigenständige soziale Sicherung verschafft werden (BT-Drucksache aaO). Die Gutschrift im Versicherungskonto des Ausgleichsberechtigten bewirkt im späteren Leistungsfall, daß sich die Rente entsprechend erhöht. Der erhöhte Rentenanspruch steht damit zwar im - wenn auch zeitlich manchmal entfernten - Zusammenhang mit der Auflösung der Ehe durch Scheidung, er gilt jedoch in voller Höhe selbst dann, wenn er allein durch die Übertragung von Rentenanwartschaften im Versorgungsausgleich begründet wird, als durch eigene Leistung erworben.
Dieser gesetzgeberischen Konzeption, die durch das Erste Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts (1. EheRG) vom 14. Juni 1976 (BGBl I Seite 1421) eingeführt und in den §§ 1587 bis 1587p Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) im einzelnen geregelt ist, entspricht es, wenn nunmehr § 1291 Abs 2 Satz 2 RVO und auch § 615 Abs 2 RVO ausdrücklich erklären, daß der auf einem Versorgungsausgleich beruhende Teil einer Versichertenrente bei der wiederaufgelebten Witwenrente nicht anzurechnen ist. Es handelt sich dabei um keine Rechtsänderung, sondern lediglich um eine Klarstellung (vgl BR-Drucksache 500/84 Seite 24, Seite 37 zu Nr 36 Buchstabe a; BT-Drucksache 10/3518 Seite 9 und Seite 17). Wenn diese Klarstellung nicht auch für § 44 Abs 5 BVG - und die vergleichbare Vorschrift des § 61 Abs 3 Beamtenversorgungsgesetz - getroffen ist, obwohl gerade auch das BVG durch Art 8 Nr 4 HEZG geändert worden ist, läßt sich daraus nicht folgern, daß hier etwas anderes zu gelten hätte. Für eine abweichende Behandlung des Versorgungsausgleichs im Versorgungsrecht gegenüber dem Recht der Rentenversicherung und Unfallversicherung besteht keine sachliche Rechtfertigung. Aus der unterschiedlichen Wortfassung der §§ 1291, 615 RVO und 44 BVG ist in der Rechtsprechung nie ein sachlicher Unterschied hergeleitet worden (vgl BSG SozR Nr 11 zu § 44 BVG). Von dieser Gleichbehandlung abzuweichen, besteht um so weniger Anlaß, als auch die Gesetzesmaterialien keinen Anhaltspunkt dafür liefern, daß dieses während des Gesetzgebungsverfahrens vor der Verabschiedung des HEZG erwogen worden ist. Es findet sich keine Äußerung zur Frage, ob § 44 Abs 5 BVG eine den §§ 1291, 615 RVO entsprechende Klarstellung erfahren sollte - was wegen des systematischen Zusammenhanges nahegelegen hätte. Aus der Tatsache, daß dies nicht geschehen ist, lassen sich hinsichtlich des gesetzgeberischen Willens aber nicht die Schlußfolgerungen ziehen, die der Auffassung des Beklagten entsprächen. Es mag sein, daß der Gesetzgeber im Rentenversicherungsrecht die Klarstellung deshalb für geboten hielt, weil hier die Einkommensanrechnung neu eingeführt worden ist (§ 1281 RVO idF durch das HEZG), die im Versorgungsrecht für den Schadensausgleich und die Ausgleichsrente schon immer gilt. Näher liegt es, vom planwidrigen Unterlassen einer sinnvollen gesetzlichen Regelung auszugehen.
Es muß allerdings eingeräumt werden, daß kurz vor dem HEZG die an der Gesetzgebung beteiligten Organe, Bundesregierung und Bundesrat, durch die Berufsschadensausgleichsverordnung vom 29. Juni 1984 (BGBl I 858) zum Ausdruck gebracht haben, daß sie die durch Versorgungsausgleich erworbenen Rentenanteile nicht als durch eigene Tätigkeit erworbenes Einkommen betrachten. In § 9 Abs 3 Berufsschadensausgleichsverordnung heißt es nämlich: "Einkommen aus früherer Tätigkeit, das infolge eines Versorgungsausgleichs in seiner Höhe verändert ist, ist stets mit dem Betrag anzurechnen, der sich ohne den Versorgungsausgleich ergäbe". Diese Regelung widerspricht § 30 Abs 3 BVG. Danach erhalten Berufsschadensausgleich "rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist (Einkommensverlust)". Nach § 30 Abs 9 wird zwar die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnungen mit Zustimmung des Bundesrats zu bestimmen, welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist; damit ist aber der Verordnungsgeber nicht berechtigt, frei zu bestimmten, was Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit ist. Durch § 9 Abs 3 Berufsschadensausgleichsverordnung hat der Verordnungsgeber festgesetzt, daß der Versorgungsausgleich kein auf früherer Tätigkeit beruhendes Einkommen begründet, sondern so zu behandeln ist, als begründe er eine Art Unterhaltsanspruch. Diese Wertung widerspricht nicht nur der gewandelten allgemeinen Auffassung über die Gleichwertigkeit von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit (vgl BGHZ - GZS - 50, 304), sondern - spätestens seit dem 1. EheRG - auch dem Gesetz. Daß die Haushaltstätigkeit der Frau als Berufstätigkeit zu werten ist, hat der Senat in seinem Urteil vom 13. Juli 1988 (9/9a RV 18/87 - zur Veröffentlichung bestimmt) im Zusammenhang mit dem sogenannten "Hausfrauenberufsschadensausgleich" entschieden. An die abweichende Auffassung des Verordnungsgebers ist er nicht gebunden, weil es sich um eine im Rang unter dem förmlichen Gesetz stehende Rechtsquelle handelt.
Sofern aus dem gesetzwidrigen § 9 Abs 3 Berufsschadensausgleichsverordnung und dem Schweigen des Gesetzgebers in § 44 BVG geschlossen werden könnte, daß die Unterschiede zwischen Versorgungs- und Rentenversicherungsrecht gewollt seien, müßte im - hier möglichen - Weg verfassungskonformer Auslegung die Gleichbehandlung herbeigeführt werden.
Eine von der Regelung der RVO abweichende Auslegung des § 44 Abs 5 BVG wäre verfassungsrechtlich zumindest bedenklich. Mit der Konzeption des Versorgungsausgleichs hat der Gesetzgeber auch das Gebot der Gleichberechtigung von Mann und Frau (Art 3 Abs 2 Grundgesetz -GG-) im Falle der Scheidung befolgt. Dieser grundsätzliche Schritt hin zu einer eigenständigen Sicherung vor allem der nicht erwerbstätigen Frau bindet in Zukunft nicht nur die Verwaltung, sondern sogar den Gesetzgeber selbst und die Gerichte bei der (verfassungskonformen) Auslegung der Gesetze. Nach den neueren Erkenntnissen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 55, 72, 88; 60, 123, 133 f.; 65, 104, 112 f.; 75, 78, 105) ist der Gleichheitssatz dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können.
Solche Gründe für eine Differenzierung bestehen hier nicht. Die Anrechnung von Einkommen auf eine Hinterbliebenenrente ist zwar - entsprechend den unterschiedlichen Rechtsgründen und Zwecken der Leistungen - im Rentenversicherungsrecht anders als im Versorgungsrecht. Im Rentenversicherungsrecht erfolgt die Anrechnung einer eigenen Rente jenseits eines bestimmten Freibetrages (vgl § 1281 RVO idF durch das HEZG), im Versorgungsrecht zwar nicht bei der Grundrente, wohl aber bei der Ausgleichsrente und dem Schadensausgleich (§§ 40a, 41 BVG). Das ergibt aber noch keinen sachlich einleuchtenden Grund dafür, auch bei der in beiden Rechtsgebieten vom selben Grundgedanken getragenen Konzeption der wiederaufgelebten Witwenrente unterschiedlich zu verfahren. Damit würde im Gegenteil das Gebot systemkonformer Sachgerechtigkeit als Ausprägung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes (Art 3 Abs 1 GG) wie im Hinblick auf die besondere Konzeption des Versorgungsausgleichs auch das Gebot der Gleichberechtigung von Mann und Frau (Art 3 Abs 2 GG) in Frage gestellt.
Mit dieser Rechtsauffassung weicht der Senat nicht von dem Urteil des 5. Senats vom 29. September 1987 (SozR 2200 § 1291 Nr 31), auf das sich der Beklagte beruft, ab. Dieses Urteil betrifft den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich, der nicht wie der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich auf der Übertragung von Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung beruht, sondern durch einen Anspruch auf Rentenzahlung des geringer versorgten Ehegatten gegenüber dem höher versorgten Ehegatten einen Ausgleich herbeiführt und damit möglicherweise einem Unterhaltsanspruch ähnelt (vgl §§ 1587f bis 1587n BGB). Weil er keinen eigenständigen Versorgungsanspruch begründet, ist er gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich auch subsidiär (§1587f BGB).
Durch das Verbot, den auf dem Versorgungsausgleich beruhenden Teil des Altersruhegeldes auf die wiederaufgelebte Witwenrente der Klägerin anzurechnen, ist der Beklagte nicht gehindert, bei der Neufeststellung der Gesamtversorgung ein entsprechend höheres Altersruhegeld nunmehr der Berechnung des Schadensausgleichs und der Ausgleichsrente zugrunde zu legen (§§ 40a, 41 BVG iVm § 12 der Verordnung zur Durchführung - DVO - des § 30 Abs 3 bis 6 BVG idF vom 29. Juni 1984 - BGBl I S 861 - sowie §§ 14, 1 der DVO zu § 33 BVG idF der Bekanntmachung vom 1. Juli 1975 - BGBl I S 1769 -).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Fundstellen