Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsfähigkeit von Beiträgen, die aufgrund der Weiterversicherung nach § 27 GAL geleistet worden sind
Orientierungssatz
1. Auch die von einem aus der landwirtschaftlichen Alterskasse ausgeschiedenen (ehemaligen) landwirtschaftlichen Unternehmer nach § 27 GAL entrichteten Beiträge sind nach § 48 Abs 2 S 1 zu erstatten (Festhaltung an BSG von 29.3.1990 - 4 RLw 4/89).
2. Die Erstattungspflicht des § 48 Abs 2 S 1 GAL setzt keine zeitliche Kongruenz von Erstattungs- und Nachentrichtungszeitraum voraus. GAL-Beiträge für Zeiträume, für die in der gesetzlichen Rentenversicherung keine Nachentrichtung freiwilliger Beiträge möglich ist, weil sie zB schon mit Pflichtbeiträgen belegt sind, sind gemäß § 48 Abs 2 S 1 GAL ebenfalls zu erstatten.
Normenkette
GAL § 27 Abs 1 S 1, § 48 Abs 2 S 1 Fassung: 1985-12-20
Verfahrensgang
LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 10.08.1989; Aktenzeichen L 10 Lw 4/89) |
SG Braunschweig (Entscheidung vom 13.12.1988; Aktenzeichen S 5 Lw 11/88) |
Tatbestand
Streitig ist die Erstattung von Beiträgen.
Der 1930 geborene Kläger war vom 1. Oktober 1967 bis zum 30. September 1979 landwirtschaftlicher Unternehmer und entrichtete Pflichtbeiträge an die beklagte Alterskasse (LAK). Nach Abgabe des Unternehmens erklärte er gemäß § 27 Abs 1 Satz 1 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) gegenüber der LAK, er wolle die Entrichtung von Beiträgen fortsetzen. Demgemäß zahlte er vom 1. Oktober 1979 bis zum 31. März 1988 weiterhin Beiträge an die LAK. Im März 1988 beantragte er die Gewährung eines Zuschusses zur Nachentrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung nach § 47 Abs 1 GAL. Nachdem die Landesversicherungsanstalt (LVA) Hannover ihm die Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen zur Arbeiterrentenversicherung nach Art 2 § 52a des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) gestattet und der Kläger seinen Eigenanteil hieran in Höhe von 30.658,-- DM eingezahlt hatte, überwies die LAK den beantragten Beitragszuschuß in Höhe von 19.474,-- DM an die LVA Hannover. Mit dem streitigen Bescheid vom 10. November 1988 stellte die LAK fest, der Kläger sei gemäß § 48 Abs 1 GAL mit Ablauf des Monats März 1988 aus der landwirtschaftlichen LAK ausgeschieden (Verfügungssatz 1), die für die Zeit von Oktober 1967 bis September 1979 entrichteten Pflichtbeiträge würden in Höhe von 5.838,-- DM erstattet (Verfügungssatz 2) und die Erstattung der von Oktober 1979 bis März 1988 nach § 27 GAL entrichteten Beiträge werde abgelehnt (Verfügungssatz 3), weil diese von der Beitragserstattung ausgeschlossen seien.
Das Sozialgericht (SG) Braunschweig hat die Beklagte unter Abänderung des streitigen Bescheides verurteilt, "die Beiträge auch für die Zeit vom 1. Oktober 1979 bis 31. März 1988 zu erstatten" (Urteil vom 13. Dezember 1988). Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 10. August 1989). Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Folge man dem Wortlaut von § 48 Abs 2 Satz 1 GAL in der ab 1. Januar 1986 geltenden Fassung, habe der Kläger keinen Erstattungsanspruch auf die ab Oktober 1979 nach § 27 GAL entrichteten Beiträge, weil er nicht mehr "beitragspflichtiger landwirtschaftlicher Unternehmer" gewesen sei. Es bestehe aber kein großer Unterschied zwischen den Pflichtbeiträgen eines landwirtschaftlichen Unternehmers nach § 14 Abs 1 GAL und der Beitragspflicht eines früheren landwirtschaftlichen Unternehmers nach § 27 Abs 1 GAL. Es sei kein Grund ersichtlich, weshalb der Gesetzgeber durch die Änderung des § 48 Abs 2 GAL im Gegensatz zur früheren Rechtslage eine Beitragserstattung für die Zeit der Weiterversicherung nach § 27 GAL habe ausschließen wollen (Hinweis auf die Begründung zu Nr 25 Buchst b des Entwurfs zum Dritten Agrarsozialen Ergänzungsgesetz -3. ASEG- vom 20. Dezember 1985, BGBl I S 2475, BT-Drucks 10/3483). Zweck des 3. ASEG sei ua gewesen, die soziale Sicherung mitarbeitender Familienangehöriger auch für den Fall zu gewährleisten, daß das Arbeitsverhältnis und damit die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ende (Hinweis auf BT-Drucks 10/3483 zu Nr 15 des Entwurfs zum 3. ASEG). Bei der eiligen Verabschiedung des Gesetzes habe der Gesetzgeber durch die Neufassung des § 48 Abs 2 GAL wahrscheinlich klarstellen wollen, daß nicht auch die vom landwirtschaftlichen Unternehmer getragenen, für die mitarbeitenden Familienangehörigen entrichteten Beiträge erstattet werden sollen. Nicht bedacht worden sei, daß durch den neugefaßten Wortlaut auch eine Erstattung der nach § 27 GAL vom früheren landwirtschaftlichen Unternehmer entrichteten Beiträge ohne einleuchtenden Grund ausgeschlossen würde. Die Interessenlage der früheren landwirtschaftlichen Unternehmer, die nach § 27 GAL Beiträge entrichtet hätten, habe sich nicht geändert (Hinweis auf Giese SdL 1988, 236f). Die in der Neufassung des Gesetzes bestehende Lücke sei durch richterliche Rechtsfindung und Rechtsauslegung dahin zu schließen, daß auch nach § 27 GAL entrichtete Beiträge nach § 48 Abs 2 GAL zu erstatten seien (Hinweis auf die Stellungnahme des Gesamtverbandes der landwirtschaftlichen Alterskassen zu BT-Drucks 10/3483 und 10/4246, S 305f).
Zur Begründung der - vom LSG zugelassenen - Revision trägt die Beklagte vor, in § 48 Abs 2 Satz 1 GAL fehle es bereits an einer Gesetzeslücke. Durch die Änderung des Gesetzeswortlauts werde klar und eindeutig geregelt, daß nur Beiträge zu erstatten seien, die ein "beitragspflichtiger landwirtschaftlicher Unternehmer entrichtet" habe. Sachlicher Grund für den Ausschluß der Erstattung von nach § 27 Abs 1 GAL entrichteten Beiträgen sei, daß der Versicherte sich freiwillig zur Weiterentrichtung bereit erklärt habe. Die Verpflichtung zur Beitragszahlung hieraus unterscheide sich in mehrfacher Hinsicht von der notwendigerweise vorausgehenden ursprünglichen Beitragszahlungspflicht, die zwangsweise an die Realität der Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Unternehmens angeknüpft habe. Die Bedeutung der Freiwilligkeit ergebe sich auch daraus, daß das Bundessozialgericht (BSG-Urteil vom 30. April 1981, Agrarrecht 1982, 20 ff) und das Bundesverfassungsgericht (BVerfG-Beschluß vom 3. September 1982, Agrarrecht 1983, 52 ff) die Bindungswirkung und Unwiderruflichkeit der Weiterentrichtungserklärung maßgeblich mit der Freiwilligkeit begründet hätten. Ferner bestehe in der Realität ein entscheidender Unterschied, weil der kraft Gesetzes zwangsweise beitragspflichtige Landwirt einen landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschafte und dadurch auch seinen Lebensunterhalt überwiegend bestreite, während der freiwillig Beitragzahlende seinen Betrieb abgegeben habe und seinen Lebensunterhalt zumeist durch die Ausübung eines anderen Berufes sicherstelle. Das sei maßgebend auch für die Erstattungsansprüche. Die Änderung des Gesetzeswortlauts in § 48 Abs 2 GAL sei auch bewußt und gewollt vorgenommen worden. Der Gesetzgeber habe nämlich mit dem 3. ASEG auch in anderen Vorschriften (Hinweis auf § 2 Abs 1 Buchst b, § 2 Abs 2 Buchst b, § 4 Abs 1 Satz 4, § 3a Abs 1 Satz 2, § 4 Abs 1c Satz 1 GAL) die beiden Arten von Beiträgen unterschiedlich berücksichtigt. Außerdem hätte er inzwischen durch weitere gesetzliche Regelungen die Möglichkeit gehabt, den Wortlaut des § 48 Abs 2 Satz 1 GAL zu korrigieren (Hinweis auf das Siebte Rentenversicherungs-Änderungsgesetz -7. RVÄndG- vom 19. Dezember 1986, BGBl I S 2586, dort Art 6; Gesetz zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit -FELEG- vom 21. Februar 1989, BGBl I S 233). Aus diesem "beredten Schweigen" des Gesetzgebers sei der Schluß zu ziehen, daß die engere und begrenztere Regelung des Erstattungsanspruchs in § 48 Abs 2 GAL gewollt sei und eine Gesetzeslücke nicht vorliege. Die Problematik sei ihm auch bekannt gewesen. Der Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen, der früher Zweifel geäußert habe, vertrete die Auffassung, daß § 48 Abs 2 GAL in der geänderten Fassung wortgetreu anzuwenden sei (Hinweis auf ein Schreiben des Gesamtverbandes vom 29. August 1989 und eine Stellungnahme des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung Höpfinger an den Petitionsausschuß des Deutschen Bundestages vom 14. Dezember 1988). Der Gesetzgeber habe lediglich den Mangel der früheren Regelung, die eine Doppelversicherung begünstigt habe, beseitigt und ausgeschlossen, daß zweimal erhebliche Bundesmittel für die Alterssicherung ausgegeben werden. Hingegen führe die Rechtsauffassung des LSG zu einer doppelten Begünstigung des Versicherten, weil neben dem Beitragszuschuß nach § 47 GAL, der ausschließlich aus Bundesmitteln finanziert werde, auch noch die Erstattung der freiwillig zur landwirtschaftlichen Altershilfe weiterentrichteten Beiträge gewährt werde. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden nicht, weil nur eine Leistungsanwartschaft, nicht hingegen ein eventueller Beitragserstattungsanspruch durch Art 14 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) geschützt werde (Hinweis auf BVerfG - 1 BvR 772/85 - vom 24. November 1986).
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 10. August 1989 sowie des Sozialgerichts Braunschweig vom 13. Dezember 1988 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 10. November 1988 abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 10. August 1989 zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt vor, auch die gesetzliche Bestimmung zur Nachentrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung (Art 2 § 52a ArVNG) stelle auf "ehemalige landwirtschaftliche Unternehmer iS des § 1 Abs 3 GAL" ab, zu denen auch die nach § 27 GAL Beitragspflichtigen gehörten. Grund für die Änderung des § 48 Abs 2 GAL sei nicht der Ausschluß einer Doppelversicherung oder die Vermeidung doppelter Bundesausgaben gewesen (Hinweis auf ein Schreiben des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 20. Oktober 1986). Die nach § 27 GAL entrichteten Beiträge seien nicht durch Bundesmittel bezuschußt worden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis zu Recht entschieden, daß dem Kläger die nach § 27 GAL entrichteten Beiträge zu erstatten sind. Der erkennende Senat hält an seiner im Urteil vom 29. März 1990 (4 RLw 4/89, zur Veröffentlichung vorgesehen) dargelegten Rechtsauffassung fest, daß § 48 Abs 2 Satz 1 GAL vorschreibt, dem nach Abs 1 aaO aus der landwirtschaftlichen AK ausgeschiedenen (ehemaligen) landwirtschaftlichen Unternehmer (auch) die von ihm nach § 27 GAL entrichteten Beiträge zu erstatten.
Rechtsgrundlage eines Anspruchs des Klägers auf Erstattung von Beiträgen ist § 48 Abs 2 Satz 1 GAL in der hier anzuwendenden neuen Fassung (nF) des Dritten Agrarsozialen Ergänzungsgesetzes (3. ASEG) vom 20. Dezember 1985 (BGBl I S 2475), in Kraft getreten am 1. Januar 1986 (Art 10 Abs 1 des 3. ASEG). Danach werden Personen, die nach § 48 Abs 1 GAL aus der landwirtschaftlichen Alterskasse ausgeschieden sind, die Beiträge, die sie als beitragspflichtiger landwirtschaftlicher Unternehmer entrichtet haben, von Amts wegen erstattet. Bis zur Neufassung der Vorschrift durch das 3. ASEG war in ihr der Zusatz der Entrichtung der Beiträge als "beitragspflichtiger landwirtschaftlicher Unternehmer" nicht enthalten.
Der Wortlaut des § 48 Abs 2 Satz 1 GAL nF könnte - isoliert betrachtet - den Schluß nahelegen, daß neben den Beiträgen, die für einen - späteren - landwirtschaftlichen Unternehmer zuvor als mitarbeitenden Familienangehörigen entrichtet worden sind (§ 14 Abs 5 GAL), auch die Beiträge von der Erstattung ausgenommen sein sollen, die aufgrund der Erklärung nach § 27 Abs 1 Satz 1 GAL entrichtet wurden.
Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung ist der Wortlaut des § 48 Abs 2 Satz 1 GAL nF jedoch nicht eindeutig. Die Formulierung der Vorschrift "Beiträge, die sie als beitragspflichtiger landwirtschaftlicher Unternehmer entrichtet haben", schließt die Erstattung von nach § 27 GAL entrichteten Beiträgen nicht aus. § 27 Abs 1 Satz 1 GAL eröffnet ua dem "landwirtschaftlichen Unternehmer" die Möglichkeit der Weiterentrichtung von Beiträgen, wenn er erklärt, die Entrichtung von Beiträgen fortsetzen zu wollen. Aufgrund der Erklärung gemäß § 27 Abs 1 Satz 1 GAL wird er beitragspflichtig (Abs 1 Satz 5 aaO). Landwirtschaftlicher Unternehmer iS des § 48 Abs 2 Satz 1 GAL kann somit auch der landwirtschaftliche Unternehmer iS des § 27 Abs 1 Satz 1 GAL sein, der aufgrund der Bereiterklärung beitragspflichtig ist.
Allein diese Auslegung der erstgenannten Vorschrift entspricht der Entstehungsgeschichte und dem objektivierten Willen des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut iVm dem Sinnzusammenhang ergibt, in den die Vorschrift hineingestellt ist. Für die Ermittlung dieses objektivierten Willens des Gesetzgebers sind insbesondere die Stellung einer Einzelnorm im Gesetz, ihr sachlich-logischer Zusammenhang mit anderen Vorschriften also, sowie der Zweck der Regelung heranzuziehen. Eine Auslegung des § 48 Abs 2 GAL nF unter Beachtung dieser Kriterien ergibt, daß Beiträge, die ein - ehemaliger - landwirtschaftlicher Unternehmer aufgrund der Erklärung nach § 27 Abs 1 GAL entrichtet hat, von der Erstattung nicht ausgenommen sind.
Eines der wesentlichen Anliegen des 3. ASEG war es, neben den bereits früher erfaßten älteren mitarbeitenden Familienangehörigen nunmehr auch jüngere mitarbeitende Familienangehörige in der Landwirtschaft in der Altershilfe für Landwirte beitragspflichtig werden zu lassen, um sie in den sozialen Schutz der Altershilfe mit einzubeziehen (Begründung Regierungsentwurf, BT-Drucks 10/3483, S 15). Demgemäß wurden die Regelungen des GAL generell auf mitarbeitende Familienangehörige erstreckt (vgl § 1 Abs 1 iVm der Legaldefinition der mitarbeitenden Familienangehörigen in § 1 Abs 2 Satz 2 GAL idF des 3. ASEG). Diese Ausdehnung des Versicherungsschutzes machte es wiederum erforderlich, die Vorschriften redaktionell anzupassen, die - weiterhin - allein für landwirtschaftliche Unternehmer gelten sollten. Demgemäß wurde ua auch die Weiterversicherungsvorschrift des § 27 Abs 1 GAL geändert. Statt "Personen, die ... beitragspflichtig waren", heißt es nun idF des 3. ASEG: "Landwirtschaftliche Unternehmer, die ... beitragspflichtig waren". Bereits die Bezeichnung der Weiterversicherungsberechtigten als "landwirtschaftliche Unternehmer" ist ungenau und gibt nicht den wahren Willen des Gesetzes wieder; denn die Berechtigung zur Weiterversicherung gilt gerade für diejenigen Personen, die aus dem Kreis der landwirtschaftlichen Unternehmer ausgeschieden sind, also nur für ehemalige landwirtschaftliche Unternehmer. Sinn der Änderung des § 27 Abs 1 GAL nF war es jedoch, ehemalige mitarbeitende Familienangehörige von der Weiterversicherungsmöglichkeit auszuschließen (vgl Begründung Regierungsentwurf, aaO, S 21, zu Nr 16 Buchst a; Stellungnahme des Gesamtverbandes der Landwirtschaftlichen Alterskassen zum 3. ASEG, S 253). Zur Abgrenzung war es deshalb erforderlich, bei der Weiterversicherungsberechtigung des § 27 Abs 1 Satz 1 GAL nF auf den "landwirtschaftlichen Unternehmer" als Berechtigten abzustellen.
Ähnlich ungenau und nicht den wahren Willen des Gesetzgebers wiedergebend ist auch die Formulierung des § 47 Abs 1 GAL. Danach erhalten "landwirtschaftliche Unternehmer im Sinne des § 1 Abs 3" GAL auf Antrag einen Zuschuß zu den nach Art 2 § 52a des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) und Art 2 § 50b des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) nachentrichteten Beiträgen aus Bundesmitteln. Gemäß Art 2 § 52a Abs 1 Satz 1 ArVNG, Art 2 § 50b Abs 1 Satz 2 AnVNG können aber Beiträge nachentrichten nur "ehemalige landwirtschaftliche Unternehmer" iS des § 1 Abs 3 GAL. § 47 Abs 1 GAL versteht unter dem Begriff des "landwirtschaftlichen Unternehmers" somit ausschließlich den ehemaligen Landwirt.
Ganz ähnlich wird vom Wortlaut des § 48 Abs 2 Satz 1 GAL nF auch der ehemalige landwirtschaftliche Unternehmer erfaßt. Die Vorschrift erweist sich - entsprechend § 27 Abs 1 Satz 1 GAL nF - als Folgeänderung, die aufgrund der Einbeziehung der mitarbeitenden Familienangehörigen in die landwirtschaftliche Altershilfe durch das 3. ASEG notwendig war. Es bedurfte einer Neufassung des § 48 Abs 2 GAL, um die Erstattung der Beiträge auszuschließen, die für einen landwirtschaftlichen Unternehmer geleistet worden waren, als er noch als mitarbeitender Familienangehöriger versicherungs- und beitragspflichtig tätig war (§ 14 Abs 1 Buchst b GAL nF), da er diese Beiträge nicht selbst getragen hatte (§ 14 Abs 5 GAL nF).
Ausschließlich diesem Anliegen - Herausnahme der für mitarbeitende Familienangehörige entrichteten Beiträge von der Erstattungspflicht - diente die Änderung des § 48 Abs 2 Satz 1 GAL im 3. ASEG (s dazu Schreiben des BMA an den Deutschen Bauernverband vom 20. Oktober 1986; vgl auch Stellungnahme des Gesamtverbandes der landwirtschaftlichen Alterskassen, aaO, S 305). Eine Absicht des Gesetzgebers, § 48 Abs 2 GAL sachlich zu ändern mit der Folge, daß - anders als in den §§ 27 Abs 1, 47 Abs 1 GAL - ehemalige landwirtschaftliche Unternehmer von der Berechtigung ausgenommen sein sollen, wird durch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift widerlegt.
Weiterhin ist der Umstand, daß die §§ 27 Abs 1, 47 Abs 1 GAL an die Person des landwirtschaftlichen Unternehmers anknüpfen, § 48 Abs 2 Satz 1 GAL nF aber auf eine Leistungspflicht des - ehemaligen - landwirtschaftlichen Unternehmers abhebt, nicht geeignet, als Rechtfertigung für eine unterschiedliche Auslegung der Wortgruppe "landwirtschaftlicher Unternehmer" zu dienen. § 48 Abs 2 Satz 1 GAL nF schließt mit seiner Formulierung "Personen, die nach Abs 1 ... ausgeschieden sind", an § 48 Abs 1 GAL an. Diese Vorschrift, die das Ausscheiden eines ehemaligen landwirtschaftlichen Unternehmers aus der LAK regelt, konnte - wegen des Ausscheidens - nicht mehr auf den Begriff des landwirtschaftlichen Unternehmers abheben.
Der sachlich-logische Zusammenhang des § 48 Abs 2 Satz 1 GAL nF mit anderen Vorschriften des GAL schließt ebenfalls eine Auslegung der Regelung in dem Sinne aus, daß nach § 27 GAL entrichtete Beiträge nicht zu erstatten sind.
§ 48 GAL steht im Dritten Teil des GAL (§§ 47 ff) mit der Überschrift "Zuschußgewährung zur Nachentrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten". Dieser Teil ist dem GAL durch das - erste - Agrarsoziale Ergänzungsgesetz (1. ASEG) vom 21. Dezember 1970 (BGBl I S 1774) angefügt worden. Ziel der damaligen Neuregelung war es, durch sozialrechtliche Maßnahmen die Strukturverbesserung in der Landwirtschaft zu unterstützen (vgl Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, zu BT-Drucks VI/1384, Allgemeines, S 2). Den ausgeschiedenen landwirtschaftlichen Unternehmern sollte es ermöglicht werden, durch Nachentrichtung freiwilliger Beiträge zur Rentenversicherung (§ 47 GAL, § 52a ArVNG, § 50b AnVNG, jeweils idF des 1. ASEG) einen umfassenden sozialen Schutz in diesem Sicherungssystem, dem sie sodann neu angehörten, aufzubauen. Dazu diente die Gewährung eines Zuschusses zu den nachzuentrichtenden Beiträgen in Höhe von 70 vH (§ 47 Abs 1, 3 GAL). Um den Doppelbezug von Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der Altershilfe, zu deren Beiträgen und Leistungen der Bund unmittelbar oder mittelbar jeweils Zuschüsse geleistet hatte, zu vermeiden, bestimmte § 48 Abs 1 GAL idF des 1. ASEG, daß derjenige Versicherte, der einen Zuschuß gemäß § 47 GAL in Anspruch nimmt, aus der landwirtschaftlichen Alterskasse ausscheidet (vgl Bericht, aaO, BT-Drucks VI/1384, S 3, zu Nr 8). Da für eine Zuschußberechtigung weder eine Mitgliedschaft des Zuschußberechtigten zur landwirtschaftlichen Alterskasse noch eine Zugehörigkeit zum Kreis der landwirtschaftlichen Unternehmer iS des § 1 GAL bestehen mußte, bedeutete der Begriff des Ausscheidens, daß der Betreffende wegen des Übergangs in ein anderes Sicherungssystem rückwirkend von Anfang an als nicht zur landwirtschaftlichen Sozialversicherung gehörend anzusehen war (Noell, Sozialrechtliche Maßnahmen zur Strukturverbesserung, 3. Aufl 1974, S 76). Diese Auflösung des Versicherungsverhältnisses nach dem GAL zog auf der Beitragsseite im Regelfall die Erstattung der zur LAK geleisteten Beiträge nach sich (§ 48 Abs 2 Satz 1 und 2 GAL idF des 1. ASEG).
Bei dieser Regelung ist es im Grundsatz bis heute geblieben. Nach wie vor wird das GAL-Versicherungsverhältnis des Berechtigten bei Inanspruchnahme des Zuschusses von Beginn an aufgelöst. Die bis dahin geleisteten Beiträge werden im Wege des Bereicherungsausgleichs - von Ausnahmen abgesehen (zB bei Leistungen der LAK) - erstattet. Insofern besteht kein sachlicher Grund, bei der Erstattung zwischen Beiträgen zu differenzieren, die von dem nach § 48 Abs 1 GAL aus der LAK Ausgeschiedenen als landwirtschaftlicher Unternehmer geleistet und solchen, die im Wege der Weiterversicherung nach § 27 GAL entrichtet worden sind. Zwischen den Beiträgen bestehen im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten gerade keine strukturellen Unterschiede; in beiden Fällen handelt es sich um Pflichtbeiträge. Deswegen werden beide Arten von Pflichtbeiträgen gerade auch in den Vorschriften, auf welche die Beklagte hingewiesen hat (§ 2 Abs 1 Buchst b, § 2 Abs 2 Buchst b, § 4 Abs 1 Satz 4, § 3a Abs 1 Satz 2, § 4 Abs 1c Satz 1 GAL) rechtlich gleichbehandelt. Zwar steht es dem - ehemaligen - landwirtschaftlichen Unternehmer frei, die Weiterversicherungserklärung nach § 27 Abs 1 GAL abzugeben. Ist dies erfolgt, begründet sie Versicherungs- und Beitragspflicht mindestens bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres oder bis zum Beginn bestimmter Sozialleistungen (zB Altersgeld). Die aufgrund der Erklärung, die unwiderruflich ist (BSG SozR 5850 § 27 Nr 2; aaO Nr 6; vgl aber auch die Übergangsregelung in § 6 d des Art 2 des Gesetzes zur Neuregelung der Altershilfe für Landwirte idF des 3. ASEG - Art 2 Nr 2 aaO -, wonach gemäß § 27 GAL Beitragspflichtige aufgrund einer bis 31. Dezember 1986 abzugebenden Erklärung aus der landwirtschaftlichen Alterskasse ausscheiden konnten), bestehende Versicherungspflicht auf Antrag ist weitergehend als die Versicherungspflicht auf Antrag in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1227 Abs 1 Satz 1 Nr 9 der Reichsversicherungsordnung - RVO; § 2 Abs 1 Nr 11 des Angestelltenversicherungsgesetzes - AVG); sie kann begründet werden, obwohl eine selbständige Tätigkeit nicht mehr ausgeübt wird. Der ehemalige landwirtschaftliche Unternehmer muß die Erklärung, will er die während der Unternehmertätigkeit erlangte Anwartschaft auf eine soziale Sicherung aufrecht erhalten, regelmäßig abgeben, zumal im Sicherungssystem der gesetzlichen Rentenversicherung oftmals noch kein Versicherungsschutz bestehen wird. Sein Entscheidungsspielraum ist somit in Wirklichkeit gering. Die - freiwillige - Erklärung ändert nichts an dem Charakter der danach zu entrichtenden Beiträge als Pflichtbeiträge und rechtfertigt damit insbesondere keine unterschiedliche Behandlung dieser Beiträge im Verhältnis zu den gem § 14 Abs 1 Buchst a GAL entrichteten Beiträgen.
Die Erstattungspflicht des § 48 Abs 2 Satz 1 GAL setzt weiterhin keine zeitliche Kongruenz von Erstattungs- und Nachentrichtungszeitraum voraus. GAL-Beiträge für Zeiträume, für die in der gesetzlichen Rentenversicherung keine Nachentrichtung freiwilliger Beiträge möglich ist, weil sie zB schon mit Pflichtbeiträgen belegt sind, sind gemäß § 48 Abs 2 Satz 1 GAL ebenfalls zu erstatten.
Schließlich rechtfertigen es finanzielle Erwägungen, wie sie in dem von der Beklagten vorgelegten Schreiben des Parlamentarischen Staatssekretärs beim BMA vom 14. Dezember 1988 anklingen, nicht, die nach § 27 GAL entrichteten Beiträge von der Erstattung auszunehmen. Mit einem derartigen Ausschluß würden die Versicherten benachteiligt, die wegen fehlender anderweitiger sozialer Absicherung mit eigenen Mitteln Vorsorge für ihre soziale Absicherung in der Altershilfe für Landwirte treffen mußten, obwohl sie daneben aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung auch noch Beiträge zu einem anderen sozialen Sicherungssystem zu leisten hatten. Je nach Dauer der Beitragszahlung gemäß § 27 GAL würden ihnen uU erhebliche Beitragsleistungen nicht erstattet, während die von einem Versicherten als landwirtschaftlicher Unternehmer geleisteten Beiträge in vollem Umfang und unabhängig davon erstattet werden, ob der Betreffende sie für die Nachentrichtung freiwilliger Beiträge einsetzen muß oder einsetzt. Eine solche - sachlich nicht gerechtfertigte - Ungleichbehandlung kann nicht Sinn einer gesetzlichen Neuregelung sein.
Nach allem sind gemäß § 27 Abs 1 GAL entrichtete Beiträge nicht von einer Erstattung gemäß § 48 Abs 2 Satz 1 GAL ausgenommen.
Die Revision der Beklagten war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen