Leitsatz (amtlich)
1. Ein Unterhaltsanspruch der geschiedenen Frau nach EheG § 61 Abs 2 begründet eine Unterhaltsverpflichtung des früheren Ehemannes iS von RVO § 1265 S 2 nF (Fortführung von BSG 1976-05-25 5 RJ 63/75).
2. Zu der Frage, wie bei Anwendung von RVO § 1265 S 2 Nr 1 nF die Unterhaltsverpflichtung des früheren Ehemannes gegenüber seiner geschiedenen Frau zu ermitteln ist, wenn diese ihren Unterhaltsanspruch nur auf EheG § 61 Abs 2 stützen kann.
Normenkette
RVO § 1265 S. 2 Nr. 1 Fassung: 1972-10-16; ArVNG Art. 2 § 19 Fassung: 1972-10-16; EheG § 48 Abs. 1 Fassung: 1946-02-20, § 58 Fassung: 1946-02-20, § 59 Fassung: 1946-02-20, § 60 Fassung: 1946-02-20, § 61 Abs. 2 Fassung: 1946-02-20, § 63 Abs. 1 S. 2 Fassung: 1946-02-20
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 28. Oktober 1974 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der im Jahre 1904 geborenen Klägerin als der geschiedenen Ehefrau des am 7. Januar 1969 verstorbenen Kraftfahrers Karl M (Versicherter) nach dem Tode der zweiten Ehefrau des Versicherten (Witwe) am 10. Juni 1973 auf den am 26. Juni 1973 gestellten Antrag eine Hinterbliebenenrente zu zahlen ist.
Die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten war auf dessen Verlangen durch Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz vom 6. Mai 1955 geschieden worden. Das Urteil enthält keinen Schuldausspruch. Unmittelbar vor der Verkündung des Urteils hatte sich der Versicherte in einem Vergleich verpflichtet, der Klägerin eine monatliche Unterhaltsrente von 20,- DM zu zahlen. Dieser Verpflichtung ist er bis zu seinem Tode nachgekommen.
Vor dem Tode der Witwe des Versicherten war die Gewährung einer Hinterbliebenenrente an die Klägerin mit Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Rheinland-Pfalz vom 27. Oktober 1972 rechtskräftig abgelehnt worden, weil die vom Versicherten vor seinem Tode erbrachten Unterhaltszahlungen von monatlich 20,- DM nicht als Unterhaltsleistung nach der dritten Alternative des § 1265 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) angesehen werden könnten. Aus den Urteilsgründen ergibt sich, daß das LSG nicht angenommen hat, der Vergleich habe die gesetzliche Unterhaltspflicht des § 61 Abs. 2 Ehegesetz (EheG) verdrängt, sondern einen Rückgriff auf den Anspruch nach der ersten Alternative des § 1265 Satz 1 RVO für möglich gehalten hat. Es ist jedoch zu dem Ergebnis gekommen, daß bis zum Tode des Versicherten keine wesentliche Änderung in den für den Abschluß des Vergleichs maßgebenden Verhältnissen eingetreten war, die es der Klägerin nach den Grundsätzen der §§ 323, 767 Zivilprozeßordnung (ZPO) ermöglicht hätten, eine höhere Unterhaltsrente als 20,- DM zu erreichen.
Die Beklagte hat den von der Klägerin nach dem Tode der Witwe am 26. Juni 1973 gestellten Antrag, ihr eine Hinterbliebenenrente zu zahlen, mit Bescheid vom 17. Oktober 1973 abgelehnt, weil sich bei einer Scheidung ohne Schuldausspruch die Unterhaltsregelung nach § 61 Abs. 1 EheG richte. Diese Vorschrift sehe nur die Gewährung eines auf Billigkeitserwägungen beruhenden Unterhaltsbeitrags vor und stelle daher keine "Unterhaltsverpflichtung" im Sinne des § 1265 Satz 2 RVO dar. Auf die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Koblenz mit Urteil vom 9. April 1974 den Bescheid der Beklagten abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Hinterbliebenenrente nach § 1265 Absatz 1 Satz 2 RVO nF ab Antragstellung zu gewähren. Auf die dagegen eingelegte Berufung hat das LSG Rheinland-Pfalz das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, Ziffer 2 und 3 der kumulativ erforderlichen Voraussetzungen des § 1265 Satz 2 RVO seien zwar erfüllt, jedoch scheitere die Anwendung dieser Vorschrift an Ziffer 1, wonach sie nur dann Anwendung finde, wenn eine Unterhaltsverpflichtung wegen der Vermögens- oder Erwerbsverhältnisse des Versicherten oder wegen der Erträgnisse der früheren Ehefrau aus einer Erwerbstätigkeit nicht bestanden habe. Die Beklagte stelle sich mit Recht auf den Standpunkt, daß ein Anspruch nach § 61 Abs. 2 EheG, wonach bei Scheidung ohne Schuldausspruch der die Ehescheidung betreibende Ehegatte dem anderen Unterhalt zu gewähren habe, wenn und soweit dies mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten und der nach § 63 EheG unterhaltspflichtigen Verwandten des Berechtigten der Billigkeit entspreche, keinen Unterhaltsanspruch im Sinne von § 1265 Satz 2 Ziffer 1 RVO sei. Zwar könne man die Grundsätze, die der 4. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) in seinem Urteil vom 28. Juni 1972 (SozR Nr. 63 zu § 1265 RVO) entwickelt habe, nicht ohne weiteres auf den vorliegenden Fall übertragen. Diese Entscheidung befasse sich nämlich nicht mit § 61 Abs. 2 EheG, sondern mit § 60 EheG, wonach bei beiderseitig gleichermaßen verschuldeter Ehescheidung einem der geschiedenen Ehegatten gegenüber dem anderen ein Unterhaltsbeitrag zugesprochen werden kann, während der Unterhaltsanspruch des § 61 Abs. 2 EheG nicht nur einen Beitrag zum Unterhalt, sondern den Unterhalt an sich regele. Diese Vorschrift gebe im Gegensatz zu § 60 EheG einen echten Unterhaltsanspruch, wie sich aus dem Wortlaut "so hat ... zu gewähren" ergebe. Dennoch seien die in der genannten Entscheidung des BSG angeführten Gründe auch dafür heranzuziehen, daß auch die in § 61 Abs. 2 EheG geregelte Unterhaltsverpflichtung nicht als eine solche im Sinne des § 1265 Satz 2 RVO anzusehen sei. In beiden Fällen richte sich nämlich der Anspruch nicht nur nach den Bedürfnissen, sowie den Vermögens- und Erwerbsverhältnissen der geschiedenen Ehegatten, sondern auch nach denen der gemäß § 63 EheG unterhaltspflichtigen Verwandten und der Billigkeit. Diese Gesichtspunkte müßten aber bei der Anwendung des § 1265 Satz 2 RVO weiterhin geprüft und berücksichtigt werden, weil hier lediglich die Vermögens- oder Erwerbsverhältnisse des Versicherten oder die Erträgnisse der früheren Ehefrau aus einer Erwerbstätigkeit unbeachtlich bleiben sollen. Deshalb liege der Schluß nahe, daß § 61 Abs. 2 EheG bei der Anwendung des Satzes 2 des § 1265 RVO ebenfalls ausgeschlossen sein solle. Der Zusammenhang dieser Vorschrift mit dem EheG lasse es daher gerechtfertigt erscheinen, die Unterhaltsverpflichtung des § 1265 Satz 2 RVO nur mit der sogenannten echten Unterhaltspflicht - beispielsweise nach § 58 EheG - gleichzusetzen. Es liege auch nahe, daß der Gesetzgeber Unterhaltsansprüche nach den §§ 60 und 61 Abs. 2 EheG, die von Billigkeitserwägungen abhängig seien, und bei denen weitere Gesichtspunkte als allein die wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehescheidungsparteien zu prüfen seien, schon aus fiskalischen Gründen nicht den sogenannten "echten" Unterhaltsansprüchen habe gleichstellen wollen. Soweit die Klägerin sich darauf berufe, daß sie damals in Anbetracht des Verhaltens des Versicherten durchaus in der Lage gewesen wäre, eine Scheidung der Ehe aus Verschulden des Versicherten zu erreichen, könne sie hiermit nicht mehr gehört werden. Durch ihr Einverständnis mit einer Scheidung ohne Schuldausspruch habe sie auf die Möglichkeit, einen Unterhaltsanspruch nach § 58 EheG zu erlangen, verzichtet und sich mit der Anspruchsmöglichkeit des § 61 Abs. 2 EheG zufrieden gegeben. Gegen das Urteil hat das LSG die Revision zugelassen.
Die Klägerin macht mit der von ihr eingelegten Revision geltend, das LSG habe den § 1265 Satz 2 RVO unrichtig angewandt. Auch bei dem Unterhaltsanspruch des § 61 Abs. 2 EheG handele es sich um einen echten Unterhaltsanspruch im Sinne des EheG.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 28. Oktober 1974 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 9. Mai 1974 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Nach ihrer Ansicht ist das LSG zutreffend davon ausgegangen, daß ein Anspruch nach § 61 Abs. 2 EheG nicht unter den Begriff einer Unterhaltsverpflichtung im Sinne des § 1265 Satz 2 Ziff. 1 RVO fällt.
Der 11. Senat des BSG hat am 19. März 1976 auf die Anfrage des 5. Senats vom 20. Januar 1976 beschlossen, an der in seinem Urteil vom 26. September/13. Oktober 1972 - 11 RA 56/72 - vertretene Auffassung, daß eine Verpflichtung zur Leistung von Unterhalt nach § 61 Abs. 2 EheG keine Unterhaltsverpflichtung im Sinne von § 42 Satz 2 Angestelltenversicherungsgesetz - AVG - (= § 1265 Satz 2 RVO) idF des Rentenversicherungsgesetzes vom 9. Juni 1965 darstellt, nicht festzuhalten.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Klägerin hat insofern Erfolg, als das angefochtene Urteil aufgehoben und der Rechtsstreit an das LSG zurückverwiesen wird. Die festgestellten Tatsachen reichen zur abschließenden Entscheidung nicht aus.
Streitig ist, ob der Klägerin als der geschiedenen Ehefrau des im Januar 1969 verstorbenen Kraftfahrers Karl M (Versicherter) nach dem Tode von dessen zweiter Ehefrau und Witwe im Juli 1973 eine Hinterbliebenenrente (Geschiedenen-Witwenrente) zu zahlen ist. Nach § 1265 Satz 1 RVO ist einer früheren Ehefrau des Versicherten, deren Ehe mit dem Versicherten geschieden, für nichtig erklärt oder aufgehoben ist, nach dem Tode des Versicherten Rente zu gewähren, wenn ihr der Versicherte zur Zeit seines Todes Unterhalt nach den Vorschriften des EheG oder aus sonstigen Gründen zu leisten hatte oder wenn er im letzten Jahr vor seinem Tode Unterhalt geleistet hat. Daß der Klägerin nach § 1265 Satz 1 RVO kein Anspruch auf Hinterbliebenenrente zusteht, hat das LSG Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 27. Oktober 1972 rechtskräftig entschieden. Diese Entscheidung ist noch immer bindend, denn die für sie maßgebenden Verhältnisse haben sich durch den Tod der zweiten Ehefrau (Witwe) des Versicherten nicht geändert. Da aber nach dem Tode der Witwe keine Witwenrente mehr zu zahlen ist, findet nach der mit Wirkung vom 1. Januar 1973 erfolgten Neufassung des § 1265 Satz 2 RVO Satz 1 dieser Vorschrift auch dann Anwendung,
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1) |
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wenn eine Unterhaltsverpflichtung wegen der Vermögens- oder Erwerbsverhältnisse des Versicherten oder wegen der Erträgnisse der früheren Ehefrau aus einer Erwerbstätigkeit nicht bestanden hat und |
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2) |
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wenn die frühere Ehefrau im Zeitpunkt der Scheidung, Nichtigerklärung ... oder Aufhebung der Ehe mindestens ein waisenrentenberechtigtes Kind zu erziehen oder das 45. Lebensjahr vollendet hatte und |
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3) |
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solange sie berufsunfähig oder erwerbsunfähig ist oder mindestens ein waisenrentenberechtigtes Kind erzieht oder wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet hat. |
Nach der Übergangsvorschrift des Art. 2 § 19 Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz (ArVNG) ist der Klägerin, deren geschiedener Ehemann vor dem 1. Januar 1973, aber nach dem 31. April 1942 gestorben ist, eine Hinterbliebenenrente zu zahlen, wenn die Voraussetzungen des § 1265 Satz 2 RVO in der neuen Fassung erfüllt sind. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, so ist die Hinterbliebenenrente jedoch auch zu gewähren, wenn die Voraussetzungen des § 1265 Satz 2 RVO aF erfüllt sind. Soweit in derartigen Fällen die geschiedenen Ehefrauen durch die Neufassung günstiger als vorher gestellt werden, soll ihnen dieser Vorteil zugute kommen; soweit sich aber durch die Neufassung eine Schlechterstellung ergibt, sollen sie davon unberührt bleiben. Da die Klägerin im Zeitpunkt der Scheidung das 45. Lebensjahr und im Zeitpunkt des Todes der Witwe das 60. Lebensjahr vollendet hatte, sind bei ihr die Voraussetzungen erfüllt, die gegenüber § 1265 Satz 2 RVO aF den Erhalt einer Hinterbliebenenrente erschweren, so daß hier die neue Fassung dieser Vorschrift mit der sich daraus ergebenden Erleichterung, daß auch die Erträgnisse der früheren Ehefrau aus einer Erwerbstätigkeit den Anspruch auf Hinterbliebenenrente nicht ausschließen, anzuwenden ist. § 1265 Satz 1 RVO findet also auch dann Anwendung, wenn im Zeitpunkt des Todes des Versicherten (im Januar 1969) eine Unterhaltsverpflichtung wegen der Vermögens- und Erwerbsverhältnisse des Versicherten oder wegen der Erträgnisse der Klägerin aus einer Erwerbstätigkeit nicht bestanden hat.
Die Tatsache, daß der Versicherte im Zeitpunkt seines Todes nach einem im Zuge der Scheidung geschlossenen Vergleich über die Verpflichtung zur Leistung nachehelichen Unterhalts eine monatliche Unterhaltsrente von 20,- DM zu zahlen hatte, ein Betrag, der wegen seiner Geringfügigkeit nicht als Unterhalt im Sinne des § 1265 Satz 1 RVO angesehen werden kann, schließt die Anwendung des § 1265 Satz 1 i. V. m. Satz 2 RVO n. F. nicht aus. Der erkennende Senat hat bereits im Urteil vom 26. Mai 1972 - 5 RKn 37/70 - (SozR Nr. 61 zu § 1265 RVO) entschieden, daß es sich bei derartigen Vergleichen regelmäßig nur um die Bestimmung der Höhe des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs handelt. Es kann also in der Regel nicht davon ausgegangen werden, daß der Vergleich eine gegenüber den Ansprüchen aus den §§ 58 ff EheG selbständige und diese Ansprüche ausschließende Leistungspflicht des Mannes begründen sollte. Da die Ehe der Klägerin auf Verlangen des Versicherten nach § 48 EheG ohne Schuldausspruch geschieden worden ist, kommt als Anspruchsgrundlage für Unterhaltsansprüche allerdings nur § 61 Abs. 2 EheG in Betracht. Der 11. Senat des BSG hat auf Anfrage des erkennenden Senats am 19. März 1976 beschlossen, an seiner im Urteil vom 26. September/13. Oktober 1972 - 11 RA 56/72 - vertretenen Rechtsauffassung, daß eine Verpflichtung zur Leistung von Unterhalt nach § 61 Abs. 2 EheG keine Unterhaltsverpflichtung im Sinne des § 1265 Satz 2 RVO sei, nicht festzuhalten. Der Senat kann daher - ohne den Großen Senat des BSG anrufen zu müssen - auch die Verpflichtung zur Leistung von Unterhalt nach § 61 Abs. 2 EheG als Unterhaltsverpflichtung im Sinne des § 1265 Satz 2 RVO n. F. ansehen. Das bedeutet für den vorliegenden Fall, daß dann, wenn eine Unterhaltsverpflichtung des Versicherten nach § 61 Abs. 2 EheG zur Zeit seines Todes wegen seiner Vermögens- oder Erwerbsverhältnisse oder wegen der Erträgnisse der Klägerin aus einer Erwerbstätigkeit oder aus diesen Gründen in ihrer Gesamtheit nicht bestanden hat, der Klägerin eine Hinterbliebenenrente zusteht; hat die Unterhaltsverpflichtung aber wegen der Vermögensverhältnisse der Klägerin oder aus sonstigen Gründen nicht bestanden, kann ihr keine Hinterbliebenenrente gewährt werden.
Nach § 61 Abs. 2 EheG hatte der Versicherte der Klägerin Unterhalt zu gewähren, wenn und soweit dies mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten und der nach § 63 EheG unterhaltspflichtigen Verwandten der Klägerin der Billigkeit entsprach. Hatte der Verpflichtete einem minderjährigen, unverheirateten Kind oder bei Wiederverheiratung dem neuen Ehegatten Unterhalt zu gewähren, so waren auch die Bedürfnisse und die wirtschaftlichen Verhältnisse dieser Personen zu berücksichtigen. Da der Klägerin nach § 1265 Satz 2 RVO n. F. eine Hinterbliebenenrente auch dann zu gewähren ist, wenn eine Unterhaltsverpflichtung des Versicherten nach § 61 Abs. 2 EheG zur Zeit seines Todes wegen seiner Vermögens- oder Erwerbsverhältnisse oder wegen der Erträgnisse der Klägerin aus einer Erwerbstätigkeit nicht bestanden hat, ist bei der Prüfung von Unterhaltsansprüchen nach § 61 Abs. 2 EheG ein ausreichendes Leistungsvermögen des Versicherten zu unterstellen und davon auszugehen, daß die Klägerin keine Erträgnisse aus einer Erwerbstätigkeit hatte. Wenn aber ein ausreichendes Leistungsvermögen des Versicherten zu unterstellen ist, so muß dies auch für den Fall gelten, daß er noch Kindern oder dem neuen Ehegatten Unterhalt zu gewähren hatte, so daß diese Unterhaltsberechtigten des Versicherten bei Prüfung seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Klägerin unberücksichtigt bleiben können. Aus der Unterstellung eines ausreichenden Leistungsvermögens des Versicherten folgt aber auch, daß der Unterhaltsanspruch der Klägerin nach § 61 Abs. 2 EheG nicht wegen der Vermögens- und Erwerbsverhältnisse der nach § 63 EheG unterhaltspflichtigen Verwandten der Klägerin (im vorliegenden Fall könnten hierfür die Söhne der Klägerin in Betracht kommen) gescheitert sein kann, denn diese haften nach § 63 EheG erst nach dem geschiedenen Ehegatten. Voraussetzung für die Haftung dieser Verwandten wäre also, daß vorher die fehlende Leistungsfähigkeit des Versicherten festgestellt worden wäre und damit der Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau wegen der Vermögens- und Erwerbsverhältnisse des Versicherten nicht bestanden hätte. Die unterhaltspflichtigen Verwandten der Klägerin haften nur dann vor dem Versicherten, wenn dieser durch den Unterhalt an seine geschiedene Frau den eigenen angemessenen Unterhalt gefährden würde, es also bei ihm an einem ausreichenden Leistungsvermögen fehlen würde. Der Sonderfall des § 63 Satz 2 EheG, daß die Verwandten vor dem geschiedenen Ehegatten haften, kann also ebenfalls unberücksichtigt bleiben, weil dieser Fall nur wegen der Vermögens- und Erwerbsverhältnisse des Versicherten eintreten kann, ein Fall, der aber gerade nach § 1265 Satz 2 RVO n. F. nicht zum Ausschluß einer Hinterbliebenenrente an die geschiedene Ehefrau führen soll. Da bei der Prüfung der Unterhaltspflicht des Versicherten auch evtl. Erträgnisse der geschiedenen Frau aus einer Erwerbstätigkeit unberücksichtigt bleiben müssen, ist also eine Hinterbliebenenrente nach § 1265 Satz 2 n. F. i. V. m. Satz 1 RVO auch bei Unterhaltsansprüchen nach § 61 Abs. 2 EheG - ebenso wie bei Unterhaltsansprüchen nach den §§ 58, 59 EheG - nur ausgeschlossen, wenn festzustellen ist, daß der Unterhaltsanspruch nach § 61 Abs. 2 EheG zur Zeit des Todes des Versicherten in Höhe eines Betrages, der mindestens 25 v. H. des notwendigen Mindestbedarfs der geschiedenen Frau ausmacht, allein wegen der Vermögensverhältnisse der geschiedenen Frau nicht bestanden hat. Für die Entscheidung des Rechtsstreits ist der Unterhaltsanspruch der Klägerin an den Versicherten während des letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes vor dessen Tode zu ermitteln, der nach den Lebensverhältnissen beider Ehegatten zur Zeit der Ehe angemessen war, und dann zu prüfen, ob unter alleiniger Berücksichtigung der Vermögensverhältnisse der Klägerin der angemessene Unterhalt der Klägerin in einer Höhe offen war, daß damit mindestens 25 v. H. ihres notwendigen Mindestbedarfs (örtlicher Regelsatz der Sozialhilfe zuzüglich Unterkunftsleistungen) gedeckt werden konnten.
Da das LSG zum Vermögen der Frau zur Zeit des Todes des Versicherten keine Feststellungen getroffen hat (aus dem Urteil des LSG ergibt sich lediglich, daß die Klägerin Eigentümerin eines Wohnhauses war), mußte der Rechtsstreit an das LSG zurückverwiesen werden. Das LSG wird die erforderlichen Feststellungen zu treffen und dann darüber zu entscheiden haben, ob die Klägerin nach Einstellung der Zahlung der Witwenrente an die zweite Ehefrau des Versicherten einen Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente hat.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.
Fundstellen