Leitsatz (amtlich)
Schlechtwettergeld kommt auf der Grundlage der §§ 83 ff AFG nur für witterungsbedingte Ausfälle von solchen Arbeiten in Betracht, die innerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland oder des Landes Berlin zu erbringen sind.
Normenkette
AFG § 74 Abs 3 Nr 2 Buchst b, §§ 83, 88 Abs 1, § 88 Abs 2
Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 22.06.1983; Aktenzeichen L 3 Ar 2085/81) |
SG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 28.10.1981; Aktenzeichen S 7 Ar 230/81) |
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Versagung von Schlechtwettergeld (SWG).
Die Klägerin ist eine Tiefbaufirma mit Sitz in O; eine Betriebsvertretung besteht bei ihr nicht. Von November 1980 bis März 1981 führte sie im Auftrag der Deutschen Bundesbahn (DB) im Gebiet des Badischen Rangierbahnhofs in Basel Kabelverlegungsarbeiten aus. Das Landessozialgericht (LSG) hat festgestellt, daß dieser Bahnhof beiderseits der deutsch-schweizerischen Grenze gelegen ist, wobei sich der größere Teil davon einschließlich des Baustellenbereichs auf schweizer Hoheitsgebiet befindet. Der Bahnhof wird von der DB aufgrund eines 1852 zwischen dem damaligen Großherzogtum Baden und der Schweizerischen Eidgenossenschaft geschlossenen Staatsvertrages (BadRegBl 1853, 158) genutzt. Das in der Schweiz liegende Bahngelände untersteht vertragsgemäß in vollem Umfang der schweizerischen Hoheitsgewalt; Anlage und Betrieb der Eisenbahn unterliegen ausschließlich schweizerischen Gesetzen.
Aufgrund verschiedener Anzeigen der Klägerin über witterungsbedingte Arbeitsausfälle im November/Dezember 1980 und im Januar 1981 lehnte die Beklagte die Gewährung von SWG mit der Begründung ab, die Baustelle befinde sich außerhalb des Geltungsbereichs des Arbeitsförderungsgesetzes -AFG(Bescheide vom 20. November 1980, sowie vom 10. und 16. Dezember 1980 idG des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 1981; Bescheide vom 8., 20. und 27. Januar 1981 idG des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 1981). Klage und (zugelassene) Berufung hiergegen waren erfolglos (Urteil des Sozialgerichts Freiburg -SG- vom 28. Oktober 1981; Urteil des LSG vom 22. Juni 1983). Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt: Die §§ 83 ff AFG in der hier maßgeblichen Fassung des 2. Arbeitsförderungs-Änderungsgesetzes (2. AFG-ÄndG) vom 19. Mai 1972 (BGBl I 791) enthielten zwar keine ausdrückliche Aussage über die Beschränkung der Gewährung von SWG für Arbeitsausfälle auf Baustellen innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des AFG. Dies folge jedoch aus Inhalt und Zweck der Bestimmungen über das SWG. Das LSG verweist insoweit auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum Wintergeld nach § 80 AFG (BSGE 43, 255 = SozR 4100 § 80 Nr 1; SozSich 1978, 86). Zwar sei die Zweckrichtung beider Leistungen nicht identisch. Neben gleichartiger Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens erforderten aber die den Arbeitsämtern auferlegten Prüfpflichten hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzungen zum Bezug von SWG eine Beschränkung des Leistungsanspruchs auf inländische Arbeitsausfälle. Daran ändere es nichts, daß mit dem 4. AFG-ÄndG vom 12. Dezember 1977 (BGBl I 2557) die Möglichkeit geschaffen worden sei, Wintergeld auch für bestimmte, im Ausland geleistete Arbeitsstunden zu gewähren. Das Fehlen einer entsprechenden Regelung für das SWG spreche eher dagegen, daß der Gesetzgeber dies für das SWG als zugelassen angesehen habe. Eine Ausnahme sei schließlich nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Baustelle hier in unmittelbarer Grenznähe gelegen habe. Auch aus der Entrichtung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung für die von der Klägerin in die Schweiz entsandten Arbeitnehmer folge der streitige Anspruch nicht.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung der Vorschriften des AFG über die Winterbauförderung in bezug auf das SWG. Sie führt dazu aus: Das LSG habe zu Unrecht aus der für das Wintergeld maßgeblichen Rechtslage auf eine Beschränkung von SWG-Ansprüchen auf inländische Arbeitsausfälle geschlossen. Das SWG habe nicht nur die Funktion, unverschuldete Lohnausfälle der Bauarbeiten auszugleichen, sondern es solle auch deren Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisse stabilisieren, also Arbeitslosigkeit verhindern. Demgegenüber besitze das Wintergeld primär eine konjunkturell-stabilitätspolitische Bedeutung. Diese Unterschiede verböten es, den grundsätzlichen Ausschluß der Zahlung von Wintergeld für Arbeiten im Ausland auf das SWG zu übertragen. Insoweit bestehe eine gesetzliche Regelungslücke. Diese sei nach Sinn und Zweck des Gesetzes dahin zu schließen, daß im Inland beitragspflichtigen Arbeitnehmern SWG auch für Arbeitsausfälle im Ausland zustehe. Für die Frage der Arbeitsplatzsicherung durch SWG könne es nämlich nicht so sehr darauf ankommen, wo Arbeitsausfälle aufträten, sondern nur, wer sie erleide. Ferner dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, daß für die in der Schweiz entsandten Arbeitnehmer der Klägerin Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet worden seien. Zwar gelte dort nicht der Grundsatz des Gleichgewichts zwischen Beitrag und Leistung. Es sei aber nicht einsichtig, daß der Wirtschaft in Fällen exterritorialer Arbeiten Zuwendungen zufließen, den betroffenen Arbeitnehmern jedoch nicht.
Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil, das Urteil des SG Freiburg vom 28. Oktober 1981 und die ablehnenden Bescheide der Beklagten (jeweils idG der Widerspruchsbescheide vom 20. Januar 1981 und 10. Februar 1981) aufzuheben, die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin SWG für die Tage 12. November 1980, 2. bis 5. und 8. bis 12. Dezember 1980, 2., 5., 7., 9. und 20. bis 21. Januar 1981 zu zahlen, und ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, hilfsweise, die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf das ihrer Meinung nach zutreffende Urteil des LSG sowie auf die Rechtsprechung des BSG zu § 80 AFG. Ergänzend führt sie des Näheren aus, daß sich aus den Verfahrensregelungen zum SWG in noch stärkerem Maße als für das Wintergeld die Inlandsbezogenheit dieser Leistungsart ergebe. Dies gelte insbesondere wegen der hier erforderlichen Kontroll- und Prüftätigkeiten der Arbeitsämter auf den jeweiligen Baustellen.
Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Der von der Klägerin für ihre Arbeitnehmer erhobene Anspruch auf SWG ist nicht gegeben.
§§ 83 ff AFG, die hier in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des AFG vom 19. Mai 1972 (BGBl I 791 - 2. AFG-ÄndG -) anzuwenden sind, wird Arbeitern in Betrieben des Baugewerbes unter bestimmten Voraussetzungen bei witterungsbedingtem Arbeitsausfall in der Schlechtwetterzeit SWG gewährt. Im Falle der Berechtigung stehen Ansprüche auf SWG materiell-rechtlich zwar den von Arbeitsausfällen betroffenen Arbeitnehmern zu. Die Klägerin ist insoweit jedoch klagebefugt; denn nach der Gesetzeslage macht der Arbeitgeber diese Ansprüche seiner Arbeitnehmer im eigenen Namen geltend, wie das BSG - übrigens auch bezüglich des Kurzarbeitergeldes und des Wintergeldes - in ständiger Rechtsprechung entschieden hat (vgl BSGE 43, 255, 256 = SozR 4100 § 80 Nr 1 mwN). Da nach den Feststellungen des LSG bei der Klägerin eine Betriebsvertretung nicht besteht, haftet dem Verfahren auch nicht der Mangel einer unterlassenen notwendigen Beiladung der Betriebsvertretung nach § 75 Abs 2 SGG an (vgl dazu BSG SozR 1500 § 75 Nr 10 mwN).
In der Sache hat das LSG die Klageabweisung durch das SG zu Recht bestätigt. Die erhobenen Ansprüche auf SWG sind deshalb nicht begründet, weil sie für Arbeitsausfälle geltend gemacht werden, die im Ausland eingetreten sind, nämlich auf der Baustelle der Klägerin in dem auf schweizer Staatsgebiet liegenden Badischen Rangierbahnhof in Basel. Dies hat das LSG unangegriffen festgestellt (§ 163 SGG). SWG kommt auf der Grundlage der §§ 83 ff AFG jedoch nur für witterungsbedingte Ausfälle von solchen Arbeiten in Betracht, die innerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland oder des Landes Berlin zu erbringen sind.
Die §§ 83 ff AFG, die die Gewährung von SWG betreffen, enthalten zwar keine unmittelbare Aussage über die räumliche Begrenzung von SWG-Ansprüchen in dem oa Sinn. Der Senat stimmt jedoch der Auffassung des LSG zu, daß eine solche Begrenzung aus dem Zweck des SWG und seiner gesetzlichen Ausgestaltung folgt. Er hält insoweit seine Erwägungen im Urteil vom 20. April 1977 (BSGE 43, 255 = SozR 4100 § 80 Nr 1) zur Beschränkung von Ansprüchen auf Wintergeld nach § 80 AFG auf im Inland ausgeführte Arbeiten in gleicherweise erheblich für die entsprechende räumliche Begrenzung der Ansprüche auf SWG. Beide Leistungen betreffen übrigens ausschließlich Ansprüche der Bauarbeitnehmer, hier in Form von (teilweisem) Lohnausfallersatz, dort in Form von Zuschüssen zum Arbeitslohn. Der Senat hat in dieser Entscheidung, der sich der 12. Senat des BSG im Urteil vom 30. November 1977 - 12 RAr 16/77 - (SozSich 1978, 86) angeschlossen hat, einerseits in den Motiven für die Einführung des Wintergeldes und der Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens, andererseits in sonst nicht vertretbaren Folgen einer gesetzlich ungeregelten territorialen Ausdehnung der tatsächlichen Grundlagen für die Anspruchsberechtigung die Gründe für seine Überzeugung gesehen, daß die Gewährung von Wintergeld Bauarbeiten im Inland voraussetzt. Das LSG hat dies zutreffend dargelegt. Der Gesetzgeber hat diesen Grundsatz aufrechterhalten, indem er durch das Vierte Gesetz zur Änderung des AFG vom 12. Dezember 1977 (BGBl I 2557 - 4. AFG-ÄndG -) in § 80 Abs 2 Satz 1 AFG - nunmehr ausdrücklich - bestimmt hat, daß das Wintergeld für die im Geltungsbereich dieses Gesetzes geleisteten Arbeitsstunden gewährt wird. An diesem Grundsatz ändert auch die Ermächtigung des Verordnungsgebers zur Zulassung von Ausnahmen in § 80 Abs 2 Satz 2 AFG idF des 4. AFG-ÄndG nichts (vgl dazu die Wintergeld-Verordnung vom 24. Mai 1978 - BGBl I 646 -).
Für Ansprüche auf SWG gilt nichts anderes. Diese Leistungsart verfolgt wie das Wintergeld und die übrigen Leistungen der sog Produktiven Winterbauförderung (§§ 77 ff AFG) das Ziel, die insbesondere von Witterungseinflüssen im Winter betroffene Beschäftigungslage im Baugewerbe zu stabilisieren. Die Bemühungen hierum fanden bereits in den durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 7. Dezember 1959 (BGBl I 705 - 2. AVAVG-ÄndG -) eingefügten §§ 143a bis 143n AVAVG ihren Niederschlag (vgl dazu Draeger-Buchwitz-Schönefelder, Komm z AVAVG, Vorbem zu §§ 143 a-n) und wurden mit dem AFG fortgesetzt (vgl dazu Hennig/Kühl/Heuer, Komm z AFG, April 1984, Vorbem vor § 74; Schönefelder-Kranz-Wanka, Komm z AFG, August 1973, Vorbem vor § 74). Während das Schwergewicht der Maßnahmen nach §§ 77 ff AFG darin besteht, durch Zuschüsse (und Darlehen) zu Mehraufwendungen für die Bautätigkeit im Winter die Bereitschaft hierzu zu erhöhen, will das SWG die Notwendigkeit zur Entlassung von Bauarbeitnehmern wegen unvermeidlicher Arbeitsausfälle aus Witterungsgründen, damit deren Arbeitslosigkeit mit ihren vielfältigen Folgen für den einzelnen und die Versichertengemeinschaft, vermeiden. Es handelt sich aber ungeachtet der Unterschiede in der Förderungsart und ihrer jeweils spezifischen Effektivität bei der Winterbauförderung um ein in sich geschlossenes System von sich ergänzenden Einzelleistungen, wie der Senat schon früher festgestellt hat (vgl BSGE 43, 255, 265 = SozR 4100 § 80 Nr 1); das SWG wird in diesem Bereich als subsidiäre Winterbau-Förderungsleistung angesehen (vgl Begründung zum Entwurf des 2. AFG-ÄndG, BR-Drucks 435/71, A. Allgemeiner Teil III Nr 2 -S 10-, ebenso BT-Drucks VI/2689 aaO). Für die vom gemeinsamen Konzept her bestimmten Grundlagen der verschiedenen Leistungsarten bedarf es dann aber auch einer einheitlichen Beurteilung, soweit das Gesetz nicht ausdrücklich Differenzierungen vorsieht. Dies gilt insbesondere für den räumlichen Anwendungsbereich in dem hier streitigen Sinn.
Wenn der Senat (aaO) bereits für die Regelungen des Wintergeldes zu der Erkenntnis gelangt ist, daß sich der Gesetzgeber bei seinen Entscheidungen von den im Bundesgebiet (einschließlich West-Berlin) maßgeblichen Witterungsverhältnissen und deren Auswirkungen auf die Bautätigkeit hat leiten lassen, so gilt dies gleicherweise für das SWG, was schon aus den Motiven zu den §§ 143 d-n AVAVG idF des 2. AVAVG-ÄndG deutlich wird (vgl die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft und weitere Änderungen und Ergänzungen des AVAVG - 2. AVAVG-ÄndG -, vom 29. August 1959, A. Allgemeines, BT-Drucks 3/1240, S 9 ff; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit zum 2. AVAVG-ÄndG, vom 16. Oktober 1959, I. Allgemeines, BT-Drucks 3/1294, S 1 ff; siehe ferner Bericht der Bundesregierung betreffend die Verbesserung der Verhältnisse in der Bauwirtschaft vom 29. Juni 1959, BT-Drucks 3/1211, und den Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen der Vorschriften zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft vom 27. September 1962, BABl 1962, 873 ff). Dem entspricht die zeitliche Beschränkung der Gewährung von SWG auf Arbeitsausfälle zwischen dem 1. November und 31. März unverkennbar (Schlechtwetterzeit, vgl § 143d Abs 1, § 143n Abs 1 AVAVG iVm § 1 der Achten Verordnung zur Durchführung des AVAVG vom 9. Dezember 1959 - BGBl I 720; §§ 75 Abs 2 Nr 2, 83 AFG).
Sicherlich sind Landstriche im Ausland vorhanden, in denen dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einschließlich West-Berlin vergleichbare Witterungsverhältnisse in dieser Zeit herrschen, in denen also "atmosphärische Einwirkungen (insbesondere Regen, Schnee, Frost) oder deren Folgewirkungen" die Fortführung von Bauarbeiten unmöglich oder wirtschaftlich unvertretbar machen (§ 84 Abs 2 AFG). Allein aus dieser Tatsache kann jedoch ohne ausdrückliche gesetzliche Bestimmung nicht geschlossen werden, daß eine Regelung, die saisonalen Beschäftigungsschwankungen in einen Teilbereich des inländischen Arbeitsmarktes entgegenwirken soll, sich auf vergleichbare Risiken in allen ausländischen Bereichen mit entsprechender Witterungsstruktur erstrecken soll. Dies wird nicht zuletzt daraus deutlich, daß der Gesetzgeber dort, wo er eine Auslandserstreckung für erforderlich hält, dies auch ausdrücklich anordnet, wie in § 80 Abs 2 AFG idF des 4. AFG-ÄndG für das Wintergeld. Auch dem Ausnahmecharakter dieser Bestimmung entnimmt der Senat, daß der Gesetzgeber grundsätzlich von der Inlandsbezogenheit der Winterbauförderung einschließlich des SWG ausgeht und er sich selbst vorbehalten hat, zu regeln, wann etwas anderes gelten soll. Daß dies für das Wintergeld, gerade nicht aber für das SWG geschehen ist, obwohl angesichts der schon erwähnten Entscheidung des Senats vom 20. April 1977 bei Gelegenheit des 4. AFG-ÄndG Anlaß hierzu hätte gegeben sein können, erachtet der Senat als eine deutliche Bestätigung seiner Auffassung.
Der Senat hat in dem oa Urteil auch darauf hingewiesen, daß eine Ausdehnung der Wintergeld-Regelung auf witterungsabhängige Bauarbeiten im Ausland durch einfache Gesetzesauslegung wegen praktischen Schwierigkeiten, aber auch aus Gründen der Rechtssicherheit nicht möglich ist (BSGE 43, 255, 265). Dasselbe gilt für die SWG-Regelung. Anzunehmen, Ansprüche auf SWG könnten für von witterungsbedingten Arbeitsausfällen betroffene Arbeitnehmer, die die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, in jeder ausländischen Gegend des Erdballs zur Entstehung gelangen, verbietet sich von selbst. Es bedürfte folglich einer konkreten Kennzeichnung derjenigen Auslandsgebiete, die einbezogen sein sollen. Die damit verbundenen Abwägungen tatsächlicher, rechtlicher, rechtspolitischer und finanzwirtschaftlicher Art entsprechen aber typischerweise legislativer Kompetenz und sind der Bestimmung durch Richterrecht anhand der Entscheidung von Einzelfällen nicht zugänglich.
Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Regelungskomplex eine so deutlich inlandsbezogene Bedeutung besitzt wie das SWG. Diese äußert sich nicht nur im Zweck der materiell-rechtlichen Bestimmungen, wie ausgeführt, sondern stärker noch als beim Wintergeld in den Regelungen des Verwaltungsverfahrens. Nach § 84 Abs 1 Nr 3 AFG ist der jeweilige Arbeitsausfall dem Arbeitsamt unverzüglich anzuzeigen. Diese Anzeige hat gegenüber dem Arbeitsamt zu erfolgen, in dessen Bezirk die Baustelle liegt (§ 88 Abs 1 AFG). Für den Antrag auf SWG gilt grundsätzlich dasselbe (§ 88 Abs 2 AFG); er kann ggf auch von der für die Baustelle zuständigen Lohnstelle des Betriebes bei dem Arbeitsamt gestellt werden, in dessen Bezirk diese Lohnstelle liegt (§ 89 Nr 2 AFG iVm §§ 17, 13 Abs 2 der Winterbau-Verordnung vom 4. Juli 1972 - ANBA S 511 -). In jedem Fall wird ein nach inländischen Verhältnissen zuständiges Arbeitsamt vorausgesetzt. Besonders an dem Verfahren über die unverzügliche Anzeige wird die Inlandsbezogenheit der SWG-Bestimmungen erkennbar. Dieses Verfahren, das zugleich zu den materiellen Anspruchsvoraussetzungen gehört (§ 84 Abs 1 Nr 3 AFG), soll einerseits die rasche und aktuelle Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse auf der Baustelle ermöglichen, und zwar nicht nur hinsichtlich der für den Anspruch maßgeblichen Witterungseinflüsse auf die Baufortführung, sondern auch hinsichtlich der materiell gleichwertigen Fragen ausreichender Schutzvorkehrungen (§ 84 Abs 1 Nr 1 iVm Abs 2 Nr 1 AFG, § 14 der Winterbau-Anordnung). Andererseits sollen die anzeigenden Arbeitgeber dadurch rasch und ggf bestandskräftig Klarheit über die Haltung des zuständigen Arbeitsamtes hinsichtlich der mit der Anzeige mitgeteilten tatsächlichen Grundlagen für einen späteren Antrag auf SWG erhalten (vgl §§ 14, 16 der Winterbau-Anordnung). Daß Bediensteten deutscher Arbeitsämter die dafür erforderlichen Prüfmöglichkeiten auf ausländischen Baustellen grundsätzlich nicht eröffnet sind, bedarf keiner weiteren Begründung (vgl dazu ebenfalls BSGE 43, 255, 264 = SozR 4100 § 80 Nr 1). Auch wenn Bestimmungen über das Verwaltungsverfahren im allgemeinen kein abschließendes Kriterium für den räumlichen Geltungsbereich materieller Normen darstellen mögen (vgl zur Bedeutung der Anzeige beim zuständigen Arbeitsamt als Voraussetzung für den SWG-Anspruch aber BSG SozR 1200 § 16 Nr 7), ist ihre Indizwirkung dafür jedenfalls dann zu beachten, wenn sie - wie hier - dem Konzept des materiellen Rechts entspricht.
Ist deshalb davon auszugehen, daß Ansprüche auf SWG nur für im Inland eingetretene witterungsbedingte Arbeitsausfälle in Betracht kommen, rechtfertigen auch die besonderen Umstände des dem anhängigen Verfahren zugrundeliegenden Sachverhalts keine Ausnahme hiervon. Er wird ebenso wie jeder andere Arbeitsausfall im Ausland von dem allgemeinen Geltungsbereich der §§ 83 ff AFG nicht erfaßt und deshalb mit vergleichbaren Sachverhalten auch gleich behandelt. Es obliegt, wie schon ausgeführt, ausschließlich dem Gesetzgeber, Regelungen für Ausnahmen von der von ihm gewählten Lösung der Anbindung des SWG-Anspruchs an inlandsbezogene Sachverhalte zuzulassen, wenn er dies für erforderlich hält. Daran fehlt es bis jetzt aber.
Auf die Entrichtung von Beiträgen zur Beklagten für ihre vom Arbeitsausfall betroffenen Arbeitnehmer kann sich die Klägerin nicht berufen. Sie weist selbst darauf hin, daß Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung nicht vom Gleichgewicht zwischen Beiträgen und Leistungen abhängen (vgl dazu ebenfalls BSGE 43, 255, 266 = SozR 4100 § 80 Nr 1).
Der Klageanspruch rechtfertigt sich schließlich nicht aus dem deutsch-schweizerischen Abkommen vom 20. Oktober 1982 über Arbeitslosenversicherung (vgl Gesetz vom 13. September 1983 - BGBl I 578), auf das die Beteiligten hingewiesen worden sind und zu dessen Inhalt sie Stellung genommen haben. Nach Art 20 des Abkommens kann es zwar auch Auswirkungen für vor seinem Inkrafttreten zurückgelegte Beschäftigungszeiten besitzen. Wie die Beklagte jedoch zutreffend ausführt, betrifft das Abkommen nicht gegen die Beklagte erhobene Ansprüche auf SWG von Arbeitnehmern für Arbeitsausfälle in der Schweiz, deren Beschäftigungsverhältnis zu einem Arbeitgeber mit Sitz im Geltungsbereich des AFG besteht und die der Beitragspflicht zur Beklagten unterliegen. Diese tatsächlichen Umstände hat das LSG unangegriffen festgestellt (§ 163 SGG). Das Abkommen erfaßt zwar auch Ansprüche auf SWG (Art 2 Abs 1 Nr 1 Buchst c). Es ordnet ferner die Gleichstellung des Staatsangehörigen beider Vertragsstaaten an (Art 4). Ansprüche richten sich grundsätzlich jedoch nach den Rechtsvorschriften der Vertragsstaaten, gegenüber dessen Träger sie geltend gemacht werden (Art 6). Soweit ua für SWG hiervon Ausnahmen gelten, betreffen sie nach Art 8 lediglich Grenzgänger, dh Arbeitnehmer, die in der Grenzzone eines Vertragsstaates nach dessen Rechtsvorschriften regelmäßig beschäftigt sind und in der Grenzzone des anderen Vertragsstaates wohnen (Art 1 Nr 6). Bei den Arbeitnehmern der Klägerin, für die sie SWG begehrt, handelt es sich nach den Feststellungen des LSG nicht um derartige Grenzgänger. Im übrigen regelt das Abkommen insoweit nur, daß Grenzgänger Ansprüche auf SWG (bzw Schlechtwetterentschädigung nach schweizer Recht) nach den Rechtsvorschriften des Vertragsstaates erhalten, in dessen Gebiet sie beschäftigt sind (Art 8 Abs 4). Auch eine Grenzgängereigenschaft würde den Arbeitnehmern der Klägerin mithin nicht Ansprüche auf SWG nach dem AFG gegen die Beklagte verschaffen.
Die Revision der Klägerin muß nach allem zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1661185 |
BSGE, 286 |