Entscheidungsstichwort (Thema)
Schizophrenie. "Ungewißheit" gerichtlich nachprüfbar
Leitsatz (amtlich)
1. Bei Schizophrenie als einem Leiden, über dessen Verursachung allgemein in der medizinischen Wissenschaft Ungewißheit besteht, kommt eine Kannversorgung nach BVG § 1 Abs 3 S 2 in Betracht.
2. Zur kritischen Würdigung des Beweiswerts anamnestischer Angaben von Schizophrenen.
Leitsatz (redaktionell)
1. Entgegen der Auffassung des BMA vom 1968-04-25 V/6-5681.9-407/68 kommt bei der Schizophrenie eine Kannversorgung nach BVG § 1 Abs 3 S 2 in Betracht.
2. Das Tatbestandsmerkmal "abstrakte" Ungewißheit über die Leidensverursachung ist gerichtlich nachprüfbar.
Normenkette
BVG § 1 Abs. 3 S. 2 Fassung: 1964-02-21; SGG § 128 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1953-09-03, § 103 Fassung: 1974-07-30
Tenor
Das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 27. Oktober 1975 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Der 1920 geborene Kläger hat den Beruf eines Elektrikers erlernt. Nach dem Reichsarbeitsdienst kam er 1939 zur Kriegsmarine, aus der er nach englischer und kanadischer Gefangenschaft im Oktober 1946 entlassen wurde. 1941 befand sich der Kläger als Bordelektriker auf dem Schlachtschiff B, dessen Versenkung am 27. Mai 1941 er mit 110 anderen Angehörigen (bei einer Gesamtbesatzung von 2000 Mann) überlebte, da er nach halbstündigem Treiben im Meer von einem englischen Kriegsschiff aufgefischt wurde. Anfang September 1946 wurden bei ihm von englischen Ärzten Anzeichen einer Schizophrenie bemerkt, die zu seiner alsbaldigen Überführung nach Deutschland Anlaß gab. Dort kam er kurz in stationäre Behandlung des Krankenhauses O und 1947 für mehrere Monate ins Landeskrankenhaus L. Zur Krankheitsvorgeschichte machte er unterschiedliche Angaben hinsichtlich des Manifestationszeitpunkts. Der Kläger ist seit etwa 1947 als Hilfs- und Holzarbeiter tätig.
Sein Pfleger beantragte im Dezember 1969 Versorgung für die geistige Erkrankung des Klägers, die er auf den Untergang der B zurückführte. Mit Bescheid vom 2. November 1970 lehnte das Versorgungsamt - nach Würdigung eidesstattlicher Versicherungen über den gesundheitlichen Zustand des Klägers vor dem Wehrdienst, von Befundberichten behandelnder Ärzte und einer versorgungsärztlichen Stellungnahme - den Antrag als Rechtsanspruch und als Kannleistung ab. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg. Im Klageverfahren bezog sich der Kläger auf das Grundsatzgutachten des Prof. P. "Zur ursächlichen Bedeutung exogener Faktoren für die Entstehung und den Verlauf der Schizophrenie", 1968, Heft 5 der Schriftenreihe des Bundesversorgungsblatts. Der vom Sozialgericht (SG) gehörte Neurologe Dr. O vermochte im Ausnahmefall die Möglichkeit der kausalen Bedeutung eines wehrdienstlichen Psychotraumas bei unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang nicht auszuschließen. Auch könnte durch rechtzeitige Behandlung der Defektzustand zu vermeiden gewesen sein. Über den Grad der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs könnten keine sicheren Angaben gemacht werden. Dieser sei aber jedenfalls nur deshalb nicht gegeben, weil über die Ursache des Leidens Ungewißheit bestehe. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage im allgemeinen Erwerbsleben 70 v. H., im Elektrikerberuf 100 v. H.
Mit Urteil vom 13. Juni 1973 bezeichnete das SG die Schizophrenie des Klägers als Schädigungsfolge im Sinne der Verschlimmerung und verurteilte den Beklagten zur Rentengewährung nach einer MdE von 100 v. H: Die Erlebnisse des Klägers beim Untergang der Bismarck hätten bei ihm eine ruhende Anlage manifest werden lassen. Die Annahme des Sachverständigen Dr. O, dies sei nicht wahrscheinlich, sondern nur möglich, beruhe auf Nichtbeachtung der Brückensymptome in den Jahren 1940/41. Hiergegen hat der Beklagte Berufung eingelegt. Das Landessozialgericht (LSG) hörte Karl W als Zeugen über das Verhalten des Klägers während des Sommers 1946 in der Gefangenschaft und die Nervenärzte Prof. H/Dr. P als Gutachter. Es hob sodann am 27. Oktober 1975 das Urteil des SG auf, wies die Klage ab und ließ die Revision zu: Entgegen der Auffassung des SG sei nach der übereinstimmenden Ansicht der gehörten Sachverständigen der beim Kläger bestehende Restzustand nach Schizophrenie nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit (§ 1 Abs. 3 Satz 1 des Bundesversorgungsgesetzes - BVG -) ursächlich auf den Wehrdienst zurückzuführen. Ein im Grundsatzgutachten P. erörterter Ausnahmefall des engen zeitlichen Zusammenhangs mit extremen Fällen einer psychischen und physischen Belastung sei hier nicht gegeben. Eine Kannversorgung (§ 1 Abs. 3 Satz 2 BVG) sei zwar - entgegen der vom BMA (Rdschr. vom 25. April 1968, BVBl. 1968, 82 Abschn. IV 4 S. 84 f.) vertretenen Auffassung bei der Schizophrenie keineswegs von vornherein ausgeschlossen. Ob bei diesem Leiden allgemein "abstrakte Ungewißheit" (BSG-Urteile vom 23. Mai und 9. Oktober 1969 - KOV 1970, 73 ff, 106 ff.) über die Entstehungsursache herrsche, sei gerichtlich voll nachprüfbar. An sich gehöre die Schizophrenie zu den Krankheiten, bei denen allgemein Ungewißheit über ihre Entstehungsursachen herrsche. Es fehle aber hier an einem ausreichenden Anhaltspunkt dafür, trotz der Unkenntnis über die Entstehung des Leidens den ursächlichen Zusammenhang zu bejahen. § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG gebiete nicht, die abstrakte oder konkrete Möglichkeit eines solchen Zusammenhangs genügen zu lassen, vielmehr sei diese zu unterstellen und dann zu prüfen, ob nach dem Leidensablauf und dem zeitlichen Zusammenhang ein ausreichender Anhalt für die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs bestehe. Dies sei entgegen den nicht schlüssig begründeten Gutachten des Dr. O und des Prof. H/Dr. P zu verneinen.
Mit der zugelassenen Revision rügt der Kläger unter Vorlage der am 18. Januar 1976 ausgestellten schriftlichen Erklärungen seiner damaligen Kameraden Z und R eine für die Entscheidung des LSG unzureichende Sachaufklärung. Den das Berufungsurteil tragenden Feststellungen mangele es an der für den Einzelfall maßgeblichen und entscheidungserheblichen Aufklärung über den Beginn der Krankheit. Da die eigenen Schilderungen des Klägers wegen seiner Krankheit für Tatsachenfeststellungen nicht zu verwerten seien, hätte sich das LSG in Kenntnis der historischen Tatsachen über den Untergang der Bismarck gedrängt fühlen müssen, überlebende Besatzungsmitglieder der Bismarck zu ermitteln und als Zeugen zu hören, um eine sichere Grundlage für die medizinische Beurteilung zu gewinnen. Nach Vornahme dieser Ermittlungen seien so wichtige Aufschlüsse über das Befinden des Klägers während des letzten Tages an Bord der Bismarck sowie anschließend in der Gefangenschaft zu erwarten, daß möglicherweise ein Rechtsanspruch auf Versorgung, zumindest aber eine Kannleistung zuzubilligen sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG Niedersachsen vom 27. Oktober 1975 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Der Beklagte stellt keinen Antrag, er sieht von weiteren Ausführungen ab.
Der beigeladene BMA meint, das Berufungsgericht habe davon ausgehen dürfen, daß der Untergang der Bismarck vom Kläger subjektiv nicht als extreme Belastung empfunden worden und ein Nachweis der Erstmanifestation für eine Zeit vor 1945/46 nicht zu erbringen sei, weil den glaubhaften Angaben des Klägers selbst nichts wesentlich anderes entnommen werden könne. Auch wenn die Schizophrenie zum Kreis der Krankheiten zähle, bei denen allein wegen der Ungewißheit über die Leidensursache die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs i. S. des § 1 Abs. 3 Satz 1 nicht feststellbar sei, habe für das LSG keine zusätzliche Sachaufklärungspflicht bestanden. Die wissenschaftlich unbestrittene erhebliche Bedeutung endogener Faktoren für die Entstehung einer Schizophrenie verlange bei der Ungewißheit über die mögliche Bedeutung äußerer Faktoren für die Krankheitsmanifestation auch bei Anwendung des § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG, daß die nachgewiesenen äußeren Einwirkungen gleichfalls ein erhebliches Gewicht gehabt haben müssen, wenn sie als annähernd gleichwertige Bedingung für die Leidensentstehung angesehen werden sollen. Solche äußeren Einwirkungen seien - abgesehen von der fehlenden zeitlichen Verbindung der Leidensmanifestation - nicht nachzuweisen.
Entscheidungsgründe
Das LSG hat die Revision im Urteilsspruch uneingeschränkt zugelassen. Hieran ist der erkennende Senat gebunden (SozR 1500 § 160 Nr. 21). Die Erläuterung der Revisionszulassung in den Gründen des Berufungsurteils, wonach die hier erhebliche Frage der Notwendigkeit einer nachgewiesenen schädigenden Einwirkung als annähernd gleichwertiger Mitursache als Voraussetzung der Kannversorgung eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung sei, bedeutet nach Auffassung des Senats nicht, daß die Zulassung auf den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG beschränkt werden sollte. - Die zulässige Revision des Klägers hat insofern Erfolg, als der Rechtsstreit an die Vorinstanz zurückzuverweisen ist.
Während das SG dem Kläger wegen der schizophrenen Geistesstörung Versorgung als Rechtsanspruch zuerkannt hat, ist das LSG sowohl in dieser Hinsicht als auch in Bezug auf die Gewährung von Kannversorgung zu einem dem Kläger ungünstigen Ergebnis gelangt. Dabei hat das LSG zur Handhabung des § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG in Fällen der vorliegenden Art allgemeine Erwägungen angestellt, denen beizupflichten ist. So hat es sich mit Recht gegen die vom BMA im Rdschr. vom 25. April 1968 (BVBl 1968, 82, 84 f.) vertretene Meinung ausgesprochen, eine Kannversorgung nach § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG komme bei der Schizophrenie nicht in Betracht. Weder das Grundsatzgutachten P. noch sonstige Erkenntnisse der Psychiatrie aus letzter Zeit können diese Meinung stützen. Zwar sieht man heute "die Annahme, daß die Verläufe schizophrener Psychosen äußeren Einflüssen entzogen wären und nur nach endogenen, unbeeinflußbaren Faktoren vor sich gingen", als "ein veraltetes, unhaltbares Dogma" an (M. Bleuler, "Klinik der schizophrenen Geistesstörungen" in "Psychiatrie der Gegenwart", Herausg. Kisker u. a., 1972, II 1 S. 67). Dies bedeutet aber keineswegs, daß über die Ursache der Schizophrenie in der medizinischen Wissenschaft jetzt nicht mehr Ungewißheit besteht. Vielmehr ist nach wie vor die "Frage nach dem Wesen und der Entstehung der Schizophrenien ... eine der größten und schwierigsten Fragen psychiatrischer Forschung" (M. Bleuler aaO S. 25). Das Wesen der schizophrenen Geisteskrankheiten überhaupt, die Rolle der Vererbung einerseits, psychotraumatischer Erlebnisse andererseits sowie deren Zusammenspiel - für all dies ergibt sich z. Zt. eines Status wissenschaftlicher Forschung, welcher es gerade nicht ermöglicht, mit abstrakter Gewißheit allgemeine Erkenntnisse zu vermitteln, auf Grund deren eine Wahrscheinlichkeit kausaler Verknüpfung im Einzelfall zuverlässig beurteilt werden kann (vgl. die eingehende Darstellung von M. Bleuler in "Die schizophrenen Geistesstörungen im Lichte langjähriger Kranken- und Familiengeschichten", 1972, S. 568-632; derselbe auch in "Klinik schizophrenen Geistesstörungen" S. 63 f.). Der Umstand, daß in sehr seltenen Ausnahmefällen einmal sogar die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs i. S. des § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG erweisbar sein mag (vgl. Ziemke KOV 1970, 133), schließt es nicht aus, bei geringerer Evidenz unter Heranziehung des § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG zu prüfen, ob bei einer schizophrenen Erkrankung, deren Verursachung allgemein medizinisch noch ungeklärt erscheint, nach den besonderen Umständen des einzelnen Falles hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, daß der ursächliche Zusammenhang i. S. des § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG bejaht werden kann (vgl. BSG Urt. vom 9.10.1969, KOV 106, 108 f. m. w. Nachw.). - Zutreffend hat das LSG auch angenommen, daß das Tatbestandsmerkmal des § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG, nämlich die "abstrakte" Ungewißheit über die Leidensverursachung, gerichtlich nachprüfbar (BSG KOV 1970, 73, 75, Urt. vom 9.2.1971 - 10 RV 87/69) und für die Gruppe der schizophrenen Erkrankungen zu bejahen ist. Ob die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Schädigungsfolge erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Leidensursache in der medizinischen Wissenschaft allgemein Ungewißheit besteht, ist eine von medizinischen Sachverständigen eindeutig zu beantwortende Frage, die keinesfalls "in den Ermessensbereich hineinragt", wie es etwa beim Begriff "besondere Härte" (§ 89 BVG) angenommen wird (BSGE 34, 269, 271; s. aber auch BSGE 36, 143 ff).
Geht hiernach das LSG von durchaus richtigen Denkansätzen aus, so läßt sich seine Entscheidung dennoch nicht halten, weil der Sachverhalt bei weitem nicht so genau erforscht wurde, wie es bei der Art des als Schädigungsfolge geltend gemachten Leidens geboten ist. Auf die Notwendigkeit der Ermittlung stichhaltiger anamnestischer und klinischer Daten hat bereits P. (aaO S. 32) hingewiesen. Die Vernehmung des Zeugen W, der dem Kläger erst nach mehreren Jahren im kanadischen Gefangenenlager begegnet war, konnte in dieser Richtung keinerlei Aufschluß erbringen. Die nervenärztlichen Gutachten, die über den Kläger erstattet wurden, enthalten zwar eingehende Erörterungen zur psychiatrischen Problematik der Entstehung und des Verlaufs der beim Kläger festgestellten Geistesstörung; sie beruhen jedoch, abgesehen von fragmentarischen Äußerungen behandelnder Ärzte und Kliniken aus früherer Zeit, maßgeblich auf den anamnestischen Schilderungen des Klägers selbst, die er 1973 und 1975 bei den Untersuchungen gegeben hat. Aus diesen Schilderungen haben die Sachverständigen (vgl. S. 23 des Gutachtens H/P vom 13.3.1975) gefolgert, der Schiffsuntergang, der den Kläger nach seinen eigenen Angaben nicht besonders erregt oder körperlich mitgenommen zu haben scheine, sei wahrscheinlich ohne Einfluß auf seinen psychischen Gesundheitszustand gewesen. Ähnliche Schlußfolgerungen finden sich auch in den Gründen des Berufungsurteils und sogar noch in der Revisionserwiderung des beigeladenen BMA.
Dabei hätte aber schon eine Berücksichtigung allgemeiner Erkenntnisse über psychopathologische Wesenszüge schizophrener Patienten (vgl. M. Bleuler, "Klinik ..." S. 35 ff.; "Die schizophrenen Geistesstörungen" S. 613 ff.) Anlaß dafür geboten, die anamnestische Selbstdarstellung des Klägers nicht einfach unkritisch hinzunehmen. In erster Linie freilich wären die begutachtenden Ärzte dazu berufen gewesen, dem Gericht eine kritische Haltung nahezulegen. Wenngleich sie dies versäumt haben, hätte doch das LSG von sich aus sich gedrängt fühlen müssen, die farblosen Schilderungen des Klägers mit allgemein bekannten Dokumentationen aus der Seekriegsgeschichte zu vergleichen.
Insoweit hat die Revision auf das 1960 erschienene Werk von Brennecke "Schlachtschiff Bismarck" hingewiesen und daraus Passagen angeführt, die ein von den klägerischen Angaben krass abweichendes Bild der katastrophalen Ereignisse am 26./27. Mai 1941 vermitteln. Eine wichtige Ergänzung hierzu bietet das Buch von L. Kennedy "Versenkt die Bismarck!" (Deutsch bei Molden, 1975), aus dem besonders die Darstellung (S. 202-208) hervorzuheben ist, in welcher psychischen Verfassung die Besatzung des manövrierunfähigen deutschen Schlachtschiffs die letzte Nacht vor dem Zusammentreffen mit Rodney, King Georg V, Norfolk und anderen Einheiten der britischen Flotte verbringen mußte.
Zu diesen allgemeinen Informationen müssen noch Beweiserhebungen treten, die speziell Aufschluß über psychische Reaktionen des Klägers zu verschaffen geeignet sind. Die Revision hat bereits die Zeugen R und Z benannt und wegen der Ermittlung weiterer Überlebender der Seeschlacht die Anschriften von Marinebünden in Bremen und Hamburg angegeben. Bei der eingehende Befragung - tunlichst unter Mitwirkung eines psychiatrischen Sachverständigen - der Zeugen sollten die Vorgänge bei der Beschießung und dem Untergang des Schlachtschiffs Bismarck kein isoliertes Beweisthema bilden, sondern in enge Verbindung zur anschließenden Kriegsgefangenschaft in England und Kanada gebracht werden. Das empfiehlt sich deshalb, weil eine Manifestation schizophrener Störungen durch psychotraumatische Lebenserfahrungen mehr in subtilen Vorgängen des zwischenmenschlichen Bereichs als in von außen wirkenden dramatischen Ereignissen gesehen wird (M. Bleuler "Die schizophrenen Geistesstörungen" S. 352 ff., 600 ff.), äußerliche Katastrophen vielmehr umgekehrt eher Remissionen schon vorhandener Schizophrenien bewirken sollen (aaO S. 608). Anhaltspunkte für eine Kausalbeziehung zwischen Wehrdienst und der schizophrenen Geistesstörung des Klägers sind also wohl vorwiegend in der Richtung zu suchen, ob eine durch die Ereignisse am 26./27. Mai 1941 bedingte psychische Beeinträchtigung durch die Verbringung in die Gefangenenlager und die dort herrschenden Verhältnisse aufrechterhalten und schließlich noch weiter ungünstig beeinflußt worden ist (über den Einfluß guter bzw. schlechter Behandlung und Pflege auf den Krankheitsverlauf vgl. M. Bleuler "Klinik ..." S. 59); von besonderem Interesse ist hierbei natürlich, welcher zeitliche Abstand zwischen dem Schiffsuntergang und dem ersten Auftreten schizoformer Symptome durch Zeugenbekundungen feststellbar sein wird.
Die Revision ist hiernach begründet, denn es ist nicht auszuschließen, daß nach hinlänglicher Sachaufklärung ein Versorgungsanspruch des Klägers gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 oder sogar Satz 1 BVG sich als berechtigt erweist. Eine Entscheidung in der Sache selbst kommt wegen der noch fehlenden tatsächlichen Feststellungen nicht in Betracht, so daß der Rechtsstreit zur Verhandlung und Entscheidung - auch über die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens - an das LSG zurückverwiesen werden muß (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Fundstellen