Entscheidungsstichwort (Thema)

Bisheriger monatlicher Zahlbetrag

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Umwandlung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in das Altersruhegeld ist Mindestbetrag nur der tatsächlich gezahlte "bisherige monatliche Zahlbetrag", selbst wenn dieser alsbald nach der Umwandlung infolge der Rentenanpassung über den Zahlbetrag des Altersruhegeldes hinaus erhöht worden wäre (Anschluß an BSG 1975-12-18 12 RJ 100/75).

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei Rentenumwandlung in das Altersruhegeld stellt der dem Umwandlungsstichtag vorausgehende Zahlbetrag den bisherigen monatlichen Rentenzahlbetrag iS des RVO § 1253 Abs 2 S 5 dar. Dieser Zahlbetrag bildet jedoch bei künftigen Rentenanpassungen nicht die untere Grenze der Rentenzahlung, die bei Hinzutreten des Altersruhegeldanspruchs nicht unterschritten werden darf. Da eine permanente Mindestbetragsgarantie nicht vorgesehen ist, ist auch nicht die dem Altersruhegeld vorhergehende Erwerbsunfähigkeitsrente weiterzuzahlen, wenn deren Zahlbetrag nach Rentenanpassung höher sein sollte als das zunächst festgestellte - gegenüber der Erwerbsunfähigkeitsrente höhere - Altersruhegeld.

 

Normenkette

RVO § 1253 Abs. 2 S. 5 Fassung: 1965-06-09, § 1254 Abs. 2 S. 2 Fassung: 1957-02-23

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 10. April 1975 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Der ... 1910 geborene Kläger beantragte im November 1972 bei der Beklagten Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit. Mit Bescheid vom 19. März 1973 bewilligte ihm die Beklagte für die Zeit vom 1. November 1972 an Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in Höhe von 831,40 DM monatlich. Sie nahm an, daß der Versicherungsfall am 31. Mai 1972 eingetreten sei.

Mit einem am 9. April 1973 bei der Beklagten eingegangenen Schriftsatz beantragte der Kläger die Gewährung des vorgezogenen Altersruhegeldes nach § 1248 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) für die Zeit vom 1. April 1973 an; als Tag des Versicherungsfalles gab er den 31. März 1973 an.

Mit Wirkung vom 1. Juli 1973 wurde die Rente des Klägers nach dem 16. Rentenanpassungsgesetz (RAG) auf 925,70 DM monatlich angepaßt.

Mit Bescheid vom 1. August 1973 wandelte die Beklagte die Rente in "flexibles Altersruhegeld" (§ 1248 Abs. 1 RVO) um, nahm einen Versicherungsfall vom 31. März 1973 an und ließ das Altersruhegeld in Höhe von 921,40 DM am 1. April 1973 beginnen. Sie ging davon aus, daß der Kläger gegenüber der früher bewilligten Rente in den Monaten April bis Juni 1973 jeweils 90,- DM monatlich mehr und von Juli 1973 an jeweils 4,30 DM monatlich weniger erhalte.

Das Altersruhegeld wurde mit Wirkung vom 1. Juli 1974 nach dem 17. RAG von 921,40 DM auf 1.024,60 DM angepaßt.

Mit der bei dem Sozialgericht (SG) in Lübeck erhobenen Klage hat der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Juli 1973 bis zum 30. Juni 1974 einen Betrag in Höhe von monatlich 925,70 DM zu gewähren und diesen ab 1. Juli 1974 gemäß dem 17. RAG um 11,2 v. H. zu erhöhen.

Mit Urteil vom 12. September 1974 hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 1. Juli 1973 Altersruhegeld in Höhe von 925,70 DM monatlich zu zahlen, und im übrigen die Klage abgewiesen. Beide Beteiligten haben Berufung eingelegt. Das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) hat am 10. April 1975 das Urteil des SG Lübeck aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen.

In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt: Eine Besitzstandsgarantie dahingehend, daß für die Höhe der nachfolgenden Rente der tatsächlich ausgezahlte Rentenbetrag maßgebend sei, bestehe nicht. Auf den zufälligen Zeitpunkt der Bescheiderteilung komme es nicht an.

Mit der zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung der §§ 1254 Abs. 2 und 1253 Abs. 2 Satz 5 RVO. Er beantragt zu erkennen:

1.

Unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung wird der Tenor des erstinstanzlichen Urteils wie folgt geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger in Abänderung des Bescheides vom 1. August 1973 ab 1. Juli 1973 eine Versichertenrente in Höhe von DM 925,70 monatlich zu zahlen und diesen Betrag zur Grundlage der 17. und aller weiteren Rentenanpassungen zu machen.

2.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Lübeck wird zurückgewiesen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend entschieden hat, rechtmäßig. Der Kläger hat einen Anspruch weder auf höheres Altersruhegeld noch auf eine andere Art der Rentenanpassung.

Nach § 1254 Abs. 2 RVO in der am 1. Januar 1973 in Kraft getretenen Fassung des Rentenreformgesetzes (RRG) vom 16. Oktober 1972 (BGBl I 1965) ist die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, wenn der Empfänger die Voraussetzungen für das Altersruhegeld des § 1248 Abs. 1 RVO i. d. F. des RRG erfüllt, auf Antrag in dieses Altersruhegeld umzuwandeln. Als Altersruhegeld wird mindestens der bisherige monatliche Rentenzahlbetrag gewährt (§ 1254 Abs. 2 Satz 2 RVO i. d. F. des RRG i. V. m. § 1253 Abs. 2 Satz 5 RVO).

Die Beklagte hat das Altersruhegeld richtig berechnet; das hat das Berufungsgericht festgestellt, die Revision erhebt dagegen keine Einwände. Streitig ist dagegen, ob die Beklagte die "Besitzstandsgarantie" des § 1254 Abs. 2 Satz 2 RVO beachtet hat.

Die Revision meint, der Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bestehe auch nach Hinzutreten des Anspruchs auf Altersruhegeld fort, weshalb bei sinnvoller Auslegung des Begriffs "bisheriger monatlicher Rentenzahlbetrag" die bisherige Rente wegen Erwerbsunfähigkeit mit den künftigen Anpassungen den unteren Grenzwert bilde, der beim Hinzutreten des Anspruchs auf Altersruhegeld nicht unterschritten werden dürfe; sei zunächst das Altersruhegeld höher, später jedoch infolge der Rentenanpassung der Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, so seien jeweils die höheren Beträge zu zahlen ("permanente Mindestbetragsgarantie"). Das ist jedoch rechtsirrig.

Der 12. Senat des Bundessozialgerichts hat in dem zur Veröffentlichung vorgesehenen Urteil vom 18. Dezember 1975 - 12 RJ 100/75 - entschieden: Bei der Umwandlung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in das Altersruhegeld wegen Vollendung des 65. Lebensjahres tritt an die Stelle des bisherigen Versicherungsfalles als neuer derjenige des Alters. Der bisherige Versicherungsfall besteht nicht mehr fort. Auf dem neuen Versicherungsfall beruht zugleich ein neuer Leistungsanspruch. Eine sofortige Rentenanpassung unterbleibt. Der Beginn eines aufgrund der von Amts wegen vorzunehmenden Umwandlung zu gewährenden Altersruhegeldes ist entsprechend § 1290 Abs. 1 Satz 1 festzusetzen. Der erkennende Senat teilt diese Rechtsauffassung. Sie gilt auch für den vorliegenden Fall. Daß hier die Umwandlung nicht von Amts wegen, sondern auf Antrag erfolgte und daß nicht das Altersruhegeld wegen Vollendung des 65. Lebensjahres (§ 1248 Abs. 5 RVO), sondern das "flexible" Altersruhegeld (§ 1248 Abs. 1 RVO) gewährt wird, bedeutet keinen für die hier zu entscheidende Rechtsfrage wesentlichen Unterschied.

Die Umwandlung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in das Altersruhegeld ist, wie sich aus dem Zusammenhang der Regelung ergibt, auf einen bestimmten Zeitpunkt - und zwar, da jede Rente in monatlichen Beträgen im voraus zu zahlen ist (§ 1297 Satz 1 RVO), zum Monatsanfang - derart vorzunehmen, daß bis zu diesem Zeitpunkt (also bis zum letzten Tag des Monats um 24 Uhr) die alte Rente und von diesem Zeitpunkt an (also vom ersten Tag des nächsten Monats um O Uhr) die neue Leistung gezahlt wird. So hat auch hier die Beklagte, dem Antrag des Klägers entsprechend, die Umwandlung zum 1. April 1973 vorgenommen und für März 1973 die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und ab April 1973 das Altersruhegeld gezahlt. "Bisheriger monatlicher Zahlbetrag" kann deshalb nur der Betrag sein, der für den dem Stichtag vorausgehenden Monat gezahlt worden ist, hier der Betrag für März 1973. Ob das der tatsächlich ausgezahlte oder der Betrag ist, auf den der Versicherte einen gesetzlichen Anspruch hat (worüber das Berufungsgericht unter Hinweis auf die Entscheidung BSG 26, 206 Untersuchungen anstellt), kann dahinstehen, da hier der tatsächlich ausgezahlte auch der gesetzliche Betrag war.

Der Forderung, daß das Altersruhegeld mindestens dem Rentenbetrag für März 1973 zu entsprechen habe, ist die Beklagte nachgekommen. Der Umwandlungsbescheid ist nicht zu beanstanden.

Für eine permanente Mindestbetragsgarantie, die einen sowohl gleitenden als auch hypothetischen "bisherigen monatlichen Zahlbetrag" voraussetzt, gibt das Gesetz keinen Anhalt.

Die Revision war als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1647849

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