Wachstumsinitiative sieht Anreize für beschäftigte Rentner vor
Diese rentenpolitischen Maßnahmen dienen dazu, die Wachstumsinitiative der Bundesregierung umzusetzen. Sie wurden im Kabinett in Form einer Formulierungshilfe für einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen beschlossen. Die Wachstumsinitiative selbst enthält 49 konkrete Maßnahmen und wurde am 17. Juli 2024 vom Kabinett beschlossen.
Beschäftigte Rentner und Rentnerinnen: der Status quo
Für beschäftigte Rentnerinnen und Rentner, die die Regelaltersrente bereits erreicht haben und eine Vollrente wegen Alters beziehen, besteht in der Beschäftigung Rentenversicherungsfreiheit. Unabhängig vom Rentenbezug besteht auch Arbeitslosenversicherungsfreiheit.
Damit Arbeitgeber wegen dieser Versicherungsfreiheit keine finanziellen Vorteile durch die Beschäftigung solcher Personen haben, besteht die Verpflichtung, weiterhin die Arbeitgeberanteile zu diesen Versicherungszweigen zu zahlen. Leistungsansprüche entstehen dadurch jedoch für die beschäftigte Person nicht. Allerdings können entsprechende Rentnerinnen und Rentner auf ihre Rentenversicherungsfreiheit verzichten und ebenfalls weiter den Arbeitnehmeranteil zur Rentenversicherung entrichten. Dadurch erlangen sie eine Steigerung der Rente ab dem 1. Juli des Folgejahres.
Alternativregelung für die Arbeitgeberanteile vorgesehen
Eine geplante Neuregelung sieht vor, dass Arbeitgeber die Arbeitgeberanteile zur Renten- und Arbeitslosenversicherung auch alternativ an die beschäftigten Rentnerinnen und Rentner auszahlen können. Die Zahlung muss zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erfolgen. Dies bringt bei den derzeitig geltenden Beitragssätzen eine Entgelterhöhung von 10,6 Prozent. Diese Alternativregelung soll ab 1. Juli 2025 möglich sein.
Bei einem Verzicht auf die Rentenversicherungsfreiheit zur späteren Rentensteigerung gilt die Alternativmöglichkeit nur für den Arbeitgeberanteil zur Arbeitslosenversicherung.
Finanzielle Anreize für aufgeschobenen Rentenbeginn
Wird die Vollrente wegen Alters nach Erreichen der Regelaltersgrenze später in Anspruch genommen, erhöht sich der Rentenzahlbetrag aktuell um 0,5 Prozent je Monat der späteren Inanspruchnahme. Wird also der entsprechende Rentenbeginn durch eine spätere Antragstellung zum Beispiel um 2 Jahre aufgeschoben, erhöht sich der Rentenzahlbetrag um 12 Prozent. Ist die entsprechende Person in dieser Zeit weiterhin versicherungspflichtig beschäftigt, erhöht sich der Rentenzahlbetrag außerdem durch die weiter erarbeiteten Entgeltpunkte.
Rentenaufschubprämie als Einmalzahlung geplant
Bei einer späteren Inanspruchnahme der Vollrente wegen Alters nach Erreichen der Regelaltersgrenze sollen die betreffenden Personen zukünftig eine Rentenaufschubprämie wählen können. Dies setzt voraus, dass der Rentenbeginn mindestens um 12 Monate hinausgeschoben wird und in der Zeit bis zum späteren Rentenbeginn eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt wird.
Die sich dann ergebende monatliche Rente wird bei Beantragung der Rentenaufschubprämie mit der Anzahl der Kalendermonate multipliziert, die die Rente später in Anspruch genommen wird, und einmalig bei Rentenbeginn ausgezahlt. Diese Inanspruchnahme soll auf einen Zeitraum der späteren Renteninanspruchnahme von maximal 36 Monate begrenzt sein. Wird die Inanspruchnahme der Vollrente wegen Alters noch weiter hinausgeschoben, gilt für die weitere Zeit wieder die Rentenerhöhung um 0,5 Prozent je Kalendermonat.
Da die Auszahlung der Rentenaufschubprämie steuer- und sozialversicherungsfrei geplant ist, wird bei der Berechnung des Auszahlungsbetrages die Gesamtsumme um die Krankenversicherungsbeiträge erhöht, die der Rentenversicherungsträger in der Zwischenzeit eingespart hat. Aktuell sind dies 8,15 Prozent (halber allgemeiner Beitragssatz = 7,3 Prozent und halber durchschnittlicher Zusatzbeitragssatz = 0,85 Prozent).
Rentenaufschubprämie soll 2028 kommen
Nach dem derzeitigen Stand soll für einen aufgeschobenen Rentenbeginn ab 1. Januar 2028 die Rentenaufschubprämie wählbar sein. Wer sich jedoch für den maximalen Zeitraum von 36 Monate entscheidet, kann diese Regelung bereits nutzen, wenn der eigentliche Rentenanspruch auf die Vollrente wegen Alters ab dem 1. Januar 2025 besteht.
Beispiel:
Eine Arbeitnehmerin, geboren am 8. April 1959, hat ab 1. Juli 2025 Anspruch auf die Regelaltersrente nach Erreichen der Regelaltersgrenze. Ihr Rentenanspruch ab 1. Juli 2025 beträgt 1.500 Euro brutto.
Sie stellt keinen Rentenantrag, sondern übt ihre bisherige versicherungspflichtige Beschäftigung weiter aus. Sie beantragt die Regelaltersrente ab 1. Januar 2028. Die Rentenhöhe beträgt ab diesem Zeitpunkt 1.650 Euro.
Beurteilung:
Die Rentenversicherungspflicht besteht in der Beschäftigung weiter bis zum 31. Dezember 2027. Der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil zur Rentenversicherung ist weiter zu entrichten. In der Arbeitslosenversicherung besteht ab 1. Juli 2025 Versicherungsfreiheit. Der Arbeitgeberanteil ist weiter zu entrichten. Alternativ kann das monatliche Arbeitsentgelt der Arbeitnehmerin um diesen Beitrag erhöht werden.
Der Rentenbeginn ist um 30 Monate aufgeschoben worden. Entweder nimmt die Arbeitnehmerin die dauerhafte Rentensteigerung um 15 Prozent (30 Monate je 0,5 Prozent) – in diesem Fall würde sich dadurch bei der angenommenen Rente von 1.650 Euro der monatliche Zahlbetrag um 247,50 Euro erhöhen.
Alternativ könnte die Arbeitnehmerin die Rentenaufschubprämie wählen. Diese würde (1.650 Euro x 30 Monate =) 49.500 Euro, zuzüglich der darauf eingesparten Krankenversicherungsbeiträge des Rentenversicherungsträgers in Höhe von 3.987,75 Euro (8,15 Prozent von 49.500 Euro), also insgesamt 53.484,75 Euro betragen, die in einer Summe steuer- und sozialversicherungsfrei ausgezahlt wird.
Höhere Hinzuverdienstgrenze bei Hinterbliebenenrente
Auch für Hinterbliebene soll es stärkere Anreize geben, eine Beschäftigung aufzunehmen oder weiterzuarbeiten: Erwerbseinkommen und kurzfristiges Erwerbsersatzeinkommen wie Sozialhilfe oder Bürgergeld soll bis zu einem Sockelbetrag von aktuell 538 Euro im Monat von der Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes ausgenommen werden.
Vorbeschäftigungsverbot soll entfallen
Um die Weiterbeschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die das Rentenalter erreichen, zu erleichtern und unkomplizierter als bislang zu gestalten, soll das sogenannte Vorbeschäftigungsverbot bei Befristungen ohne Sachgrund für diesen Personenkreis entfallen. Das Vorbeschäftigungsverbot entstammt dem Teilzeit- und Befristungsgesetz und besagt, dass ein befristetes Arbeitsverhältnis in der Regel nicht zulässig ist, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.
Die Neuregelung für Rentner bedeutet konkret, dass künftig ein sachgrundlos befristeter Arbeitsvertrag auch dann möglich sein wird, wenn bereits in der Vergangenheit ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber bestand. Gesetzestechnisch wird hierfür im SGB VI für die nach Erreichen des Rentenalters weiterarbeitenden Arbeitnehmer eine Ausnahme vom Vorbeschäftigungsverbot verankert. Sowohl der bisherige Arbeitgeber als auch andere frühere Arbeitgeber dürfen mit ihnen eine sachgrundlose Befristung vereinbaren. Die sachgrundlose Befristung darf die Gesamtdauer von acht Jahren oder die Anzahl von 12 Vertragsbefristungen nicht übersteigen.
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