Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechenfehler. Berichtigung eines Rentenbescheids
Leitsatz (amtlich)
Hat der Versicherte gegen den die Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit gewährenden Bescheid keinen Widerspruch eingelegt und begehrt er sodann hinsichtlich der Rentenhöhe gemäß § 44 Abs 1 SGB 10 die Rücknahme des bindend gewordenen Rentenbescheides, so ist in diesem Verfahren die Anhörung des Versicherten nicht erforderlich.
Leitsatz (redaktionell)
Berichtigung eines offensichtlichen Fehlers bei der Rentenberechnung jederzeit möglich.
Orientierungssatz
Es ist nicht erforderlich, daß sich ein Fehler allein schon beim Lesen des Rentenbescheides aufdrängt, sondern es genügt vielmehr, daß sich die Unrichtigkeiten aus außerhalb des Bescheides liegenden Umständen ergeben. Abgesehen davon, daß hier die Rentenberechnung selbst Bestandteil des Bescheides ist, kommt es hierbei auch nicht entscheidend auf das Erkennungsvermögen der im konkreten Fall Beteiligten, sondern auf dasjenige verständiger Personen an (vgl BSG vom 1962-11-23 1 RA 170/61 = SozR Nr 36 zu § 77 SGG).
Normenkette
SGB 1 § 34 Fassung: 1975-12-11; SGB 10 § 38 Fassung: 1980-08-18, § 44 Abs. 1 Fassung: 1980-08-18; SGG § 77 Fassung: 1953-09-03, § 138 Fassung: 1953-09-03
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Rechtsstreit wird um die Frage geführt, inwieweit die Beklagte hinsichtlich der Rentenhöhe fehlerhaft erstellte Rentenbescheide berichtigen kann und in welchem Umfange der Kläger für noch nicht ausgezahlte Nachzahlungsbeträge bzw für eine geleistete Rentenzahlung Besitzstandsschutz genießt.
Mit Bescheiden vom 10. Juni 1980 gewährte die Beklagte dem Kläger die Gesamtleistung wegen Erwerbsunfähigkeit für die Zeit vom 1. Oktober 1976 bis 7. März 1977 und vom 8. März 1977 an die Gesamtleistung wegen Berufsunfähigkeit. Für die Erwerbsunfähigkeitsrente errechnete sie einen monatlichen Zahlbetrag von DM 1.823,-- und eine Nachzahlung von DM 9.526,70. Für die Berufsunfähigkeitsrente belief sich die monatliche Zahlung ab Mai 1980 auf DM 1.844,-- und die Nachzahlung bis zum 31. Juli 1980 auf den Betrag von DM 56.066,50, mit dem Vorschußzahlungen in Höhe von DM 15.200,-- aufgerechnet wurden. Wegen der Verrechnung mit noch zu klärenden Ersatzansprüchen gelangte der restliche Nachzahlungsbetrag nicht zur Auszahlung. Lediglich für den Monat August 1980 wurde dem Kläger die Rente in Höhe von DM 1.844,-- gezahlt. Dann erkannte die Beklagte, daß ihr in beiden Rentenbescheiden ein Fehler insofern unterlaufen war, als die persönliche Bemessungsgrundlage in der knappschaftlichen Rentenversicherung anstatt mit 123,70 % mit 171,21 % in Ansatz gebracht worden war. Die Ursache dieses Irrtums war folgende in den Rentenbescheiden aufgeführte fehlerhafte Multiplikation: "2 x 10,03 = 922,76". Mit Bescheiden vom 5. September 1980 stellte hierauf die Beklagte die Rentenleistungen neu fest, errechnete für die Erwerbsunfähigkeitsrente eine monatliche Leistung von DM 1.496,50 und eine Nachzahlung von DM 7.820,50 sowie für die Berufsunfähigkeitsrente ab Mai 1980 einen monatlichen Zahlbetrag von DM 1.492,90 und bis einschließlich September 1980 eine Nachzahlung von DM 49.745,20. Durch Auszahlungsanordnung vom 5. September 1980 zahlte sie dem Kläger für die Zeit vom 1. Oktober 1976 bis 30. September 1980 nach Abzug von Vorschußzahlungen und Ersatzansprüchen insgesamt DM 30.662,-- aus.
Mit Schreiben vom 6. Januar 1981 verlangte der Kläger die Gewährung der Renten gemäß den Bescheiden vom 10. Juni 1980, die nach seiner Auffassung für die Beklagte mit dem Zeitpunkt des Zugangs bindend geworden seien. Dieses Begehren lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 23. Januar 1981 und Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 1981 ab.
Die dagegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) durch Urteil vom 12. Januar 1982 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 16. November 1982 die Berufung des Klägers zurückgewiesen und im wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Bescheide vom 5. September 1980 nach § 44 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB 10) seien nicht erfüllt, da der Kläger die Rentenzahlbeträge zu Recht nicht erhalten habe. Die Bindungswirkung des § 77 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstrecke sich weder auf die persönliche Bemessungsgrundlage noch auf die Rentenhöhe, da es sich bei der fehlerhaften Berechnung um eine jederzeit korrigierbare offensichtliche Unrichtigkeit handele. Diese habe der Kläger als verständige Person unter Berücksichtigung der heute allgemein betriebenen Aufklärung der Rentner über ihre Rechtsstellung sowie der Rentenbescheide nebst Berechnungsunterlagen ohne weiteres erkennen können, da die Multiplikation von 2 x 10,03 mit dem Wert von 922,76 eindeutig falsch sei und die persönliche Bemessungsgrundlage von 171,21 % erkennbar eine für den vorliegenden Versicherungsverlauf in der knappschaftlichen Rentenversicherung der Arbeiter ungewöhnliche Höhe darstelle. Aus dieser offenbar unrichtigen Berechnung könne sich somit ein schutzwürdiger Besitzstand nicht entwickeln. Auch seien die Nachzahlungen noch gar nicht unmittelbar in den Verfügungsbereich des Klägers gelangt und etwaige Dispositionen von ihm nicht getroffen worden. Ferner stehe dem Auszahlungsbegehren § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) entgegen, wonach Leistungen nicht verlangt werden können, die wegen Bösgläubigkeit wieder zurückzugewähren seien. Auch die Anwendung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in Neufeststellungsverfahren, wonach die Rente zumindest in der gewährten Höhe weiterzuzahlen sei, führe zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen fehle es an dem für die Rechtsprechung maßgebenden Vertrauensschutz, zum anderen stelle die Verrechnung der einmaligen Rentenleistung für August 1980 mit Nachzahlungsbeträgen keinen unmittelbaren belastenden Eingriff in die Vermögensdisposition des Klägers dar. Über die Nachzahlungsbeträge habe er auch keine Verfügung getroffen. Selbst wenn die Verrechnung einer Rückforderung im Sinne des § 93 Abs 2 Reichsknappschaftsgesetz (RKG) gleichzusetzen sei, so stünde ihrer Zulässigkeit nicht die einfache Fahrlässigkeit der Beklagten angesichts der Offensichtlichkeit des Berechnungsfehlers an der Überzahlung entgegen, da der Kläger den Fehler sofort habe erkannt oder doch hätte erkennen müssen und dadurch schutzwürdiges Vertrauen in die Zahlung nicht habe erweckt werden können.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 77, 128 SGG, 34 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB 1). Er ist der Auffassung, daß sich die Bindungswirkung gemäß § 77 SGG auch auf die in den Bescheiden vom 10. Juni 1980 ausgewiesene Rentenhöhe erstrecke. Das Recht auf freie Beweiswürdigung sei überschritten, weil das LSG zu Unrecht angenommen habe, daß der Fehler auch bei der Kompliziertheit der Rentenberechnung, insbesondere im Hinblick auf die unübersichtlichen, manuell ausgefüllten Feststellungsbögen, von einem verständigen Rentner hätte erkannt werden können. Die Bescheide vom 5. September 1980 seien rechtswidrig, weil sie ohne Anhörung ergangen seien. Selbst wenn die Beklagte ein Recht zur Berichtigung habe, so sei sie an die Bescheide gebunden und könne allenfalls unter Wahrung des Besitzschutzes den Bescheid über die Berufsunfähigkeitsrente für die Zukunft beseitigen.
Der Kläger beantragt, die Urteile des LSG und des SG abzuändern, die Bescheide der Beklagten vom 5. September 1980 und 23. Januar 1981 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. Mai 1981 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die mit den Bescheiden vom 10. Juni 1980 gewährten Renten im Wege der Wahrung des Besitzstandes weiterzugewähren.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision des Klägers ist im wesentlichen unbegründet, denn er kann von der Beklagten nicht verlangen, daß diese die mit Bescheid vom 10. Juni 1980 gewährte Rente wegen Berufsunfähigkeit in der Höhe auszahlt, in der sie infolge eines Berechnungsfehlers irrtümlich zu hoch festgestellt worden ist. Soweit die Beklagte dagegen einen Teil der für den Monat August 1980 bereits ausgezahlten Rente wegen Berufsunfähigkeit zurückgefordert und gegen die Rentennachzahlung aufgerechnet hat, ist die Revision des Klägers begründet.
Dem vom Kläger noch in der Revisionsinstanz gestellten Antrag, die Bescheide der Beklagten vom 5. September 1980 aufzuheben, konnte schon deshalb nicht entsprochen werden, weil diese Verwaltungsakte für die Beteiligten in der Sache bindend sind (§ 77 SGG). Soweit der Kläger sich gegen den Bescheid der Beklagten vom 23. Januar 1981 wendet, handelt es sich um eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) mit dem Begehren, dieser Bescheid soll aufgehoben und die Beklagte verpflichtet werden, die bindenden Bescheide vom 5. September 1980 zurückzunehmen, so daß dann Rentenzahlungen in der Höhe zu erbringen wären, wie sie sich aus den Bescheiden vom 10. Juni 1980 ergeben.
Bei den beiden Bescheiden vom 5. September 1980 betrifft der eine die Berichtigung des Bescheides vom 10. Juni 1980 über die Gewährung der Gesamtleistung wegen Erwerbsunfähigkeit für die Zeit vom 1. Oktober 1976 bis zum 7. März 1977. Der andere Bescheid hat die Gesamtleistung wegen Berufsunfähigkeit ab 8. März 1977 zum Inhalt. Obwohl im angefochtenen Verwaltungsakt vom 23. Januar 1981 die Rücknahme beider Berichtigungsbescheide vom 5. September 1980 abgelehnt worden ist, handelt es sich um mehrere selbständige Ansprüche, die einmal die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und zum anderen die wegen Berufsunfähigkeit betreffen. Der geltend gemachte Anspruch, die Beklagte solle verpflichtet werden, den Bescheid über die Berichtigung der Rente wegen der Erwerbsunfähigkeit zurückzunehmen, betrifft daher Rente für abgelaufene Zeit (vgl BSG in SozR Nr 22 zu § 146 SGG), so daß die Berufung hinsichtlich dieses Anspruchs nicht zulässig war (§ 146 SGG) und vom LSG als unzulässig hätte verworfen werden müssen. Dieser, in der Revisionsinstanz fortwirkende Mangel des Berufungsverfahrens ist von Amts wegen zu beachten. Schon deshalb kann die Revision des Klägers hinsichtlich der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit keinen Erfolg haben.
Mit Ausnahme der Rente für den Monat August 1980 hat das LSG zu Recht entschieden, daß die Beklagte nicht verpflichtet ist, den Bescheid vom 5. September 1980 über die Berichtigung der Rente wegen Berufsunfähigkeit zurückzunehmen. Rechtsgrundlage für diesen Streitgegenstand ist § 44 Abs 1 SGB 10, wonach auch ein unanfechtbar gewordener Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist, wenn bei seinem Erlaß das Recht unrichtig angewendet wurde und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Die Korrektur der Berufsunfähigkeitsrente im Bescheid vom 5. September 1980 entsprach der Rechtslage, denn bei der fehlerhaften Berechnung im Rentenbescheid vom 10. Juni 1980 handelte es sich um eine jederzeit berichtigungsfähige offenbare Unrichtigkeit.
Schon vor dem Inkrafttreten des § 38 SGB 10 am 1. Januar 1981 konnten unter Heranziehung des ua dem § 138 SGG zugrundeliegenden Rechtsgedankens auch im Verwaltungsverfahren ungeachtet der Bindungswirkung eines Bescheides darin enthaltene Schreib-, Rechenfehler oder andere offenbare Unrichtigkeiten grundsätzlich von Amts wegen berichtigt werden (so die ständige Rechtsprechung des BSG, vgl Urteil des Senats vom 20. Februar 1980 in BSGE 49, 296, 298 = SozR 2200 § 1278 Nr 7, Beschluß des 1. Senats vom 28. Juni 1979 - 1 RA 109/76 - mwN). Dabei durften die Fehler weder auf einer unrichtigen Tatsachenwertung noch auf einem Rechtsirrtum beruhen. Es mußte sich also um Fehler im Ausdruck, nicht hingegen durfte es sich um solche in der Willensbildung handeln (BSG in SozR Nr 36 und Nr 81 zu § 77 SGG; Urteil vom 20. Februar 1980 aaO).
Diesen Erfordernissen genügt der vorliegende Rechenfehler im Falle des Klägers. Bei der Multiplikation von 2 x 10,03 ist fälschlicherweise der Wert von 922,76 ausgewiesen worden. Es standen aber alle erforderlichen Merkmale fest und waren unbestritten; ebenso hat es keinen Zweifel in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht gegeben. Zahlenmaterial und Rechenart hätten richtigerweise zu dem Ergebnis 20,06 führen müssen. Damit ist ersichtlich, daß die Beklagte etwas anderes aussagen wollte, als sie getan hat, so daß es sich nicht um einen Fehler in der Willensbildung, sondern eindeutig um einen solchen im Ausdruck handelt. Nicht nur dieser Fehler selbst, sondern auch die Auswirkungen auf die gesamte Rentenberechnung, auf die persönliche Bemessungsgrundlage und damit die Rentenhöhe, waren von Anfang iS des § 138 SGG offenbar.
Wie die Rechtsprechung des BSG schon wiederholt entschieden hat, ist es nicht erforderlich, daß sich der Fehler allein schon beim Lesen des Rentenbescheides aufdrängt, sondern es genügt vielmehr, daß sich die Unrichtigkeiten aus außerhalb des Bescheides liegenden Umständen ergeben. Abgesehen davon, daß hier die Rentenberechnung selbst Bestandteil des Bescheides ist, kommt es hierbei auch nicht entscheidend auf das Erkennungsvermögen der im konkreten Fall Beteiligten, sondern auf dasjenige verständiger Personen an (vgl BSGE 15, 96; BSG in SozR Nr 36 zu § 77 SGG).
Unter Berücksichtigung dieses Maßstabes hat das LSG nicht die Grenzen seines Rechts auf freie Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) überschritten, wenn es zu dem Ergebnis gelangt ist, daß der Kläger den Multiplikationsfehler hätte erkennen und darüber hinaus auch wissen müssen, welche Auswirkung Lehrlings- und Anlernzeiten auf die persönliche Bemessungsgrundlage und damit auf die Rentenhöhe haben. Ferner ist nicht zu beanstanden, wenn das LSG die Erkennbarkeit des Fehlers aus der für den vorliegenden Versicherungsverlauf in der knappschaftlichen Rentenversicherung der Arbeiter ungewöhnlichen Höhe der persönlichen Bemessungsgrundlage herleitet. Das Vorbringen des Klägers, das LSG habe die Kompliziertheit einer Rentenberechnung auf umfangreichen und verhältnismäßig unübersichtlich manuell ausgefüllten Feststellungsbögen nicht gewertet und seine Behauptung, die heutigen Rentner seien über Rentenangelegenheiten nicht so umfassend informiert wie 1957, sind für sich allein nicht geeignet, einen Verstoß gegen allgemeine Erfahrungs- und Denkgesetze darzutun, eben weil es für das Berichtigungsrecht der Beklagten nach der aufgezeigten Rechtsprechung auf die Einsichtsfähigkeit verständiger Personen ankommt.
Dem Recht der Beklagten auf Berichtigung der Berechnungsfaktoren, der Rentenhöhe und auch des Nachzahlungsbetrages stehen auch nicht Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes entgegen. Dabei kann hier dahingestellt bleiben, ob im Falle einer offenbaren Unrichtigkeit ein Vertrauensschutz hinsichtlich der Richtigkeit des Bescheides und seines Fortbestandes überhaupt geboten ist (verneinend Urteile des 4. Senats des BSG in SozR Nr 48 und Nr 81 zu § 77 SGG). Auch wenn man insoweit einen Vertrauensschutz mit der Entscheidung des 1. Senats vom 21. Februar 1963 (BSGE 18, 270, 272) nicht grundsätzlich ausschließt, fehlt hier ein Zeitablauf, nach dem begrifflich erst ein Vertrauensschutz entstehen kann. Denn bis zu der von der Beklagten vorgenommenen Berichtigung ist lediglich die Berufsunfähigkeitsrente für den Monat August 1980 ausgezahlt worden, die - wie noch zu zeigen sein wird - vom Kläger ohnehin nicht zurückgefordert werden kann. Ein weitergehender Vertrauensschutz ist aber auch unter Zugrundelegung der Entscheidung des 1. Senats aaO nicht gerechtfertigt.
Der Berichtigung hätte hier nicht eine Anhörung nach § 34 SGB 1 vorangehen müssen. Auch diesbezüglich kann offen bleiben, ob eine solche bei Berichtigungen allgemein unterbleiben darf (vgl hierzu Verbandskommentar der Rentenversicherungsträger, Anm 7 zu § 24 SGB 10, 4. Ergänzung 1. Juli 1981). Sie ist nach Auffassung des erkennenden Senats jedenfalls im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB 10 nicht erforderlich. Maßgebend hierfür ist, daß der Kläger gegen den berichtigten Rentenbescheid vom 5. September 1980 entsprechend der in ihm enthaltenen Rechtsbehelfsbelehrung Widerspruch hätte einlegen können, wodurch die unterlassene Anhörung geheilt gewesen wäre (vgl § 41 Abs 1 Nr 3, Abs 2 SGB 10 sowie die sich auf die Zeit vor Inkrafttreten dieser Vorschrift beziehenden BSG-Urteile in SozR 1200 § 34 Nrn 1, 2, 4 und 7). Der Kläger kann aber hinsichtlich der Anhörung bei der Überprüfung des rechtsverbindlichen Rentenbescheides nach § 44 SGB 10 nicht besser gestellt werden als nach der - hier unterbliebenen - Einlegung des Widerspruchs gegen den noch nicht bindenden Bescheid.
Soweit der Kläger gemäß § 44 SGB 10 die Aufhebung des Bescheides vom 5. September 1980 über die Berichtigung der Berufsunfähigkeitsrente hinsichtlich der Aufrechnung des für den Monat August 1980 überzahlten Rentenanteils begehrt, ist die Revision begründet.
Die Beklagte darf gegen Rentenansprüche nach § 51 Abs 1 SGB 1 nur dann aufrechnen, wenn sie den überzahlten Betrag nach § 93 Abs 2 RKG (= § 1301 Reichsversicherungsordnung -RVO-) zurückfordern darf (vgl Urteile des erkennenden Senats in SozR Nr 12 zu § 1288 RVO und in SozR Nr 18 zu § 1301 RVO). Da die Aufrechnung mit dem Rückforderungsbetrag vor dem 1. Januar 1981 erklärt worden ist, kann nicht § 50 SGB 10 angewendet werden. Der Rückforderungsanspruch ist vielmehr nach § 93 Abs 2 RKG in der bis zum 1. Januar 1981 gültigen Fassung zu prüfen (vgl BSG in SozR 2200 § 1301 Nr 14). Nach dieser Vorschrift darf eine zu Unrecht gezahlte Leistung von der Beklagten nur zurückgefordert werden, wenn (1.) sie für die Überzahlung kein Verschulden trifft und (2.) soweit der Empfänger beim Empfang der Leistung wußte oder wissen mußte, daß sie ihm nicht oder nicht in der gewährten Höhe zustand, sowie (3.) soweit die Rückforderung wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Empfängers vertretbar ist. Diese drei Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein. Das LSG hat unangegriffen und für den Senat bindend festgestellt, daß die Beklagte die Überzahlung durch den Rechenfehler verursacht und leicht fahrlässig verschuldet hat. Gleichwohl hält das Berufungsgericht eine Rückforderung für zulässig, denn der "einfachen Fahrlässigkeit" der Beklagten stehe kein schutzwürdiges Interesse des Klägers gegenüber, "weil dieser den Fehler sofort erkannte oder doch hätte erkennen müssen". Diese, die 2. Voraussetzung des § 93 Abs 2 RKG betreffenden Ausführungen können erst dann von Bedeutung sein, wenn die 1. Voraussetzung erfüllt ist.
Zu der Frage, ob die Überzahlung ebenfalls vom Kläger verursacht worden ist, hat sich das LSG nicht geäußert. Deswegen brauchte jedoch der Rechtsstreit nicht zurückverwiesen zu werden. Ein Verschulden des Klägers könnte nur darin erblickt werden, daß er nach der Aushändigung des Bescheides vom 10. Juni 1980 und vor dem Empfang der Rente für den Monat August 1980 es pflichtwidrig unterlassen hat, zu einer rechtzeitigen Berichtigung beizutragen (vgl Urteil des Senats vom 28. Januar 1972 in BSGE 34, 29 = SozR Nr 16 zu § 1301 RVO). Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger den Fehler erkannt und gleichwohl die Beklagte nicht davon unterrichtet hat, sind nicht vorhanden. Da das LSG das Verschulden auf Seiten der Beklagten als leicht fahrlässig bewertet hat, kann nur Entsprechendes für die Prüfung des Rentenbescheides durch den Kläger gelten. Immerhin ist die Rente des Klägers bei der Beklagten nicht nur vom Sachbearbeiter berechnet, sondern diese fehlerhafte Berechnung auch noch von einem weiteren Bediensteten kontrolliert worden. Rein begrifflich kann daher das Maß des Verschuldens beim Kläger, der die unrichtig berechnete Rente ja nur für einen Monat ausgezahlt bekommen hat, nicht größer sein als auf Seiten der Beklagten. Ergibt die Prüfung der 1. Voraussetzung des § 93 Abs 2 RKG jedoch nur leichte Fahrlässigkeit auf beiden Seiten, so besteht ein Rückforderungsanspruch nicht (vgl Urteil des Senats vom 28. Januar 1972 aaO, BSG in SozR 2200 § 1301 Nr 7).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, wobei der Senat berücksichtigt hat, daß der Kläger nur zu einem unbedeutenden Teil obsiegt hat.
Fundstellen