Leitsatz (amtlich)
Der Sozialhilfeträger hat keinen Anspruch darauf, daß der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung den nach RVO §§ 1531 ff zu ersetzenden Betrag von der Rechtshängigkeit an verzinst (Prozeßzinsen - Anschluß an BSG 1965-09-22 1 RA 285/62 = BSGE 24, 16).
Leitsatz (redaktionell)
Bei einer als Berufskrankheit anerkannten Silikose- Tuberkulose hat der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung Heilbehandlungen auch dann zu gewähren, wenn sie notwendig ist, um die von dem Erkrankten ausgehende Ansteckungsgefahr einzuschränken, und weil eine ausreichende häusliche Pflege nicht sichergestellt ist.
Normenkette
RVO § 1531 Fassung: 1945-03-29, § 556 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1963-04-30; BGB § 291 Fassung: 1896-08-18; RVO § 556 Abs. 2 Fassung: 1963-04-30
Tenor
Die Revisionen des Klägers und der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 3. Februar 1965 werden zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der klagende Landeswohlfahrtsverband beansprucht Ersatz der Kosten, die er für den Aufenthalt des - am 11. Juni 1964 verstorbenen - Walzers H R in verschiedenen Heilanstalten getragen hat, und verlangt Prozeßzinsen in Höhe von 4 v. H.
Der Walzer H R erkrankte im Februar 1952 an einem Lungenleiden, das von der Beklagten als Berufskrankheit anerkannt wurde (Staublungenerkrankung - Silikose - in Verbindung mit aktiv fortschreitender Lungentuberkulose - Siliko-Tbc, Nr. 17 b der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) in der Fassung der 4. BKVO, Nr. 27 b der Anlage in der Fassung der 5. BKVO, Nr. 35 der Anlage in der Fassung der 6. BKVO). R bezog von der Beklagten bis zu seinem Tode eine Rente, zuletzt in Höhe der Vollrente. Die Beklagte und die beigeladene Landesversicherungsanstalt (LVA) führten verschiedene stationäre Heilverfahren in Heilanstalten durch. Das am 25. Februar 1958 begonnene stationäre Heilverfahren wurde am 24. Juni 1958 abgebrochen, weil nach Auffassung der Anstaltsärzte eine weitere Besserung nicht mehr zu erwarten war. Vom 18. August bis zum 1. Dezember 1959 und vom 7. November 1960 bis zu seinem Tode (11. Juni 1964) befand sich R erneut in stationärer Heilanstaltsbehandlung. Die Kosten trug der Kläger, weil sowohl die Beklagte als auch die beigeladene LVA Hessen die Kostenübernahme abgelehnt hatten. Die Beklagte begründete ihre Ablehnung damit, daß die stationäre Behandlung eine gesundheitspolizeiliche Maßnahme gewesen sei. Die LVA berief sich darauf, daß die Siliko-Tbc von der Beklagten als eine Berufskrankheit anerkannt worden sei, so daß diese die Behandlungskosten tragen müsse. Im Oktober 1960 hat der Kläger beim Sozialgericht (SG) Kassel Klage auf Ersatz der Kosten erhoben, die durch den Heilstättenaufenthalt in der Zeit vom 18. August bis zum 1. Dezember 1959 entstanden waren, und zugleich 4 v. H. Zinsen ab Klageerhebung verlangt. Diese Klage hat der Kläger im Laufe des Verfahrens auf die Kosten vom 1. Oktober 1959 an (dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes über Tuberkulosehilfe vom 23. Juli 1959 - BGBl I, 513 -) beschränkt.
Mit einer weiteren im Februar 1961 beim SG Kassel erhobenen Klage hat der Kläger Ersatz der Kosten (zuzüglich 4 % Zinsen ab Klageerhebung) beansprucht, die durch den Heilanstaltsaufenthalt des H R vom 7. November 1960 an entstanden waren. Diesen Anspruch hat der Kläger im Laufe des Verfahrens auf die Kosten bis zum Tode R am 11. Juni 1964 erweitert.
Das SG Kassel hat beide Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden (§ 113 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), die LVA Hessen zum Verfahren beigeladen und die Klagen durch Urteil vom 26. März 1963 abgewiesen.
Das SG hat mit ausführlicher Begründung dargelegt: Die Heilstättenbehandlungen, deren Kosten der Kläger ersetzt verlange, hätten nicht der Besserung des Gesundheitszustandes des Erkrankten gedient, sondern seien aus Gründen geboten gewesen, die außerhalb der Person des Erkrankten gelegen hätten, und seien deshalb auch nicht unmittelbar infolge des Unfalls gewährt worden, sondern aus anderen Erwägungen; die Beklagte sei deshalb nicht zur Gewährung von Heilstättenbehandlung verpflichtet gewesen; eine Verpflichtung der beigeladenen LVA zur Gewährung von Heilbehandlung habe nicht bestanden, da es sich um eine anerkannte Berufskrankheit gehandelt habe (§ 1244 a Abs. 7 der Reichsversicherungsordnung - RVO -).
Mit der Berufung gegen dieses Urteil hat der Kläger u. a. vorgetragen: Die Beklagte sei zur Gewährung von Heilanstaltspflege verpflichtet, wenn eine Krankheit ansteckend sei (§ 558 d Abs. 4 Nr. 2, Abs. 6 RVO aF). Auch schlössen die vorliegenden Gutachten nicht aus, daß durch die Heilstättenbehandlung eine Linderung des Leidens erreicht oder eine Verschlimmerung verhindert werde. Durch § 556 Abs. 2 RVO (in der Fassung des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes - UVNG -) sei die bisherige Rechtslage nur klargestellt worden.
Sowohl im Verfahren vor dem SG als auch im Berufungsverfahren hat der Kläger hilfsweise beantragt, die beigeladene LVA zur Ersatzleistung zu verurteilen.
Das Hessische Landessozialgericht (LSG) hat durch Urteil vom 3. Februar 1965 auf die Berufung des Klägers das Urteil des SG dahin geändert, daß die Beklagte verurteilt wird, dem Kläger die durch die stationäre Behandlung des Hermann R in der Zeit vom 1. Juli 1963 bis 11. Juni 1964 entstandenen Kosten zu erstatten. Im übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen und die Revision zugelassen.
Zur Begründung hat das LSG u. a. ausgeführt: Der Kläger habe für die Zeit bis zum 30. Juni 1963 keinen Ersatzanspruch (§§ 27, 31 des Tuberkulosehilfegesetzes - THG -, § 59 Abs. 2 des Bundessozialhilfegesetzes - BSHG - vom 30. Juni 1961 - BGBl I, 815, §§ 1531, 1534 RVO). Nach dem bis zum 30. Juni 1963 geltenden § 558 a RVO aF habe die Beklagte Krankenbehandlung nur zu gewähren gehabt, wenn dadurch eine Erwerbsunfähigkeit beseitigt oder eine Verschlimmerung verhütet werden konnte. Eine Leistungspflicht der Beklagten habe nicht bestanden, wenn die Tuberkulose nicht mehr behandlungsfähig gewesen sei und der Erkrankte, bei dem keine Heilung mehr zu erwarten gewesen sei, aus seuchenhygienischen Gründen in einer Anstalt untergebracht worden sei. Aus den ärztlichen Bescheinigungen und Gutachten gehe eindeutig hervor, daß jedenfalls vom 1. Oktober 1959 an die Voraussetzungen für eine Krankenbehandlung im Sinne von § 558 ff RVO aF nicht mehr vorgelegen hätten. Die Aufnahme in die Heilstätte sei sowohl wegen mangelnder häuslicher Pflege (Erkrankung der Ehefrau an einer bösartigen Unterleibsgeschwulst und Vorhandensein von vier Kindern im Alter von 11, 9, 8 und 4 Jahren, von denen bereits zwei an Tuberkulose erkrankt gewesen seien) als auch deshalb erfolgt, weil R wegen anhaltender Bazillenausscheidung eine Gefahr für die Umgebung gewesen sei, es handelte sich also um eine Asylierungsmaßnahme. Auch die beigeladene LVA sei nicht leistungspflichtig gewesen. Abgesehen davon, daß zweifelhaft gewesen sei, ob die Erwerbsfähigkeit wesentlich gebessert oder wiederherstellt werden konnte (§ 1236 Abs. 1 RVO), entfalle eine Verpflichtung der LVA zur Gewährung von Heilbehandlung nach § 1244 a Abs. 7 RVO. Auch durch das BSHG seien die Bestimmungen der §§ 558 ff RVO aF nicht geändert worden. Erst durch das Inkrafttreten des UVNG am 1. Juli 1963 sei eine neue Rechtslage geschaffen worden. Nach § 556 Abs. 2 RVO (in der Fassung des UVNG) müßten Versicherungsträger der gesetzlichen Unfallversicherung einem an Tuberkulose Erkrankten auch dann Heilbehandlung gewähren, wenn dadurch weder eine Minderung der Erwerbsfähigkeit beseitigt noch eine Verschlimmerung der Unfallfolgen verhütet werden könne, also auch wenn eine stationäre Dauerbehandlung aus anderen Gründen z. B. zur seuchengesetzlichen Gefahrenabwendung oder mangels häuslicher Pflege, notwendig sei. Da § 556 Abs. 2 RVO nach Art. 4 § 2 Abs. 1 UVNG auch für Berufskrankheiten gelte, die vor dem Inkrafttreten des UVNG aufgetreten seien, sei die Beklagte dem Kläger vom 1. Juli 1963 an ersatzpflichtig. Die Beklagte sei jedoch nicht verpflichtet, dem Kläger Prozeßzinsen von der Rechtshängigkeit an zu zahlen. Der Senat sei im Anschluß an die Rechtsprechung des früheren Reichsversicherungsamtes (RVA) und des Bundessozialgerichts (BSG) der Auffassung, daß § 286 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) keinen auch in der Sozialversicherung gültigen Rechtsgrundsatz enthalte, sondern daß nur in den in der RVO besonders aufgezählten Fällen ein Anspruch auf Verzugszinsen oder einen sonstigen Verzugsschaden bestehe (z. B. § 1400 Abs. 3 RVO). Das gleiche habe erst recht für § 291 BGB zu gelten.
Das Urteil des LSG ist dem Kläger am 12. März 1965, der Beklagten und der LVA am 15. März 1965 zugestellt worden. Die Beklagte hat am 30. März 1965 Revision eingelegt mit dem Antrage, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG in vollem Umfang, also auch für die Zeit vom 1. Juli 1963 bis zum 11. Juni 1964 zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, daß die Rechtslage durch § 556 Abs. 2 RVO (in der Fassung des UVNG) nicht geändert worden sei und die Rückwirkung dieser Vorschrift auf vor dem Inkrafttreten eingetretene Berufskrankheiten im vorliegenden Falle keine Bedeutung habe, weil R sich im Zeitpunkt des Inkrafttretens des UVNG bereits in einer bis zu seinem Tode nicht unterbrochenen Heilstättenbehandlung befunden habe.
Der Kläger hat am 3. April 1965 gegen das Urteil des LSG insoweit Revision eingelegt, als es Ansprüche auf Zahlung von Prozeßzinsen ab 1. Juli 1963 verneint hat. Er beantragt, die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, dem Kläger die Ersatzforderung für die Zeit vom 1. Juli 1963 bis 11. Juni 1964 mit 4 % jährlich zu verzinsen.
Der Kläger und die Beklagte beantragen, die Revision des Gegners zurückzuweisen.
Die beigeladene LVA beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich damit einverstanden erklärt, daß der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 SGG).
II
Die - durch Zulassung statthaften - Revisionen sind in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden und somit zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164 SGG). Sie hatten jedoch keinen Erfolg.
Der klagende Landeswohlfahrtsverband hat seine Revision gegen das Urteil des LSG ausdrücklich auf die Ablehnung des Anspruchs auf Prozeßzinsen beschränkt und im übrigen das Urteil nicht angefochten. Infolgedessen ist im Revisionsverfahren - abgesehen von der Entscheidung über den Anspruch auf Prozeßzinsen - nur auf die Revision der Beklagten darüber zu entscheiden, ob das LSG die Beklagte mit Recht verurteilt hat, dem Kläger die Kosten für den stationären Heilstättenaufenthalt des H R zu ersetzen, soweit sie nach dem Inkrafttreten des UVNG am 1. Juli 1963 bis zum Tode R am 11. Juni 1964 entstanden sind. Es bedarf deshalb keiner Prüfung, ob die Rechtsauffassung des LSG zutrifft, daß vor dem 1. Juli 1963 weder die Beklagte noch die beigeladene LVA verpflichtet waren, dem erkrankten R Heilstättenbehandlung zu gewähren.
Die Beklagte bestreitet eine solche Verpflichtung auch für die Zeit nach dem 30. Juni 1963. Sie verkennt jedoch den Umfang der Änderung der Rechtslage, die dadurch bewirkt worden ist, daß der Ausschuß für Sozialpolitik des Bundestages in § 556 RVO (in der Fassung des UVNG) den Absatz 2 eingefügt hat (vgl. BT-Drucks. IV/939 - neu S. 8). Während die Vorschriften über den Zweck der von den Versicherungsträgern der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewährenden Heilbehandlung, aus denen sich zugleich die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Heilbehandlung ergeben, in § 556 Abs. 1 Nr. 1 RVO inhaltlich mit der bisherigen Fassung (§ 558 a Nr. 1 RVO aF) übereinstimmen, ist in Absatz 2 des § 556 RVO nunmehr bestimmt, daß einem an Tuberkulose Erkrankten, wenn die Tuberkulose, wie im vorliegenden Fall, als Berufskrankheit - oder als Folge eines Arbeitsunfalls - anerkannt ist, Heilbehandlung auch dann gewährt werden muß, wenn die in Absatz 1 Nr. 1 aufgeführten Ziele der Heilbehandlung nicht mehr erreicht werden können. Das LSG hat hieraus zutreffend die Folgerung gezogen, daß in einem solchen Fall die Versicherungsträger der gesetzlichen Unfallversicherung eine Heilbehandlung auch gewähren müssen, wenn sie notwendig ist, um die von dem Erkrankten ausgehende Ansteckungsgefahr einzuschränken, und weil eine ausreichende häusliche Pflege nicht sichergestellt ist (vgl. hierzu Linthe, in "Berufsgenossenschaft" Sonderheft Mai 1963 S. 10; Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl S. 324 Anm. 16 zu § 556). Daß im vorliegenden Fall eine solche Notwendigkeit für eine stationäre Dauerbehandlung vorlag, ergibt sich aus den Feststellungen des LSG, die auch von der Beklagten nicht mit wirksamen Rügen angegriffen worden sind (vgl. § 163 SGG). Die Beklagte verkennt auch nicht, daß § 556 Abs. 2 RVO nach Art. 4 § 2 Abs. 1 UVNG auch für Berufskrankheiten gilt, die, wie im vorliegenden Fall, vor dem Inkrafttreten des UVNG eingetreten waren. Sie ist jedoch der Auffassung, daß ein Anspruch auf Heilbehandlung ihr gegenüber durch das Inkrafttreten des neuen Rechts nicht entstanden sei, weil R sich im Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits in einer bis zu seinem Tode andauernden stationären Dauerbehandlung befunden habe. Die Übergangsregelung in Art. 4 § 2 Abs. 1 UVNG, die nach Zweckbestimmung und Bedeutung sehr unterschiedliche Vorschriften zusammenfaßt, ermöglicht grundsätzlich keine neue rechtliche Beurteilung von Tatbeständen, die abgeschlossen in der Vergangenheit liegen (vgl. BSG 23, 139; 24, 88; 25, 249); sie hat aber, was die Beklagte verkennt, die Anwendung des neuen Rechts von seinem Inkrafttreten an zur Folge, soweit die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts eingetretene Berufskrankheit noch in den zeitlichen Geltungsbereich des neuen Rechts hineinwirkt (vgl. hierzu SozR Nr. 1 zu § 605 RVO). Bei dem auf die Berufskrankheit zurückzuführenden Zustand des erkrankten R, der eine stationäre Heilbehandlung notwendig machte, handelte es sich nicht um einen abgeschlossenen in der Vergangenheit liegenden Tatbestand, sondern um einen ständigen Veränderungen zugänglichen und sich im zeitlichen Geltungsbereich des neuen Rechts fortentwickelnden Vorgang. Der erkennende Senat stimmt deshalb mit dem LSG darin überein, daß die Beklagte jedenfalls vom Inkrafttreten des UVNG an nach § 556 Abs. 2 RVO verpflichtet war, dem erkrankten R Heilbehandlung in der - nach den Feststellungen des LSG erforderlichen - Form einer bis zu seinem Tod dauernden Heilanstaltspflege zu gewähren. Daraus ergibt sich, daß der Kläger, der während der hier streitigen Zeit vom 1. Juli 1963 bis zum Tode des R nach § 59 Abs. 1 BSHG die Kosten der Heilanstaltspflege getragen hat, auf die R während dieser Zeit der Beklagten gegenüber einen Anspruch hatte, nach § 1531 ff RVO (§ 1541 in der Fassung des § 31 Nr. 1 Buchst. c THG) Anspruch auf Ersatz dieser Kosten hat.
Die Revision der Beklagten, die sich gegen die Verurteilung zum Ersatz dieser Kosten richtet, ist deshalb unbegründet und war zurückzuweisen.
Die Revision des Klägers richtet sich nur dagegen, daß das LSG, indem es die Berufung des Klägers "im übrigen" zurückgewiesen hat, auch den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Verzinsung der zu ersetzenden Summe verneint hat. Der Kläger beansprucht eine Verzinsung des zu ersetzenden Betrages mit jährlich 4 v. H. vom 1. Juli 1963 an und vertritt unter Bezugnahme auf Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) (z. B. NJW 1958, 1744) und des Bundesgerichtshofs (BGH) (BGHZ 10, 125) die Auffassung, daß die Rechtshängigkeit bei öffentlich-rechtlichen Geldforderungen auch ohne ausdrückliche entsprechende Vorschriften die gleichen Folgen habe, wie sie für Geldschulden des bürgerlichen Rechts in der Vorschrift über die "Prozeßzinsen" (§ 291 BGB) geregelt sind. Der erkennende Senat hat im Urteil vom 27. September 1957 (2 RU 39/55 - Breithaupt 1958, 725 730 - in BSG 6, 19 ist dieser Teil des Urteils nicht abgedruckt) dargelegt, daß im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung keine Verzugsfolgen bei verspäteter Gewährung von Versicherungsleistungen vorgesehen sind. Im Urteil vom 25. Mai 1965 (2 RU 122/64 - SGb 1967, 117) hat der Senat unter Bezugnahme auf das Urteil des 12. Senats vom 16. Dezember 1964 (BSG 22, 150 - kritische Besprechung durch Martens in NJW 1965, 1703) daraus die Folgerung gezogen, daß die engen Beziehungen zwischen dem auf dem Verzug des Schuldners beruhenden Verzinsungsanspruch (vgl. § 288 BGB) und dem durch die Rechtshängigkeit der Forderung begründeten Anspruch auf Prozeßzinsen es ausschließen, ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung im Bereich der Sozialversicherungsleistungen einen durch die Rechtshängigkeit begründeten Zinsanspruch anzuerkennen. Inzwischen hat der 1. Senat im Urteil vom 22. September 1965 (BSG 24, 16) mit ausführlicher Begründung und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerwG (BVerwG 7, 95; 12, 266; 14, 1) gleichfalls dargelegt, daß die Folgerungen, die das BVerwG für das öffentliche Recht aus dem Grundsatz von Treu und Glauben im bestimmten Grenzen zieht, sich auf das Verhältnis zwischen dem Leistungsberechtigten und dem Versicherungsträger nicht übertragen lassen. Der 1. Senat hat hieraus die Folgerung gezogen, daß auch der Sozialhilfeträger, der einen Anspruch nach § 1531 RVO geltend macht, keinen Anspruch auf Verzugs- oder Prozeßzinsen hat. Für das Recht der Kriegsopferversorgung hat der 9. Senat im Urteil vom 25. November 1965 (BSG 24, 118) gleichfalls entschieden, daß im Bereich der Kriegsopferversorgung Prozeßzinsen nicht gefordert werden können, und zur Begründung u. a. ausgeführt, daß im Bereich der Kriegsopferversorgung einem solchen Anspruch - anders als im Bereich der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit - ein Gewohnheitsrecht entgegenstehe. Durch Urteil vom 20. Februar 1968 (6 RKa 19/67) hat der 6. Senat entschieden, daß eine kassenärztliche Vereinigung von Gesetzes wegen keinen Anspruch auf Verzugszinsen hat, wenn eine Krankenkasse die Gesamtvergütung für die kassenärztliche Versorgung nicht rechtzeitig entrichtet. Der erkennende Senat schließt sich diesen Urteilen, auf die ausdrücklich Bezug genommen wird, im Ergebnis an und hält an seiner Auffassung fest, daß auch im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung eine Verzögerung der Leistungen, zu denen ein Versicherungsträger verpflichtet ist, keinen zusätzlichen Anspruch unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens begründet und daß deshalb - ohne eine ausdrückliche gesetzliche Regelung - auch durch die Rechtshängigkeit des Leistungsanspruchs kein Verzinsungsanspruch begründet wird. Das hat aber nach der Auffassung des erkennenden Senats zur Folge, daß die Rechtshängigkeit einen solchen Verzinsungsanspruch auch dann nicht begründet, wenn ein Sozialhilfeträger, wie im vorliegenden Fall, mit der Klage Ersatz der Aufwendungen beansprucht, die er deshalb machen mußte, weil der Versicherungsträger der gesetzlichen Unfallversicherung dem Erkrankten Leistungen, die er hätte gewähren müssen, nicht oder nicht rechtzeitig erbracht hat.
Die Revision des Klägers ist hiernach unbegründet und war gleichfalls zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens ergeht auf Grund von § 193 SGG.
Fundstellen