Leitsatz (amtlich)
Eine psychogene Reaktion in Form einer Lähmung, die sich anfänglich mit anerkannten organischen Schädigungsfolgen vermischte, kann nach Abklingen der organischen Schädigung nicht ohne weiteres als wehrdienstunabhängig angesehen werden. Eine Rentenentziehung setzt voraus, daß zunächst die ärztlicherseits für notwendig gehaltene nervenklinische Behandlung zur Heilung der neurotischen Fixierung von der Versorgungsbehörde durchgeführt wird.
Normenkette
BVG § 1 Abs. 3 Fassung: 1950-12-20, § 62 Fassung: 1950-12-20
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 22. Februar 1960 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Der Beklagte erkannte beim Kläger nach versorgungsärztlicher Untersuchung durch Bescheid vom 9. November 1946 nach den damals noch gültigen Bestimmungen und durch Bescheid vom 3. Februar 1950 nach dem Körperbeschädigten-Leistungsgesetz (KBLG) Teilnervenlähmung der rechten Hand und Durchblutungsstörungen hohen Grades an Hand und Finger (richtig nach der im übrigen wörtlich übernommenen ärztlichen Beurteilung "Fingern") nach Ellenbogendurchschuß sowie außerdem 1950 Folgezustand einer Nierenentzündung als Schädigungsfolgen an und gewährte ab 1. Mai 1948 Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v. H. Schädigungsfolgen und MdE wurden ohne weitere ärztliche Untersuchung im Umanerkennungsbescheid vom 4. Dezember 1952 nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) übernommen. Bei der Nachuntersuchung vom 18. August 1953 fand der Internist Prof. L bezüglich der angeblich durchgemachten Nierenentzündung keine nachweisbaren Ausfallserscheinungen und hielt deshalb die Anerkennung Folgezustand einer Nierenentzündung für nicht mehr zulässig. Der Nervenarzt Dr. H erhob am gleichen Tage nur Weichteilnarben im Bereich des rechten Ellenbogengelenks, nicht aber eine organische Schädigung der Armnerven und Durchblutungsstörungen der rechten Hand und Finger. Die Zwangshaltung der Finger führte er allein auf vorstellungsbedingte seelisch-nervöse Momente und das Bestreben, sich die Rente zu erhalten zurück. Durch Bescheid vom 24. Dezember 1953 entzog der Beklagte auf Grund der §§ 62 Abs. 1 und 86 Abs. 3 BVG ab 1. März 1954 die Rente und erkannte nur noch Weichteilnarben im Bereich des rechten Ellenbogengelenks als Schädigungsfolgen an. Der Widerspruch blieb erfolglos.
Im sozialgerichtlichen Verfahren stützte der Kläger sein Rentenbegehren auf den Befundbericht des Urologen Dr. L vom 10. März 1954 sowie auf die Bescheinigung der Nervenärztin Dr. E vom 10. Mai 1954. Das Sozialgericht (SG) zog die Gutachten des Urologen Dr. L-B vom 7. und 28. Januar 1955, des Internisten Dr. P vom 21. Dezember 1954 mit Nebengutachten des Augenarztes Dr. W vom 21. Dezember 1954 und ein Gutachten der Drs. G und S von der Medizinischen Universitätsklinik Marburg vom 20. Oktober 1955 bei. Es verurteilte den Beklagten mit Urteil vom 30. August 1956 in Abänderung des Bescheides vom 24. Dezember 1953 und unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides, dem Kläger für die im Umanerkennungsbescheid anerkannten Gesundheitsstörungen Rente nach einer MdE um 30 v. H. über den 1. März 1954 hinaus zu zahlen. Auf die Berufung des Beklagten hob das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 22. Februar 1960 das Urteil des SG auf und verurteilte den Beklagten, dem Kläger wegen Folgen nach Ellenbogendurchschuß mit Teilnervenlähmung der rechten Hand Rente nach einer MdE um 25 v. H. ab 1. März 1954 zu gewähren. Der Beklagte sei nach § 86 Abs. 3 BVG berechtigt gewesen, die bisherige Rente herabzusetzen, wenn bei Neufeststellung der Rente ein Leidenszustand nicht mehr bestanden habe. Das treffe für die im Umanerkennungsbescheid noch anerkannten Folgen der Nierenentzündung zu, denn sie seien nach den Gutachten des Urologen Dr. L-B, der Medizinischen Universitätsklinik Marburg und des Internisten Prof. L abgeklungen; der Befundbericht des Dr. L rechtfertige keine andere Beurteilung. Dagegen bestünden noch Folgen nach Ellenbogendurchschuß mit Teilnervenlähmung der rechten Hand. Es handle sich dabei zwar nach der übereinstimmenden Auffassung von Dr. H, Dr. ... und der Universitätsklinik um eine auf seelisch nervöse Momente zurückzuführende psychogen fixierte Krampfhaltung der rechten Hand, während die früher vorhandene und als Dienstbeschädigung anerkannte organische Nervenschädigung am rechten Arm nicht mehr bestehe. Aber schon Dr. E habe darauf hingewiesen, daß die zur Krampfhaltung führende psychogene Lähmung, die eine neurotische, d. h. echt krankhafte Störung bedeute und durch Psychotherapie sowie Übungsbehandlung behoben werden könne, im Anschluß an die Schußverletzung und die nachfolgende Ruhigstellung entstanden und daher als mittelbare Folge der Dienstbeschädigung anzusehen sei. Dem hätten sich die Ärzte der Marburger Universitätsklinik angeschlossen. Dieser Beurteilung folge das LSG, denn nach den Akten und dem Persönlichkeitsbild des Klägers handle es sich nicht um eine sog. Rentenneurose, sondern um eine echte Psychose, die durch die Verwundung und ihre Folgen ausgelöst worden sei. Sie müsse daher als Schädigungsfolge anerkannt werden, solange sie nicht durch Heilbehandlung beseitigt sei. Das LSG ließ die Revision zu, weil es in der Frage, ob die im Anschluß an ein als Kriegsfolge anerkanntes, inzwischen geheiltes Leiden aufgetretene psychogen bedingte Lähmung als weitere Kriegsfolge anzusehen sei, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung erblickte.
Die Revision des Beklagten rügt eine Gesetzesverletzung i. S. des § 162 Abs. 1 Nr. 3 SGG, ferner Verletzung des § 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und des § 1 BVG. Sie beanstandet, das LSG habe die nach übereinstimmender ärztlicher Beurteilung rein psychogen bedingte Lähmung der rechten Hand des Klägers zu Unrecht als Schädigungsfolge angesehen. Nach BSG 10, 209 bedürfe zwar die Frage, ob psychogene Reaktionen noch Folgen des Wehrdienstes sind, einer besonderen Prüfung, wenn solche Reaktionen sich an wehrdienstbedingte organische Störungen, die noch nicht abgeklungen sind, anknüpfen und sich mit ihnen vermischen. Im vorliegenden Fall seien aber nach der nicht zu beanstandenden Feststellung des LSG die durch die Verwundung bedingten organischen Störungen abgeklungen und die Lähmungserscheinungen allein Folgen einer Psychose. Diese habe ihre Ursache nur in einer Willensschwäche des Klägers, so daß sie und ihre Folgen nicht mehr als wehrdienstbedingt anerkannt werden könnten; unerheblich sei dabei, ob es sich um eine bewußt beabsichtigte Fixierung des Schadens handle oder nicht. Deshalb könnten auch selbst dann keine wehrdienstbedingten Folgen mehr anerkannt werden, wenn etwa die früher anerkannt gewesenen Verwundungsfolgen noch nicht abgeklungen waren. Zumindest hätte dann das LSG nach § 103 SGG noch eine eingehende Prüfung unter Berücksichtigung der Persönlichkeitsartung des Klägers anstellen müssen, denn in der Regel seien psychogene Reaktionen nicht Schädigungsfolge. Eine Gesetzesverletzung im Sinne des § 162 Abs. 1 Nr. 3 SGG liege vor, weil das LSG als wesentliche Bedingung für die jetzt bestehende Lähmung nicht mehr die Verwundung und ihre Folgen, sondern allein den krankhaften Willen des Klägers hätte sehen müssen.
Der Beklagte beantragt, die Klage unter Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen abzuweisen, hilfsweise, die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zu verwerfen; hilfsweise, sie zurückzuweisen. Er ist der Auffassung, das LSG habe die Revision im vorliegenden Fall nur wegen einer Tat-, nicht aber wegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Diese Zulassung sei gesetzwidrig und binde das Bundessozialgericht (BSG) nicht. Streitig sei nur gewesen, ob die Lähmung der rechten Hand des Klägers eine echt krankhafte Gesundheitsstörung traumatischen Ursprungs sei oder nicht. Auch die §§ 103 und 162 Abs. 1 Nr. 3 SGG seien nicht verletzt. Materiell-rechtlich sei das angefochtene Urteil nicht zu beanstanden.
Die Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 164, 166 SGG). Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Zulassung der Revision nicht gesetzwidrig. Streitig ist unter den Beteiligten nicht allein die allerdings medizinische und damit auf tatsächlichem Gebiet liegende Frage, ob die Lähmung der rechten Hand des Klägers eine echt krankhafte Gesundheitsstörung ist. Die Rechtsfrage, die das LSG entschieden und der es in seiner Begründung der Revisionszulassung grundsätzliche Bedeutung beigemessen hat, geht dahin, ob die im Anschluß an eine Verwundung und deren Behandlung aufgetretene psychogen bedingte Lähmung rechtlich als weitere (mittelbare) Schädigungsfolge zu werten ist. Diese Frage betrifft den ursächlichen Zusammenhang einer Gesundheitsstörung mit einer Schädigung im Sinne des BVG. Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung einer Zusammenhangsfrage ist aber jedenfalls dann nicht als Verstoß gegen § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG anzusehen, wenn - wie hier - höchstrichterlich noch nicht im einzelnen geklärte Fragen des mittelbaren Ursachenzusammenhangs beim Zusammentreffen wehrdienstbedingter und psychogener Faktoren zur Entscheidung stehen und das LSG daher der Auffassung sein konnte, diese Streitfragen bedürften der rechtlichen Klärung. Es liegt sonach zumindest keine offensichtlich gesetzwidrig erfolgte Zulassung vor (vgl. BSG 10, 240, 242). Die Revision ist daher nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthaft und sonach zulässig.
Sie erweist sich jedoch nicht als begründet.
Die Verfahrensrüge nach § 103 SGG scheitert schon an § 164 Abs. 2 Satz 2 SGG. Nach dieser Vorschrift muß die Revisionsbegründung, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen und Beweismittel bezeichnen, die den Mangel ergeben. Bei der Rüge mangelnder Sachaufklärung ist darzulegen, auf Grund welcher Umstände das LSG sich hätte gedrängt fühlen müssen, weitere Ermittlungen anzustellen und in welcher Richtung Ermittlungen im einzelnen hätte vorgenommen werden müssen (SozR SGG § 103 Da 5 Nr. 14); es ist ferner anzugeben, zu welchem Ergebnis die von der Revision vermißten Ermittlungen nach ihrer Auffassung geführt hätten (SozR SGG § 164 Da 10 Nr. 28). Hinreichende Ausführungen hierzu enthält die Revision nicht. Es ist dem erkennenden Senat daher nicht möglich, auf die ungenügend substantiierte Sachaufklärungsrüge einzugehen.
Auch sachlich-rechtlich ist das angefochtene Urteil nicht zu beanstanden. Das LSG hat die Lähmung der rechten Hand des Klägers zutreffend als - mittelbare - Schädigungsfolge angesehen. Die tatsächlichen Feststellungen des LSG, die dieser Auffassung zugrunde liegen, sind von der Revision nicht mit Erfolg angegriffen worden und deshalb für das Revisionsgericht bindend (§ 163 SGG). Danach bestanden infolge Schußverletzung am Ellenbogen zunächst eine "Teilnervenlähmung der rechten Hand" sowie "Durchblutungsstörungen hohen Grades an Hand und Finger(n)". Diese unmittelbaren Schädigungsfolgen lagen bei der Untersuchung durch Dr. Hofmann im August 1953 und bei allen folgenden Untersuchungen nicht mehr vor, wohl aber eine von allen Gutachtern auf seelisch-nervöse Momente - mit der Folge einer psychogenen Lähmung - zurückgeführte Zwangshaltung (Krampfhaltung) der Finger der rechten Hand. Bei der in der Krampfhaltung zum Ausdruck kommenden psychogenen Lähmung des Klägers handelt es sich nach den Feststellungen des LSG offenbar nicht um eine sogenannte Rentenneurose, sondern um eine echte durch seine Verwundung und ihre Folgen (Versteifung der Hand) ausgelöste Psychose. Davon ist bei der rechtlichen Beurteilung auszugehen. Eine Gesundheitsstörung als Voraussetzung des Versorgungsanspruchs liegt nicht nur dann vor, wenn der physische Zustand des Betroffenen geschädigt ist; auch die psychisch schädliche Einwirkung kann zu einer Gesundheitsstörung und damit zu einem Versorgungsanspruch führen (vgl. BSG 2, 29, 35; SozR BVG § 1 Ca 18 Nr. 40, § 5 Ca 7 Nr. 19). Die Versorgung ist auch nicht auf die nachteiligen gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen beschränkt, welche sich unmittelbar aus der - psychischen oder physischen - Gesundheitsstörung ergeben, sondern erstreckt sich auch auf mittelbare Schädigungsfolgen, sofern die anerkannte Schädigungsfolge als wesentliche Ursache oder Mitursache dieser weiteren gesundheitlichen (oder wirtschaftlichen) Nachteile anzusehen ist (vgl. SozR BVG § 1 Ca 32 Nr. 59). Der erkennende Senat ist mit dem 11. Senat (BSG 10, 209, 213) der Auffassung, daß psychogene Reaktionen und neurotische Erscheinungen in der Regel nicht Schädigungsfolgen sind; er hält jedoch gleichfalls eine besondere Prüfung zumindest dann für notwendig, wenn die psychogenen Reaktionen oder neurotischen Erscheinungen an wehrdienstbedingte organische Störungen, die noch nicht abgeklungen sind, anknüpfen und sich mit ihnen vermischen. Die Revision wird den leib-seelischen Zusammenhängen nicht gerecht, wenn sie sich kurzerhand mit der Feststellung begnügt, nach dem Abklingen wehrdienstbedingter organischer Störungen könnten die beim Kläger noch vorhandenen Lähmungserscheinungen nicht als Folgen seiner Verwundung, sondern nur als Folgen einer Psychose oder Willensschwäche angesehen werden. Der Schluß vom Fehlen einer wehrdienstbedingten organischen Störung auf das Fehlen jeder Schädigungsfolge, wie er hier zum Ausdruck kommt, beruht auf einer prinzipiellen Ausklammerung psychischer Schäden aus dem Bereich der möglichen Schädigungsfolgen. Eine solche ist nicht gerechtfertigt, denn nach den Erkenntnissen der ärztlichen Wissenschaft ist eine scharfe Trennung zwischen Vorgängen, die nur im organischen Bereich ablaufen, und solchen, die sich im Psychischen und Geistigen abspielen, nicht berechtigt und vielfach praktisch nicht einmal vollständig möglich, da die Bereiche des Somatischen einerseits und des Psychischen und Geistigen andererseits sich wechselseitig beeinflussen (vgl. BSG Urteil vom 18.12.1962 - 2 RU 189/59). Jede Störung der körperlichen Unversehrtheit beeinträchtigt in mehr oder weniger großem Ausmaß das seelische Gleichgewicht und verursacht neben dem körperlichen Leidensprozeß einen seelischen Leidensprozeß. Schwere und Dauer des psychischen Prozesses hängen im Einzelfall von der psychischen Widerstandskraft des Betroffenen ab; er kann ein stärkeres oder schwächeres "Leiden" hervorrufen, ohne daß es sich dabei notwendig bei dem Betroffenen, der seelisch stärker belastet wird, um - nur - psychogene oder neurotische Erscheinungen handelt (BSG 8,209,213). Es kann somit nicht davon ausgegangen werden, das Abklingen der physischen Störungen aus einer Schädigung beende stets auch den psychischen Leidensprozeß, weshalb verbleibende psychische oder neurotische Störungen als wunschbedingte Rentenneurose angesehen werden müßten. Im vorliegenden Fall hat sich das LSG der von Dr. E und der Medizinischen Universitätsklinik Marburg vertretenen Auffassung angeschlossen, die Krampfhaltung der rechten Hand des Klägers beruhe zwar auf psychogener Lähmung, stelle aber eine neurotische, d. h. echt krankhafte Störung dar, die im Anschluß an die Schußverletzung und die nachfolgende Ruhigstellung entstanden sei und durch Psychotherapie mit anschließender Übungsbehandlung behoben werden könne. Die Entstehung der Krampfhaltung der rechten Hand fällt hiernach bereits in die Zeit des Lazarettaufenthalts des Klägers oder doch in die Zeit nach seiner Lazarettentlassung; sie bestand wohl schon bei der Entlassung aus der Gefangenschaft im September 1945 und jedenfalls bei der ersten versorgungsärztlichen Untersuchung am 29. Oktober 1946, bei der von einer Ruhigstellung des rechten Armes des Klägers nicht mehr die Rede war. Die psychogen bedingte Lähmung vermischte sich also bereits mit den im Bescheid vom 9. November 1946 anerkannten organischen Schäden des Klägers am rechten Arm, knüpfte also an die damals bestehenden organischen Störungen unmittelbar an. Gerade in diesen Fällen versagt aber nach BSG 10, 209, 213 die Regel, daß psychogene Reaktionen und neurotische Erscheinungen nicht Schädigungsfolgen sind, und es ist besonders zu prüfen, ob ein - grundsätzlich möglicher - ursächlicher Zusammenhang zwischen diesen psychischen Gesundheitsschäden und dem Wehrdienst besteht. Wenn das LSG diese Prüfung durchgeführt hat, so kann jedenfalls daraus nicht der Vorwurf der Gesetzesverletzung bei Beurteilung des Ursachenzusammenhangs hergeleitet werden, denn die in der Kriegsopferversorgung geltende Kausalitätsnorm stand dieser Prüfung nicht entgegen. Auch das Ergebnis der Prüfung ist nicht zu beanstanden. Es hing davon ab. ob die psychogene Lähmung an der rechten Hand wesentlich auf schädigende Einflüsse des Wehrdienstes oder auf das Bestreben zurückzuführen war, Versorgungsrente zu erhalten. Dies hat das LSG geprüft; es hat sich auf Grund medizinischer Gutachten und des Akteninhalts gegen die Annahme einer sog. Rentenneurose und für den ursächlichen Zusammenhang der psychogenen Lähmung mit der Verwundung des Klägers und ihren Folgen (Versteifung der Hand) entschieden. Die Revision sieht darin zu Unrecht eine Verletzung der in der Kriegsopferversorgung geltenden Kausalitätsnorm. Wurde nämlich die psychogene Lähmung nach der für das Revisionsgericht bindenden Feststellung des LSG durch die Verwundung des Klägers und deren Folgen verursacht, während eine sog. Rentenneurose als wahrscheinliche Ursache nicht festgestellt werden konnte, so kamen als wesentliche Ursache der psychogenen Lähmung nur die Verwundung und ihre Folgen in Betracht. Die Krampfhaltung war somit ein Restzustand anerkannter Schädigungsfolgen. Zur Beseitigung dieser Störungen wurde von Nervenärztin Dr. E eine "nervenklinische Behandlung" dringend empfohlen. Die Marburger Universitäts-Klinik versprach sich davon zumindest eine Besserung. Eine Rentenentziehung hätte somit zur Voraussetzung, daß die Versorgungsbehörde zunächst die ärztlicherseits für notwendig gehaltene "konsequente Therapie" zur Heilung der "neurotischen Fixierung" durchführen läßt bzw. deren Erfolg abwartet. Daß sich der Kläger einer solchen Therapie mit anschließender Übungsbehandlung nicht unterzogen hätte (vgl. bei Weigerung: § 63 BVG nF), ist nicht geltend gemacht. Die in der Kriegsopferversorgung geltende Kausalitätsnorm (vgl. dazu BSG 1, 151, 156, 157) gebot daher ebenso wie die Vorschrift des § 1 Abs. 3 BVG, die psychogene Lähmung des Klägers als Schädigungsfolge im Sinne des § 1 BVG anzusehen und ihm hierfür bis zu ihrer Beseitigung Versorgung zuzusprechen. Nach alledem war die Revision als unbegründet zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen