Orientierungssatz
Zur Frage, wie sich der Aufenthalt in der SBZ auf einen nach früherem Reichsrecht durch Bescheid festgestellten Rentenanspruch auswirkt.
Normenkette
RVO § 1246 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23
Tenor
Die Revision der beigeladenen Landesvorsicherungsanstalt Schleswig-Holstein gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Juni 1966 wird zurückgewiesen. Die beigeladene Landesversicherungsanstalt Schleswig-Holstein hat dem Kläger auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger, geboren am 17. Februar 1913 in L, von Beruf Elektromaschinenbauer, erlitt während seines aktiven Wehrdienstes im April 1936 einen Unfall, der zum Verlust des linken Oberschenkels führte. Der Kläger erhielt eine Versorgungsrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 60 v. H., später nach einer MdE von 70 v. H. Im Oktober 1936 nahm der Kläger seine Tätigkeit als Elektriker an seiner früheren Arbeitsstelle in Lübeck wieder auf. Mit Bescheid vom 31. März 1941 bewilligte die Landesversicherungsanstalt (LVA) Schleswig-Holstein dem Kläger eine Invalidenrente von zunächst 14,30 RM, später 27,80 RM monatlich. Im August 1942 trat der Kläger eine neue Stelle als Werkmeister bei einer Elektrofirma in Z (jetzt SBZ) an. In dieser Tätigkeit verblieb er bis zum 12. April 1945, dann machte er sich selbständig. Von diesem Zeitpunkt an unterlag der Kläger als selbständiger Handwerker der Versicherungspflicht nach den sowjetzonalen Vorschriften. Die LVA Schleswig-Holstein zahlte dem Kläger die Rente an seinen neuen Wohnort in Z bis April/Mai 1945.
Im Juni 1960 floh der Kläger mit seiner Familie in die Bundesrepublik Deutschland. Vom 27. Juli 1960 bis Ende 1960 arbeitete er sodann in abhängiger Stellung bei einer Elektrofirma in K, ließ sich jedoch am 20. August 1960 in die Handwerksrolle der Stadt D eintragen und begann am 1. März 1961 wieder ein selbständiges Gewerbe (Herstellung und Reparaturen von Elektromotoren). Für diese Tätigkeiten in zunächst unselbständiger und dann selbständiger Stellung entrichtete der Kläger anfangs zur Arbeiterrentenversicherung, später zur Handwerkerversicherung Pflichtbeiträge.
Im Juni 1960 beantragte der Kläger (erstmals) bei der Beklagten, ihm eine Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren. Die Beklagte lehnte den Antrag nach vertrauensärztlicher Stellungnahme mit Bescheid vom 15. November 1960 ab, weil der Kläger nicht berufsunfähig sei.
Im Januar 1962 stellte der Kläger bei der Beklagten einen neuen Rentenantrag. Die Beklagte lehnte am 31. Juli 1962 auch diesen Antrag ab.
Mit der Klage an das Sozialgericht (SG) Düsseldorf, das die LVA Schleswig-Holstein zum Verfahren beilud (Beigeladene zu 1), beantragte der Kläger zunächst die Beklagte, später die Beigeladene zu 1) zu verurteilen, ihm eine nach den Vorschriften des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) umgestellte Rente aus dem Bescheid vom 31. März 1941 zu bewilligen, hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 31. Juli 1962 zu verurteilen, ihm Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren. Die Beigeladene zu 1) vertrat die Auffassung, der Kläger könne aus dem Rentenbescheid vom 31. März 1941 keine Rechte mehr herleiten, der Kläger sei nach der Aufteilung Deutschlands nach dem Wohnsitzgrundsatz in das sowjetzonale Versicherungssystem eingegliedert gewesen, dort habe er keine Rente bezogen, der Rentenanspruch aus dem Bescheid vom 31. März 1941 sei damit untergegangen.
Das SG Düsseldorf verurteilte die Beigeladene zu 1) "zur Weiterzahlung der dem Kläger 1941 zuerkannten Invalidenrente nach den Grundsätzen des jetzt gültigen Arbeiterrentenversicherungsgesetzes ab 1. Januar 1962".
Die Beigeladene zu 1) legte Berufung an das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen ein.
Das LSG lud noch die LVA R zu dem Rechtsstreit bei (Beigeladene zu 2), da sie möglicherweise auf Grund des Handwerkerversicherungsgesetzes als jetzt verpflichteter Rentenversicherungsträger in Betracht komme. Der Kläger legte Anschlußberufung ein, er machte geltend, daß ihm die Rente aus dem Bescheid der Beigeladenen zu 1) vom 31. März 1941 bereits ab 1. Juli 1960 zu gewähren sei.
Das LSG entschied mit Urteil vom 22. Juni 1966:
"Die Berufung der beigeladenen LVA Schleswig-Holstein wird zurückgewiesen. Auf die Anschlußberufung des Klägers wird die beigeladene LVA Schleswig-Holstein verurteilt, dem Kläger die zuerkannte Rente bereits ab 1. Juli 1960 zu zahlen. Die beigeladene LVA Schleswig-Holstein hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Im übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt".
Das LSG führte aus, der Bescheid der Beigeladenen zu 1) vom 31. März 1941 sei weder "de jure noch de facto" unwirksam geworden. Die Rente des Klägers habe während der Zeit seines Aufenthalts in der Sowjetzone geruht; dem Kläger stehe, ohne daß es eines besonderen Antrags bedurfte, kraft Gesetzes von dem Zeitpunkt seines befugten Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland an die Rente wieder zu, bis ein wirksamer Widerruf des Feststellungsbescheides ergehe; ein solcher Widerruf sei bisher nicht erfolgt. Das LSG ließ die Revision zu.
Die Beigeladene zu 1) legte formgerecht und fristgemäß Revision ein. Sie beantragte,
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 22. Juni 1966 sowie das Urteil des SG Düsseldorf vom 28. Oktober 1964 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Sie rügte die Verletzung materiellen und formellen Rechts. Das LSG habe zu Unrecht angenommen, daß der Rentenbescheid vom 31. März 1941 noch wirksam sei.
Der Kläger beantragte, die Revision zurückzuweisen.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 2) stellten keine Anträge.
Alle Beteiligten erklärten sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1, 165 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
II
Die Revision der beigeladenen LVA Schleswig-Holstein ist zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164 SGG); sie ist jedoch nicht begründet.
Das LSG hat zu Recht entschieden, dem Kläger stehe auf Grund des Rentenbescheides der Beigeladenen zu 1) vom 31. März 1941 eine - nach den Vorschriften des ArVNG umzustellende - Rente zu, solange der Bescheid nicht rechtswirksam zurückgenommen sei.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat sich mit der Frage, wie sich der Aufenthalt in der SBZ auf einen nach früherem Reichsrecht durch Bescheid festgestellten Rentenanspruch auswirkt, bereits mehrfach befaßt. Der 5. Senat hat in seinem Urteil vom 20. September 1956 (BSG 3, 286, Leitsatz 2) hervorgehoben: "Versicherte, die vor dem Zusammenbruch eine Rente von einem jetzt innerhalb des Bundesgebietes oder des Landes Berlin befindlichen Versicherungsträgers bezogen haben, haben für Zeiten, in denen sie im sowjetisch besetzten Gebiet ansässig waren und von dem dort herrschenden Rechtssystem auch sozialversicherungsrechtlich erfaßt wurden, keinen Anspruch auf Rente gegen die ursprünglich verpflichteten Versicherungsträger"; er hat in der Begründung seines Urteils betont, daß für den ursprünglich zuständigen Versicherungsträger während des Aufenthalts des Versicherten in der SBZ eine Zahlungspflicht nicht gegeben sei.
Der 2. Senat hat in seinem Urteil vom 29. Juni 1962 (BSG 17, 144) ausgeführt: "Dem Antrag des Klägers (auf Nachzahlung der Rente während des Aufenthalts in der SBZ) steht entgegen, daß einem Versicherten, selbst wenn ihm eine Rente von einem Versicherungsträger im Bundesgebiet bindend zugesprochen worden ist, gegen diesen Versicherungsträger kein Leistungsanspruch für einen Zeitraum zusteht, in dem er in der SBZ gewohnt hat und von dem dort herrschenden Versicherungssystem erfaßt war." Weiter heißt es in diesem Urteil: "Der einem Versicherten von einem Versicherungsträger der Bundesrepublik bindend zuerkannte Rentenanspruch entfällt nur für den Zeitraum, in dem er in der SBZ gewohnt hat und von dem dort herrschenden Sozialversicherungssystem erfaßt war".
Das BSG hat in den angeführten Urteilen zwar nur über den Rentenanspruch während des Aufenthalts in der SBZ zu entscheiden gehabt (der Anspruch für die Zeit nach Beendigung dieses Aufenthaltes und der Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland ist nicht streitig gewesen, weil er von den Versicherungsträgern ohne weiteres erfüllt worden ist), die Ausführungen zur Begründung dieser Urteile lassen jedoch erkennen, daß das BSG aus der Tatsache, daß ein Rentenberechtigter infolge der Spaltung Deutschlands nach dem Wohnsitzgrundsatz zeitweise in das Sozialversicherungssystem der SBZ eingegliedert gewesen ist, nicht den Schluß gezogen hat, sein von einem im Bundesgebiet noch bestehenden Versicherungsträger nach früherem Reichsrecht festgestellter Rentenanspruch sei untergegangen; es hat vielmehr angenommen, die zeitweise Eingliederung in das Sozialversicherungssystem der SBZ habe sich auf einen solchen Anspruch nur dahin ausgewirkt, daß der festgestellte Rentenanspruch während der Zeit dieser Eingliederung nicht zu erfüllen gewesen sei.
Der Aufenthalt in der SBZ ist zwar nicht als ein Ruhenstatbestand im Sinne des § 1281 der Reichsversicherungsordnung (RVO) aF angesehen worden, "weil die SBZ im Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland kein Ausland ist" (BSG 17, 144, 145); die Rechtswirkung, daß während des Aufenthalts in der SBZ keine Zahlungspflicht bestanden hat (BSG 3, 286), der festgestellte Rentenanspruch also während des Aufenthalts in der SBZ nur nicht zu erfüllen gewesen ist, entspricht jedoch der eines Ruhenstatbestandes. Im Ergebnis ist damit für solche Rentenansprüche die Rechtslage auch für die Zeit vor dem Inkrafttreten der §§ 96 ff des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) so zu beurteilen, wie sie seit dem Inkrafttreten dieser Vorschriften (1.1.1959, vgl. Art. 3 Nr. 5 des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) ist; danach ruht die Rente eines Deutschen, solange er sich außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes, also auch in der SBZ, aufhält (vgl. hierzu Urteil des 5. Senats vom 7. November 1964, SozR Nr. 1 zu § 83 des Reichsknappschaftsgesetzes - RKG -).
Auch der erkennende Senat ist der Auffassung, daß die zeitweise Eingliederung des Klägers in das sozialversicherungsrechtliche System der SBZ nach der Aufspaltung Deutschlands, die zur Folge gehabt hat, daß er die Rechte aus dem Bescheid vom 31. März 1941 - von 1945 bis zu seiner Rückkehr in das Bundesgebiet im Jahre 1960 - nicht gegen den verpflichteten Versicherungsträger im Bundesgebiet hat geltend machen können, den festgestellten Rentenanspruch nicht berührt hat. Die zeitweise Eingliederung des Klägers in das sowjetzonale Sozialversicherungssystem hat auch nicht - wie die Beigeladene zu 1) meint - zur Folge gehabt, daß es für den Bestand des Rentenanspruchs aus dem Bescheid vom 21. März 1941 darauf ankomme, "welches Schicksal die Rente des Klägers während seines Aufenthalts in der SBZ genommen hat". Auch wenn der Rentenbescheid nach den Vorschriften des sowjetzonalen Sozialversicherungsrechts für unwirksam erklärt, zurückgenommen oder als gegenstandslos betrachtet worden wäre und der Kläger deshalb in der SBZ keine Rente bezogen hätte, so hätte dies seine Wirksamkeit - gegenüber dem verpflichteten Versicherungsträger in der BRD - nicht berührt (vgl. Urteil des BSG SozR Nr. 1 zu § 83 RKG).
Der Auffassung des Senats, der festgestellte Anspruch gegen die Beigeladene zu 1) sei trotz der zeitweisen Eingliederung des Klägers in das Sozialversicherungssystem der SBZ nicht untergegangen, stehen auch die Urteile des 1. Senats vom 23. April 1963 (BSG 19, 97) und des erkennenden Senats vom 18. Mai 1966 (SozR Nr. 15 zu § 1291) nicht entgegen. In dem Urteil des 1. Senats vom 23. April 1963 heißt es zwar: "Die Aufsplitterung Deutschlands nach 1945 in mehrere sich organisatorisch und materiell-rechtlich unterscheidende Sozialversicherungssysteme bewirkte den Untergang der nach dem früheren Reichsrecht entstandenen Ansprüche, wenn das am Wohnsitz herrschende neue System - wie hier das sowjetzonale Recht - die Ansprüche nicht gegen ihn angehörende Versicherungsträger fortbestehen ließ. Die Ansprüche waren alsdann in allen Teilen des früheren Reichsgebietes untergegangen". In einem späteren Urteil vom 25. November 1966 (1 RA 195/66) hat der 1. Senat diese Ansicht näher begründet. Aus dieser Begründung ist zu entnehmen, daß er das Ruhen des Anspruchs verneint und den Untergang des Anspruchs bejaht hat, "weil auf Grund der Stillegung und des Verbots der Weitergewährung der bisherigen Rente die Leistung der von der früheren Reichsversicherungsanstalt für Angestellte geschuldeten Renten schlechthin unmöglich ist". In den Urteilen des 1. Senats vom 23. April 1963 und 25. November 1966 sowie in dem Urteil des erkennenden Senats vom 18. Mai 1966, in denen der Untergang des Anspruchs infolge der Aufsplitterung Deutschlands und der Eingliederung in das sowjetzonale Sozialversicherungssystem nach dem Wohnsitzgrundsatz angenommen worden ist, hat es sich nicht um festgestellte Rentenansprüche und nicht um Ansprüche gegen einen noch im Bundesgebiet bestehenden Versicherungsträger gehandelt; hier aber liegt ein Fall vor, in dem der (festgestellte) Anspruch, wie es in dem Urteil des 1. Senats vom 25. November 1966 heißt, "auf Vorschriften des Reichsrechts oder des Bundesrechts beruht und von einem Versicherungsträger im Geltungsbereich des AVG (einen im Bundesgebiet ansässigen) Versicherungsträger zu erfüllen ist".
Das LSG ist zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, daß "die Dauerwirkung der Rentenfeststellung in dem bindend gewordenen Bescheid der Beigeladenen zu 1) vom 31. März 1941 unter keinen rechtlichen Gesichtspunkt als aufgehoben, erloschen, nicht mehr existent oder künftig nicht mehr realisierbar zu behandeln" sei. Wenn der Kläger nach der Beendigung seiner Eingliederung in das sowjetzonale Sozialversicherungssystem sein ("verbrieftes") Recht aus dem Rentenbescheid gegen den noch bestehenden Versicherungsträger im Bundesgebiet geltend macht und sich damit gegen den ablehnenden Bescheid der Beklagten wendet, den die Beigeladene zu 1) sich im Verfahren zu eigen gemacht hat, so liegt darin auch keine unzulässige Rechtsausübung. Weder der Umstand, daß der Kläger - nach jahrelanger Eingliederung in das Sozialversicherungssystem der SBZ - zunächst selbst nicht daran geglaubt hat, Rechte aus dem Bescheid von 1941 herleiten zu können, noch der Umstand, daß dem verpflichteten Versicherungsträger jahrelang die "Kontrolle im Rentenbestand" entzogen gewesen ist, mache die Rechtsausübung des Klägers, d. h. die Geltendmachung seiner Rechte aus dem alten Bescheid, unzulässig. Es trifft zwar zu, daß die Beigeladene zu 1) solange sich der Kläger in der Sowjetzone aufgehalten hat, also solange ihre Zahlungspflicht entfallen ist, auch die "Kontrolle im Rentenbestand" verloren hat. Die Möglichkeit, die Rente zu entziehen (und damit den Bescheid vom 31. März 1941 zurückzunehmen), wenn der Kläger nicht mehr invalide oder berufsunfähig gewesen ist, hat die Beigeladene zu 1) aber bis 1945 gehabt und mit dem Wiederbeginn ihrer Zahlungspflicht wieder erworben. Wenn es so ist, wie das LSG angenommen hat, daß der Bescheid vom 31. März 1941 von Anfang an unrichtig gewesen ist, weil der Kläger nach der Gewöhnung an seinen Beinverlust im Jahre 1936 und der Wiederaufnahme seiner beruflichen Beschäftigung schon bei der Gewährung der Rente im Jahre 1941 nicht mehr invalide gewesen ist, so hätte die Beigeladene zu 1) zwar (als Versicherungsträger in der ehemals britischen Zone), falls der Kläger in der BRD gewohnt hätte, bis 1956 die rechtliche Möglichkeit (nicht die Verpflichtung) gehabt, den Bescheid nach § 1293 Nr. 1 RVO aF, SVD Nr. 3 vom 14. Oktober 1945 zurückzunehmen (vgl. BSG 2, 188). Dies kann jedoch nicht dazu führen, daß die Rücknahme nach diesen nicht mehr geltenden Vorschriften jetzt nachgeholt werden kann, oder gar, daß der Kläger so behandelt werden müßte, als sei ein damals eingeleitetes Rücknahmeverfahren mit Erfolg durchgeführt worden. Im übrigen läßt sich nicht einmal mit Sicherheit sagen, daß ein solches Rücknahmeverfahren damals erfolgreich gewesen wäre. Der Rentenbescheid vom Jahre 1941 beruht auf der damaligen Auffassung der Beigeladenen zu 1), "trotz wieder ausgeübter früherer Tätigkeit und tariflicher Entlohnung sei bei Verlust des Oberschenkels mit einer MdE von 70 v. H. (stets oder jedenfalls in der Regel) Invalidität zu bejahen". Diese Auffassung ist vor der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG noch nicht allgemein als unrichtig anerkannt gewesen (vgl. hierzu Urteil des LSG Schleswig vom 29. Oktober 1954, Breithaupt 1954 S. 1038; BSG 2, 127). Möglicherweise sind auch trotz der Berufstätigkeit des Klägers noch nicht alle Zweifel daran beseitigt gewesen, daß der Kläger schon im Jahre 1941 nicht invalide - und auch noch später nicht berufsunfähig - gewesen ist (vgl. hierzu Urteil des BSG vom 24. Februar 1966 SozR Nr. 58 zu § 1246 RVO).
Nach dem Bescheid der Beklagten vom 15. November 1960 ist der Kläger allerdings - im Jahre 1960 - nicht berufsunfähig im Sinne des § 23 AVG gewesen. Mit diesem Bescheid hat aber die Beklagte den Bescheid der Beigeladenen zu 1) vom 31. März 1941, den sie gar nicht gewürdigt hat, nicht zurückgenommen und auch nicht zurücknehmen können. Auch die Beigeladene zu 1) hat ihren Bescheid vom 31. März 1941 nicht rechtswirksam zurückgenommen.
Daß dem Kläger auf Grund des Bescheides vom 31. März 1941 (wieder) eine Rente zu gewähren ist, obgleich möglicherweise schon bei Erlaß dieses Bescheides eine gesetzliche Voraussetzung für den Rentenanspruch nicht vorgelegen hat, mag unbefriedigend sein. Das liegt aber nicht daran, daß die zeitweise Eingliederung des Klägers in das Sozialversicherungssystem der SBZ "ohne Auswirkungen auf den Bestand des festgestellten Rentenanspruchs" geblieben ist, vielmehr daran, daß nach dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung in der BRD im allgemeinen keine Möglichkeit besteht, eine zu Unrecht bewilligte Rente wenigstens für die Zukunft zu entziehen und insoweit den Bewilligungsbescheid zurückzunehmen; daran läßt sich jedoch solange nichts ändern, als die Frage der Rücknahme von Anfang an fehlerhafter, begünstigender Verwaltungsakte für die Rentenversicherung vom Gesetzgeber nicht befriedigend geregelt ist. Das BSG hat hierzu bereits mehrfach Stellung genommen (vgl. hierzu BSG 24, 203, 206, 207 mit weiteren Hinweisen; BSG 23, 236).
Da das LSG die Rechtslage in allen Punkten zutreffend gewürdigt hat, ist die Revision der Beigeladenen zu 1) als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen