Entscheidungsstichwort (Thema)
Witwenbeihilfe bei Prüfung des wirtschaftlichen Nachteils nicht zu berücksichtigen
Leitsatz (amtlich)
Bei der Prüfung, ob sich die Schädigungsfolgen des Verstorbenen iS des BVG § 48 Abs 2 S 2 nachteilig auf die wirtschaftlichen Verhältnisse seiner Witwe auswirken, bleibt die der Witwe als Witwenbeihilfe gewährte Teilgrundrente und Teilausgleichsrente außer Betracht.
Leitsatz (redaktionell)
Die Frage der nachteiligen Auswirkung der Schädigungsfolgen auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Witwe ist eine Rechtsfrage und materiell-rechtliche Voraussetzung für die Ermessensausübung der Verwaltung. Dies hat zur Folge, daß dieses Tatbestandsmerkmal von den Gerichten auch bei der Entscheidung der Versorgungsbehörde über die Gewährung des Witwenschadensausgleichs im Rahmen dieses Ermessens über den durch SGG § 54 Abs 2 S 2 gesteckten Rahmen hinaus nachgeprüft werden kann.
Ist die Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung durch die bei dem verstorbenen Ehemann vorhanden gewesenen Schädigungsfolgen um etwa DM 50,-- monatlich geringer als sie sein würden, wenn dieser nicht beschädigt gewesen wäre, so haben sich die Schädigungsfolgen nachteilig iS des BVG § 48 Abs 2 auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Witwe ausgewirkt. Dem steht nicht entgegen, daß dieses wirtschaftliche Minus durch den Bezug der als Witwenbeihilfe gewährten Teilgrund- und -ausgleichsrente nominell egalisiert wird; denn diese "Einkünfte" dürfen im Rahmen der Prüfung des wirtschaftlichen Schadens nach BVG § 48 Abs 2 S 2 nicht berücksichtigt werden. Es ist nicht lediglich darauf abzustellen, ob die wirtschaftlichen Verhältnisse der Witwe insgesamt günstiger wären, falls der verstorbene Ehemann die Schädigung nicht erlitten hätte. Insoweit sind auch die Ausführungen in VV BVG § 48 Nr 4 S 1 mißverständlich. Bei dieser Prüfung sind lediglich solche wirtschaftlichen Verluste und Erträgnisse zu vergleichen, die ausschließlich und allein auf die Schädigungsfolgen des Beschädigten zurückgehen.
Ist der Kausalzusammenhang zwischen einem Nachteil in den wirtschaftlichen Verhältnissen der Witwe und den Schädigungsfolgen ihres verstorbenen Ehemannes zu bejahen, so ist dann stets die weitere Prüfung anzuschließen, ob der Schaden so groß ist, daß er nach gesetzlicher Regel als ausgleichsbedürftig anzusehen ist. Bei dieser Prüfung ist sodann beim Einkommen der Witwe auch die Grund- und Ausgleichsrente hinzuzurechnen.
Normenkette
BVG § 48 Abs. 2 S. 2; SGG § 54 Abs. 2 S. 2; BVGVwV § 48 Nr. 4 S. 1
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Oktober 1972 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Due Beteiligten streiten um den von der Klägerin im Wege der Kannversorgung begehrten Witwenschadensausgleich.
Der Ehemann der Klägerin, der Arbeiter J J (J.) erhielt wegen seiner anerkannten Schädigungsfolgen Versorgungsbezüge nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 70 v.H. J. verstarb am 20. September 1969 an einem schädigungsunabhängigen Leiden.
Mit Bescheid vom 3. März 1970 bewilligte der Beklagte der Klägerin rückwirkend ab 1. Oktober 1969 eine Witwenbeihilfe in Höhe von zwei Dritteln der Witwengrundrente. Gleichzeitig wurde die Gewährung eines Witwenschadensausgleichs verweigert, weil sich die Schädigungsfolgen von J. nicht nachteilig auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin ausgewirkt hätten. Im Bescheid vom 7. April 1970 wurden der Klägerin ferner zwei Drittel der Witwenausgleichsrente ab 1. Januar 1970 zugebilligt.
Der gegen den Bescheid vom 3. März 1970 wegen Versagung des anteiligen Witwenschadensausgleichs gerichtete Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 1970 zurückgewiesen. Mit ihrer Klage vertrat die Klägerin weiterhin den Standpunkt, daß ihr verstorbener Ehemann ohne die Schädigungsfolgen einen höheren Lohn hätte erzielen können, so daß sich die Schädigungsfolgen für sie in Form einer niedrigeren Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wirtschaftlich nachteilig auswirkten.
Das Sozialgericht (SG) holte Auskünfte des früheren Arbeitgebers von J. und der Landesversicherungsanstalt (LVA) W ein. Es stellte hiernach fest, daß die Witwenrente der Klägerin aus der gesetzlichen Rentenversicherung durch die bei ihrem verstorbenen Ehemann vorhanden gewesenen Schädigungsfolgen um etwa 50,- DM monatlich geringer sei, als sie es sein würde, wenn J. nicht beschädigt gewesen wäre. Dieser Nachteil werde jedoch durch die der Klägerin gewährte Witwenbeihilfe mehr als ausgeglichen. Das SG hat daher die Klage im Urteil vom 21. Januar 1972 abgewiesen.
Die Berufung der Klägerin hiergegen hat das Landessozialgericht (LSG) im Urteil vom 12. Oktober 1972 zurückgewiesen. Das LSG folgte dem SG, daß bei der Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse einer Witwe i.S. von § 48 Abs. 2 Satz 2 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) auch die im Kannwege bewilligte Witwenbeihilfe Berücksichtigung finden müsse, weil hierbei tatsächliche Einkünfte und wirtschaftliche Vergünstigungen jeglicher Art zusammenzufassen seien. Die Klägerin erhalte ab 1. Oktober 1969 eine Witwenbeihilfe von monatlich 100,- DM (ab 1. Januar 1970: 126,- DM; ab 1. Januar 1971: 132,- DM; ab 1. Januar 1972: 140,- DM), ferner auf Grund weiterer Bescheide des Beklagten Ausgleichsrente ab 1. Januar 1970 in Höhe von monatlich 54,- DM (ab 1. Januar 1971: 57,- DM; ab 1. Januar 1972: 67,- DM). Aus der vom SG eingeholten Auskunft der LVA Westfalen ergebe sich aber, daß die Klägerin nur eine um etwa 50,- DM höhere monatliche Witwenrente beziehen würde, wäre J. nicht beschädigt gewesen. Infolgedessen hätten sich die Schädigungsfolgen des J. nicht nachteilig auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin ausgewirkt.
Dem von der Klägerin im Berufungsverfahren vorgebrachten Hinweis, bei ihrem verstorbenen Ehemann wäre zu Lebzeiten fälschlich das Vorliegen eines besonderen beruflichen Betroffenseins nach § 30 Abs. 2 BVG nicht geprüft worden und dies sei i.S. einer Erhöhung seiner MdE nachzuholen, damit der Beklagte entsprechend Nr. 4 Satz 2 seiner Verwaltungsvorschriften (VV) zu § 48 den Witwenschadensausgleich zu gewähren habe, folgte das LSG nicht. Da sich J. nämlich zu Lebzeiten weder gegen die Festsetzung seiner MdE gewendet noch in Richtung auf Anerkennung eines besonderen beruflichen Betroffenseins einen Antrag gestellt habe, sei es der Klägerin verwehrt, nach seinem Tode noch die Erhöhung der MdE ihres Mannes zu begehren.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Gegen das ihr am 30. Oktober 1972 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 1. November 1972 die Revision eingelegt und nach Fristverlängerung bis 2. Februar 1973 am 5. Januar 1973 begründet. Sie rügt die Verletzung der §§ 48 Abs. 2 Satz 2 BVG, 54 Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Die Klägerin ist weiterhin der Auffassung, daß bei der Prüfung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse die Witwenbeihilfe nach § 48 Abs. 1 BVG außer Betracht zu bleiben habe. Die Regelung des Gesetzes ergebe insoweit keine eindeutigen Aussagen über die Frage der Anrechnung. Deshalb stellte die Anrechnung auch eine ermessensmißbräuchliche Handhabung der Gesetze i.S. von § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG dar. Weil ihre Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung aber nach den Feststellungen des LSG um mindestens 50,- DM höher wäre, wenn ihr verstorbener Ehemann keine Schädigungen erlitten hätte, stünde ihr der Schadensausgleich zu.
Die Klägerin beantragt,
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1.) |
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unter Aufhebung des Urteils des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 12. Oktober 1972 und des Urteils des Sozialgerichts Detmold vom 21. Januar 1972 sowie in Abänderung des Bescheides vom 3. März 1970 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. Juli 1970 den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin ab 1. Oktober 1969 auch Schadensausgleich in gesetzlicher Höhe zu gewähren; |
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2.) |
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den Beklagten ferner zu verurteilen, der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Klage-Berufungs- und Revisionsverfahrens zu erstatten. |
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für richtig. Die Auffassung der Klägerin könnte im übrigen zu dem Ergebnis führen, daß ein Schadensausgleich zu gewähren wäre, obwohl ein auszugleichender, auf Schädigungsfolgen des Verstorbenen beruhender wirtschaftlicher Schaden gar nicht mehr vorläge.
Beide Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.
II
Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet. Das LSG hat die von der Klägerin angefochtene Ablehnung der Gewährung eines Witwenschadensausgleichs nach § 48 BVG für rechtmäßig gehalten; seine hierfür maßgebliche rechtliche Erwägung trifft jedoch nicht zu.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung, denn ihr Ehemann ist nicht an den Folgen seiner anerkannten Schädigungen verstorben (§ 1 Abs. 5 BVG). Versorgungsleistungen kann die Klägerin daher allenfalls gemäß § 48 BVG erhalten. Für die Zeit seit dem 1. Januar 1973 ist dabei § 48 BVG in der Fassung anzuwenden, die er durch das Vierte Gesetz über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Viertes Anpassungsgesetz - KOV - 4. AnpG-KOV) vom 24. Juli 1972 (BGBl I S. 1284) erhalten hat. Soweit es den hier streitigen Anspruch der Klägerin auf Schadensausgleich anbelangt ergibt sich aus den Änderungen des § 48 Abs. 1 und 2 BVG durch das 4. AnpG-KOV jedoch keine sachlich-rechtliche Verschiedenheit zu dem vor dem 1. Januar 1973 geltenden Rechtszustand. Neben redaktioneller Änderung dehnt das 4. AnpG-KOV den Anwendungsbereich der Witwen- und Waisenbeihilfe durch die Ergänzung des § 48 Abs. 1 BVG lediglich weiter aus, ohne dadurch jedoch die Rechtsgrundlagen für den im Falle der Klägerin maßgeblichen Sachverhalt zu verändern. Infolgedessen kann die weitere Beurteilung des streitigen Anspruchs auch von der durch das 4. AnpG-KOV formulierten Fassung des § 48 BVG ausgehen, ohne daß dies jeweils noch besonders hervorgehoben zu werden braucht.
Nach § 48 Abs. 1 BVG steht der Witwe und den Waisen des Beschädigten die Versorgung als Rechtsanspruch zu, wenn der Beschädigte im Zeitpunkt seines Todes Anspruch auf die Rente eines Erwerbsunfähigen oder wegen nicht nur vorübergehender Hilfslosigkeit Anspruch auf eine Pflegezulage hatte. Dieser Fall ist hier nicht gegeben, da dem verstorbenen Ehemann der Klägerin zuletzt nur eine Rente wegen einer MdE um 70 v.H. zugebilligt war. In diesem Fall sieht jedoch § 48 Abs. 1 Satz 4 BVG die Gewährung von Leistungen im Wege der Kannversorgung vor. Demzufolge erhält die Klägerin auch eine Witwenbeihilfe in Höhe von zwei Dritteln der Grundrente nach § 40 BVG und der Ausgleichsrente nach § 41 BVG (§ 48 Abs. 2 Satz 1 BVG). Für den von ihr weiter geltend gemachten Anspruch auf Witwenschadensausgleich bestimmt § 48 Abs. 2 Satz 2 BVG, daß dieser Ausgleich in Fällen der vorliegenden Art nur gewährt werden kann, wenn sich die Schädigungsfolgen des Verstorbenen nachteilig auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Witwe auswirken. Die Frage der nachteiligen Auswirkung der Schädigungsfolgen auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Witwe ist eine Rechtsfrage und materiell-rechtliche Voraussetzung für die Ermessensausübung der Verwaltung. Dies hat zur Folge, daß dieses Tatbestandsmerkmal von den Gerichten auch bei der Entscheidung der Versorgungsbehörde über die Gewährung des Witwenschadensausgleichs im Rahmen dieses Ermessens über den durch § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG gesteckten Rahmen hinaus nachgeprüft werden kann (vgl. BSG 34, 96; 31, 83). Nach der vorgenannten Rechtsprechung, die zum Begriff der besonderen Härte i.S. des § 89 BVG ergangen ist, sind derartige Tatbestandsmerkmale aus dem Gesetz heraus auszulegen; sie gewinnen selbst ihren Inhalt und ihre Bedeutung nur im Zusammenhang des jeweils geltend gemachten Versorgungsanspruchs.
Die Regelung des § 48 BVG insgesamt hat ihren Grund letztlich darin, daß Beschädigte im allgemeinen wegen ihrer Schädigungsfolgen nicht in der Lage sind, ausreichend für ihre Hinterbliebenen zu sorgen (vgl. BT-Drucks. III/1239 S. 30 zu § 47 BVG). Diesem Rechtsgedanken entsprach bereits der § 42 des Reichsversorgungsgesetzes. § 48 Abs. 1 Satz 2 BVG stellt die Hinterbliebenen von Erwerbsunfähigen und den dort genannten Personenkreis im Ergebnis den Hinterbliebenen von solchen Beschädigten gleich, die an Schädigungsfolgen verstorben sind. Wenn sodann in Satz 4 aaO den Hinterbliebenen von Beschädigten mit einer MdE um wenigstens 70 v.H. die Versorgungsleistung im Wege eines "Kannanspruchs" zugebilligt wird, so entspricht dies folgerichtig dem sozialpolitischen Grundgedanken der Vorschrift. Hierbei ist dann jedoch stets zu berücksichtigen, daß bei der Auslegung dieser Norm die Grundgedanken des Gesetzes herangezogen werden müssen, wie sie auch für die Versorgung von Hinterbliebenen gelten, welche an einer Schädigungsfolge verstorben sind.
Dabei ist davon auszugehen, daß die Witwenbeihilfe des § 48 BVG das Surrogat der Versorgungsleistungen an Witwen nach §§ 40, 40 a und 41 BVG darstellt, d.h. im Grunde Teilleistungen der Grundrente, der Ausgleichsrente und des Witwenschadensausgleichs sind. Die Anspruchsvoraussetzungen sind teilweise dieselben. Hier wie dort sind insbesondere bei der Ermittlung des Schadensumfanges zum Bruttoeinkommen der Witwe ihre Grund- und Ausgleichsrente hinzuzurechnen (§ 40 a Abs. 2 Satz 1 BVG). Die Anwendung dieses Grundsatzes auch beim Schadensausgleich in Form der Witwenbeihilfe wird nicht nur aus der Verweisung auf § 40 a BVG in § 48 Abs. 2 BVG deutlich, sondern auch dadurch, daß für die Feststellung eines auszugleichenden Schadens hier ebenfalls die Ermittlung des Differenzbetrages i.S. von § 40 a Abs. 1 Satz 1 BVG unumgänglich ist. Im übrigen hat schon der 8. Senat im Urteil vom 8. Dezember 1970 - 8 RV 671/69 - (BVBl 1971, 105) darauf hingewiesen, daß in § 48 BVG auf alle tatbestandsmäßigen Voraussetzungen nach §§ 40, 40 a, 41 BVG verwiesen worden ist.
Die als Witwenbeihilfe gewährte Teilgrundrente und Teilausgleichsrente werden sonach auch im Falle des § 48 Abs. 1 Satz 4 BVG bei der Feststellung berücksichtigt, ob ein ausgleichsbedürftiger Schaden vorliegt, also bei der Feststellung des Schadensumfanges. Bereits hieraus ergibt sich, daß es nicht angehen kann, diese "Einkünfte" der Witwe schon (also ein weiteres Mal) bei der Frage der Auswirkung der Schädigungsfolgen ihres verstorbenen Ehemannes auf ihre jetzigen wirtschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen, also bei der Feststellung des Schadenseintritts.
Dieses Ergebnis folgt auch aus dem Zweck des § 48 Abs. 2 Satz 2 BVG als Hinweis auf den auch hier maßgeblichen Gedanken der wesentlichen ursächlichen Verknüpfung von schädigendem Ereignis und auszugleichendem Schaden. Die genannte Vorschrift wurde erst durch das 3. NOG in das Gesetz aufgenommen. In der Literatur gab es damals Meinungsverschiedenheiten wegen der Anwendung von Kausalitätgrundsätzen in Fällen des § 48 BVG bei der Kannleistung (vgl. Wessel und Kühne in VersB 1966 S. 39 und S. 98). Nach den Motiven zu dieser Regelung (vgl. zu BT-Drs. V/1216 S. 8, zu Nummer 43 (48), zu Buchstabe b) soll im Rahmen der Witwenbeihilfe als Ermessensleistung der Schadensausgleich nur bewilligt werden, "wenn die Schädigungsfolgen des Verstorbenen die wirtschaftliche Schlechterstellung der Witwe mitverursacht haben". Nach der o.a. Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 8. Dezember 1970 enthält diese Regelung des § 48 Abs. 2 Satz 2 BVG im übrigen nur eine Klarstellung des bereits bis zum Inkrafttreten des 3. NOG geltenden Rechts. Beim Witwenrentenanspruch und auch in den Fällen des § 48 Abs. 1 Satz 2 BVG ist die Kausalverknüpfung zwischen Schädigung und Schaden kraft zwingender Gesetzesbestimmungen generalisierend festgelegt, weil der Gesetzgeber die wirtschaftliche Situation dieser Witwen als typischerweise durch die Schädigung des Ehemannes beeinträchtigt ansieht. In den Fällen des § 48 Abs. 1 Satz 4 BVG konnte aber davon ausgegangen werden, daß dem Beschädigten eine Erwerbstätigkeit noch möglich war und er eine solche häufig auch ausgeübt hat. Dabei sind durchaus Fälle denkbar, in denen der Beschädigte trotz seiner schädigungsbedingten MdE in Berufsstellung und Berufserfolg keine Einbuße erlitten hatte, so daß sich aus seinen Schädigungsfolgen ein wirtschaftlicher Schaden weder für ihn noch für seine Witwe ergab bzw. ergibt. Dies als erste Bedingung für die Gewährung eines "Schadensausgleichs" an die Witwe festzustellen, ist Sinn und Zweck des § 48 Abs. 2 Satz 2 BVG. Er ersetzt in diesen Fällen die Feststellung der ansonsten vom Gesetzgeber unterstellten generellen Benachteiligung in bezug auf die Frage des Berufsschadensausgleichs durch eine konkrete Prüfung in der Weise, daß zu ermitteln ist, ob auf Grund der Schädigungsfolgen, und allein auf Grund der Schädigungsfolgen, eine nachteilige Auswirkung in die wirtschaftlichen Verhältnisse der Witwe fortwirkt. Der Schaden soll also dem Grunde nach erst einmal festgestellt werden. Ob das der Fall ist, wird sich regelmäßig in der Antwort auf die Frage nach der Höhe der Witwenversorgung aus dem Erwerbseinkommen des Verstorbenen äußern. So ist es auch hier. Nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG hätte der Ehemann der Klägerin ohne die Schädigungsfolgen Beitragsleistungen zur gesetzlichen Rentenversicherung in einer Höhe erbracht, die dazu geführt hätten, daß die Klägerin eine um etwa 50,- DM höhere Versicherungsrente beziehen würde. Die Schädigungsfolgen haben sich hier also nachteilig auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin ausgewirkt. Dem steht nicht entgegen, daß dieses wirtschaftliche Minus der Klägerin durch den Bezug der Witwenbeihilfe nominell egalisiert wird; denn diese "Einkünfte" dürfen im Rahmen der Prüfung des wirtschaftlichen Schadens nach § 48 Abs. 2 Satz 2 BVG nicht berücksichtigt werden. Wie schon angeführt, will die klarstellende Regelung dieser Vorschrift für eine zur Vermeidung von Härten geschaffene Vergünstigung bewirken, daß eine "Schadensausgleich" genannte Leistung hier dann nicht erbracht werden muß, wenn ein solcher Schaden dem Grunde nach gar nicht entstanden ist. Sie ist deshalb gewissermaßen wie ein zusätzlicher Filter zwischen die übrigen auch für die Fälle des Rechtsanspruchs geltenden Voraussetzungen eingefügt worden. Dies verbietet aber eine Auslegung dieser Vorschrift dahin, daß es der Witwe gegen ihren so festgestellten Schaden als eine "Vergünstigung" aufgerechnet wird, daß sie aus dem Versorgungsverhältnis noch andere - gar nicht zum Schadensausgleich in diesem Sinne bestimmte - Leistungen wie die Witwenbeihilfe erhält. Entgegen der Meinung des LSG ist hier nicht lediglich darauf abzustellen, ob die wirtschaftlichen Verhältnisse der Witwe insgesamt günstiger wären, falls der verstorbene Ehemann die Schädigung nicht erlitten hätte. Insoweit sind auch die Ausführungen in Nr. 4 Satz 1 VV zu § 48 BVG mißverständlich. Bei dieser Prüfung sind nämlich lediglich solche wirtschaftlichen Verluste und Erträgnisse zu vergleichen, die ausschließlich und allein auf die Schädigungsfolgen des Beschädigten zurückgehen. Dies entspricht auch dem Wortlaut des § 48 Abs. 2 Satz 2 BVG. Witwengrund- und Ausgleichsrente als Einkommensgrößen sind aber nicht nur von den Schädigungsfolgen des Beschädigten, sondern auch von seinem Tod abhängig. Erst dieses Ereignis löst sie aus, wohingegen negative wirtschaftliche Schädigungsfolgen bereits in Bezug auf das Bruttoeinkommen des Beschädigten zu seinen Lebzeiten wirken und durch seinen Tod als zeitliche Zäsur allenfalls modifiziert, aber nicht konstituiert auch die Verhältnisse der Witwe beeinflussen können. Erheblich ist an dieser Stelle also lediglich die Frage, ob die Schädigungsfolgen des Verstorbenen wirtschaftlich fortwirken. Folgerichtig hat der Bundesminister für Arbeit (BMA) in den VV Nr. 4 Satz 2 zu § 48 BVG die Voraussetzungen einer solchen nachteiligen Auswirkung dann auch grundsätzlich für gegeben erachtet, wenn dem Verstorbenen eine Erhöhung seiner MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit anerkannt war oder er selbst Berufsschadensausgleich erhalten hatte. Auch hieraus ist zu erkennen, daß § 48 Abs. 2 Satz 2 BVG nur der Klärung des Kausalzusammenhangs zwischen der Schädigung des Verstorbenen und dem bei der Witwe dadurch eingetretenen wirtschaftlichen Schaden dienen soll, einem Schaden, der schon deswegen nicht von Grund- und Ausgleichs(teil)renten ausgeglichen werden kann, weil das Gesetz hierfür eine eigene Leistung, eben den Schadensausgleich vorgesehen hat. Infolgedessen können diese Leistungsarten auch nicht herangezogen werden, um die nachteilige Auswirkung der Schädigungsfolgen auf die wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 48 Abs. 2 Satz 2 BVG festzustellen.
Daraus ergibt sich keine Benachteiligung für die übrigen Fälle des Witwenschadensausgleichs; denn wie dort ist dann, wenn der Kausalzusammenhang zwischen einem Nachteil (Schaden) in den wirtschaftlichen Verhältnissen der Witwe und den Schädigungsfolgen ihres verstorbenen Ehemannes zu bejahen ist, stets die weitere Prüfung anzuschließen, ob der Schaden so groß ist, daß er nach gesetzlicher Regel als ausgleichsbedürftig anzusehen ist. Bei dieser Prüfung gemäß § 40 a Abs. 2 Satz 1 BVG ist sodann beim Einkommen der Witwe auch die Grund-und Ausgleichsrente hinzuzurechnen. Erst durch diese Prüfung läßt sich feststellen, ob und ggf. in welcher Höhe der Schadensausgleich zu gewähren ist.
Von seinem rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend hat das LSG die für diese abschließende Entscheidung erforderlichen Feststellungen nicht getroffen, so daß der Senat diese Prüfung nicht anstellen kann. Die Sache mußte daher zu diesem Zweck an das LSG zurückverwiesen werden. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Fundstellen