Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 11. April 1979 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Im übrigen sind keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darum, ob dem Kläger Konkursausfallgeld (Kaug) zusteht oder ob die beklagte B. darauf verweisen kann, daß er seinen Arbeitslohn möglicherweise von der beigeladenen GmbH verlangen kann (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung – Arbeitnehmerüberlassungsgesetz – vom 7. August 1972 [AÜG] – BGBl I 1393).
Der Kläger wurde 1956 von dem Kaufmann M, der ein Zellholzunternehmen betrieb, eingestellt. Er arbeitete seitdem als Platzarbeiter auf dem Gelände eines Zellstoffwerks, das 1971 von der beigeladenen GmbH (Beigeladene zu 1) übernommen wurde. Nach einem von M und der Beigeladenen zu 1) 1973 schriftlich geschlossenen Vertrag, sorgte M für die Transportarbeiten auf dem Werksgelände der Beigeladenen. Bei diesen Arbeiten wurde auch regelmäßig der Kläger eingesetzt.
Der Kläger erhielt für die Zeit vom 1. Oktober bis zum 14. November 1975 von M, der bisher seinen Lohn zahlte, keinen Lohn mehr. Einen Antrag auf Konkurseröffnung lehnte das Amtsgericht am 25. November 1975 mangels Masse ab. Am 2. Januar 1976 beantragte der Kläger Kaug. Dieser Antrag wurde durch Bescheid vom 11. November 1975 abgelehnt: M habe ohne Erlaubnis gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung betrieben; der Arbeitsvertrag zwischen M und dem Kläger sei deshalb nach § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam; nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG gelte aber ein Arbeitsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Kläger als zustandegekommen. Der Widerspruch hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 1976).
Das Sozialgericht (SG) hat der Klage auf Kaug stattgegeben. Nach dem Vertrag zwischen der Beigeladenen zu 1) und M, bei dem die Elemente des Werkvertrages überwögen, sei keine genehmigungspflichtige Arbeitnehmerüberlassung festzustellen (Urteil des SG Duisburg vom 23. Mai 1977). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen. Es hat unentschieden gelassen, ob das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und M wegen verbotener Arbeitnehmerüberlassung unwirksam gewesen sei und deshalb kein Lohnanspruch bestanden habe. Denn jedenfalls könne der Kläger im Falle der Unwirksamkeit seines Arbeitsvertrages anstelle des Lohnes Ersatz des Schadens verlangen, den er dadurch erleide, daß er auf die Gültigkeit des Vertrages vertraut habe (§ 10 Abs. 2 Satz 1 AÜG). Dieser Anspruch sei auch nach § 141b Abs. 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) versichert. Das folge aus § 141b Abs. 2 iVm § 59 Abs. 1 Nr. 3a der Konkursordnung –KO– (idF des Gesetzes vom 23. Dezember 1976 – BGBl I 3845). Dem Kläger sei eine arbeitsgerichtliche Klage gegen den Beigeladenen zu 1) nicht zuzumuten (Urteil des LSG für das Land Nordrhein-Westfalen vom 11. April 1979).
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung der §§ 141b Abs. 2 AFG, 1, 9 Nr. 1 und 10 Abs. 1 und 2 AÜG.
Sie beantragt,
die Urteile des LSG für das Land Nordrhein-Westfalen vom 11. April 1979 und des SG Duisburg vom 23. Mai 1977 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die beigeladene Allgemeine Ortskrankenkasse (Beigeladene zu 2) schließt sich diesem Antrag an.
Der Kläger und die Beigeladene zu 1) beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist nicht begründet. Sie ist zurückzuweisen.
Nach § 141b Abs. 1 AFG hat Anspruch auf Kaug ein Arbeitnehmer, der bei der Eröffnung des Konkursverfahrens seines Arbeitgebers für die letzten der Eröffnung des Konkursverfahrens vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt hat. Der Eröffnung des Konkursverfahrens steht die Abweisung des Antrages auf Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse gleich (§ 141b Abs. 3 Nr. 1 AFG).
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist M der Arbeitgeber des Klägers gewesen. Der Arbeitsvertrag zwischen M und dem Kläger war nach dem AÜG nicht unwirksam. Der Kläger ist von M der Beigeladenen zu 1) nicht im Rahmen einer gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung zur Arbeitsleistung überlassen worden.
Nach § 9 Nr. 1 AÜG sind zwar nicht nur die Verträge zwischen Verleihern und Entleihern, sondern auch die zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern unwirksam, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis hat. Nach § 10 Nr. 1 Satz 1 AÜG gilt dann ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer als zustande gekommen. Eine Erlaubnis war hier jedoch nicht erforderlich, weil der Kläger nicht iS des § 1 Abs. 1 AÜG der Beigeladenen zu 1) zur Arbeitsleistung als Leiharbeitnehmer überlassen, sondern als Erfüllungsgehilfe des M eingesetzt worden ist.
Weder der zwischen M und der Beigeladenen zu 1) geschlossene Vertrag noch seine von dem Vertragsinhalt nicht abweichende tatsächliche Durchführung lassen es zu, das Verhältnis zwischen M und der Beigeladenen als Arbeitnehmerüberlassung zu beurteilen. Insoweit stimmt der Senat mit dem SG überein. Entgegen der Meinung des SG ist es allerdings nicht entscheidend, ob die Elemente eines Werkvertrages (§ 631 des Bürgerlichen Gesetzbuches –BGB–) oder die eines Dienstvertrages (§ 611 BGB) überwiegen. Auch wenn die Elemente eines Dienstvertrages überwiegen sollten, handelt es sich nicht um eine Arbeitnehmerüberlassung.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts –BAG– (BAG, Urteil vom 10. Februar 1977, AP Nr. 9 zu § 103 BetrVG 1972 mit Anm. von Moritz = VersR 1977, 929 = DB 1977, 1273; Urteil vom 8. November 1978, AP Nr. 2 zu § 1 AÜG mit im wesentlichen zustimmender Anm. von Weber = NJW 1979, 2636 = DB 1979, 851; Urteil vom 4. Juli 1979, DB 1979, 2282, vgl. auch BGH, Urteil vom 8. November 1979, NJW 1980, 452) hängt die Entscheidung eines Werk- oder Dienstvertrages einerseits und eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages andererseits davon ab, ob der Verpflichtete oder der Leiter des fremden Betriebes weisungsbefugt sein soll. Im Falle eines Dienst- oder Werkvertrages organisiert der zur Dienstleistung Verpflichtete oder Werkunternehmer die zur Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolges notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Vorstellungen. Ein Arbeitnehmerüberlassungsvertrag liegt vor, wenn der Verpflichtete dem Dritten (= Besteller) nur die Arbeitnehmer zur Verfügung stellt, wobei dieser die Arbeitskräfte nach seinen Vorstellungen und Zielen in seinem Betrieb einsetzt und seine Beiriebszwecke mit den überlassenen Arbeitnehmern wie mit eigenen Arbeitnehmern verfolgt. Bei Dienst- oder Werkverträgen kann der zur Dienstleistung Verpflichtete oder der Werkunternehmer sich anderer Personen als Erfüllungsgehilfen bedienen. Das sind Arbeitnehmer, die Arbeitsleistungen in einem fremden Betrieb nach Weisungen des Unternehmers – Dienstverpflichteten oder Werkunternehmers – und nicht nach Weisungen des Leiters des fremden Betriebes erbringen.
Die Beklagte wendet sich im wesentlichen gegen die Auffassung des SG, der Vertrag zwischen M und der Beigeladenen zu 1) sei ein Werkvertrag. Die Beklagte trägt aber selbst nicht vor, daß die von M zur Verfügung gestellten Arbeitnehmer so in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) eingegliedert gewesen seien, daß die Beigeladene zu 1) sie hätte so einsetzen können, wie sie dies mit eigenen Arbeitnehmern tun konnte. Nach dem Vertragsinhalt und den tatsächlichen Feststellungen des LSG ist ein solcher Vortrag auch nicht möglich: Das Arbeitsergebnis, das die von M zur Verfügung gestellte Kolonne, zu der der Kläger gehörte, zu leisten hatte, war fest umgrenzt. Es waren auf dem Betriebsgelände (Hof) der Beigeladenen zu 1) Fahrzeuge zu be- und entladen, Rohstoffe und Fertigprodukte waren hier zu stapeln und zu transportieren. Diese Arbeiten wurden aber nicht von einem Beauftragen der Beigeladenen zu 1), sondern von dem Vorarbeiter geleitet und überwacht, den M ebenfalls zur Verfügung stellte. Die von M geschickte Hofkolonne war nie zusammen mit Arbeitnehmern der Beigeladenen tätig. Daß sich der Vorarbeiter bei seinen Weisungen nach den betrieblichen Gegebenheiten zu richten hatte, die er täglich bei einem Beauftragten der Beigeladenen erfragen mußte, bedeutet nicht, daß der Vorarbeiter und seine Kolonne nach den Weisungen der Beigeladenen eingesetzt wurde.
Der weitere Vortrag der Beklagten spricht möglicherweise gegen einen Werkvertrag, nicht aber gegen einen Dienstvertrag, den M ua mit dem Kläger als Erfüllungsgehilfen zu erfüllen hatte. Insbesondere steht einem Dienstvertrag nicht die Möglichkeit der Beigeladenen zu 1) entgegen, ungeeignete Arbeitnehmer abzulehnen. Der Dienstleistungsempfänger kann erwarten, daß der Dienstverpflichtete ihm nur geeignete Personen als Erfüllungsgehilfen schickt. Gegen einen Dienstvertrag spricht auch nicht, daß M nicht pauschal, sondern nach geleisteten Arbeitsstunden bezahlt wurde.
Da die Zweifel an der Wirksamkeit des Arbeitsvertrages zwischen dem Kläger und M beseitigt werden konnten, muß nicht entschieden werden, ob die Zahlungsverpflichtung der Beklagten überhaupt davon abhängig gemacht werden mußte, daß diese Zweifel im Klageverfahren gegen die Beklagte beseitigt wurden. Da zwischen den Beteiligten von Anfang an feststand, daß der Kläger Anspruch auf eine Geldsumme in Höhe des rückständigen Lohnes hatte, ging der Streit nur darum, ob diese Summe aufgrund eines fiktiven Arbeitsverhältnisses durch die Beigeladene oder aufgrund des Kaug-Rechts durch die Beklagte zu zahlen war. Ob dieser Streit zu Lasten des Arbeitnehmers möglicherweise durch zwei Instanzenzüge ausgetragen werden muß, wäre aber nur zu erörtern gewesen, wenn die Feststellungen des LSG zu einer abschließenden Entscheidung nicht ausgereicht hätten oder wenn der Senat zu dem Ergebnis gekommen wäre, nach § 10 Abs. 1 Satz 1 ÄUG sei die Beigeladene zu 1) der – fiktive – Arbeitgeber des Klägers. Dem ist aber gerade nicht so.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen