Entscheidungsstichwort (Thema)
Bemessung des Arbeitslosengeldes. regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit. Verfassungsmäßigkeit von § 112 Abs 2 AFG. Revisibilität eines Tarifvertrags
Orientierungssatz
1. Eine von der tariflichen regelmäßigen Arbeitszeit abweichende tatsächliche Arbeitszeit (hier 57 statt 40 Wochenstunden) darf bei der Bestimmung der Höhe eines Arbeitslosengeldanspruchs nur dann verwendet werden, wenn (auch) die längere tatsächliche Arbeitszeit eine vom Tarifvertrag als regelmäßige vorgesehene oder zugelassene Arbeitszeit darstellt.
2. Festlegungen besonderer Arbeitszeiten durch Einzelarbeitsvertrag oder Betriebsvereinbarung sind für die Arbeitslosengeldbemessung nur dann maßgebend, wenn sowohl die Art der Festlegung als auch ihr Umfang tarifvertraglich zulässig ist iS der Bestimmung einer nach dem Tarifvertrag ebenfalls regelmäßigen Arbeitszeit. Es reicht nicht aus, daß nach Tarifvertrag die Vereinbarung längerer Arbeitszeiten als solche erlaubt ist, wenn der Tarifvertrag diese längeren Arbeitszeiten nicht als regelmäßige Arbeitszeiten anerkennt.
3. Es verletzt keine Verfassungsgrundsätze, wenn § 112 Abs 2 AFG für die Bemessung des Arbeitslosengeldes davon ausgeht, daß die nach Tarifrecht übliche regelmäßige Arbeitszeit dafür maßgeblich ist (vgl BVerfG vom 3.4.1979 1 Bvl 30/76 = SozR 4100 § 112 Nr 10).
4. Auch Arbeitnehmer in besonderer Verwendung können eine längere Arbeitszeit als Maßstab für ihren Arbeitslosengeldanspruch nur dann verlangen, wenn diese Arbeitszeit iS des § 112 Abs 2 AFG eine tariflich regelmäßige ist, ohne daß dies gegen Art 3 GG verstößt.
5. Zur Revisibilität eines Tarifvertrags.
Normenkette
AFG §§ 111, 112 Abs 2 S 1; SGG § 162; GG Art 3 Abs 1
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 16.10.1985; Aktenzeichen L 12 Ar 189/82) |
SG Düsseldorf (Entscheidung vom 28.07.1983; Aktenzeichen S 22 Ar 25/82) |
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten höheres Arbeitslosengeld (Alg).
Der 1921 geborene, verheiratete Kläger war seit 1955 bis 30. Juni 1981 bei der Firma M. & Co, Maschinenfabrik GmbH in D. (Fa. M) beschäftigt, zunächst in der Gießerei, später als Pförtner. Das Arbeitsverhältnis endete durch ordentliche Kündigung des Arbeitgebers.
Der Kläger meldete sich zum 1. Juli 1981 arbeitslos und legte mit seinem Antrag auf Alg die Arbeitsbescheinigung vom 22. Juni 1981 vor, wonach er im Mai 1981 in 22 Arbeitstagen bei 225 Arbeitsstunden 3.064,55 DM verdient habe. Abweichend von der tariflichen Arbeitszeit (40 Wochenstunden) sei für ihn eine längere Arbeitszeit von 57 Wochenstunden vereinbart gewesen. Die Beklagte bewilligte dem Kläger Alg ab 1. Juli 1981 in Höhe von wöchentlich 270,-- DM; sie legte eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden und deshalb ein gerundetes Bemessungsentgelt nach der Leistungsgruppe C von 545,-- DM zugrunde (Bescheid vom 9. Juli 1981).
Mit seinem Widerspruch hiergegen machte der Kläger einen höheren Leistungsanspruch geltend; denn seine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit als Pförtner habe aufgrund Betriebsvereinbarung 57 Stunden betragen. Widerspruch, Klage und die vom Sozialgericht (SG) zugelassene Berufung waren erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 5. Januar 1982, Urteil des SG vom 28. Juli 1983; Urteil des Landessozialgerichts -LSG- vom 16. Oktober 1985). Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt:
Die Entscheidung der Beklagten sei rechtmäßig. Höheres Alg stehe dem Kläger nicht zu. Dies folge aus §§ 111, 112 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Hiernach sei von dem um gesetzliche Abzüge verminderten Arbeitsentgelt im Bemessungszeitraum auszugehen. Maßgebend sei das in diesem Zeitraum in der Arbeitsstunde durchschnittlich erzielte Arbeitsentgelt, vervielfacht mit der Zahl der Arbeitsstunden, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Beschäftigungsverhältnisse im Bemessungszeitraum ergebe (§ 112 Abs 2 AFG). Das von der Beklagten der Bewilligung zugrunde gelegte Bemessungsentgelt entspreche dieser Regelung; insbesondere sei es richtig, daß sie von einer regelmäßigen tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden und nicht von 57 Stunden ausgegangen sei.
Tarifvertraglich regelmäßig iS des § 112 Abs 2 AFG sei eine Arbeitszeit nur, soweit der einschlägige Tarifvertrag sie als regelmäßige Arbeitszeit vorsehe. Daran müßten sich auch an sich zulässige Betriebsvereinbarungen über Arbeitszeiten halten. Vorliegend betrage die tariflich regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 40 Stunden. Dies folge aus § 2 Ziffer 1 des hier maßgeblichen Manteltarifvertrages für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalen vom 30. April 1980, in kraft seit 1. Juni 1980 (MTV 1980). § 2 Ziffer 7 Abs 1 MTV 1980 lasse zwar eine Verlängerung dieser regelmäßigen Arbeitszeit zu, jedoch nur für Heizer, Kraftwagenfahrer, Beifahrer, Schrankenwärter, Personal in Speise-, Bade-, Wasch- und Aufenthaltsräumen sowie für ähnliche Arbeitnehmergruppen; Pförtner gehörten nicht dazu. Für Pförtner dürfe allerdings die regelmäßige wöchentliche Anwesenheitspflicht über die oa Arbeitszeit hinaus verlängert werden, wenn in deren Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfange Ruhezeiten fielen (§ 2 Ziffer 7 Abs 2 MTV 1980). Hierzu bestimme § 2 Ziffer 7 Abs 3 MTV 1980, daß in einer Betriebsvereinbarung festgelegt werde, an welchen Arbeitsplätzen regelmäßig und in erheblichem Umfange Arbeitsbereitschaft oder Ruhezeiten anfielen. Jedenfalls an einer derartigen Betriebsvereinbarung fehle es.
Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme, insbesondere der Zeugenaussage des früheren Betriebsratsvorsitzenden B., stehe zwar fest, daß seit Anfang 1974 eine Betriebsvereinbarung vorgelegen habe, nach der die wöchentliche Arbeitszeit für Pförtner am Haupttor 1, wo der Kläger zuletzt gearbeitet habe, auf 57 Stunden verlängert worden ist. Diese Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat könne im Rahmen des § 112 Abs 2 AFG jedoch keine Beachtung finden; denn sie habe schon gegen den seinerzeit gültigen Manteltarifvertrag für die Arbeiter in der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen vom 3. Dezember 1969 (MTV 1969) verstoßen. Nach dessen § 2 Ziffer 4 Abs 1 habe für bestimmte Arbeitnehmergruppen - ohne Pförtner - die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit um bis zu 10 Stunden verlängert werden können, wenn in deren Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfange Arbeitsbereitschaft fiel; ua für Pförtner habe nach Abs 2 dieser Bestimmung die regelmäßige wöchentliche Anwesenheitspflicht auch darüber hinaus verlängert werden können, wenn in deren Arbeitszeit regelmäßig Ruhezeiten fielen. Jedoch sei in einer Betriebsvereinbarung festzustellen gewesen, daß in solche verlängerte Arbeitszeiten regelmäßig und in erheblichem Umfange Arbeitsbereitschaft oder Ruhezeiten fielen (§ 2 Ziffer 4 Abs 3 MTV 1969). Entsprechendes habe in den Anschlußtarifverträgen gegolten, so auch im MTV 1980.
Die hier maßgebliche Betriebsvereinbarung habe diesen tarifvertraglichen Bestimmungen nicht entsprochen. Diese habe sich lediglich auf die Verlängerung der Arbeitszeit am Haupttor 1 auf 57 Wochenstunden erstreckt, aber gerade nicht festgestellt, daß an diesem Arbeitsplatz in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfange Arbeitsbereitschaft oder regelmäßige Ruhezeiten gefallen seien. Nach den Bekundungen des Zeugen B. sollte die Betriebsvereinbarung dies ausdrücklich auch nicht bestimmen, weil aufgrund der am Haupttor 1 herrschenden Situation in die Tätigkeit des Pförtners keine Ruhezeiten iS des Tarifvertrages gefallen seien. Dem entsprächen die Angaben des Klägers selbst und die eingeholte Arbeitgeberauskunft. Der Betriebsrat sei seinerzeit sogar der Auffassung gewesen, er könne sich im Interesse der Arbeitnehmer über den Tarifvertrag hinwegsetzen. Er habe damit gegen maßgebliche tarifliche Normen verstoßen, so daß die Betriebsvereinbarung unwirksam geblieben sei. Sowohl diese wie die dementsprechende einzelvertragliche Abmachung mit dem Kläger sei deshalb für die Ermittlung des Bemessungsentgelts iS des § 112 Abs 2 AFG ohne Bedeutung. Es müsse vielmehr von der regulären tarifvertraglichen regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden ausgegangen werden.
Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung von Art 3 Grundgesetz (GG) iVm § 112 Abs 2 AFG. Er führt dazu aus: Zwar schreibe der maßgebliche Tarifvertrag eine regelmäßige Wochenarbeitszeit von 40 Stunden vor. Er gestehe jedoch ua für Pförtner eine längere regelmäßige Wochenarbeitszeit zu, wenn in deren Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfange Ruhezeiten fallen. Nach dem Tarifvertrag sei lediglich durch Betriebsvereinbarung zu regeln, an welchen Arbeitsplätzen solche Ruhezeiten anfielen. Entgegen der Auffassung des LSG sei also keine Betriebsvereinbarung über die Verlängerung der Arbeitszeit erforderlich. Zu prüfen sei deshalb nur, ob an einem Arbeitsplatz Ruhezeiten entsprechenden Umfangs regelmäßig angefallen sind.
Allerdings habe das LSG unangegriffen festgestellt, daß am Arbeitsplatz des Klägers keine Ruhezeiten angefallen seien. Dies führe letztlich ebenfalls zu dem Ergebnis, daß die Abweichung vom Tarifvertrag nicht legitimiert, also tarifwidrig gewesen sei; gleichwohl dürfe dies nicht zur Vernachlässigung der tatsächlichen Arbeitszeit für die Bemessung des Alg-Anspruchs des Klägers führen. Dies verlange Art 3 GG.
Die Bezugnahme auf die regelmäßige tarifliche Wochenarbeitszeit in § 112 Abs 2 AFG sollte die Berücksichtigung von Überstunden beim Alg vermeiden. Derart typisierende Regelungen seien nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zulässig. Wenn jedoch ein Tarifvertrag die Verlängerung der Arbeitszeit für "Arbeitnehmer in besonderer Verwendung" vorsehe und dies zu höherem Alg führe, dann sei dies durch vernünftige in der Natur der Sache liegende Gründe gerechtfertigt. Diese könnten zB darin liegen, daß diese Arbeitnehmer infolge der in der Arbeitszeit enthaltenen Zeiten der Rufbereitschaft oder anderer Wartezeiten einen niedrigeren Stundenlohn hätten. Es dürfte aber nicht nur der Tarifvertrag der Maßstab dafür sein, welche sachlichen Gründe es für eine Verlängerung der Arbeitszeit gebe. Auch andere soziale Tatbestände, die zu einem niedrigeren Stundenlohn geführt haben, müßten berücksichtigt werden. So sei es hier. Dem Kläger sei die Tätigkeit als Pförtner angeboten worden, weil er seine bisherige Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr habe ausüben können. Ihm sei ein höheres Entgelt bei entsprechend längerer Arbeitszeit zugestanden worden, damit die Einkommenskürzung kein unzumutbares Ausmaß annehme. Die Regelung sei in der Tat keine tarifvertragliche, jedoch ebenso anerkennenswert und dürfe dem Kläger in der Arbeitslosenversicherung nicht zum Nachteil gereichen. Im übrigen habe er von seinem Arbeitsentgelt stets volle Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit entrichtet.
Der Kläger regt an, die Sache dem BVerfG vorzulegen und beantragt, die vorinstanzlichen Urteile sowie den angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Januar 1982 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei der Berechnung des Alg von einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 57 Stunden auszugehen.
Die Beklagte beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des LSG für richtig.
Beide Beteiligte haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nicht begründet.
Der angefochtene Bewilligungsbescheid vom 9. Juli 1981 hat die Höhe des dem Kläger ab 1. Juli 1981 zustehenden Alg zutreffend festgelegt. Dies folgt aus § 111 AFG (hier anzuwenden idF des Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des AFG und des Bundesversorgungsgesetzes -HStruktG-AFG- vom 22. Dezember 1975, BGBl I 3113) iVm § 112 AFG (hier anzuwenden idF des Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren - SGB 10 - vom 18. August 1980, BGBl I 1469). Danach beträgt das Alg 68 vH des um gewöhnlich anfallende gesetzliche Abzüge verminderten Arbeitsentgelts, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum in der Arbeitsstunde durchschnittlich erzielt hat, vervielfacht mit der Zahl der Arbeitsstunden, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Beschäftigungsverhältnisse im Bemessungszeitraum ergibt (§ 112 Abs 2 AFG).
Wie aus den Feststellungen des LSG folgt, war Bemessungszeitraum hier der Monat Mai 1981 (vgl dazu § 112 Abs 3 AFG); das in diesem Monat beim Ausscheiden des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis abgerechnete Arbeitsentgelt von 3.064,55 DM hatte er an 22 Arbeitstagen in 225 Arbeitsstunden erzielt. Die Beklagte hat daraus zutreffend einen tatsächlichen Stundenlohn von 13,62 DM ermittelt (3.064,55 : 225). Rechnerisch richtig ergibt sich ferner bei Multiplikation dieses Stundenlohnes mit einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden ein wöchentliches Entgelt von 544,80 DM. Nach Rundung dieses Betrages auf 545,-- DM (§ 112 Abs 9 AFG) folgt aus diesem Wert nach der Anlage 2 (Leistungstabelle Alg) zu § 1 Nr 2 der hier maßgeblichen AFG-Leistungsverordnung 1981 vom 16. Dezember 1980 (BGBl I 2263), die auf der Ermächtigung in § 111 Abs 2 AFG beruht, in der für den verheirateten Kläger geltenden Leistungsgruppe C ein Alg-Wochensatz von 270,-- DM. Dieser Betrag wurde dem Kläger zu Recht bewilligt.
Das Begehren des Klägers, bei der Bemessung seines Anspruchs anstelle von 40 Wochenstunden 57 Wochenstunden zugrunde zu legen, wodurch sich ein höherer Alg-Satz ergäbe, hat das LSG zu Recht für unbegründet gehalten. Für den Bemessungsfaktor "Arbeitszeit" bestimmt § 112 Abs 2 AFG, daß von der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auszugehen ist. Eine von der tariflichen regelmäßigen Arbeitszeit abweichende tatsächliche Arbeitszeit (hier 57 statt 40 Wochenstunden) darf deshalb bei der Bestimmung der Höhe eines Alg-Anspruchs nur dann verwendet werden, wenn (auch) die längere tatsächliche Arbeitszeit eine vom Tarifvertrag als regelmäßige vorgesehene oder zugelassene Arbeitszeit darstellt. Festlegungen besonderer Arbeitszeiten durch Einzelarbeitsvertrag oder Betriebsvereinbarung sind deshalb für die Alg-Bemessung nur dann maßgebend, wenn sowohl die Art der Festlegung als auch ihr Umfang tarifvertraglich zulässig ist iS der Bestimmung einer nach dem Tarifvertrag ebenfalls regelmäßigen Arbeitszeit. Es reicht nicht aus, daß nach Tarifvertrag die Vereinbarung längerer Arbeitszeiten als solche erlaubt ist, wenn der Tarifvertrag diese längeren Arbeitszeiten nicht als regelmäßige Arbeitszeiten anerkennt. Wie das LSG zutreffend entschieden hat, entspricht diese Auslegung des Inhalts von § 112 Abs 2 AFG einer ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts -BSG- (vgl BSG SozR 4100 § 112 Nrn 14 und 22 mwN). Sie beruht auf der Erwägung, daß das Bemessungsentgelt dem Arbeitsentgelt entsprechen soll, das der Arbeitslose erzielen würde, stünde er in einem Arbeitsverhältnis. Dafür kann nicht unterstellt werden, daß der Arbeitslose, der im Bemessungszeitraum eine vom zeitlichen Umfang her besonders hohe Arbeitsleistung erbracht hat, diese fortlaufend, insbesondere in einem anderen Arbeitsverhältnis leisten könnte, es sei denn, es handelte sich dabei schon bisher um eine tarifliche regelmäßige Arbeitszeit (BSG aaO).
Die vom Kläger im Bemessungszeitraum geleistete Wochenarbeitszeit von 57 Stunden war keine tarifliche regelmäßige Arbeitszeit in diesem Sinne. Dies folgt aus der Wertung des Inhalts der zugrundeliegenden MTVe durch das LSG und der darauf fußenden übrigen Rechtsgrundlagen für diese Arbeitszeit des Klägers (Betriebsvereinbarung, Einzelarbeitsvertrag). Die regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit beträgt nach dieser Beurteilung des LSG für den Kläger 40 Stunden. Das Tarifrecht läßt zwar eine darüber hinausgehende Verlängerung der Anwesenheitspflicht ua von Pförtnern zu. Voraussetzung dafür ist aber, daß in deren Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfange Arbeitsbereitschaft oder Ruhezeiten fallen und daß durch eine Betriebsvereinbarung festgesetzt wurde, an welchen Arbeitsplätzen dies der Fall ist. Dem entspricht die hier maßgebliche Betriebsvereinbarung nach Auffassung des LSG nicht, so daß auch die darin bestimmte Arbeitszeit von 57 Wochenstunden nicht tariflich oder tariflich regelmäßig sei. Abgesehen davon, daß der Kläger dieser rechtlichen Bewertung als tarifwidrig im Ergebnis nicht widerspricht und er auch die zugrundeliegende Feststellung des LSG nicht angreift, daß am Arbeitsplatz des Klägers keine Ruhezeiten angefallen sind, ist die Entscheidung des LSG zum Inhalt der MTVe 1969 und 1980 für den Senat bindend. Insoweit liegt nämlich kein nach § 162 SGG revisibles Recht vor. Die oa MTVe haben kein Bundesrecht zum Inhalt, ihr Geltungsbereich erstreckt sich auch nicht über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus, was gemäß § 162 SGG für die Revisibilität von nicht dem Bundesrecht angehörenden sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschriften genügen würde; denn sie gelten lediglich für das Land Nordrhein-Westfalen (vgl § 1 Nr 1 MTV 1969, § 1 Nr 1 MTV 1980).
Zwar wären ihre Regelungen dennoch revisibel, wenn nicht nur zufällig, sondern bewußt und gewollt inhaltlich gleiche Vorschriften außerhalb Nordrhein-Westfalens gelten würden. Ob das der Fall ist, hat der Senat jedoch nicht von sich aus zu prüfen. Nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des BSG bedürfte es hierfür einer ausreichenden Revisionsbegründung, nämlich der Darlegung, daß und welche inhaltlich übereinstimmende und zum Zwecke der Vereinheitlichung erlassene Vorschriften in anderen Bundesländern bestehen (vgl BSGE 56, 45 = SozR 2100 § 70 Nr 1; BSG SozR 4100 § 117 Nr 14). An solchen Darlegungen fehlt es jedoch.
Ergibt sich sonach, daß die vom Kläger geleistete Arbeitszeit von 57 Wochenstunden nicht eine tarifliche regelmäßige Wochenarbeitszeit war, scheidet sie, wie ausgeführt, für die Bemessung seines Alg-Anspruchs gemäß § 112 Abs 2 AFG aus. An diesem Ergebnis vermag das Vorbringen des Klägers, dieser Inhalt des § 112 Abs 2 AFG enthalte eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes von Art 3 GG, nichts zu ändern. Das BVerfG hat bereits bestätigt, daß es keine Verfassungsgrundsätze verletzt, wenn § 112 Abs 2 AFG für die Bemessung des Alg davon ausgeht, daß die nach Tarifrecht übliche regelmäßige Arbeitszeit dafür maßgeblich ist (vgl BVerfGE 51, 115 = SozR 4100 § 112 Nr 10). Der Entscheidung des BVerfG liegt zwar ein Sachverhalt zugrunde, bei dem es um die Frage der Berücksichtigung von Überstunden ging; die Entscheidung betrifft jedoch nicht nur diesen Fall. Das BVerfG hält es nämlich ebenso für verfassungsrechtlich unbedenklich, "wenn sich bei der Berechnung des Alg Unterschiede innerhalb der Gruppe der tariflich bezahlten Arbeitnehmer hinsichtlich der Berücksichtigung der von ihnen geleisteten längeren Arbeitszeiten ergeben". Auch Arbeitnehmer in besonderer Verwendung können eine längere Arbeitszeit als Maßstab für ihren Alg-Anspruch nur dann verlangen, wenn diese Arbeitszeit iS des § 112 Abs 2 AFG eine tariflich regelmäßige ist, ohne daß dies gegen Art 3 GG verstößt. Selbst wenn also die vom Kläger angeführten Gründe achtenswert sind, die im Einzelfalle zu einer Verlängerung der Arbeitszeit über die tariflich regelmäßige Arbeitszeit hinaus geführt haben, verletzt es nicht das Grundgesetz, daß der Gesetzgeber solche Gründe nur dann als Anlaß für die Berücksichtigung der längeren Arbeitszeit bei der Alg-Bemessung anerkennt, wenn sie Ausdruck in einer tarifvertraglichen Regelung dergestalt gefunden haben, daß gerade auch diese Arbeitszeit als tarifvertraglich regelmäßige Arbeitszeit anzusehen ist. Der Senat sieht deshalb keine Veranlassung, seine dementsprechende bisherige Rechtsprechung verfassungsrechtlich in Frage zu stellen und das BVerfG anzurufen.
Nach allem ist die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen