Entscheidungsstichwort (Thema)
"Besondere Sanitärausstattung"
Leitsatz (amtlich)
Eine Gegenstromschwimmanlage ist eine "besondere Sanitärausstattung" (DV § 11 Abs 3, §§ 13 und 15 BVG § 2 S 1 Nr 11 Fassung: 1971-01-19), deren Kosten übernommen werden können, wenn sie für einen Heilbehandlungszweck (BVG § 10 Abs 1) zweckmäßig und notwendig ist.
Leitsatz (redaktionell)
Die Übernahme der Kosten eines Mittels, das wie die Gegenstromschwimmeinrichtung dem speziellen Heilbehandlungszweck, der Folgenminderung, dienen soll, kann nicht mit einer Verweisung auf Versehrtenleibesübungen abgelehnt werden.
Normenkette
BVG § 11 Abs. 3 Fassung: 1971-12-16; BVG§11Abs3§13DV § 2 S. 1 Nr. 11 Fassung: 1971-01-19; BVG § 10 Abs. 1
Tenor
Das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 28. Januar 1975 wird aufgehoben.
Der Rechtsweg wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Der Kläger, der Verwaltungsbeamter ist, bezieht wegen völliger Erblindung beiderseits, Verlustes des rechten und des linken Unterarmes, Hörminderung rechts mittleren Grades bei Trommelfelldurchlöcherung rechts und geringgradiger Hörminderung links sowie anderer Schädigungsfolgen eine Beschädigtenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 100vH, Pflegezulage nach Stufe V, Schwerstbeschädigtenzulage nach Stufe VI und Führungszulage (Bescheid vom 8. Dezember 1964, zwei Bescheide vom 7. Januar 1971). Im Juli 1971 beantragte er die Übernahme der Kosten in Höhe von 4.836,30 DM für eine Gegenstromschwimmeinrichtung als einer besonderen sanitären Ausstattung, die er in das Schwimmbad seines eigenen Hauses einbauen wolle, was inzwischen geschehen ist. In dem Wildwasserströmungsschwimmbecken, das er damit einrichte, könne er erstmalig ohne Gefährdung durch andere Personen und durch den Beckenrand sowie unter Vermeidung der psychischen Belastung, die ein Schwimmen in der Öffentlichkeit für ihn verursache, ein gesundheitserhaltendes Schwimmtraining betreiben. Er verwies auf eine Bescheinigung des Facharztes für innere Krankheiten Dr. B., nach der der Schwimmsport dem Kläger besonders zu empfehlen ist. Die Arbeits- und Sozial*-behörde der Beklagten, die nach § 46 Abs 2 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung für die Entscheidung in dieser Sache zuständig ist, lehnte den Antrag ab, weil eine Gegenstromschwimmanlage, die in erster Linie die Bewegungsarmut beheben solle, nicht in den abschließenden Regelungen der Verordnung zur Durchführung des § 11 Abs 3 sowie der §§ 13 und 15 BVG (DVO) als Hilfsmittel im Sinne des § 13 Abs 1 BVG aufgeführt und keine "besondere Sanitärausstattung" im Sinne einer Ersatzleistung gemäß § 2 Nr 11 DVO sei, die der Körper*-reinigung und -pflege sowie dem Verrichten der Notdurft diene und auf deren Gebrauch außerdem der Kläger dringend angewiesen sein müßte (Bescheid vom 7. Dezember 1972). Das Sozialgericht wies die Klage ab (Urteil vom 4. September 1974). Das Landessozialgericht (LSG) hat die zugelassene Berufung zurückgewiesen; es hat die Revision zugelassen (Urteil vom 28. Januar 1975): Der Kläger könne die Erstattung der Kosten für den Einbau einer Gegenstromschwimmanlage nicht beanspruchen. Eine solche Einrichtung gehöre nicht zu den Mitteln der orthopädischen Versorgung im Sinne des § 13 BVG iVm den §§ 1 und 4 DVO, aber auch nicht zu den Ersatzleistungen im Sinne des § 2 Nr 11 iVm § 5 Abs 11 DVO, insbesondere nicht zu den "besonderen Sanitärausstattungen". Solche Einrichtungen dienten der Reinigung und notwendigen Körperhygiene, zB nach derzeit allgemein geltender Auffassung ua Badezimmer, jedoch nicht Schwimmbecken; dann könne auch ein technisches Zubehör zur Schwimmanlage nicht als "besondere" Ausstattung dazu rechnen. Die Gründe für die Erstattung der Kosten eines Ohnhänderklosetts könnten auf die Gegenstromschwimmanlage nicht übertragen werden. Dabei müsse von objektiven Maßstäben unter Berücksichtigung technischer Neuerungen und nicht von subjektiven Vorstellungen ausgegangen werden. Die versorgungsärztliche Bescheinigung des Dr. V. vom 14. Mai 1974, in der der Einbau eines Schwimm- und Bewegungs*-bades im Hause des Klägers dringend befürwortet wird, reiche dafür nicht aus. Vielmehr müßte nach den herrschenden Anschauungen das Fehlen einer solchen Einrichtung als Mangel einer zeitgemäßen, für die Gesundheit notwendigen Anlage empfunden werden, was hier nicht zutreffe.
Der Kläger rügt mit der Revision eine unrichtige Auslegung des Begriffes "besondere Sanitärausstattung" (§ 2 Nr 11 DVO). Das Schwimmbecken sei als sanitäre Grundausstattung anzusehen, die der Gesundheit diene, wenn es auch nicht allgemein in Wohnhäuser eingebaut zu werden pflege. Der Kläger bedürfe wegen seiner Schädigungsfolgen einer solchen Anlage um der in § 10 Abs 1 BVG festgelegten Rehabilitation willen, für die allerdings der Staat nicht ein Schwimmbad zu finanzieren habe. Die Gegenstromschwimmanlage sei auf die "besonderen" Bedürfnisse des Klägers abgestellt und ermögliche ihm erst das notwendige tägliche Schwimmen. Bäder und Massagen als passive Heilmittel könnten der durch die Schädigungsfolgen bedingten Bewegungsarmut nicht ausreichend entgegenwirken. Am Versehrtenschwimmen könne der Kläger nicht teilnehmen, da solches Schwimmen mit zu großer Unsicherheit verbunden sei, ihn als Schwerbeschädigten die üblichen Geräuschbelästigungen in öffentlichen Badeanstalten zu stark belasteten und er seine verschiedenen Beschädigungen und die dadurch bedingte Hilflosigkeit nicht zur Schau stellen könne; außerdem finde das Versehrtenschwimmen nur einmal wöchentlich und damit zu selten statt, und seine Ehefrau, die an der Wirbelsäule operiert worden sei, könne ihn nicht abends zusätzlich zu den Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte noch 36 Kilometer durch die Stadt fahren.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts und des Sozialgerichts aufzuheben und der Klage auf Erstattung von 4.506,80 DM stattzugeben,
hilfsweise,
die Sache zur anderweitigen Entscheidung an das Vordergericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte und der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (BMA) als Vertreter der Beigeladenen beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie beziehen sich auf die Gründe des angefochtenen Urteils. Zum Begriff der "sanitären Ausstattung" sind verschiedene Auskünfte eingeholt worden, die den Beteiligten bekanntgegeben worden sind.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision des Klägers führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das LSG.
Soweit das Berufungsgericht einen Rechtsanspruch auf eine orthopädische Leistung im engeren Sinn des § 10 Abs 1, des § 11 Abs 1 Satz 1 Nr 7 und des § 13 Abs 1 BVG in der seit dem 1. Januar 1967 geltenden Fassung des 3. Neuordnungsgesetzes (NOG) vom 28. Dezember 1966 (BGBI I 750) iVm § 1 DVO idF der Bekanntmachung vom 19. Januar 1971 (BGBl I 43) - durch die Änderungsverordnung vom 31. Januar 1972 (BGBl I 105) ist nur die Überschrift geändert worden (vgl BSG 37, 60, 61 = SozR Nr 1 zu § 4 DVO zu § 11 Abs 3, §§ 13 und 15 BVG vom 18. Dezember 1967) - abgelehnt hat, ist dies im Revisionsverfahren nicht streitig. Der Kläger begehrt vielmehr einen Kostenersatz als Ersatzleistung im Sinn des § 11 Abs 3 Sätze 1 und 4 BVG iVm § 2 Satz 1 Nr 11 DVO und damit als Teil der orthopädischen Versorgung im weiteren Sinn (BSG vom 11. September 1975 - 9 RV 222/74 -; BSG 36, 292, 294 = SozR Nr 21 zu § 35 BVG). Die rechtlichen Voraussetzungen einer solchen Ermessensleistung, die die Gerichte zu überprüfen haben (BSG 37, 60f, 64), hat das LSG unzutreffend beurteilt. Die dazu ergangene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 170 Abs 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Vielmehr bedarf es einer weiteren Sachaufklärung, um darüber endgültig befinden zu können.
Als "Gerät", dessen Kosten nach § 11 Abs 3 Sätze 1 und 4 DVO teilweise oder ganz übernommen werden können, kommt auch eine "Ausstattung" im Sinn des § 2 Satz 1 Nr 11 DVO in Betracht; "Gerät" bedeutet sprachlich ua eine "Ausrüstung" (Der Große Duden, Bd 7: Etymologie Herkunftswörterbuch der deutschen Sprache, 1963, S 212), wozu - ebenso wie ein Ohnhänderklosett - auch ein Teil einer in ein Wohnhaus eingebauten Schwimmbadanlage gehören kann; die Vorschrift des § 4 Abs 12 Satz 1 DVO, die unbewegliche Gegenstände ausschließt, betrifft nur Hilfsmittel im Sinn der orthopädischen Versorgung im engeren Sinn (vgl § 1 Nr 18 DVO).
Entgegen der vom LSG - übereinstimmend mit der Beklagten und dem Beigeladenen - vertretenen Ansicht ist eine Gegenstromschwimmanlage nicht begrifflich von den "Sanitärausstattungen" ausgeschlossen, deren Kosten nach § 2 Satz 1 Nr 11 DVO übernommen werden können. Sanitäre Einrichtungen umfassen nach üblichem Sprachgebrauch nicht bloß Anlagen wie Waschbecken, Badewannen, Duschen und Klosetts, die der Körper*-reinigung und -pflege sowie dem Verrichten der Notdurft dienen. Vielmehr gehören dazu auch Wasseranlagen für den Schwimmsport. Wenn der BMA, das federführende Mitglied der Bundesregierung, die diese Rechtsverordnung geschaffen hat (Art 80 Abs 1 und 2 Grundgesetz, § 24a BVG; BSG SozR Nr 1 zu § 2 DVO zu § 13 BVG vom 30. Oktober 1964), als Beteiligter in diesem Rechtsstreit jene unrichtige engere Auffassung vertritt, so ist dies für eine gesetzesmäßige Auslegung der maßgebenden Vorschriften nicht verbindlich. Jene Vorstellung hat in dem die Auslegung bestimmenden Wortlaut der DVO, die ins einzelne gehende Regelungen enthält, keinen Ausdruck gefunden. Der Begriff "sanitär" weist auf den lateinischen Wortstamm "sanitas" hin, was "Gesundheit" heißt, und dementsprechend wird unter "sanitär" in der allgemeinen Wortbedeutung etwas verstanden, was die Gesundheit betrifft und ihr dient (Der Große Duden, Bd 5: Fremdwörterbuch, 3. Aufl 1975, S 649; Der Große Duden, Bd 10: Bedeutungswörterbuch, 1970, S 543; Duden-Lexikon, Bd 3, 5. Aufl 1972, S 1959; Duden, Bd 7, S 587; Gerhard Wahring, Fremdwörter-Lexikon, 1974, S 571).
Soweit der Ausdruck "sanitär" auf den Bereich der Hygiene bezogen wird, schränkt dies seine Bedeutung nicht ein; dieser Begriff ist vom griechischen Wort "hygienos" abgeleitet, was "gesund" oder "der Gesundheit zuträglich" meint (E F Buri, Das große Fremdwörterbuch, 1969, S 181; Duden, Bd 7, S 279). Die Fachsprache der medizinischen Wissenschaft unterscheidet die Hygiene als vorbeugende Krankheitsbekämpfung von der Heilkunde im engeren Sinn und von der ärztlichen Nachsorge (Gärtner in: Horst Gärtner/Heinrich Reploh - Hgb -, Lehrbuch der Hygiene Präventive Medizin, 2. Aufl 1969, S 1) und rechnet dazu ua als Freizeitgestaltung vor allem für geistig arbeitende Menschen eine unumgängliche körperliche Betätigung, die besonders die muskulären Funktionen pflegt, zB leichte Leibesübungen und Schwimmen (Gärtner, aaO, S 182, 186).
Mit diesem Wortverständnis, das die Schwimmbadanlagen zu den sanitären Einrichtungen rechnet, stimmt die Fachsprache der einschlägigen Industrie-, Handels- und Handwerks*-zweige überein; dies ergeben die Auskünfte des Bundes-Verbandes S.-Industrie eV, des Bundesverbandes des S.-Fachhandels eV, des Zentralverbandes S., (Bundesinnungsverbandes des des Fachverbandes S. Industrie eV.
In diesem Sinn wird nach der Auskunft des Bundesministers für Wirtschaft auch der Begriff "sanitäre Einrichtungen" einschließlich Schwimmbädern in § 1 Nr 1 der Verordnung über das Berufsbild des Gas- und Wasser*-installateur-Handwerks vom 5. August 1968 (BGBl 2 909) und des § 1 Abs 1 Nr 2 der Verordnung über das Berufsbild und über die Prüfungsanforderungen im praktischen Teil und im fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung für das Gas- und Wasser*-installateur-Handwerk vom 28. August 1974 (BGBl I 2136) verstanden. Wenn nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 27. November 1962 (BStBl 1963 III 115) die Kosten eines Schwimmbades nicht zu den Herstellungskosten des Hauses gehören, nach denen sich erhöhte Absetzungen gemäß § 7b Einkommensteuergesetz richten, also insoweit anders behandelt werden als Aufwendungen für sanitäre Einrichtungen einfacher Art, zB übliche Waschbecken und Badewannen, so wird das damit begründet, daß nach dem wirtschaftspolitischen Zweck dieser steuerrechtlichen Vorschrift besondere Anlagen nur berücksichtigt werden, soweit sie üblich sind (kritisch dazu Grass in: Hartmann/Böttcher/Grass, Großkommentar zur Einkommensteuer, Stand: Dezember 1974, § 7b, Anm (B) 8c). Damit wird kein begrifflicher Unterschied zwischen Schwimmbadanlagen und sanitären Einrichtungen schlechthin geschaffen.
Weder die Einfügung der "besonderen Sanitärausstattung" in die vorher auf Ohnhänderklosetts beschränkte Bestimmung des § 2 Satz 1 Nr 11 DVO (durch die 2. Verordnung zur Änderung und Ergänzung der DVO zu § 11 Abs 3, §§ 13 und 15 BVG vom 22. Dezember 1970 - BGBl I 1861) noch die Vorschrift des § 5 Abs 11 Satz 1 DVO, nach der die Kosten der Sanitärausstattung bei Ohnhändern - wie dem Kläger -, Querschnittsgelähmten, Doppelbeinamputierten und gleichzuachtenden Beschädigten übernommen werden, noch andere Regelungen in § 2 Satz 1 DVO lassen auf Begriffe des "Geräts" und der "besonderen Sanitärausstattung" schließen, die Schwimmbadanlagen und deren Teile nicht umfassen.
Was unter dem Begriff "besondere Sanitärausstattung" in diesem Zusammenhang im einzelnen positiv zu verstehen ist, bestimmt sich funktional nach der Bedeutung dieser Ersatzleistung im Recht der Kriegsopferversorgung (KOV) und nach dem Zweck der von der Verwaltung zu bezahlenden Anlage. Dieser Maßstab läßt es möglich erscheinen, daß die Gegenstromschwimmanlage, die der Kläger in sein Schwimmbad hat einbauen lassen, die Voraussetzungen für eine Ersatzleistung erfüllt. Allerdings kann darüber nicht ohne weitere Sachaufklärung abschließend entschieden werden.
Was für die orthopädische Versorgung im engeren Sinn, auf die ein Rechtsanspruch besteht, in § 11 Abs 1 Satz 3 BVG iVm § 182 Abs 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) vorgeschrieben ist, muß erst recht für die ergänzenden Ersatzleistungen gelten, die in das Ermessen der Verwaltung gestellt sind: Die Leistung muß ausreichend und zweckmäßig sein und darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Abweichende Besonderheiten des Rechtes der KOV bestehen insoweit nicht (BSG vom 8. Oktober 1969 - 9 RV 676/66 -; Rundschreiben des BMA vom 13. Januar 1971, BVBl 1971, 14). Selbst im echten Schadensersatzrecht des bürgerlichen Rechts kann die Naturalrestitution, die im Entschädigungs- und Ausgleichs*-recht der KOV nicht streng durchgeführt wird (BSG 16, 107, 108f; 20, 41, 45; 36, 225, 226f; Wilke/Wunderlich, BVG, Komm, 4. Aufl 1973, § 1, Anm 1, S 18), ausnahmsweise ausgeschlossen sein, wenn die Aufwendungen unverhältnismäßig groß wären (BGH, NJW 1975, 640; zustimmend Seliger, VersR 1975, 642; ablehnend Jochem, JR 1975, 329). Ob die Anforderung des § 5 Abs 11 Satz 1 DVO, daß der Beschädigte auf den Gebrauch der sanitären Anlage "dringend angewiesen" sein müsse, durch die gesetzliche Ermächtigung (§ 24a BVG) gedeckt ist, braucht nicht entschieden zu werden, solange die vorgenannten gesetzlichen Voraussetzungen für den Fall des Klägers nicht erwiesen sind. Diese Voraussetzungen bestimmen auch, für welche Geräte die Kosten übernommen werden können; sie regeln nicht allein selbständig neben der Art des zu bezahlenden Gegenstandes, wie das Ermessen auszuüben ist. Wenn nach § 11 Abs 3 Sätze 1 und 4 BVG die Kosten - anteilig oder ganz - "unter den Voraussetzungen des § 10 Abs 1, 2, 6 und 7" übernommen werden können, so muß eine solche Ersatzleistung, wenn sie - wie hier - auf § 10 Abs 1 Satz 1 BVG abzielt, einem der in dieser Vorschrift festgelegten Zwecke der Heilbehandlung dienen; das Gerät muß für einen solchen Zweck geeignet und erforderlich sein (vgl auch § 556 Abs 1 iVm § 557 Abs 1 Nr 2 RVO für die gesetzliche Unfallversicherung). Ebenso wie die orthopädische Versorgung im engeren Sinn die persönlichen Bedürfnisse des Beschädigten zu berücksichtigen hat (§ 13 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 BVG), sind darauf unter Berücksichtigung von Zwecken des § 10 Abs 1 Satz 1 BVG die ergänzenden Ersatzleistungen abzustellen (BSG vom 11. September 1975 - 9 RV 222/74). Der Bezug auf die besonderen schädigungsbedingten Verhältnisse des einzelnen Beschädigten kommt zusätzlich darin zum Ausdruck, daß nur die Kosten von "besonderen" Sanitärausstattungen ersetzt werden können. Die Geräte müssen dagegen nicht unbedingt ausschließlich für Beschädigte besonders angefertigt und von ihnen allein benutzbar sowie als "sanitäre" nicht allein spezifische Ausstattungen für Ohnhänder und ähnliche Beschädigte, beschränkt auf Körper*-reinigung und -pflege, sein; dies bestätigen die Nrn 1 bis 3, 5 bis 8, 12 und 13 des § 2 DVO (vgl zu § 13 Abs 1 BVG: BSG vom 12. Dezember 1974 - 10 RV 529/73 -, Der Kriegsblinde 1975, Nr 3, S 2, 8; zur Eingliederungshilfe gemäß § 40 Bundessozialhilfegesetz - BSHG -: BVerwG, Buchholz, Sammlung 436.0 § 40 BSHG Nr 5).
Die vom Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen lassen nicht erkennen, ob das tägliche Schwimmen erforderlich ist, um Gesundheitsstörungen, die durch die bei ihm anerkannten Schädigungsfolgen, insbesondere durch Blindheit und durch Verlust der Hände verursacht worden sind, oder eine Beeinträchtigung der Berufsfähigkeit, die durch seine Schädigungsfolgen oder durch daraus folgende Gesundheitsschäden bewirkt wurde, zu beseitigen oder zu bessern. Der Bewegungsmangel, dem der Kläger durch tägliches Schwimmen entgegenwirken will, eine Zivilisationserscheinung, die bei den überwiegend sitzend arbeitenden Bürgern allgemein verbreitet ist, muß nicht wesentlich auf die außerordentlich schweren Schädigungsfolgen des Klägers zurückzuführen sein. Naturgemäß haben Blinde besondere Schwierigkeiten, mit der Bewegungsarmut fertig zu werden. Aber viele von ihnen bewegen sich nicht in dem ihnen noch möglichen Umfang (vgl Lorenzen, Der Kriegsblinde 1961, Nr 3, S 7; Dordel, Der Kriegsblinde 1967, Nr 1, S 16). Blinde sind selbst dann, wenn sie - wie der Kläger - beide Unterarme verloren haben, am notwendigen Ausgleichssport nicht von vornherein gehindert; insbesondere können sie wandern, Bewegungsübungen in der Art von Gymnastik, allgemeiner Körperschulung, Bodenturnen und kleinen Spielen, auch zu Hause, betreiben und schwimmen (vgl Hans Lorenzen, Leibesübungen mit Körperbeschädigten, Bd 1, 1951, S 46, 58, 81ff, 139, 145ff, insbesondere 151ff; derselbe: Der Kriegsblinde 1961, Nr 3, S 7; derselbe, Der Kriegsblinde 1963, Nr 3, S 16; Wegner, Der Kriegsblinde 1962, Nr 7, S 15; Nr 8/9, S 16; Nr 11, S 16; Dordel, aaO; H.D., der Kriegsblinde 1973, Nr 7/8, S 14). Der Kläger will auch nicht die Kosten des eigenen Schwimmbades ersetzt haben, um überhaupt zur Linderung von Schädigungsfolgen schwimmen zu können, sondern nur die Auslagen für ein Gerät, das ihm das tägliche Schwimmen als Ausgleichssport ohne gesundheitliche Gefährdung und unnötige seelische Belastung ermöglichen soll. Nach seinem Vorbringen soll die Gegenstromschwimmanlage als Orientierungsmittel verhindern, daß er infolge der Blindheit und des Verlustes beider Hände fortlaufend an den Beckenrand anstößt. Diese Vorrichtung soll demnach "die Folgen der Schädigung erleichtern", dh diese nachteilige Auswirkung vermeiden oder möglichst gering halten (§ 10 Abs 1 Satz 1 BVG; Verwaltungsvorschrift Nr 6 Satz 1 zu § 10 BVG vom 26. Juni 1969 - Beilage zum Bundesanzeiger Nr 119 -, jetzt auch in der Fassung vom 25. April 1975 - Bundesanzeiger Nr 83 -), also schädigungsbedingte Funktionsverluste ausgleichen. Dieser Zweck war unter der Herrschaft des 2. NOG vom 21. Februar 1964 (BGBl I 85) in § 13 Abs 1 Satz 1 BVG speziell für die orthopädische Versorgung festgelegt (vgl zu Ergänzungsleistungen: BSG vom 21. Januar 1969 - 9 RV 94/66 -, Praxis 1969, 276) und ist dann durch das 3. NOG für die gesamte Heilbehandlung in § 10 Abs 1 Satz 1 BVG übernommen worden.
Die Übernahme der Kosten eines Mittels, das in solcher Weise wie die Gegenstromschwimmeinrichtung dem genannten speziellen Heilbehandlungszweck, der Folgenminderung, dienen soll, kann nicht mit einer Verweisung auf Versehrtenleibesübungen abgelehnt werden. Dieser Sport ist vergleichbar dem täglichen Schwimmen, das nicht als solches zu schädigungsbedingten Zwecken notwendig zu sein braucht. Ebenso dienen die Versehrtenleibesübungen, eine Gruppenbehandlung unter ärztlicher Überwachung und damit eine Versorgungsleistung besonderer Art neben der Heilbehandlung im weiteren Sinn (§ 9 Nr 1, § 11a BVG; Verwaltungsvorschriften zu § 11a) - im Unterschied zur Heilgymnastik und Bewegungstherapie, die als Einzelmaßnahme wegen der Schädigungsfolgen gewährt werden (§ 11 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und 2 BVG idF vor dem Gesetz über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation vom 7. August 1974 - BGBl I 1881 -, insbesondere idF vom 6. Juni 1956 - BGBl I 469 -; jetzt § 11 Abs 1 Satz 1 Nr 3 BVG idF des Gesetzes vom 7. August 1974; BSG vom 8. Oktober 1969 - 9 RV 676/66) -, allgemein der Wiedergewinnung und Erhaltung der körperlichen Leistungsfähigkeit (§ 10 Abs 3 BVG), werden also nicht bloß zu Heilbehandlungszwecken im Sinn des § 10 Abs 1 Satz 1 BVG gewährt (BSG vom 8. Oktober 1969 - 9 RV 676/66-; BSG 39, 78, 80 = SozR 3100 § 1 Nr 4).
In tatsächlicher Hinsicht ist aber noch zu ermitteln, ob die Gegenstromschwimmanlage des Klägers überhaupt als zweckmäßiges Mittel geeignet ist, das Anstoßen an den Beckenrand außerhalb des von ihr erzeugten Wasserstromes zu verhindern. Dafür können Größe und Form des Beckens bedeutsam sein. Die erforderlichen Feststellungen dazu fehlen im angefochtenen Urteil. Gleiches gilt für die Tatsachen, die beurteilen lassen, ob die Gegenstromanlage als Orientierungsmittel notwendig und unersetzbar ist oder ob andere wirtschaftlichere Mittel ausreichend wären oder gar keine erforderlich sind (vgl BSG SozR Nr 3 zu § 187 RVO; zur Abwägung gem § 13 BVG: BSG vom 8. Oktober 1969 - 9 RV 676/66 -). Erfahrungsgemäß erscheint es nicht ausgeschlossen, daß sich der Kläger nach einiger Zeit sogar ohne irgendwelche Hilfen an die Größe seines Bades gewöhnen könnte; nach sachkundiger Ansicht sollen Blinde grundsätzlich in möglichst weitem Umfang, besonders innerhalb ihres häuslichen Bereiches, sich von fremder Hilfe unabhängig machen und schaffen dies tatsächlich auch in bewundernswerter Weise (vgl Lorenzen, Der Kriegsblinde 1961, Nr 3, S 7; Dordel aaO). Falls die Hilfe durch eine andere Person, die vom Beckenrand aus ein Anstoßen verhindert (vgl Neumann, Der Kriegsblinde 1963, Nr 4, S 15), zweckdienlich und ausreichend ist, wären Ersatzleistungen der Versorgungsverwaltung nicht notwendig. Als Ausgleich für Aufwendungen, die durch eine solche persönliche Hilfe während des Schwimmens entstehen, erhält der Kläger die Pflegezulage der Stufe V (§ 35 BVG) und die Führungszulage (§ 14 BVG). Dabei kann die Unterscheidung in den Zweckbestimmungen dieser beiden Leistungen, die der 10. Senat des Bundessozialgerichts vorgenommen hat (BSG 36, 292, 295 = SozR Nr 21 zu § 35 BVG), außer Betracht bleiben. Beide Leistungen werden dem Kläger unabhängig von seinem Familienstand gewährt, dh ungeachtet dessen, ob und in welchem Umfang ihm seine Ehefrau im Ablauf des täglichen Lebens beistehen kann (für die Pflegezulage: BSG 8, 97, 100). Nach den zitierten Berichten über das Schwimmen von Blinden, auch solchen, die außerdem Ohnhänder sind, mag eine Seilvorrichtung als technisches Orientierungsmittel nicht besonders geeignet sein. Eine akustische Warnanlage könnte wegen der Gehörschäden beim Kläger unzureichend oder unzumutbar sein. Was für ihn nach allgemeiner Erfahrung unter Berücksichtigung der Schwimmbadgröße und seiner Schädigungsfolgen zumutbar und was als Hilfe notwendig ist, hat die Tatsacheninstanz noch aufzuklären. Ergänzend zu den zitierten Veröffentlichungen kommt ein Gutachten eines Fachmannes aus dem Bereich des Versehrtensportes in Frage, zB des Dipl.-Sportlehrers Dr. Dordel (vgl Der Kriegsblinde 1973, Nr 7/8, S 14).
Da ausreichende tatsächliche Feststellungen fehlen, muß das angefochtene Urteil aufgehoben und der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen werden. Das Berufungsgericht hat den Sachverhalt in der gebotenen Weise aufzuklären und auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden.
Fundstellen