Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Urteil vom 16.04.1975; Aktenzeichen L 2 J 172/74)

SG Stade (Urteil vom 17.07.1974)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 16. April 1975 aufgehoben.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 17. Juli 1974 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Der am 10. Oktober 1910 geborene Kläger war bei der Norddeutschen Salinen GmbH als Abschmierer beschäftigt. Er vereinbarte mit seiner Arbeitgeberin, daß sein Arbeitsverhältnis am 31. Oktober 1973 beendet sei, aber nach seinem offiziellen Ausscheiden unter den geltenden tariflichen Bedingungen weitergeführt werde bis zum 31. Januar 1974; die Vereinbarung wurde von den Vertragspartnern ausgeführt. Im Oktober 1973 beantragte der Kläger Altersruhegeld wegen Vollendung des 63. Lebensjahres. Mit Bescheid vom 14. März 1974 entsprach die Beklagte für die Zeit vom 1. Februar 1974 an dem Antrag.

Mit der Klage hat der Kläger die Vorverlegung des Rentenbeginns beantragt. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil aufgehoben, den Bescheid und einen weiteren Bescheid über die Rentenhöhe geändert und die Beklagte verurteilt, das Altersruhegeld schon ab 1. November 1973 zu gewähren. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt: Die Partner des Arbeitsvertrages seien berechtigt, das Dauerbeschäftigungsverhältnis mit Ablauf des Monats, in dem der Versicherte das 63. Lebensjahr vollendet, für beendet zu erklären und eine den Modalitäten nach unveränderte Beschäftigung, die sieh hieran anschließt, bis zur Dauer von drei Monaten als gelegentliche Beschäftigung rechtlich zu qualifizieren.

Mit der zugelassenen Revision beantragt die Beklagte,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts als unbegründet zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben sich damit einverstanden erklärt, daß der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheidet.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil kann keinen Bestand haben. Der Bescheid der Beklagten vom 14. März 1974 ist, wie mit dem SG festzustellen ist, rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf einen früheren Beginn des Altersruhegeldes.

Nach § 1248 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in der am 1. Januar 1973 in Kraft getretenen Fassung des Rentenreformgesetzes (RRG) erhält Altersruhegeld auf Antrag der Versicherte, der das 63. Lebensjahr vollendet hat, wenn die besondere Wartezeit nach § 1248 Abs. 7 Satz 1 RVO i.d.F. des RRG erfüllt ist. Negative Voraussetzung für den Anspruch ist, daß keine über die in § 1248 Abs. 4 RVO in der am 1. Januar 1973 in Kraft getretenen Fassung des Vierten Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes (4. RVÄndG) festgelegten Grenzen hinausgehende Beschäftigung gegen Entgelt oder Erwerbstätigkeit erfolgt (BSG SozR 2200 § 1248 Nr. 4).

Die Beschäftigung des Klägers in den Monaten November 1973 bis Januar 1974 ging über die Grenzen des § 1248 Abs. 4 RVO hinaus. Sie war nämlich nicht „nur gelegentlich” im Sinne des Buchst. a dieser Vorschrift.

Die Rechtsfrage, ob eine Beschäftigung der hier vorliegenden Art als gelegentlich anzusehen ist, ist durch Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG), die nach dem angefochtenen Urteil ergangen sind, geklärt. Der 5. Senat hat mit dem zur Veröffentlichung vorgesehenen Urteil vom 24. Oktober 1975 – 5 RJ 112/75 – entschieden, daß, wenn der bisherige Arbeitsvertrag durch Kündigung beendet wird, die Vertragsparteien aber für die anschließende Zeit einen neuen – befristeten – Arbeitsvertrag mit im wesentlichen unveränderten Arbeitsbedingungen abschließen, das Altersruhegeld nach § 1248 Abs. 1 RVO frühestens mit der Beendigung des neuen Arbeitsvertrages beginnen kann. Der erkennende Senat hat im Urteil vom 28. November 1975 – 4 RJ 123/75 – die gleiche Rechtsauffassung vertreten. An ihr ist festzuhalten. Besondere Umstände, die ausnahmsweise das Tatbestandsmerkmal „gelegentlich” begründen könnten, sind nicht festgestellt.

Auf die Revision der Beklagten war das angefochtene Urteil aufzuheben. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG war als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

 

Unterschriften

Geyser, May, Meinhardt

 

Fundstellen

Dokument-Index HI926388

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