Leitsatz (amtlich)
RVO § 310 Abs 2 S 1 - wonach eine Erkrankung, die beim Beitritt Versicherungsberechtigter zur Krankenversicherung bereits besteht, für diese Krankheit keinen Anspruch auf Kassenleistung begründet - gilt uneingeschränkt auch für versicherungsberechtigte Rentner (RVO § 176 Abs 1 Nr 4).
Normenkette
RVO § 176 Abs. 1 Nr. 4 Fassung: 1956-06-12, § 310 Abs. 2 S. 1 Fassung: 1924-12-15, Abs. 3 S. 2 Fassung: 1924-12-15
Tenor
Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 15. Oktober 1963 und des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10. Dezember 1962 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Gründe
Der Kläger bezieht seit 1958 von der Landesversicherungsanstalt R. wegen Tuberkulose eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Er gehört nicht zu den in § 165 Abs. 1 Nr. 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO) genannten Personen. Seinen Antrag auf Aufnahme als freiwilliges Mitglied hatte die beklagte Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) zunächst abgelehnt (Bescheid vom 11. November 1958). Auf seinen neuerlichen Antrag hin hatte die beklagte AOK den Kläger mit Wirkung vom 12. Juni 1961 als freiwilliges Mitglied aufgenommen, dabei aber unter Berufung auf § 310 Abs. 2 RVO „Lungenleiden“ von den Kassenleistungen ausgeschlossen. Der Widerspruch des Klägers wurde von der Widerspruchsstelle der beklagten AOK zurückgewiesen (Bescheid vom 18. März 1962).
Der hiergegen gerichteten Aufhebungsklage hat das Sozialgericht (SG) unter Berufung auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 11. März 1960 (BSG 12, 47) stattgegeben (Urteil vom 10. Dezember 1962).
Mit der Berufung hat die beklagte AOK beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Sie weist darauf hin, daß es sich bei § 310 Abs. 2 RVO im Gegensatz zu § 176 Abs. 3 und § 310 Abs. 3 RVO um zwingendes Recht handele. Daraus, daß der Gesetzgeber gewisse Vorschriften für Rentner von der Anwendung ausgeschlossen habe, könne noch nicht hergeleitet werden, daß auch alle anderen im Interesse der Versichertengemeinschaft geschaffenen Schutzbestimmungen nicht für versicherungsberechtigte Rentner gelten sollten. Das Urteil des BSG könne nicht herangezogen werden, weil in jenem Rechtsstreit nicht über die Vorschrift des § 310 Abs. 2 Satz 1 zu entscheiden gewesen sei.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen; die Revision wurde zugelassen (Urteil vom 15. Oktober 1963). Das LSG ist davon ausgegangen, daß der nach § 310 Abs. 2 Satz 1 RVO bestehende Leistungsausschluß für Erkrankungen, die beim Beitritt des Versicherungsberechtigten bereits bestünden, nicht für Leiden gelte, die zur Gewährung der Rente geführt hätten. Aus der Regelung des § 176 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 RVO ergebe sich, daß der Gesetzgeber das Interesse der infolge Krankheit schutzbedürftigen Rentner gegenüber dem der Versicherungsträger, ungünstige Risiken fernzuhalten, als stärker angesehen habe. Auch die Gefahr des Mißbrauchs des Beitrittsrechts, die darin liege, daß das Beitrittsrecht nicht befristet sei, könne dieser Auslegung des § 310 Abs. 2 i. V. m. § 176 Abs. 3 RVO nicht entgegenstehen. Überdies sei im vorliegenden Fall ein Mißbrauch nach den Umständen ausgeschlossen.
Gegen diese Urteil hat die beklagte AOK Revision eingelegt mit dem Antrag,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Beklagte rügt, das LSG habe § 310 Abs. 2 Satz 1 RVO verletzt: Mit der Versicherungsberechtigung habe der Rentner, der nicht zu den in § 165 Abs. 1 Nr. 3 RVO genannten Personen gehöre, nur das Recht erworben, freiwillig Mitglied der Krankenkasse mit den im Gesetz zum Schutz der Versichertengemeinschaft erlassenen Beschränkungen (§ 207 und § 310 Abs. 2 Satz 1 RVO) zu werden. Durch den Leistungsausschluß für Erkrankungen, die beim Beitritt bestünden, würde die Mitgliedschaft nicht wertlos. Der Leistungsausschluß gelte nur beschränkt für die Dauer der Behandlungsbedürftigkeit. Auch Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrentner stünden in der Regel wegen ihres Rentenleidens nicht dauernd, sondern nur periodisch in Behandlung. Außerdem gewähre die Mitgliedschaft Ansprüche für andere Erkrankungen und auf die übrigen Leistungen der Krankenversicherung (KrV). Daß der Gesetzgeber die als Rentner Versicherungsberechtigten gegenüber den übrigen Versicherungsberechtigten habe begünstigen wollen, sei nur bei der Beitrittsregelung erkennbar.
Der Kläger hat beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für richtig: Wie Abs. 3 müsse auch Abs. 2 des § 310 RVO bei versicherungsberechtigten Rentnern unter Beachtung des mit der Regelung über die Versicherungsberechtigung der Rentner vom Gesetzgeber verfolgten Zwecks ausgelegt werden. Würden Erkrankungen, die zur Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit geführt haben, unter den Leistungsausschluß nach § 310 Abs. 2 Satz 1 RVO fallen, so wäre der Sinn des Gesetzes vereitelt, dem Rentner einen umfassenden Krankenversicherungsschutz zu ermöglichen. Die unterschiedliche Behandlung der Versicherungsberechtigten dergestalt, daß nur die versicherungsberechtigten Rentner weder dem Zurückweisungsrecht nach § 310 Abs. 3 Satz 2 RVO noch dem Leistungsausschluß nach § 310 Abs. 2 Satz 1 RVO unterlägen, verstoße nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Versicherten; die Sonderstellung dieser Gruppe folge aus ihrer besonderen Schutzbedürftigkeit, der der Gesetzgeber durch Bereitstellung eines umfassenden Versicherungsschutzes Rechnung getragen habe.
Die Revision ist begründet. Mit Recht hat die beklagte AOK festgestellt, daß das „Lungenleiden“ des Klägers von den Kassenleistungen ausgeschlossen ist.
Der Leistungsausschluß folgt aus § 310 Abs. 2 Satz 1 RVO. Hiernach begründet eine Erkrankung, die beim Beitritt Versicherungsberechtigter zur KrV bereits besteht, für diese Krankheit keinen Anspruch auf Kassenleistung. Die genannte Vorschrift gilt uneingeschränkt auch für die nach § 176 Abs. 1 Nr. 4 RVO Versicherungsberechtigten.
Für diese Auslegung spricht einmal der Gesetzestext. Doch kann der Sinngehalt der Regelung über die Versicherungsberechtigung der Rentner, wie der erkennende Senat im Zusammenhang mit § 310 Abs. 3 Satz 2 RVO näher dargelegt hat (BSG 12, 47), angesichts der offensichtlichen Lückenhaftigkeit dieser Regelung nicht durch eine am Wortlaut haftende, isolierte Würdigung des § 310 RVO erschlossen werden. Vielmehr muß geprüft werden, ob nicht ein den Geltungsbereich dieser Vorschrift für versicherungsberechtigte Rentner einschränkender Wille des Gesetzgebers erkennbar ist, der im Gesetz einen, wenn auch unvollkommenen Ausdruck gefunden hat.
So hat der Senat aus der Umgestaltung des § 176 RVO durch das Gesetz über Krankenversicherung der Rentner vom 12. Juni 1956 - KVdR - (BGBl I 500), insbesondere der Neufassung des Absatzes 3 dieser Vorschrift, i. V. m. ihrer Entstehungsgeschichte geschlossen, daß die hierin vorgesehene Entbindung der versicherungsberechtigten Rentner von der Pflicht zur Vorlage eines Gesundheitszeugnisses nicht bloß Befreiung von einem rechtstechnischen Erfordernis des Beitrittsverfahrens bedeutet (BSG aaO). Vielmehr hat diese Vorschrift auch materiell-rechtliche Bedeutung. Das Gesundheitszeugnis kann nicht verlangt werden, weil der Gesundheitszustand für das „Recht zum Beitritt“ (§ 176 Abs. 3 Satz 1 RVO) ohne Bedeutung ist. Demnach kann § 310 Abs. 3 Satz 2 RVO, wenngleich in seinem Wortlaut bei der Umgestaltung des Rechts der Krankenversicherung der Rentner im Jahre 1956 unverändert geblieben, nicht auf der KrV beitretende Rentner angewandt werden. Die in § 176 Abs. 3 RVO zum Ausdruck gekommene Entscheidung des Gesetzgebers, daß die versicherungsberechtigten Rentner ohne Rücksicht auf ihren Gesundheitszustand der KrV beitreten dürfen, hat auch § 310 Abs. 3 Satz 2 RVO erfaßt und inhaltlich umgestaltet.
Das gleiche kann aber von § 310 Abs. 2 Satz 1 RVO nicht angenommen werden. § 176 Abs. 3 Satz 1 RVO betrifft das „Recht zum Beitritt“. Dasselbe Recht - nur von der Gegenseite her gesehen - regelt § 310 Abs. 3 Satz 2 RVO. Deshalb besteht zwischen den beiden genannten Vorschriften ein unlösbarer Sachzusammenhang. Hingegen betrifft § 310 Abs. 2 Satz 1 RVO - und die damit in engster Verbindung stehende Regelung in § 207 RVO - das Leistungsrecht. Zwar könnte erwogen werden, ob nicht Beitritts- und Leistungsrecht doch insofern miteinander verkoppelt sind, als das Beitrittsrecht der Rentner durch einen Ausschluß der mittelbar die Versicherungsberechtigung begründenden Renten- oder Altersleiden stark entwertet würde (so BSG 12, 47, 53). Doch gilt der Leistungsausschluß für beim Beitritt bereits bestehende Erkrankungen nach § 310 Abs. 2 Satz 1 RVO auch dann, wenn die Krankenkasse von ihrem Recht zur Zurückweisung des Beitritts gegenüber versicherungsberechtigten Nichtrentnern (§ 176 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 RVO) keinen Gebrauch macht, obwohl ihr das Vorliegen schwerer Erkrankungen beim Beitritt bekannt ist. Grundsätzlich kann also aus dem Umstand, daß ein Versicherungsberechtigter trotz schwerer Erkrankungen als Mitglied aufgenommen worden ist, noch nicht geschlossen werden, daß dieser vom Leistungsausschluß nach § 310 Abs. 2 Satz 1 RVO ausgenommen ist. Die Krankenkasse wird durch die - in diesem Fall freiwillige - Duldung des Beitritts nicht verpflichtet, die beim Beitritt bestehenden Erkrankungen leistungsmäßig zu honorieren.
Nichts anderes gilt, wenn die Duldung des Beitritts - wie im vorliegenden Fall - der Krankenkasse als gesetzliche Pflicht auferlegt ist. Insofern ist aufschlußreich, daß der Gesetzgeber bei der Umgestaltung des Rechts der KrV der Rentner unbeirrt daran festgehalten hat, daß der in § 176 Abs. 1 Nr. 4 RVO genannte Personenkreis nur eine Versicherungsberechtigung erhalten soll. Der Regierungsentwurf zum KVdR hatte abweichend vom bisherigen Recht, wonach alle Rentenbezieher in der KrV pflichtversichert waren, diejenigen Rentenberechtigten vom Schutz der gesetzlichen KrV ausschließen wollen, die ihr während ihres Arbeitslebens nie angehört oder ihre Beziehungen zur sozialen KrV seit mehr als fünf Jahren vor Bezug der Rente weitgehend dadurch gelöst haben, daß sie nach dem Ausscheiden aus der Versicherung vom Recht der Weiterversicherung keinen Gebrauch gemacht haben. Kernpunkt der Begründung war die Erwägung, es wäre nicht berechtigt, Rentnern, die während ihres Arbeitslebens keine oder nur geringe Leistungen für die Gemeinschaft der Versicherten erbracht haben, nunmehr den Schutz dieser Gemeinschaft zuzubilligen (Deutscher Bundestag, 2. Wahlp., Drucks. Nr. 1234, S. 10 „Zu Art. 1 Nr. 1 Buchstabe a“). Der Bundesrat wandte sich gegen eine Einschränkung der Versicherungspflicht der Rentner (Verhandlungen des Bundesrats 1955, 135. Sitzung, S. 5, 7 ff). Seine Erwägungen fanden ihren Ausdruck in entsprechenden Änderungsvorschlägen des Bundesrats (Deutscher Bundestag, 2. Wahlp., Drucks. Nr. 1234, Anl. 2, S. 15, 16 zu Art. 1 Nr. 2). Der für das KVdR zuständige Ausschuß für Sozialpolitik fand eine vermittelnde Lösung durch seinen Beschluß, „... künftig allen Rentnern, die der Versicherungspflicht nicht unterliegen, ohne Rücksicht auf ihren Gesundheitszustand die Versicherungsberechtigung nach § 176 RVO zuzubilligen, wenn ihr jährliches Gesamteinkommen 6.000 DM nicht übersteigt“ (Schriftl. Bericht des Abg. Ruf für den Ausschuß für Sozialpolitik, Deutscher Bundestag, 2. Wahlp., „Zu Drucks. 2256“, Abschn. IV S. 3 f). In der Beratung des Bundestages hat der Abg. Ruf begründet, warum der Gesetzentwurf abweichend vom bisherigen Rechtszustand nicht alle Rentner - insbesondere nicht diejenigen, „die es nie nötig hatten, im Laufe ihres Arbeitslebens Beiträge für die Versichertengemeinschaft der Krankenversicherung zu zahlen“ - in die Krankenversicherung der Rentner einbezogen habe; daran anschließend führte der Abg. Ruf aus, der Ausschuß habe aber beschlossen, daß diejenigen Rentner, die vor dem Rentenbezug nicht krankenversichert gewesen seien, sich freiwillig versichern könnten, wenn ihr jährliches Einkommen den Betrag von 6000 DM nicht übersteige (Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlp., Stenogr. Berichte Bel. 29 S. 7269 B und C).
Hieraus geht hervor, daß der Gesetzgeber die Pflichtversicherung in der KrV den Rentnern vorbehalten hat, die bereits vor ihrem Rentenbezug wenigstens in gewissem Umfange Beiträge zur KrV entrichtet und damit die wirtschaftliche Last der KrV der Rentner mitgetragen haben, und den Rentnern, bei denen dies nicht der Fall ist, in deutlicher Ablehnung weitergehender Anträge „nur“ eine Versicherungsberechtigung eingeräumt hat. Eine Versicherungsberechtigung aber, bei der nicht nur das Zurückweisungsrecht der Krankenkasse (§ 310 Abs. 3 Satz 2 RVO) entfällt, sondern dieser auch das Risiko für beim Beitritt bereits bestehende Erkrankungen weitgehend aufgebürdet würde, wäre des entscheidenden Wesensmerkmals entkleidet, das die das Versicherungsprinzip stärker betonende freiwillige Versicherung von der Pflichtversicherung unterscheidet. Einerseits darf der Versicherungsberechtigte frei darüber entscheiden, ob und wann er von der Versicherungsberechtigung Gebrauch machen will. Insbesondere ist es sein „gutes Recht“, sich den ihm nach seinen Interessen am günstigsten erscheinenden Zeitpunkt für den Beitritt auszusuchen, ohne daß ihm nach seinen Interessen am günstigsten erscheinenden Zeitpunkt für den Beitritt auszusuchen, ohne daß ihm der Einwand der Manipulation oder des Mißbrauchs seiner Berechtigung entgegengehalten werden kann. Die Einräumung einer solchen Rechtsmacht für die Versicherungsberechtigten wird aber dadurch für die betroffenen Krankenkassen tragbar, daß diesen regelmäßig das Zurückweisungsrecht (§ 310 Abs. 3 Satz 2 RVO) zusteht und überdies in strenger Durchführung des Versicherungsprinzips Erkrankungen, die beim Beitritt bestehen oder gegebenenfalls innerhalb der satzungsmäßig bestimmten Wartezeit (§ 207 RVO) eintreten, keine Ansprüche begründen. Entfällt jedoch - wie bei den versicherungsberechtigten Rentnern - das Zurückweisungsrecht der Krankenkasse, so gewinnt der Leistungsausschluß für Versicherungsfälle, die beim Beitritt bereits eingetreten sind oder auch während der Wartezeit noch eintreten, als das einzige Gegengewicht gegen eine allein im Interesse des Versicherten ausgeübte Beitrittsberechtigung vermehrte Bedeutung. Zwar würde § 310 Abs. 2 Satz 1 RVO, wollte man die Vorschrift auf Renten- und Altersleiden nicht anwenden, nicht völlig außer Anwendung bleiben; denn der Leistungsausschluß bliebe für andere (Gelegenheits-) Erkrankungen bestehen. Doch verlöre diese Vorschrift damit praktisch ihre Bedeutung.
Demnach muß - entgegen der Erwägung des Senats in BSG 12, 47, 53 - angenommen werden, daß der Gesetzgeber mit der Zuerkennung der „Versicherungsberechtigung nach § 176 RVO“ für die in § 176 Abs. 1 Nr. 4 RVO genannten Rentnergruppen zum Ausdruck gebracht hat, daß wenigstens das eine, letztlich entscheidende Wesensmerkmal der freiwilligen Versicherung die Befreiung der Krankenkasse von der Belastung mit bereits eingetretenen Versicherungsfällen („Erkrankungen“) erhalten bleiben soll.
Das hat allerdings zur Folge, daß dem Bedürfnis des versicherungsberechtigten Rentners nach Krankenversicherungsschutz nur teilweise Rechnung getragen ist. Immerhin behält diese Berechtigung - auch mit der Einschränkung nach § 310 Abs. 2 Satz 1 und gegebenenfalls des § 207 RVO - ihren Wert. Der Leistungsausschluß für Erkrankungen, die beim Beitritt bereits bestehen, ist an die Behandlungsbedürftigkeit dieser Leiden gebunden (vgl. hierzu die Entscheidung des Senats vom gleichen Tage - 3 RK 76/61 -). Ist der versicherte Rentner wegen des Leidens, für das der Leistungsausschluß nach § 310 Abs. 2 Satz 1 RVO bestanden hatte, nicht mehr behandlungsbedürftig gewesen, aber späterhin wieder behandlungsbedürftig geworden, so ist die Krankenkasse nunmehr uneingeschränkt zur Leistung verpflichtet. Außerdem hat der versicherte Rentner in jedem Falle Ansprüche auf Familienhilfe nach §§ 205 RVO ff. Trotzdem ist nicht zu übersehen, daß ein solcher Rentner, der gerade wegen seiner - regelmäßig schweren - Rentenleiden vom Leistungsausschluß betroffen ist, schlechter gestellt ist als der pflichtversicherte Rentner, der diese Leiden in die KrV „einbringen“ darf. Doch findet diese Vorzugsstellung des pflichtversicherten Rentners nach der Auffassung des Gesetzgebers ihre Rechtfertigung darin, daß dieser vor seinem Rentenbezug in mehr oder minder großem Umfang die wirtschaftliche Last der Krankenversicherung der Rentner mitgetragen, also vorgeleistet hat. Nach alledem kann nicht angenommen werden, daß der Wille des Gesetzgebers in dem seiner Fassung nach klaren Wortlaut des Gesetzes einen unrichtigen oder lückenhaften Ausdruck gefunden hat, so daß die Auslegung des Gesetzes durch den Richter von seinem Wortlaut abweichen müßte.
Die beklagte AOK hat somit zu Recht festgestellt, daß das „Lungenleiden“ des Klägers - unstreitig beim Beitritt zur beklagten AOK behandlungsbedürftig gewesen - von den Kassenleistungen ausgeschlossen ist. Das angefochtene Urteil und das Urteil des Sozialgerichts mußten aufgehoben werden; die Klage war abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.
Fundstellen