Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. August 1996 – L 18 An 44/95 – wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung zu Unrecht entrichtet worden und zu erstatten sind.
Die Klägerin, eine GmbH nach deutschem Recht, ist eine Tochtergesellschaft eines japanischen Unternehmens (im folgenden: Muttergesellschaft). Der japanische Staatsangehörige M … U … (im folgenden: Versicherter) war 1965 von der Muttergesellschaft eingestellt worden. Er war vom 1. September 1976 bis 28. Juni 1980 bei der Klägerin als stellvertretender Direktor der Textilabteilung ihrer Niederlassung in Hamburg tätig. Die Muttergesellschaft versetzt regelmäßig japanische Arbeitnehmer zur Klägerin. Einer solchen Versetzung kann sich ein Arbeitnehmer nur aus gewichtigen Gründen entziehen. Die Muttergesellschaft hat für ihre Mitarbeiter im Ausland Bestimmungen getroffen, die Regelungen über die Zusammensetzung des Gehalts, die Erstattung von Reisekosten, Darlehnsgewährung, Krankenversicherung im Ausland, Heimaturlaub und Familienbesuche enthalten. Sie entschied auch über die Beurteilungen und Beförderungen des Versicherten. Der Versicherte und die Klägerin hatten keinen schriftlichen Arbeitsvertrag geschlossen. Der Versicherte erhielt die seine Tätigkeit betreffenden Weisungen von dem Direktor der Niederlassung der Klägerin. Es galten die deutschen Regelungen über Arbeitszeit und gesetzliche Feiertage. Die Klägerin zahlte das Grundgehalt, eine Wohnungszulage und das Schulgeld direkt an den Versicherten. Sie erstattete außerdem der Muttergesellschaft den größten Teil des Bonus, der dem Versicherten von dieser in Japan ausgezahlt wurde. Sie verbuchte das Gehalt als Personalkosten unter ihren Betriebsausgaben. Sie entrichtete außerdem für den Versicherten Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung. Auch in Japan wurden weiterhin Beiträge zur dortigen Sozialversicherung abgeführt.
Die Arbeitnehmeranteile an den Beiträgen zur Rentenversicherung wurden auf Antrag erstattet (Bescheid vom 29. Juni 1983).
Im September 1988 beantragte die Klägerin die Erstattung der für die Zeit ab 1. Juli 1977 entrichteten Arbeitgeberanteile an den Rentenversicherungsbeiträgen nach § 26 des Sozialgesetzbuchs – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV). Sie machte geltend, der Versicherte habe nach § 5 SGB IV wegen der Einstrahlung des Beschäftigungsverhältnisses zur Muttergesellschaft nicht der Versicherungspflicht im Inland unterlegen. Die Beklagte lehnte die Erstattung ab (Bescheid vom 20. Oktober 1989). Den Widerspruch wies sie zurück (Widerspruchsbescheid vom 15. April 1992).
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen (Urteil vom 2. November 1995). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 6. August 1996). Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erstattung der Arbeitgeberanteile zur Rentenversicherung. Der Versicherte habe als abhängig Beschäftigter der Versicherungspflicht nach deutschem Recht unterlegen. Die Versicherungspflicht sei nicht wegen Einstrahlung nach § 5 Abs 1 SGB IV ausgeschlossen gewesen. Der Versicherte sei nicht im Sinne dieser Vorschrift zeitlich begrenzt entsandt worden und sei bei der Klägerin nicht im Rahmen eines mit der Muttergesellschaft bestehenden Beschäftigungsverhältnisses tätig gewesen. Der Schwerpunkt des Beschäftigungsverhältnisses habe vielmehr im Inland bei der Klägerin gelegen. Sie habe dem Versicherten Weisungen erteilt und sei Schuldnerin des Arbeitsentgelts gewesen, das sie als eigene Betriebsausgaben abgesetzt habe. Ein Fortbestehen des Weisungsrechts der Muttergesellschaft und eine ihr gegenüber bestehende Weisungsgebundenheit ließen sich nicht feststellen. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung sei nicht notwendig gewesen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin. Sie rügt eine Verletzung des § 5 SGB IV, des § 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und des Art 3 Abs 1 sowie des Art 103 Abs 1 des Grundgesetzes (GG). Das LSG habe das Merkmal der zeitlichen Begrenzung in § 5 SGB IV verkannt. Es habe den Sachverhalt weiter aufklären müssen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des LSG vom 6. August 1996 und das Urteil des SG vom 2. November 1995 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 1989 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. April 1992 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die für den Mitarbeiter M … U … in der Zeit vom 1. Juli 1977 bis 28. Juni 1980 entrichteten Arbeitgeberanteile zur Angestelltenversicherung zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und beruft sich auf die Urteile des Senats vom 7. November 1996.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG die Berufung gegen das klagabweisende Urteil des SG zurückgewiesen. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der von ihr getragenen Arbeitgeberanteile zu den Rentenversicherungsbeiträgen des Versicherten nach § 26 Abs 2 SGB IV, denn diese Beiträge sind nicht zu Unrecht, sondern zu Recht entrichtet worden. Der Versicherte war in der Zeit von September 1976 bis Juni 1980 bei der Klägerin beschäftigt und deshalb nach § 2 Abs 1 Nr 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) in der Angestelltenversicherung auch in der Zeit versicherungspflichtig, für die hier die Erstattung von Beiträgen verlangt wird (Juli 1977 bis Juni 1980). Die Vorschriften über die Versicherungspflicht galten nach § 3 Nr 1 SGB IV für die Beschäftigung des Versicherten, denn er war im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs beschäftigt. Die Geltung der Vorschriften über die Versicherungspflicht war nicht nach § 5 Abs 1 SGB IV ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift gelten die Vorschriften über die Versicherungspflicht, soweit sie eine Beschäftigung voraussetzen, nicht für Personen, die im Rahmen eines außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in diesen Geltungsbereich entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im voraus zeitlich begrenzt ist. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind schon deshalb nicht erfüllt, weil während der Tätigkeit des Versicherten bei der inländischen Klägerin das Beschäftigungsverhältnis bei dieser bestand und nicht bei der ausländischen Muttergesellschaft.
Bei der Einstrahlung, dh der Entsendung vom Ausland ins Inland, und auch im umgekehrten Fall der Entsendung aus dem Inland ins Ausland (Ausstrahlung, § 4 SGB IV) besteht das Beschäftigungsverhältnis dort, wo „der Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Merkmale des Beschäftigungsverhältnisses … liegt” (vgl Begründung des Entwurfs zum SGB IV, BT-Drucks 7/4122 S 30 zu § 4). Zu der Frage, wann der Schwerpunkt in diesem Sinne im Inland liegt, hier ein Beschäftigungsverhältnis gegeben und deswegen die Einstrahlung ausgeschlossen ist, hat der Senat im Urteil vom 7. November 1996 (12 RK 79/94, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) in einem Verfahren entschieden, in welchem Angestellte einer koreanischen Muttergesellschaft für eine inländische Tochtergesellschaft im Inland tätig waren. Nach diesem Urteil liegt ein Beschäftigungsverhältnis im Inland jedenfalls dann vor, wenn die Tochtergesellschaft eine inländische juristische Person (dort eine GmbH) ist, der Angestellte in sie eingegliedert ist und er sein Arbeitsentgelt von der Tochtergesellschaft erhält. Demgegenüber ist es bei Konzernunternehmen nicht entscheidend, daß ein Arbeitsvertrag mit der Muttergesellschaft besteht und Weisungen auch von ihr erteilt werden. Im einzelnen wird auf die Begründung dieses Urteils Bezug genommen.
Auf dieser Grundlage liegt ein Beschäftigungsverhältnis zur Tochtergesellschaft im Inland auch im vorliegenden Verfahren vor. Die Klägerin ist eine inländische juristische Person (GmbH). Der Versicherte war während seiner Tätigkeit im Inland in den Betrieb der Klägerin eingegliedert, denn er war gegenüber der Klägerin zur Arbeitsleistung verpflichtet, hat seine Arbeitsleistung für die Klägerin erbracht und war an die Weisungen des Direktors ihrer inländischen Zweigniederlassung gebunden. Die Klägerin war Schuldnerin des Arbeitsentgelts, hat dieses im wesentlichen gezahlt und sogar der Muttergesellschaft deren Bonuszahlungen weitgehend erstattet. Sie hat das Gehalt als eigene Personalkosten angesehen und als Betriebsausgaben verbucht. Diese für die Entscheidung ausreichenden und maßgebenden Feststellungen sind vom LSG getroffen worden. Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts war nicht notwendig. Die Verfahrensrügen der Klägerin greifen nicht durch. Hierzu wird von einer Begründung abgesehen (§ 170 Abs 3 Satz 1 SGG).
Soweit die Revision geltend macht, bei vergleichbaren Sachverhalten einer Entsendung aus Deutschland ins Ausland werde eine Ausstrahlung (§ 4 Abs 1 SGB IV) angenommen und deshalb der allgemeine Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) verletzt, wenn hier eine Einstrahlung abgelehnt werde, trägt sie vor, das LSG Bremen habe in seinem Urteil vom 9. Juni 1988 (L 1 Kr 19/86) bei einer Entsendung deutscher Arbeitnehmer nach Neukaledonien unter vergleichbaren Voraussetzungen eine Ausstrahlung iS des § 4 Abs 1 SGB IV bejaht und Versicherungspflicht angenommen. Hiermit kann aber eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes nicht begründet werden. Es ist schon fraglich, ob der allgemeine Gleichheitssatz der Verfassung die Anwendung gleicher Maßstäbe bei Einstrahlung und Ausstrahlung verlangt. Verfassungsrechtlich könnten auch sachlich gerechtfertigte Unterschiede hinnehmbar sein. Davon abgesehen läßt der von der Revision erwähnte Einzelfall nicht darauf schließen, daß die Beklagte in ihrer Verwaltungspraxis allgemein bei Einstrahlung und Ausstrahlung nach verschiedenen Maßstäben verfährt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie dieses bestritten. Der Senat ist in dem genannten Urteil vom 7. November 1996 (12 RK 79/94) bei Ausstrahlung und Einstrahlung von der Geltung gleicher Maßstäbe ausgegangen. Ein hiervon etwa abweichendes Verhalten der Beklagten in anderen Fällen wäre auf die Entscheidung des vorliegenden Verfahrens ohne Einfluß. In dem genannten Urteil vom 7. November 1996 ist auch dargelegt, daß der Fortbestand einer Sozialversicherung im vertragslosen Ausland der Annahme von Versicherungspflicht in Deutschland nicht entgegensteht.
Der Senat brauchte nicht mehr zu entscheiden, ob die Entsendung des Versicherten zur Klägerin iS des § 5 SGB IV zeitlich begrenzt war, wie die Revision geltend macht. Es kam auch nicht darauf an, ob die Beklagte sich mit Erfolg auf Verjährung berufen könnte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen