Leitsatz (amtlich)
1. Hat der Revisionsbeklagte keinen Prozeßbevollmächtigten bestellt, so sind ihm persönlich Ort und Zeit der mündlichen Verhandlung gemäß SGG § 110 mitzuteilen. Für die Entscheidungen des BSG sind auch dann die SGG §§ 123 bis 126 anzuwenden.
2. Im Recht der Arbeitslosenunterstützung ist die Rücknahme auch eines begünstigenden Verwaltungsakts mit rückwirkender Kraft zulässig, wenn er von Anfang an fehlerhaft war oder nachträglich fehlerhaft geworden ist.
3. Eine Erstattungspflicht für Unterstützungsbeträge (Arbeitslosenunterstützung und Arbeitsfürsorgeunterstützung) ist nicht begründet, wenn zur Zeit ihrer Gewährung die arbeitslose Ehefrau gegen den mit ihr im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehemann von Rechts wegen keinen Unterhaltsanspruch hatte.
Normenkette
AVAVG § 177 Abs. 1 Fassung: 1929-10-12; SGG § 110 Fassung: 1953-09-03, § 166 Fassung: 1953-09-03, § 77 Fassung: 1953-09-03, § 123 Fassung: 1953-09-03; AlfuV BY § 6
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 13. Mai 1955 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte ist von Beruf Stenotypistin und lebt im gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehemann, einem unter das Regelungsgesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes - GG - fallenden vertriebenen ehemaligen Polizeibeamten. Nach der Ausweisung aus Schlesien arbeitete sie im Bezirk des Arbeitsamts Memmingen verschiedentlich als Putzfrau, war wiederholt arbeitslos und erhielt nach Erschöpfung ihrer Ansprüche auf versicherungsmäßige Arbeitslosenunterstützung (Alu) ab Dezember 1949 laufend Arbeitslosenfürsorgeunterstützung (Alfu).
In der Zeit vom 2. April 1951 bis 8. Mai 1952 bezog die Klägerin gekürzte Alfu im Gesamtbetrag von DM 430,80. Bei Bemessung der (wöchentlichen) Alfu war das Einkommen des Ehemanns, der laufend von der Oberfinanzdirektion München eine (freiwillige und widerrufliche) Zuwendung für nicht-bayerische Pensionisten - zunächst von monatlich DM 134,- und später von monatlich DM 156,- - erhielt, den Bestimmungen der Bayer. Verordnung über die Arbeitslosenfürsorge vom 24. November 1948 in der Fassung der Zweiten Verordnung über die Arbeitslosenfürsorge vom 30. Mai 1949 (GVBl. S. 172) gemäß angerechnet worden. Nicht berücksichtigt war eine dem Ehemann ab April 1950 zusätzlich gewährte "Überbrückungshilfe" von monatlich DM 31,-, deren Bezug die Klägerin dem Arbeitsamt seinerzeit nicht gemeldet hatte, weil in dem Bewilligungsbescheid für diese Leistung ausdrücklich der Vermerk angebracht war, daß die Überbrückungshilfe auf Leistungen der öffentlichen Fürsorge, der Arbeitslosenfürsorge, Soforthilfe usw. nicht angerechnet werden dürfe. Mit Veränderungsanzeige vom 5. Mai 1952 erklärte die Klägerin dem Arbeitsamt, daß ihr Ehemann laut Bescheid der Oberfinanzdirektion München vom 21. April 1952 ein Ruhegehalt von DM 195,33 monatlich erhalte. Mit Schreiben vom 4. Mai 1952 hatte der Ehemann mitgeteilt, daß ihm diese Versorgungsbezüge ab 1. April 1951 zuständen. Der Versorgungsbetrag von monatlich DM 195,33 wurde nunmehr unter Berücksichtigung der zuvor bereits angerechneten Teile weiterhin auf die Alfu der Klägerin angerechnet; dadurch ergab sich für sie ab 1. April 1951 kein Alfu-Betrag mehr. Das Arbeitsamt Memmingen erließ daher unter dem 15. Mai 1952 gegen die Klägerin einen Bescheid auf Entziehung der Alfu ab 2. April 1951 und erklärte sie darin gleichzeitig für verpflichtet, DM 430,80 an zu Unrecht bezogener Unterstützung zurückzuzahlen.
II. Der Einspruch der Klägerin wurde mit Entscheidung des Spruchausschusses vom 28. August 1952 als unbegründet zurückgewiesen. Die Berufung hiergegen ging nach dem Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) als Klage auf das Sozialgericht Augsburg über. Dieses änderte mit Urteil vom 1. April 1954 den Bescheid des Arbeitsamts Memmingen vom 15. Mai 1952 insoweit ab und hob die Entscheidung des Spruchausschusses vom 28. August 1952 insoweit auf, als die Rückforderung von Unterstützungsbeträgen verlangt wurde. Die Berufung der beklagten Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung wurde durch Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 13. Mai 1955 zurückgewiesen. Die Entscheidung wurde im wesentlichen damit begründet, daß während des Alfu-Bezuges der Klägerin dem Ehemann die nachträglich erhöhten Versorgungsbezüge noch nicht gezahlt gewesen seien und bis dahin deshalb die Bedürftigkeit der Klägerin unverändert bestanden habe. Der Zustand der Bedürftigkeit könne nicht rückwirkend wegfallen. Ferner verneinte das Landessozialgericht den Rückerstattungsanspruch der Beklagten, weil die von der Rechtsordnung anerkannten Voraussetzungen für den rückwirkenden Widerruf eines begünstigenden Verwaltungsaktes, insbesondere Drohung oder arglistige Täuschung oder aber ausdrücklicher Widerrufsvorbehalt, im vorliegenden Fall nicht gegeben seien. Die Klägerin habe die Alfu-Beträge weder zu Unrecht erhalten noch sei sie durch diese Bezüge ungerechtfertigt bereichert.
Revision wurde zugelassen.
III. Die Beklagte legte gegen das ihr am 12. September 1955 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 7. Oktober 1955, eingegangen am 10. Oktober, Revision ein und beantragte,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 1. April 1954 die Klage abzuweisen.
Nachdem die Frist zur Begründung der Revision durch Beschluß des Bundessozialgerichts vom 29. Oktober 1955 gemäß § 164 SGG verlängert worden war, begründete die Beklagte ihre Revision mit Schriftsatz vom 9. Dezember 1955, eingegangen am 12. Dezember, damit, daß der Vorderrichter den Begriff der Bedürftigkeit im Sinn der §§ 1 und 3 der Bayer. Alfu-VO verkannt und die Anrechnung der erhöhten Versorgungsbezüge des Ehemanns nach § 6 dieser Verordnung zu Unrecht mit der Erwägung abgelehnt habe, daß sie erst später bewilligt und zur Zeit der Alfu-Gewährung an die Klägerin noch nicht als Existenzmittel verfügbar gewesen seien. Die Anrechenbarkeit nachträglich bewilligter Einkünfte könne auch nicht mit der Begründung verneint werden, daß die Klägerin nach §§ 1360, 1613 BGB für die Vergangenheit keinen Unterhaltsanspruch gegen ihren Ehemann geltend zu machen vermöge. Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches hätten nur insoweit Gültigkeit, als sie den Alfu-Bestimmungen nicht widersprächen, da die letzteren im Verhältnis zum BGB leges speciales seien. Die Bayer. Alfu-VO stelle für die Berücksichtigung des Einkommens Angehöriger im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung eigene Voraussetzungen auf. Die Ansicht des Berufungsgerichts, daß die Bedürftigkeit nicht rückwirkend zu beheben sei, werde durch die Vorschrift des § 6 Abs. 3 Satz 2 der Bayer. Alfu-VO widerlegt, derzufolge das Arbeitsamt sich Ansprüche des Arbeitslosen zur Deckung seines Lebensunterhalts gegen Dritte für die Vergangenheit in Höhe der Alfu abtreten lassen könne. Kraft besonderer gesetzlicher Bestimmung in § 177 Abs. 1 AVAVG sei für den Bereich der Arbeitslosenunterstützung und Arbeitslosenfürsorge auch ohne die Voraussetzungen besonderen Vorbehalts oder Täuschung u.a. ein begünstigender Verwaltungsakt widerruflich. § 177 AVAVG rechtfertige sowohl die rückwirkende Entziehung der Leistungen als auch die Rückforderung zu Unrecht gezahlter Unterstützungsbeträge. Die Klägerin sei daher insoweit erstattungspflichtig.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 9. Dezember 1955 Bezug genommen.
Die Klägerin erwiderte durch ihren Ehemann (§ 73 Abs. 2 Satz 2 SGG) auf die Revisionsbegründung privatschriftlich mit Schreiben vom 10. Januar 1956, dessen Inhalt nach sie die Zurückweisung der Revision begehrte. Der Ehemann bat mit Schreiben vom 28. Februar 1956 ferner darum, die Revision ohne einen Prozeßbevollmächtigten durchzuführen, er schenke dem Bundessozialgericht so viel Vertrauen.
IV. Die Revision ist statthaft (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG), auch form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden (§§ 164, 166 SGG). Sie ist daher zulässig.
Was zunächst die formelle Seite betrifft, so war die Klägerin vor dem Bundessozialgericht zwar nicht nach der Vorschrift des § 166 SGG durch einen zugelassenen Prozeßbevollmächtigten vertreten. Hätte sie sich in der Rolle des Revisionsklägers befunden, so hätte diese Unterlassung zur Verwerfung der Revision führen müssen; denn die Revision wäre nicht in der gesetzlichen Form eingelegt gewesen (§ 169 Satz 1 SGG). Für den Revisionsbeklagten sieht das Gesetz eine ähnliche Folge jedoch nicht vor. Ein Revisionsbeklagter, der nicht Behörde oder Körperschaft bzw. Anstalt des öffentlichen Rechts ist, hat lediglich den Nachteil, daß er persönlich vor dem Bundessozialgericht mit seinem Vorbringen nicht gehört werden kann. Ihm sind - was im vorliegenden Falle geschehen ist - gemäß § 110 SGG Ort und Zeit der mündlichen Verhandlung mitzuteilen.
Die von der Revision erfaßten Rechtsvorschriften
a) § 177 AVAVG,
b) §§ 1, 3, 6 der Bayer. VO über Alfu,
c) §§ 1360, 1601 ff. BGB
sind revisibel im Sinn des § 162 Abs. 2 SGG. Soweit die Bayer. VO über die Arbeitslosenfürsorge vom 24. November 1948 in der Fassung der Zweiten Verordnung über Arbeitslosenfürsorge vom 30. Mai 1949 (GVBl. S. 172) in Betracht kommt, folgt dies auch aus Art. 125 Nr. 2 GG.
V. Materiell-rechtlich konnte die Revision aber nicht zum Erfolg führen.
Nach § 177 Abs. 1 AVAVG, der gemäß § 1 Abs. 4 der Bayer. VO über Alfu auch für die Arbeitslosenfürsorge gilt, ist die Unterstützung von Amts wegen zu entziehen, sobald die Voraussetzungen zum Bezug nicht mehr vorliegen oder sich herausstellt, daß sie schon bisher nicht vorgelegen haben. Im letzteren Falle ist gleichzeitig festzustellen, ob und inwieweit der Unterstützungsempfänger Beträge, die er zu Unrecht erhielt, zu erstatten hat. Satz 1 dieser Bestimmung enthält für die Arbeitsverwaltung die gesetzliche Verpflichtung zur Rücknahme sowohl gegenüber den von Anfang an fehlerhaften wie gegenüber den nachträglich fehlerhaft gewordenen Verwaltungsakten (vgl. auch Haueisen, "Ortskrankenkasse" 1956 S. 189 ff.). Es ist dies bezüglich eines sog. "begünstigenden Verwaltungsaktes" eine spezielle Vorschrift im Leistungsrecht der Arbeitslosenversicherung und Arbeitslosenfürsorge. Daß eine solche auf besonderer gesetzlicher Ermächtigung beruhende Rücknahme grundsätzlich ex tunc wirkt, ist im Verwaltungsrecht unbestritten (vgl. Naumann, DVBl. 1952 S.633 ff.). Satz 2 des § 177 Abs. 1 AVAVG begründet zugleich einen Erstattungsanspruch für die Arbeitsverwaltung hinsichtlich aller jener Beträge, die auf Grund des aufgehobenen Verwaltungsaktes zu Unrecht geleistet worden sind. Mithin kann - entgegen der Ansicht des Vorderrichters - die Befugnis des Arbeitsamtes zu einem Rücknahme- und zu einem Rückforderungsakt von Rechts wegen nicht bezweifelt werden, obschon die sonst von der Rechtslehre angenommenen Voraussetzungen der Täuschung usw. nicht einschlagen. Ebenfalls bestehen keine Bedenken dagegen, daß beide Verwaltungsakte zu einem Bescheid verbunden werden.
VI. Zu prüfen war aber, ob die Revisionsbeklagte (Klägerin) die Alfu-Zahlungen vom 2. April 1951 bis 8. Mai 1952 "zu Unrecht erhalten hat". Voraussetzung für den Bezug der Alfu ist u.a. die Bedürftigkeit (§ 1 Abs. 1 der Bayer. Alfu-VO). Bedürftig ist, wer den notwendigen Lebensunterhalt für sich und seine zuschlagsberechtigten Angehörigen weder aus eigenen Kräften und Mitteln noch mit Hilfe von Angehörigen bestreiten kann (§ 3 der Bayer. Alfu-VO). Anzurechnen auf die wöchentliche Alfu ist das Einkommen der Angehörigen, die mit dem Arbeitslosen im gemeinsamen Haushalt leben und ihm auf Grund einer rechtlichen Pflicht Unterhalt zu gewähren haben oder auf Grund einer sittlichen Pflicht Unterhalt gewähren, soweit es nach Abzug der Steuern, der sozialen Beiträge und etwaiger Werbungskosten DM 24,- in der Woche übersteigt (§ 6 Abs. 1 Buchst. b der Bayer. Alfu-VO). Der Sozialgesetzgeber geht davon aus, daß Leistungen, die wegen anzuerkennender Bedürftigkeit einem geschützten Personenkreis zugebilligt sind, auch ungeschmälert gewährt werden. Eine sachlich zutreffende und vernünftige Auslegung der Anrechnungsbestimmungen läßt es daher nur zu, Einkommen des Angehörigen im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung und der Freigrenzen in jener Höhe und für jene Zeit anzurechnen, in denen sie dem Angehörigen wirklich zugeflossen sind und er darüber tatsächlich auch verfügen konnte. Deshalb ist der Auffassung des Vorderrichters zuzustimmen, daß die Revisionsbeklagte bis April 1952 bedürftig in Ansehung der ihr gewährten Alfu-Bezüge gewesen ist.
Zwar gehen die Anrechnungsvorschriften der Bayer. Alfu-VO über die Unterhaltsverpflichtungen der §§ 1360 und 1603 ff. BGB hinaus. Es ist aber weder aus ihrem Wortlaut zu entnehmen noch sonst im Wege der Auslegung zu erkennen, daß der in § 1613 BGB festgelegte Rechtsgrundsatz ausgeschlossen werden sollte oder aufgehoben wird, demzufolge für die Vergangenheit kein Unterhalt gefordert werden kann, soweit nicht der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist. Dieser allgemein anerkannte Grundsatz des Unterhaltsrechts wird jedenfalls nicht durch die Vorschrift des § 6 Abs.3 Bayer. Alfu-VO abgeändert oder außer Geltung gesetzt, daß bei Unterhaltsverweigerung seitens eines unterhaltspflichtigen Angehörigen dessen Einkommen anzurechnen ist, das Arbeitsamt sich für die Gewährung von Alfu anteilig den Rechtsanspruch des Unterhaltsberechtigten abtreten lassen kann. Auch eine solche Abtretung ist vielmehr nur im Rahmen des § 1613 BGB rechtswirksam. Hätte der Alfu-Gesetzgeber jenen Rechtsgrundsatz abwandeln oder ausschließen wollen, so hätte es einer ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung hierüber bedurft. Ein Vorgang dafür findet sich in § 21 a der Fürsorgepflichtverordnung in der Fassung der Zweiten Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 5.Juni 1931 (RGBl. I S. 279 ff. (306)), wo seinerzeit bestimmt wurde, daß der Fürsorgeverband einen nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen für die Vergangenheit außer unter den Voraussetzungen des § 1613 BGB auch in Anspruch nehmen konnte, wenn er ihm besondere förmliche Mitteilung gemacht hatte. Da der Gesetzgeber zur Bayer. VO über Arbeitslosenfürsorge aber eine solche oder ähnliche Sonderregelung nicht getroffen hat, muß davon ausgegangen werden, daß im Umfang des § 1613 BGB Unterhaltsansprüche für die Vergangenheit wie für den Berechtigten selbst auch für jene Stellen ausgeschlossen sind, die subsidiär Unterstützungen leisteten. Die Rechtsordnung stellt regelmäßig Dritte nicht günstiger als die Berechtigten persönlich. Darüber hinaus ist auch im Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des AVAVG, der dem Bundestag zur Verabschiedung vorliegt, keine Regelung vorgesehen, die den § 1613 BGB abändert oder gar ausschaltet.
VII. Fest steht, daß dem Ehemann der Revisionsbeklagten die Versorgung nach dem Regelungsgesetz erst mit dem Bescheid der Oberfinanzdirektion München vom 21 April 1952 bewilligt wurde und daß ihm erst nach diesem Zeitpunkt die hieraus zustehenden Zahlungen rückwirkend bis 1. April 1951 gutgebracht worden sind. Da mithin für den Alfu-Bezug der Revisionsbeklagten von April 1951 bis Mai 1952 ihre damaligen wirtschaftlichen Verhältnisse sowie das damalige tatsächliche Einkommen ihres Ehemannes maßgebend waren, war auch ihre Bedürftigkeit in jenem Umfang zu bejahen, der für die seinerzeitigen Alfu-Bewilligungen und Auszahlungen des Arbeitsamts zugrundegelegt wurde. In jenem Zeitabschnitt besaß sie keinen durchsetzbaren Unterhaltsanspruch gegen ihren Ehemann, der über die bereits von der Anrechnung erfaßten Beträge hinausgegangen wäre. Alsdann ist aber nicht festzustellen, daß die Revisionsbeklagte insoweit Unterstützungsbeträge "zu Unrecht" erhalten hat.
Da bereits diese Tatbestandsvoraussetzung verneint werden mußte, erübrigen sich weitere Untersuchungen darüber, ob ein Ersatzanspruch der Arbeitsverwaltung etwa sonst an dem Grundsatz von "Treu und Glauben" scheitern müßte, dessen Geltung auch für das sozial-rechtliche Gebiet in Rechtsprechung und Schrifttum anerkannt ist (vgl. auch Bogs, "Ortskrankenkasse" 1949 S.669 ff. und Haueisen, NJW 1954 S.977 und 1425 ff.).
Zu einer anderen Entscheidung könnte der Senat nur gelangen, wenn nachgewiesen wäre, daß bei der Herbeiführung oder während des Laufes des begünstigenden Verwaltungsaktes der Revisionsbeklagten Drohung, arglistige Täuschung, sonstige Rechtswidrigkeiten oder unlautere Mittel zur Last zu legen wären. Dafür finden sich jedoch keinerlei Anhaltspunkte. Ebensowenig kann der Revisionsbeklagten entgegengehalten werden, daß sie irgendwie eine verspätete Bewilligung der Versorgungsbezüge verschuldet oder mitverschuldet hätte. Es ist gerichtsbekannt, daß die Zuerkennung von Leistungen nach dem Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 GG fallenden Personen vom 11. Mai 1951 geraume Zeit beansprucht hat, und daß zwischen Bewilligung, Wirksamwerden und Auszahlung oft sehr erhebliche Zwischenzeiten gelegen haben.
Ferner ist der Revisionsbeklagten, wenn sie die Zahlung der "Überbrückungshilfe" ihres Ehemannes nicht anzeigte, der gute Glaube nicht abzusprechen, weil die zuständige Behörde - Oberfinanzdirektion München - im Vordruck des Bewilligungsbescheides selbst den Nichtanrechnungsvermerk angebracht hatte. Die schuldhafte Verletzung einer Anzeigepflicht nach § 176 AVAVG kommt insoweit nicht in Frage. Neben dem allgemeinen Rechtsgedanken von "Treu und Glauben" (s.o.) steht hier die Tatsache, daß es sich in Ansehung dieses Betrages um eine besondere fürsorgerische Leistung im Sinne des § 6 Abs. 4 der Bayer. Alfu-VO gehandelt hat, einer Rückforderung entgegen. Insgesamt trifft also die Revisionsbeklagte keine Erstattungspflicht.
VIII. Nach alledem war die Revision der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen