Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. Februar 1996 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Die Beklagte wendet sich gegen ihre Verurteilung zur Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU) an den Kläger ab 1. Januar 1996.
Der 1965 geborene Kläger, türkischer Staatsangehöriger, lebt nach eigenen Angaben seit seinem 7. Lebensjahr in der Bundesrepublik. Die Hauptschule hat er ohne Abschluß nach der 7. Klasse verlassen. Seit 1981 war er im deutschen Bergbau beschäftigt, und zwar zunächst als Jungbergmann, anschließend bis März 1985 als Neubergmann. Im April 1984 hat er die Hauerprüfung abgelegt. Ab April 1985 war er als Strebhauer 1 und Hauer im Streckenausbau und Transport tätig (Lohngruppe 09 der Lohnordnung für den rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau). Lediglich zwischendurch wurde er für kürzere Zeiträume (insgesamt 9 Monate) höherwertig entlohnt.
Ab Juni 1991 folgte eine ca einjährige Arbeitsunfähigkeit wegen eines rezidivierenden Schmerzsyndroms im Wirbelsäulen-Bereich (nach Operation eines Bandscheibenvorfalls bereits im Jahre 1987). Danach wurde er (bis zur fristlosen Kündigung durch den Arbeitgeber im Juni 1993 als Transportarbeiter 1 und zuletzt als Bandwärter (Lohngruppen 06 und 04) beschäftigt.
Auf seinen Rentenantrag vom September 1991 gewährte ihm die Beklagte Bergmannsrente ab Juli 1991; die Gewährung von Rente wegen BU lehnte sie ab (Bescheid vom 11. März 1992 mit Widerspruchsbescheid vom 30. November 1992). Das Sozialgericht (SG) wies die hiergegen erhobene Klage mit Urteil vom 12. November 1993 ab.
Im Berufungsverfahren ließ der Kläger vortragen, er sei der diskutierten Verweisungstätigkeit als Hauswart fachlich nicht gewachsen:
„Der Kläger gibt an, immer nur rein körperliche Arbeiten verrichtet zu haben. Er habe insbesondere Stempel setzen, an der Übergabe aufpassen müssen und zudem als Mitläufer beim Haspel gearbeitet. Es habe sich hier eher um einfach strukturierte Arbeitsvorgänge gehandelt. Er habe insbesondere mit der Schippe, Hacke, Säge, Zange, Hammer und dem Schraubendreher arbeiten müssen. Diese Arbeiten hätten kein selbständiges Denken, sondern lediglich Kraft und Ausdauer erfordert.
Der Kläger gibt an, keine entsprechende Ausbildung für den Umgang mit technischen Geräten zu besitzen. Auch handwerkliche Fähigkeiten und Kenntnisse habe er nicht. Eine Weiterbildung habe er nicht absolviert. Er habe keine Möglichkeit gehabt, sich zu qualifizieren. Hierfür hätten ihm einfach die Kenntnisse gefehlt” (Schriftsatz vom 9. Oktober 1995).
Die Beklagte hatte im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht (LSG) am 13. Februar 1996 hilfsweise beantragt,
„angesichts der im Schriftsatz des Klägers vom 09.10.1995 beschriebenen Schlichtheit der vom Kläger als Hauer ausgeübten Tätigkeiten Beweis darüber zu erheben, ob der Arbeitgeber den Kläger wegen mangelnder Qualität der Arbeit zu Unrecht als Hauer bezahlt hat, durch Vernehmung des zuständigen Vorgesetzten des Klägers.”
Mit Urteil vom selben Tage hat das LSG die Beklagte zur Gewährung von Rente wegen BU ab 1. Januar 1996 verurteilt. Die bis Juni 1991 verrichteten Tätigkeiten des Klägers seien zu Recht nach der Lohngruppe 09, der untersten Facharbeitergruppe, entlohnt worden. Die entsprechende Indizwirkung der Entlohnung durch den Arbeitgeber sei nicht widerlegt worden. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß die tarifliche Eingruppierung eindeutig fehlerhaft sei. Angesichts des Ausbildungsgangs (1 ½ Jahre als Jungbergmann und 2 Jahre als Neubergmann) und der langjährigen Hauertätigkeit habe der Senat keine Zweifel an der Richtigkeit der Eingruppierung:
„Auch aus den Angaben des Klägers im Schriftsatz vom 9. Oktober 1995 ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Fehlerhaftigkeit der tariflichen Eingruppierung. Der Kläger hat zwar insoweit vorgetragen, er habe lediglich eher einfach strukturierte Arbeitsvorgänge erledigt, bei denen es mehr auf Kraft und Ausdauer als auf selbständiges Denken angekommen sei. Er hat auch verneint, handwerkliche Fähigkeiten und Kenntnisse zu besitzen. Ebenso wie dem Senat dürfte aber auch der Beklagten aus zahlreichen Fällen bekannt sein, daß – jedenfalls in der Vergangenheit – sich Hauer vielfach nicht qualifizierte Kenntnisse und Fähigkeiten erworben haben und ihre Tätigkeit sich auf relativ einfach ablaufende, von den Tarifvertragspartnern des rheinisch- westfälischen Steinkohlebergbaus den Facharbeiterlohngruppen 9 und höher zuge-ordneten Arbeiten beschränkt hat. So hat beispielsweise eine auch der Beklagten bekannte Zeugenvernehmung ergeben, daß selbst Analphabeten die Hauertätigkeit vollwertig verrichten konnten. Die Tatsache, daß der Kläger trotz jahrelanger Tätigkeit im Bergbau in der untersten Facharbeitergruppe geblieben ist, obwohl ein Wechsel zu qualifizierten Arbeiten vielfach üblich ist, deutet auch darauf hin, daß er sich tatsächlich auf Grundtätigkeiten eines Hauers beschränkt hat, ohne daß dies aber nach dem oben Gesagten dagegen spricht, daß er zu Unrecht in die Lohngruppe 09 eingruppiert war. Der Senat hatte daher keinen Anlaß, dem Beweisantrag der Beklagten zu folgen und die früheren Vorgesetzten des Klägers zu dessen Tätigkeit zu vernehmen.”
Einer Hauswarttätigkeit wäre der Kläger fachlich nicht gewachsen. Er verfüge weder nach seiner Schulbildung noch nach seinem Berufsleben über die hierfür vorausgesetzten Kenntnisse und Fertigkeiten, um selbständig arbeiten und Vorgaben und Anforderungen zielgerichtet umsetzen zu können. Ebensowenig verfüge er über die erforderliche Flexibilität im Umgang mit (Hand-) Werkzeugen und verschiedenen Geräten. Auch als Auslieferungsfahrer im Arzneimittelgroßhandel könne der Kläger nicht mehr arbeiten; diese Tätigkeit überfordere sein körperliches Leistungsvermögen. Andere zumutbare Verweisungstätigkeiten seien nicht ersichtlich.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sowie die rechtsfehlerhafte Anwendung des § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Das LSG habe seine Pflicht, den Sachverhalt aufzuklären, dadurch verletzt, daß es den in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG gestellten Beweisantrag auf Vernehmung des zuständigen Vorgesetzten übergangen habe. Darüber hinaus hätte sich das LSG auch mit der Frage befassen müssen, inwieweit für den Kläger sozial- und gesundheitlich zumutbare Verweisungstätigkeiten aus dem Bereich des Bergbaus in Betracht kommen, insbesondere die Tätigkeiten als Verwieger 1 und Lampenwärter, auf die der Kläger im Urteil des SG verwiesen worden sei. Der Kläger könne sich für die Zeit nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mit der R … AG nicht darauf berufen, daß der bergbauliche Arbeitsmarkt für ihn verschlossen sei. Denn hierin liege eine Zuwiderhandlung gegen das eigene frühere Verhalten (venire contra factum proprium). Wenn der Kläger die Kündigung seines Beschäftigungsverhältnisses selbst zu verantworten habe, könne er nicht für sich geltend machen, daß im rentenrechtlichen Zusammenhang Verweisungstätigkeiten aus dem Bereich des Bergbaus für ihn nicht mehr in Betracht kämen, weil er nicht mehr dort beschäftigt sei. Wenn es anders wäre, ließe sich – soweit von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Bergbau auszugehen sei – der Leistungsfall bei Renten nach den §§ 43 und 45 SGB VI nur allzu leicht willkürlich herbeiführen. Im übrigen müsse die Arbeitsmarktlage im Bergbau schon deshalb unberücksichtigt bleiben, da § 43 Abs 2 SGB VI durch das 2. Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (2. SGB VI-ÄndG) vom 2. Mai 1996 (BGBl I 659) ergänzt worden sei. Es sei klargestellt worden, daß nicht berufsunfähig sei, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben könne; die jeweilige Arbeitsmarktlage sei nicht zu berücksichtigen. Dies gelte nach § 302b Abs 3 SGB VI idF des 2. SGB VI-ÄndG auch für den Kläger.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. Februar 1996 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 12. November 1993 zurückzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist iS ihres Hilfsantrags begründet. Der Rechtsstreit ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Dem LSG ist hinsichtlich seiner tatsächlichen Feststellung, der Kläger habe eine vollwertige Hauertätigkeit verrichtet, der von der Revision gerügte Verfahrensfehler unterlaufen (1). Auf der Grundlage der verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen des LSG läßt sich jedoch nicht entscheiden, ob dem Kläger die begehrte Rente zusteht (2).
(zu 1) Das LSG hätte dem im Berufungsverfahren hilfsweise gestellten Beweisantrag der Beklagten folgen müssen.
(a) Der Beweisantrag war ordnungsgemäß. Die Beklagte hatte eine hinreichend bestimmte Person als Zeugen benannt und nicht lediglich die Erhebung eines Ausforschungsbeweises beantragt.
Für die Anforderungen an einen Antrag auf Vernehmung eines Zeugen verweist § 118 Abs 1 SGG auf § 373 Zivilprozeßordnung (ZPO), wonach der Zeugenbeweis Benennung der Zeugen erfordert, also grundsätzlich die Angabe der ladungsfähigen Personalien und der ladungsfähigen Anschrift. Im Zivilprozeß ist jedoch anerkannt, daß ein Beweisantrag unter individualisierender Benennung eines Zeugen auch ohne Angaben der ladungsfähigen Anschrift den Anforderungen des § 373 ZPO genügt (Bundesgerichtshof vom 31. März 1993 – VIII ZR 91/92, NJW 1993, 1926, 1927 mwN). Selbst ein Beweisangebot „N.N.” kann für den Beweisantritt nach § 373 ZPO ausnahmsweise ausreichen, wenn der Beweisführer trotz aller Sorgfalt außerstande ist, einen Zeugen exakt namhaft zu machen, dessen Existenz zwar zuverlässig oder hochgradig gewiß bekannt ist, den er aber im einzelnen noch nicht präzise genug ermitteln konnte (Oberlandesgericht Koblenz vom 24. Mai 1989 – 5 W 354/89, AnwBl 1990, 327 f, so auch Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 53. Aufl. 1995, § 356 RdNr 3).
Dann aber muß im vorliegenden Fall, in dem der Beklagtenvertreter augenscheinlich erst in der mündlichen Verhandlung die Notwendigkeit eines entsprechenden Beweisantrages erkennen konnte, zum Antritt eines Zeugenbeweises die durch Rückfrage beim Arbeitgeber des Klägers leicht individualisierbare Angabe „zuständiger Vorgesetzter des Klägers” ausreichen. Dies gilt auch angesichts der im sozialgerichtlichen Verfahren beigezogenen Arbeitgeberauskunft vom 30. August 1993, die auch der Beklagten zur Kenntnisnahme übersandt wurden; hiernach wurde zwar eine bestimmte Person unter Angabe ihrer ladungsfähigen Anschrift als eventueller Zeuge benannt. Es geht jedoch nicht daraus hervor, daß es sich hierbei um den für den Kläger während seiner angeblichen Hauertätigkeit zuständigen Vorgesetzten gehandelt hat; dies ist im Gegenteil unwahrscheinlich, da der Kläger vor Erteilung der Arbeitgeberauskunft zuletzt als Bandwärter (Lohngruppe 4) entlohnt worden war und zudem die Auskunft nicht nur Fragen zur vom Kläger ausgeübten Tätigkeit beantwortete, sondern zB auch zum Bruttoentgelt, zu Krankheitszeiten und dem Kündigungsgrund, also zu Umständen, die zB Mitarbeiter der Personalabteilung eher beantworten können als ein betrieblicher Vorgesetzter.
(b) Das LSG hat durch Unterlassen der beantragten Beweisaufnahme auch § 103 SGG verletzt, weil es sich zur Beweiserhebung hätte gedrängt fühlen müssen.
Nach seiner eigenen materiell-rechtlichen Auffassung, zu deren Begründung das LSG sich auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bezogen hat, setzt die Einstufung als Facharbeiter im Sinne des Mehrstufenschemas voraus, daß als bisheriger Beruf ihren Merkmalen und ihrer Wertigkeit nach eine derartige Tätigkeit verrichtet wurde. Hierfür stellt die tarifliche Eingruppierung durch den Arbeitgeber in eine Facharbeiterlohngruppe ein Indiz dar, das jedoch auch entkräftet werden kann. Dieses Indiz war im vorliegenden Fall durch das eigene Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 9. Oktober 1995 entkräftet.
Entgegen der Ansicht des LSG können die hierdurch hervorgerufenen Zweifel an der Wertigkeit des bisherigen Berufs des Klägers (insbesondere durch die Angabe, er könne mit jeglichem technischen Gerät nicht umgehen) nicht durch die im Berufungsurteil angeführten allgemeinen Erwägungen als widerlegt angesehen werden; dies gilt insbesondere deshalb nicht, da – wie durch den Beweisantrag der Beklagten deutlich geworden – Beweismittel zur Verfügung stehen, die hierüber zuverlässigere Auskunft geben können als die vom LSG herangezogenen generellen Tatsachen.
(zu 2) Kann aber aufgrund der vom LSG verfahrensfehlerfrei festgestellten Tatsachen nicht entschieden werden, ob der bisherige Beruf des Klägers als der eines Facharbeiters anzusehen ist oder nicht, dann kann auch über seinen Anspruch auf Rente wegen BU nicht abschließend entschieden werden.
(a) Ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen BU ist jedenfalls – entgegen dem Vorbringen der Revision – nicht von vornherein aus dem Grunde ausgeschlossen, daß der Kläger durch sein eigenes Verhalten seinem Arbeitgeber Anlaß zu einer fristlosen Kündigung zum 3. Juni 1993 gegeben hatte. Dies gilt auch dann, wenn mit diesem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis jegliche Möglichkeiten einer Verweisung auf bestimmte, auch für Versicherte mit dem bisherigen Beruf eines Facharbeiters, zumutbare bergmännische Tätigkeiten (Lampenwärter, Verwieger 1) mangels Zugänglichkeit des entsprechenden Arbeitsmarktes entfallen waren.
Hieraus kann nicht abgeleitet werden, eine Berufung des Klägers auf die Verschlossenheit des bergbaulichen Arbeitsmarktes widerspreche als Zuwiderhandlung gegen das eigene frühere Verhalten (venire contra factum proprium) dem Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben.
Das Recht des SGB VI enthält – in seinen §§ 103 bis 105 – Sondervorschriften für den Fall, daß der Versicherte den Versicherungsfall selbst zurechenbar herbeigeführt hat: § 103 SGB VI schließt einen Rentenanspruch dann aus, wenn der Leistungsberechtigte eine für die Rentenleistung erforderliche gesundheitliche Beeinträchtigung absichtlich herbeigeführt hat; nach § 104 SGB VI kann eine Rente ganz oder teilweise versagt werden, wenn sich ein Berechtigter eine entsprechende gesundheitliche Beeinträchtigung bei einem Verbrechen oder vorsätzlichen Vergehen zugezogen hat. Schließlich besteht nach § 105 SGB VI kein Anspruch auf Hinterbliebenenrente für Personen, die den Tod des Versicherten vorsätzlich herbeigeführt haben.
Die hiernach am ehesten einschlägige Vorschrift des § 103 SGB VI beschränkt ihren Anwendungsbereich ausdrücklich auf die absichtliche Herbeiführung einer für den Rentenanspruch erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigung. Dem Gesetzgeber war jedoch bekannt, daß für die Rentengewährung auch berufliche Umstände ausschlaggebend sein können (s zB § 102 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB VI für einen von der jeweiligen Arbeitmarktlage abhängigen Rentenanspruch). Wenn er gleichwohl in § 103 SGB VI lediglich auf absichtlich herbeigeführte gesundheitliche Beeinträchtigungen abstellt, besteht nach Auffassung des Senats kein Spielraum für eine Rechtsanwendung, die – unter Berufung auf Treu und Glauben – auch die Herbeiführung bestimmter beruflicher Umstände für die Ablehnung eines Rentenanspruchs ausreichen läßt. Diese Ausnahme mit Sanktionscharakter verschließt sich einer entsprechenden Anwendung auf weitere, hierin nicht geregelte Fälle. Eine solche könnte im übrigen allenfalls dann diskutiert werden, wenn auch die rentenerhebliche berufliche Beeinträchtigung, wie es die genannte Vorschrift bei Gesundheitsschäden verlangt, „absichtlich herbeigeführt” wurde. Schon dies dürfte bei dem dem Kläger hier vorgeworfenen – im übrigen nicht näher festgestellten – Fehlverhalten, das zur fristlosen Kündigung durch den Arbeitgeber führte, fraglich sein.
(b) Schließlich ist – entgegen der Argumentation der Revision – auch nach der Ergänzung des § 43 Abs 2 SGB VI durch das 2. SGB VI-ÄndG weiterhin erheblich, ob für den vom Bergbau abgekehrten Kläger der Arbeitsmarkt für bergbauliche Tätigkeiten verschlossen ist oder nicht. Die Berücksichtigung dieses Umstandes bei der Prüfung eines Anspruchs auf Rente wegen BU ist vielmehr auch nach Inkrafttreten des § 43 Abs 2 letzter Satz SGB VI idF des 2. SGB VI-ÄndG vom 2. Mai 1996 (BGBl I 659) möglich. Bei der Zugänglichkeit bestimmter Tätigkeiten für Betriebsfremde handelt es sich nicht um eine Frage der „jeweiligen Arbeitsmarktlage” iS der oben genannten Vorschrift. Denn mit der Neufassung des § 43 Abs 2 SGB VI sollten jedenfalls keine Verschlechterungen zu Lasten der Versicherten verbunden sein (s Beschluß des Bundesrats vom 22. Mai 1996, BR-Drucks 138/96). Insbesondere sind die in der Rechtsprechung des BSG entwickelten Seltenheitsfälle weiterhin anzuwenden (Ausschußbericht, BT-Drucks 13/3907, S 6). Hierzu aber gehört die Untergruppe der „Schonarbeitsplätze”, die regelmäßig leistungsgeminderten Angehörigen des eigenen Betriebs vorbehalten sind und somit als Eingangsstelle für Betriebsfremde außer Betracht bleiben (so bereits das Urteil des Senats vom 28. Oktober 1996 – 8 RKn 5/96, Umdruck S 6). An dieser Beurteilung ändert auch nichts, daß das 2. SGB VI-ÄndG die Vorschrift über die Rente für Bergleute (§ 45 SGB VI) ebenso ergänzt hat wie die des § 43 Abs 2 SGB VI. Denn die Übernahme der neuen Formulierung nicht nur in die §§ 43 und 44 SGB VI, sondern auch in die Vorschrift des § 45 SGB VI ist in den Gesetzesmaterialien nicht gesondert begründet worden. Dann aber gilt auch insoweit die jenem Gesetzesvorhaben zugrunde zu liegende Absicht, die bisherige Rechtsprechung des BSG – auch zu den „Seltenheitsfällen” – als „Status quo” festzuschreiben (s neben den bereits zitierten Äußerungen des Bundesrats und des Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung zB auch Grund, MdB, in: BT-Plenarprotokoll 13/90, S 7980 ≪D≫ sowie BMA Blüm in: BR-Plenarprotokoll 695 S 156 ≪B≫).
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahren zu befinden haben.
Fundstellen