Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 7. Dezember 1995 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt der den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Rente wegen BU. Zweifelhaft ist im besonderen, ob dem Kläger aufgrund seiner Tätigkeit als Berufskraftfahrer im internationalen Güterfernverkehr der Berufsschutz eines Facharbeiters einzuräumen ist.
Der 1949 geborene Kläger erlernte von 1965 bis 1968 den Beruf des Rohrinstallateurs, ohne anschließend seinen Lehrberuf auszuüben. Nach kurzfristigen Beschäftigungen als Schweißer und Staplerfahrer war er in den Jahren 1971 bis 1993 als Kraftfahrer tätig. Im Jahre 1978 legte er nach entsprechenden Umschulungskursen die Prüfung als Berufskraftfahrer (Güterfernverkehr) vor der Industrie- und Handelskammer des Saarlandes ab. In den Jahren 1990 bis 1993 war er zuletzt als Berufskraftfahrer im grenzüberschreitenden Fernverkehr bei einer Spedition im Saarland beschäftigt. Das nicht tarifgebundene Arbeitsverhältnis wurde im gegenseitigen Einvernehmen aufgehoben, nachdem der Kläger am 20. Dezember 1992 arbeitsunfähig erkrankt war. Seither ist er arbeitsunfähig bzw arbeitslos.
Den im Juni 1993 gestellten Antrag des Klägers auf Gewährung von Rente wegen BU bzw EU lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 26. Januar 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Juli 1994 ab, weil der Kläger nach dem Ergebnis einer ärztlichen Begutachtung zwar den Beruf des Kraftfahrers nicht mehr ausüben könne, unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten jedoch zumutbar als Hausmeister, Tourenplaner oder Maßkontrolleur vollschichtig einsetzbar sei.
Auf seine Klage hat das SG für das Saarland die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheids verurteilt, dem Kläger Rente wegen BU ab Antragstellung entsprechend den gesetzlichen Vorschriften zu gewähren (Gerichtsbescheid vom 16. August 1995). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 7. Dezember 1995) und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Seinen bisherigen Beruf als Berufskraftfahrer könne der Kläger nicht mehr ausüben, weil er insbesondere wegen seiner orthopädischen Erkrankungen vollschichtig nur noch leichte körperliche Arbeiten ohne Heben von Lasten über 10 kg verrichten könne, wobei keine Zwangshaltungen, kein ständiges Bücken und keine Kälte- und Nässeexposition anfallen dürften. Auch wenn der Kläger nicht tarifgebunden entlohnt worden sei, sei zur Beurteilung der Wertigkeit seines bisherigen Berufs der Lohntarifvertrag für die Arbeitnehmer im Verkehrsgewerbe für das Saarland vom 26. Juni 1992 (LTV Verkehr Saar) heranzuziehen. Die in diesem Tarifvertrag enthaltenen Lohnabstufungen nach unterschiedlichen Qualitätskriterien der verrichteten Tätigkeiten ließen den Schluß zu, daß zumindest die höchstentlohnte Tätigkeit des Berufskraftfahrers im Güterfernverkehr einer Facharbeitertätigkeit gleichzustellen sei. Zwar stelle der LTV Verkehr Saar Berufskraftfahrer nicht explizit mit anderen Facharbeitern gleich. Deshalb seien die vom SG beigezogenen Auskünfte der Tarifvertragsparteien ergänzend heranzuziehen, wonach der Kläger der Facharbeiterebene zuzuordnen sei. Auch ein Vergleich mit den Tarifverträgen für das Baugewerbe, die Bundesbahn, die Bundespost, den Saarbergbau und die kommunalen Arbeitnehmer zeige, daß ein Berufskraftfahrer mit Ausbildungsabschluß zumindest nach zweijähriger Berufspraxis den Facharbeitern gleichgestellt werde. Die Gleichstellung erfolge aber auch wegen der besonderen Qualität und den besonderen Anforderungen der Kraftfahrertätigkeit im internationalen Güterfernverkehr. Nach Auskunft des Landesverbandes Verkehrsgewerbe des Saarlandes würden die Berufskraftfahrer im LTV Verkehr Saar Facharbeitern wegen ihrer besonderen beruflichen Anforderungen gleichgestellt; neben der Fähigkeit zum Führen und Lenken der Lastzüge seien technische Kenntnisse der Fahrzeuge sowie Kenntnisse des internationalen Verkehrsrechts, des Rechts für Gefahrgut- und Lebensmitteltransporte sowie über Frachtbriefe, Zollformalitäten und zunehmend auch EDV erforderlich. Wegen des hohen Wertes des Transportgutes und wegen der Gefahren der wachsenden Straßenpiraterie obliege dem Berufskraftfahrer in diesem Bereich auch ein hohes Maß an Verantwortung und Sorgfalt; schließlich seien die üblichen Verständigungsschwierigkeiten im fremdsprachigen Ausland zu bewältigen. Als Facharbeiter sei der Kläger aber berufsunfähig. Denn zumutbare Verweisungstätigkeiten auf der Ebene sonstiger Ausbildungsberufe, die er nach einer Einarbeitung oder Einweisung von allenfalls drei Monaten verrichten könne, seien nicht vorhanden.
Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts (§ 43 SGB VI). Zur Begründung führt sie insbesondere aus: Die Kraftfahrertätigkeit werde im LTV Verkehr Saar nicht einer Facharbeitertätigkeit gleichgestellt. Denn eine maßgebliche tarifvertragliche Einstufung sei nach dem Urteil des BSG vom 20. April 1993 (5 RJ 66/92 – nicht veröffentlicht) nur dann gegeben, wenn die ausgeübte Tätigkeit im Tarifvertrag benannt und einer für Facharbeiter geltenden Lohngruppe zugeordnet sei. Diesen Anforderungen entspreche der genannte Tarifvertrag nicht, weil er keine Facharbeiterberufe mit dreijähriger Ausbildung aufweise und Angestelltenberufe nicht vergleichend herangezogen werden könnten. Auch aus den ergänzend eingeholten Stellungnahmen der Tarifvertragsparteien könne angesichts der Ausbildungsdauer von nur zwei Jahren ein Facharbeiterstatus des Klägers nicht hergeleitet werden. Ein Rückgriff auf Regelungen von Tarifverträgen anderer Branchen verbiete sich wegen der unterschiedlichen Behandlung gerade der Berufskraftfahrertätigkeit in den verschiedenen Tarifverträgen. Die vom LSG geäußerte Auffassung, daß Kraftfahrer im internationalen Fernverkehr wegen der damit verbundenen Verantwortung generell als Facharbeiter anzusehen seien, sei vom BSG bislang nicht vertreten worden. Anderenfalls brauchte auch für nicht tarifgebundene Arbeitsverhältnisse nicht auf tarifvertragliche Regelungen zurückgegriffen zu werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 7. Dezember 1995 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für das Saarland vom 16. August 1995 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision ist iS der Zurückverweisung begründet. Die Feststellungen des LSG reichen zur Beantwortung der Frage, ob der Kläger Anspruch auf Versichertenrente wegen BU hat, nicht aus.
Nach § 43 Abs 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen BU, wenn sie berufsunfähig sind, in den letzten Jahren vor Eintritt der BU drei Jahre Pflichtbeitragszeiten und vor Eintritt der BU die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Berufsunfähig sind nach § 43 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 43 Abs 1 SGB VI für die Gewährung einer Rente wegen BU sind nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) erfüllt. Ob der Kläger auch berufsunfähig iS des § 43 Abs 2 SGB VI ist, läßt sich anhand der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG hingegen nicht beurteilen.
Zutreffend hat das LSG den Berufskraftfahrer als bisherigen Beruf des Klägers angesehen. Bisheriger Beruf ist idR die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (vgl BSG Urteile vom 30. Oktober 1985 – 4a RJ 53/84 – SozR 2200 § 1246 Nr 130 und vom 27. April 1989 – 5/5b RJ 78/87 – SozR 2200 § 1246 Nr 164 mwN). Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn diese die qualitativ höchste ist (BSG Urteile vom 11. September 1980 – 1 RJ 94/79 – SozR 2200 § 1246 Nr 66 und vom 18. Januar 1995 – 5 RJ 18/94 – nicht veröffentlicht). Eine zuletzt ausgeübte geringerwertige Tätigkeit ist dann unbeachtlich, wenn die vorangegangene höherwertige Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben wurde (BSG Urteil vom 28. Mai 1963 – 12/3 RJ 44/61 – SozR Nr 33 zu § 1246 RVO; stRspr). Anhaltspunkte dafür, daß sich der Kläger von seinem erlernten Beruf des Rohrinstallateurs aus gesundheitlichen Gründen gelöst hat, liegen indes nicht vor.
Das LSG hat zwar – von der Beklagten nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen und damit bindend (§ 163 SGG) – festgestellt, daß der Kläger nur noch leichte körperliche Arbeiten ohne Heben von Lasten über 10 kg vollschichtig verrichten kann, soweit damit keine Zwangshaltungen, kein ständiges Bücken und keine Kälte- und Nässeexpositionen verbunden sind. Infolgedessen kann der Kläger – wie auch von der Beklagten nicht bezweifelt wird – seinen bisherigen Beruf als Kraftfahrer nicht mehr ausüben. Hierdurch ist er aber nicht zugleich berufsunfähig. Vielmehr ist zu prüfen, ob er auf andere ihm sozial zumutbare Beschäftigungen verwiesen werden kann.
§ 43 Abs 2 SGB VI geht vom Gedanken des Berufsschutzes aus. Dem Versicherten soll ein zu starkes Absinken im Beruf erspart bleiben, wenn er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der bisherigen Weise arbeiten kann. Für die Frage der Zumutbarkeit der Verweisung hat die Rechtsprechung des BSG zur BU die Berufe der Versicherten nach ihrer Wertigkeit in verschiedene Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind – ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität des Berufes haben – nach Leitberufen gebildet worden. Sie sind charakterisiert durch den Beruf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters (vgl BSG Urteil vom 9. September 1986 – 5b RJ 82/95 – SozR 2200 § 1246 Nr 140 mwN). Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächst niedrigere Berufsgruppe verwiesen werden (BSG Urteil vom 26. Juni 1990 – 5 RJ 46/89 – SozR 3-2200 § 1246 Nr 5).
Von allen Senaten des BSG, die für die Arbeiterrentenversicherung zuständig sind, ist immer wieder deutlich gemacht worden, daß ausschlaggebend für die Zuordnung einer Tätigkeit zu einer bestimmten Gruppe nicht allein die Ausbildung, sondern die Qualitätsanforderungen der verrichteten Arbeit insgesamt sind, dh der aus einer Mehrzahl von Faktoren ermittelte Wert der Arbeit für den Betrieb auf der Grundlage der in § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale der Dauer und des Umfangs der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit. Es kommt also auf das Gesamtbild der bisherigen Beschäftigung an. Aufgrund dieses Gesamtbildes kann eine Tätigkeit, die nicht die entsprechende Ausbildungsdauer erfordert, einer gelernten und angelernten gleichgestellt sein. Die Tätigkeit eines Versicherten, der nicht die geforderte Ausbildung durchlaufen hat, kann mithin im Einzelfall der eines Gelernten gleichstehen (vgl Senatsurteil vom 18. Januar 1995 – 5 RJ 18/94).
Die vom Kläger erworbene Qualifikation als Berufskraftfahrer nach der KraftfAusbVO reicht angesichts der für diesen Beruf vorgeschriebenen lediglich zweijährigen Regelausbildungszeit (§ 2 KraftfAusbVO) für sich allein nicht aus, um ihm den Berufsschutz als Facharbeiter zuzubilligen (vgl BSG Urteil vom 7. Oktober 1987 – 4a RJ 91/86 – SozR 2200 § 1246 Nr 149 mwN; Senatsurteil vom 18. Januar 1995 – 5 RJ 18/94). Der Senat vermochte den bisherigen Feststellungen des LSG auch nicht zu entnehmen, daß der Kläger über diese Qualifikation hinaus Fähigkeiten und Fertigkeiten erlangt hat, die einem Berufsbild entsprechen, das dem Anforderungsprofil des Facharbeiters genügt.
Unabhängig von der Frage, ob für die Beurteilung der Wertigkeit der Arbeit des nicht tarifgebundenen Klägers auf die Zuordnung im LTV Verkehr Saar zurückgegriffen werden kann, wird die Kraftfahrertätigkeit in diesem Tarifvertrag nicht einer Facharbeitertätigkeit gleichgestellt. Denn eine maßgebliche tarifvertragliche Einstufung ist – worauf die Beklagte zu Recht hinweist – nach dem Urteil des BSG vom 20. April 1993 (5 RJ 66/92 – nicht veröffentlicht) nur dann gegeben, wenn die ausgeübte Tätigkeit im Tarifvertrag benannt und einer für Facharbeiter geltenden Lohngruppe zugeordnet ist. Diesen Anforderungen entspricht der genannte Tarifvertrag nicht, weil er keine Facharbeiterberufe mit dreijähriger Ausbildung aufweist und Angestelltenberufe nicht vergleichend herangezogen werden können. Auch aus den ergänzend eingeholten Stellungnahmen der Tarifvertragsparteien kann angesichts der Ausbildungsdauer von nur zwei Jahren ein Facharbeiterstatus des Klägers nicht hergeleitet werden. Ein Rückgriff auf Regelungen von Tarifverträgen anderer Branchen verbietet sich wegen der unterschiedlichen Behandlung gerade der Berufskraftfahrertätigkeit in den verschiedenen Tarifverträgen. Insbesondere kann nicht „zur Vermeidung von Ungleichbehandlungen” ergänzend auf die Tarifverträge für das Baugewerbe, die Bundesbahn, die Bundespost, den Saarbergbau und die kommunalen Arbeitnehmer zurückgegriffen werden.
Die vom LSG geäußerte Auffassung, daß Kraftfahrer im internationalen Fernverkehr wegen der damit verbundenen Verantwortung generell als Facharbeiter anzusehen seien, steht im Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung des BSG. Die mit einer Beschäftigung verbundene Verantwortung allein ist kein geeignetes Kriterium für die Zuordnung im Mehrstufenschema. Sie kann lediglich ihren Ausdruck in der der Beschäftigung von den Tarifvertragsparteien beigemessenen Bedeutung finden. Anderenfalls brauchte – worauf die Beklagte zutreffend hinweist – auch für nicht tarifgebundene Arbeitsverhältnisse nicht auf tarifvertragliche Regelungen zurückgegriffen zu werden.
Die Facharbeiterqualität der vom Kläger verrichteten Arbeit ergibt sich auch nicht aus der besonderen Qualität und den „besonderen Anforderungen” seiner Kraftfahrertätigkeit im internationalen Güterfernverkehr iS des § 43 Abs 2 Satz 2 aE SGB VI. Zwar kann eine Berufstätigkeit mit einer Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren nach der Rechtsprechung des BSG dann Facharbeiterqualität haben, wenn Umstände vorliegen, aus denen sich ergibt, daß aufgrund der „besonderen Anforderungen” des bisherigen Berufs diesem eine höhere Qualität zukommt, als sich allein aus der regelmäßigen Ausbildungsdauer ableiten läßt (BSG Urteile vom 12. Oktober 1993 – 13 RJ 53/92 – SozR 3-2200 § 1246 Nr 37, vom 27. Februar 1997 – 13 RJ 5/96 – und vom 18. Januar 1995 – 5 RJ 18/94 – jeweils nicht veröffentlicht).
Das LSG hat solche Umstände in den besonderen Anforderungen gesehen, die nach seinen Ermittlungen an Berufskraftfahrer im internationalen Güterfernverkehr gestellt werden. Für maßgeblich hat es dabei neben dem hohen Maß an Verantwortung und Sorgfalt des Berufskraftfahrers insbesondere die technischen, verkehrs- und zollrechtlichen Kenntnisse gewertet, die die Tätigkeit ihrem Inhaber abverlange. Es hat im einzelnen darauf abgestellt, daß umfangreiche technische Kenntnisse der Fahrzeuge vorausgesetzt würden, die den Fahrer zu laufenden Wartungs- und Reparaturmaßnahmen unterwegs befähigten. Erforderlich seien zudem Kenntnisse des internationalen Verkehrsrechts, des Rechts für Gefahrguttransporte und Lebensmitteltransporte sowie Kenntnisse über Frachtbriefe, Zollformalitäten und zunehmend auch EDV-Kenntnisse. Der Kraftfahrer im grenzüberschreitenden Güterfernverkehr, der aus Kostengründen meistens als Alleinfahrer unterwegs sei, müsse zudem den besonderen Gefahren einer wachsenden Straßenpiraterie begegnen können; er müsse ferner Verständigungsschwierigkeiten im fremdsprachigen Ausland bewältigen.
Der Schluß des LSG auf die Facharbeiterqualität der vom Kläger verrichteten Arbeit hält einer Nachprüfung aus mehreren Gründen nicht stand. Zum einen konnte das LSG der Auskunft des Landesverbandes Verkehrsgewerbe des Saarlandes vom 5. Juli 1995 nur entnehmen, welche Anforderungen „im allgemeinen” an den Kraftfahrer im Güterfernver-kehr gestellt werden. Daß „diese Angaben … vom Kläger bestätigt” wurden, besagt noch nichts über die konkrete Ausgestaltung seines Beschäftigungsverhältnisses. Tatsächliche Feststellungen insoweit fehlen im angefochtenen Urteil. Insbesondere ist nicht ohne weiteres nachvollziehbar, welche EDV-Kenntnisse am Arbeitsplatz des Klägers erforderlich waren und inwieweit er zur Begegnung der „üblichen Verständigungsschwierigkeiten im fremdsprachlichen Ausland” über Fremdsprachenkenntnisse verfügen mußte.
Entgegen der Ansicht des 13. Senats in seinen Urteilen vom 25. August 1993 und vom 27. Februar 1997 (13 RJ 21/92 und 13 RJ 5/96 – beide nicht veröffentlicht) handelt es sich auch bei den „hohen Anforderungen an Verantwortung und Sorgfalt” nicht um tatsächliche Feststellungen iS des § 163 SGG bezogen auf „besondere Anforderungen” der Beschäftigung des Klägers, welche allein einer Bindungswirkung für das Revisionsgericht fähig sind. Bei den genannten Merkmalen dürfte es sich vielmehr um bloße Regeleigenschaften einer jeden Berufstätigkeit und auch der Berufskraftfahrertätigkeit iS der KraftfAusbVO handeln.
Hinsichtlich der weiter genannten Kriterien der
- umfangreichen technischen Kenntnisse der Fahrzeuge
- Befähigung zu laufenden Wartungs- und Reparaturmaßnahmen unterwegs
- Kenntnisse des internationalen Verkehrsrechts
- Kenntnisse des Rechts für Gefahrguttransporte und Lebensmitteltransporte
- Kenntnisse über Frachtbriefe
- Kenntnisse über Zollformalitäten
- Kenntnisse hinsichtlich der Abwehr von Gefahren gegen wachsende Straßenpiraterie
handelt es sich schon deshalb nicht um „besondere” Anforderungen an die Berufstätig-keit des Klägers, weil sie jeder Berufskraftfahrertätigkeit immanent sind; sie sind in § 3 Abs 2 Nr 1 bis 3, Abs 3 Nr 1, 2, 5 und 7 KraftfAusbVO genannt und müssen daher nicht zusätzlich erworben werden.
Ohne weitere Sachaufklärung zur tatsächlichen Ausgestaltung der vom Kläger ausgeübten Beschäftigung ist daher nicht erkennbar, daß diese qualitativ oberhalb der eines Berufskraftfahrers anzusiedeln ist, der innerhalb der zweijährigen Ausbildungsdauer (§ 2 KraftfAusbVO) den Befähigungsnachweis nach der KraftfAusbVO erworben hat. Ohne eine zusätzliche Qualifikation wäre der Kläger aber als Angelernter des oberen Bereichs zu behandeln und als solcher anders verweisbar als der Facharbeiter. Hinsichtlich einer möglichen weitergehenden Qualifikation des Klägers – insbesondere zu den im LSG-Urteil erwähnten EDV- und Fremdsprachenkenntnissen – wird das LSG tatsächliche Feststellungen nachzuholen haben. Fehlen solche zusätzlichen Qualifikationsmerkmale, wird es ausgehend vom Leitberuf eines Angelernten im oberen Bereich den dem Kläger zumutbaren Verweisungsbereich neu zu bestimmen haben.
Fundstellen