Leitsatz (amtlich)
Ist es infolge unrichtiger Anwendung von Ruhensvorschriften zu Überzahlungen gekommen, so richtet sich die Rückforderung der überzahlten Beträge ausschließlich nach RVO § 1301 S 2; daneben besteht kein Rückforderungsrecht aus allgemeinen Erwägungen.
Normenkette
RVO § 1278 Abs. 1 Fassung: 1963-04-30, Abs. 1 Fassung: 1957-02-23; AVG § 55 Abs. 1 Fassung: 1963-04-30; AVG § 55 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1301 S. 2 Fassung: 1965-06-09; AVG § 80 S. 2 Fassung: 1965-06-09
Tenor
Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 9. Oktober 1968 und das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 14. November 1966 aufgehoben, soweit es sich um die von der Beklagten angeordnete Rückzahlung und die Kostenentscheidung handelt.
Der Bescheid der Beklagten vom 29. Oktober 1965 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 1966 wird aufgehoben, soweit darin eine Rückzahlung von 1.382,60 DM im Wege der Einbehaltung von monatlich 100,- DM von der laufenden Rente der Klägerin angeordnet worden ist.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens und die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des ersten und zweiten Rechtszuges zu erstatten.
Gründe
Die 1916 geborene Klägerin, eine ehemalige medizinisch-technische Assistentin, hat einen Arzt geheiratet, der jetzt Obermedizinalrat ist. Aus der Ehe sind zwei in den Jahren 1947 und 1953 geborene Kinder hervorgegangen.
Wegen einer Lungentuberkulose erhält die Klägerin von der Beklagten seit dem 30. Juli 1958 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (zunächst nach § 53 des Angestelltenversicherungsgesetzes - AVG -, dann nach § 24 AVG). Die Zahlung von Kinderzuschüssen wurde ihr mit Rücksicht auf § 39 Abs. 5 AVG idF des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) abgelehnt, weil sie den Unterhalt der ehelichen Kinder vor Eintritt des Versicherungsfalles nicht überwiegend bestritten habe.
Außerdem bezog die Klägerin wegen ihres Leidens seit 1941 eine Rente aus der Unfallversicherung (UV). Kinderzulagen wurden ihr wiederum wegen § 559 b Abs. 4 der Reichsversicherungsordnung (RVO) aF und § 583 Abs. 6 Satz 2 RVO idF des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes (UVNG) vom 30. April 1963 nicht gezahlt.
Am 24. Juli 1963 entschied das Bundesverfassungsgericht, daß bei versicherten Ehefrauen Erschwerungen der genannten Art für den Kinderzuschuß mit Art. 3 Abs. 2 und 3 und Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar sind (BVerfG 17, 1).
Daraufhin bewilligte zunächst der Bayerische Gemeindeunfallversicherungsverband, der die Unfallrente zahlte, durch Bescheid vom 27. Juli 1965 Kinderzulagen für zwei Kinder, und zwar nach § 29 Abs. 3 RVO vom 1. Juni 1954 an. Dabei ergab sich für die Zeit bis zum 31. August 1965 eine Nachzahlung von 6.669,70 DM, welche die Klägerin ausbezahlt erhielt.
Alsdann berechnete auch die Beklagte die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit unter Bewilligung von Kinderzuschüssen ab 1. Juni 1958 neu. Dabei war § 55 Abs. 1 AVG zu beachten, und zwar einmal idF des AnVNG und ab 1. Juli 1963 idF des UVNG. Danach ruht die Rente aus der Angestelltenversicherung (AnV) beim Zusammentreffen mit einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung insoweit, als sie bis zum 30. Juni 1963 einschließlich des Kinderzuschusses und ab 1. Juli 1963 ohne Kinderzuschuß zusammen mit der Rente aus der Unfallversicherung sowohl 85 % des Jahresarbeitsverdienstes, der der Berechnung der Verletztenrente zugrunde liegt, als auch 85 % der für ihre Berechnung maßgebenden Rentenbemessungsgrundlage übersteigt. Damit ergab sich bei einer ersten Berechnung einmal eine Überzahlung von 2.989,10 DM für die Zeit bis zum 30. Juni 1963, außerdem eine Nachzahlung von 1.506,50 DM für die Zeit vom 1. Juli 1963 bis 30. November 1965 und schließlich ab 1. Dezember 1965 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit von nunmehr 147,90 DM statt bisher 80,60 DM.
In ihrem Bescheid vom 29. Oktober 1965, in dem diese Beträge geringfügig berichtigt wurden, verrechnete sodann die Beklagte die Nachzahlung mit der Überzahlung. Hinsichtlich des verbleibenden Restbetrages der Überzahlung in Höhe von 1.382,60 DM ordnete sie an, daß sie ihn in Raten von 100,- DM monatlich vom 1. Dezember 1965 an von der laufenden Rente einbehalten werde, was jedoch wegen der von der Klägerin eingelegten Rechtsmittel bisher nicht ausgeführt worden ist.
Der von der Klägerin wegen dieser Verrechnung sowie der angekündigten Einbehaltung eingelegte Widerspruch wurde durch Bescheid vom 11. Januar 1966 zurückgewiesen. Daraufhin erhob sie Klage mit dem Antrage,
den angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufzuheben, soweit die errechnete Nachzahlung einbehalten wurde und soweit eine laufende Einbehaltung von Rentenbezügen angeordnet wurde, sowie die Beklagte zur Auszahlung des Nachzahlungsbetrages zu verurteilen.
Das Sozialgericht (SG) Nürnberg hat diese Klage durch Urteil vom 14. November 1966 abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung ist erfolglos geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) München ist in seinem Urteil vom 9. Oktober 1968 der Auffassung, das Verhalten der Beklagten sei nicht zu beanstanden. Die Aufrechnung sei nach § 78 AVG gerechtfertigt und die Rückforderung und die Einbehaltung des verbleibenden Restbetrages nicht durch § 80 AVG verboten, da er Fälle der vorliegenden Art nicht erfasse.
Hiergegen hat die Klägerin die vom LSG zugelassenen Revision eingelegt mit dem Antrage,
1. das angefochtene Urteil und das Urteil des SG Nürnberg vom 14. November 1966 aufzuheben, soweit sie die von der Beklagten angeordnete Rückforderung von 1.382,60 DM betreffen,
2. den Bescheid der Beklagten vom 29. Oktober 1965 sowie den Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 1966 aufzuheben, soweit darin eine Nachzahlung von 1.382,60 DM und ihre Einbehaltung in monatlichen Teilbeträgen von 100,- DM angeordnet worden ist.
Sie wendet sich somit nicht mehr dagegen, daß sie die Nachzahlung für die Zeit vom 1. Juni 1963 bis 30. November 1965 wegen der vorangegangenen Überzahlungen nicht erhalten soll, wohl aber dagegen, daß der danach noch verbleibende Restbetrag der Überzahlungen für die vorangegangene Zeit zurückgefordert wird und in Raten einbehalten werden soll. Sie meint dazu, die Beklagte könne diesen überzahlten Restbetrag in Höhe von 1.382,60 DM nicht beanspruchen. Alleinige Rechtsgrundlage für einen etwaigen Rückforderungsanspruch sei § 80 Satz 2 AVG. In den Jahren 1958 bis 1963 habe sie, die Klägerin, die zu hohe Rente gutgläubig empfangen. Außerdem habe die Beklagte die Überzahlung zu vertreten. Überdies handele sie ermessenswidrig, wenn sie jetzt Rückzahlungen beanspruche. Schließlich sei die Rückforderung verjährt.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen,
da das angefochtene Urteil richtig sei.
Die Revision ist begründet.
Nach § 80 Satz 2 AVG darf der Träger der Rentenversicherung eine Leistung nur zurückfordern, wenn ihn für die Überzahlung kein Verschulden trifft und nur soweit der Leistungsempfänger bei Empfang wußte oder wissen mußte, daß ihm die Leistung nicht oder nicht in der gewährten Höhe zustand, und soweit die Rückforderung wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Empfängers vertretbar ist. Hierzu ist anerkannt, daß Leistungen, die aufgrund eines nach § 77 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) bindenden Verwaltungsakts gewährt sind, nicht schon deshalb zu Unrecht gezahlt sind, weil der Bescheid bei richtiger Rechtsanwendung überhaupt nicht oder wenigstens nicht in der festgesetzten Höhe hätte ergehen dürfen (BSG 20, 223). Von diesem letzten Grundsatz gibt es jedoch im Zusammenhang mit den Ruhensvorschriften des § 55 AVG Ausnahmen.
Die Rechtsfolge des Ruhens tritt mit der Erfüllung eines Ruhenstatbestandes kraft Gesetzes ein, und der hierüber ergehende Bescheid hat lediglich feststellende (deklaratorische) Bedeutung. Daraus ergibt sich, daß der Versicherungsträger alsdann trotz des § 77 SGG das Ruhen der Leistung, und zwar nicht erst vom Tage des Ausspruchs an, sondern mit rückwirkender Kraft schon von der Erfüllung des Ruhenstatbestandes an herbeiführen und den Rentenbescheid ergänzen kann, wenn ein anderer, bisher nicht geregelter Ruhenstatbestand hinzugetreten ist oder auch nur verspätet in die Beurteilung einbezogen werden soll (BSG 26, 98, 100). Unberührt hiervon bleibt jedoch die Frage der Rückforderung einer etwaigen Überzahlung. Für sie gilt wiederum grundsätzlich § 80 AVG.
Die Überzahlung, welche die Beklagte zurückfordern will, ist in der Zeit vom 1. Juni 1958 bis 30. Juni 1963 eingetreten. Dabei geht es, wie bereits erwähnt, aufgrund der Beschränkung des ursprünglichen Klageantrags in der Revisionsinstanz nur noch um den nach Verrechnung mit der Nachzahlung für die spätere Zeit verbleibenden Differenzbetrag von 1.382,60 DM.
An der gesamten damaligen Überzahlung traf die Beklagte kein Verschulden. Die maßgebende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), welche die erschwerenden Voraussetzungen der Waisenrente und des Kinderzuschusses nach Art. des § 39 Abs. 5 Satz 2 und des § 44 Abs. 2 AVG idF des AnVNG für nichtig erklärte, ist erst am 24. Juli 1963 ergangen (BVerfG 17, 1). Zwar bewirkte diese Entscheidung die Nichtigkeit der angeführten Vorschriften von Anfang an (BVerfG 7, 377, 378). Die Beklagte konnte jedoch auf die Rechtmäßigkeit des ordnungsmäßig zustandegekommenen und verkündeten AnVNG vertrauen.
Allerdings will demgegenüber die Revision das Verschulden der Beklagten in ihrem Verhalten nach dem Ergehen des genannten Urteils des BVerfG sehen, nämlich darin, daß sie nicht alsbald ihre etwaigen Erstattungsansprüche beim Gemeindeunfallversicherungsverband anmeldete, nachdem dieser ihr seine Absicht mitgeteilt hatte, nachträglich Kinderzulagen an die Klägerin zu zahlen. Diesen Ausführungen kann jedoch nicht gefolgt werden. Zwar mag es sein, daß die Beklagte bei zweckmäßigerer und vor allem schnellerer Bearbeitung sich wegen der Überzahlung in der AnV aus der Nachzahlung in der UV hätte befriedigen können, bevor diese ausbezahlt wurde. Das ändert jedoch nichts daran, daß sie die Überzahlung in der Vergangenheit nicht zu vertreten hatte. Damit würde der Rückforderungsanspruch nach § 80 Satz 2 AVG nicht schon an seiner ersten Voraussetzung scheitern, daß den Versicherungsträger kein Verschulden trifft.
Jedoch kann man auch der Klägerin nicht vorwerfen, daß sie bei dem Empfang ihrer zu hohen Rente in der Zeit vom 1. Juni 1958 bis 30. Juni 1963 wußte oder wissen mußte, daß ihr die Leistung nicht in der gewährten Höhe zustand. Sie kann insoweit nicht anders behandelt werden als die Beklagte und durfte ebenfalls auf die Rechtmäßigkeit der damals bestehenden Gesetzesvorschriften vertrauen. Allerdings will demgegenüber das SG auf den Zeitpunkt des Empfangs der Nachzahlung aus der UV abstellen. Eine solche Betrachtungsweise scheitert jedoch daran, daß es nicht um die Rückforderung einer etwa zu hohen Nachzahlung aus der UV geht. Zeitpunkt der Zahlung der überhöhten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ist vielmehr der Zeitraum vom 1. Juni 1958 bis 30. Juni 1963. In diesem aber war die Klägerin gutgläubig. Somit muß ein Rückforderungsanspruch nach § 80 Satz 2 AVG jedenfalls hieran scheitern.
Das alles entspricht auch der Auffassung des LSG. Es meint dazu jedoch weiter, § 80 Satz 2 AVG betreffe lediglich die Regelfälle. Nur hier solle der gutgläubige Versicherte darauf vertrauen können, daß die ihm zugebilligte öffentliche Leistung nicht geringer werde. Daneben gebe es jedoch eine Fallgruppe, in der das Zusammentreffen von verschiedenen Leistungen rückwirkend zu einer Veränderung der Versichertenrente führe. Hier sei für das Kennenmüssen einer Überzahlung kein Raum mit der Folge, daß damit ein Rückforderungsanspruch auch bei Gutgläubigkeit gegeben sei. Das folge aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen und entspreche dem Urteil des 1. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) in der Sache Dietsche ./. BfA (1 RA 281/67 vom 24. Juli 1968).
Der Auffassung des LSG über das Bestehen einer besonderen Fallgruppe vermag der Senat nicht beizutreten. Denn es hat in erster Linie in der Hand des Gemeindeunfallversicherungsverbandes gelegen, Doppelleistungen zu vermeiden und auf etwaige Ersatzansprüche der Beklagten Rücksicht zu nehmen. In diesem Zusammenhang bedarf es noch einiger ergänzender Ausführungen in tatsächlicher Hinsicht. Das LSG hat in seinem Urteil am Ende des Tatbestandes zur weiteren Sachdarstellung auf das Urteil des SG Bezug genommen. Danach war der Bescheid vom 27. Juli 1965 über die nachträgliche Bewilligung von Kinderzulagen auch der Beklagten übersandt worden mit der Bitte, einen evtl. Ersatzanspruch innerhalb von 14 Tagen bekannt zu geben. Darauf hat diese am 17. August 1965 ihren Ersatzanspruch angemeldet und um Einbehaltung der Nachzahlung gebeten; über die Höhe des Ersatzanspruchs werde weitere Nachricht erfolgen. Am 28. September 1965 teilte dann jedoch der Gemeindeunfallversicherungsverband der Beklagten mit, die Nachzahlung sei bereits der Klägerin überwiesen worden, man sei nicht mehr in der Lage gewesen, die Nachzahlung zurückzuhalten. Die Versicherte sei verständigt worden, daß von der Beklagten aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen evtl. ein Ersatzanspruch geltend gemacht werden könne. Die vorliegende Streitsache ist auch ein typisches Beispiel für den Fall, daß der Versicherungsträger das Ruhen einer Leistung nicht erst vom Tage des Ausspruchs an, sondern mit rückwirkender Kraft herbeiführen und einen früheren Ruhensbescheid ergänzen kann, weil ein weitergehender Ruhenstatbestand infolge der Entscheidung des BVerfG nur verspätet in die Beurteilung einbezogen werden konnte. Die bei der Anwendung der Ruhensvorschriften geltenden Grundsätze berechtigten die Beklagte bereits entgegen der Vorschrift des § 77 SGG zu einer Berichtigung der bisher festgesetzten Rentenbeträge. Darüber hinaus aber eine Rückforderung überzahlter Beträge, soweit sie nicht durch Aufrechnung nach § 78 AVG eingebracht werden können, über die Grenzen des § 80 Satz 2 AVG hinaus zuzulassen, besteht kein Anlaß. Es muß im Gegenteil davon ausgegangen werden, daß das in § 80 Satz 2 AVG geregelte Rückforderungsrecht des Versicherungsträgers praktisch nur bei Überzahlungen infolge von Nichtbeachtung von Ruhens- oder Wegfallvorschriften in Betracht kommt, nachdem die rechtswidrigen, aber nach § 77 SGG bindenden Bescheide hier, wie bereits erwähnt, ausscheiden. Damit erscheint es dem Senat ausgeschlossen, für Fälle der vorliegenden Art dem Versicherungsträger ein über § 80 Satz 2 AVG hinausgehendes Rückforderungsrecht unter allgemeinen Gesichtspunkten zuzubilligen. Das Urteil II C 41/67 des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Dezember 1968 (Zeitschrift für Beamtenrecht 1969, 243), das die Rückforderung überzahlter Versorgungsbezüge gestattet, wenn die Überzahlung auf einer rückwirkenden Erhöhung der Dienstbezüge aus einer Wiederverwendung im öffentlichen Dienst und rückwirkender Anwendung von Ruhensvorschriften beruht, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Zwar wird auch im Beamtenrecht die Auffassung vertreten, daß der Schutz des Vertrauens in die Beständigkeit begünstigender Verwaltungsakte sich grundsätzlich nicht auf Ruhensanordnungen erstreckt. Im übrigen aber richtet sich dort die Rückforderung zuviel gezahlter Dienst- oder Versorgungsbezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff BGB). Demgegenüber gelten im Sozialrecht Sonderbestimmungen, wie u.a. § 152 AFG und § 47 VerwVG sowie vor allem § 80 AVG ergeben. Ein Zurückgreifen auf andere Rechtsgebiete erscheint auch nicht deshalb zulässig, weil eine gesetzliche Regelung fehlt, ob und inwieweit etwaige Ersatzansprüche zwischen den Trägern der Rentenversicherungen und denen der UV bestehen sollen, soweit es im Zusammenhang mit der Anwendung der Ruhensvorschriften zu Überzahlungen gekommen ist. Zwar kann der Versicherte, wie der Senat in seinem vom LSG selbst angeführten Urteil 1 RA 281/67 vom 16. August 1968 ausgesprochen hat, grundsätzlich keine Doppelleistungen verlangen. Im übrigen aber soll er aus sozialen Gründen von der Verpflichtung zur Herausgabe bereits empfangener Leistungen in der Regel befreit sein.
Die vom SG und der Beklagten angeführte Auffassung von Wanders in Deutsche Rentenversicherung 1966, 321, 331 rechtfertigt keine andere Beurteilung. Zunächst meint auch er nicht, daß es für Fälle der vorliegenden Art auf die Gut- oder Bösgläubigkeit des Versicherte nicht ankomme. Nach seiner Ansicht muß es vielmehr, wenn die Unrechtmäßigkeit rückwirkend entstanden ist, also erst nach Empfang der Leistung, genügen, daß der Empfänger die Unrechtmäßigkeit im Zeitpunkt ihres Entstehens erkannt habe oder hätte erkennen können. Dies müsse z.B. dann gelten, wenn die Leistungen der Rentenversicherung durch die rückwirkende Auszahlung oder Erhöhung einer Unfallrente nachträglich gekürzt oder eingestellt werden müßten. Würde es auch in solchen Fällen auf den Zeitpunkt ankommen, in dem die Rente aus der Rentenversicherung in Empfang genommen wird, so würde sich der Empfänger stets auf seine Gutgläubigkeit berufen können. Denn in diesem Zeitpunkt hätte er noch nicht sicher wissen können, daß ihm in der Zukunft einmal für die gleiche Zeit eine Nachzahlung gewährt werden wird. Die Worte "bei Empfang" könnten daher nur im Zusammenhang mit dem Empfang der Leistung verstanden werden, welche die Überzahlung bewirkt. Die Richtigkeit dieser Auffassung kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben. Denn wenn man überhaupt so vorgehen will, dann muß es für die Prüfung der Frage der Gutgläubigkeit des Empfängers und dafür, ob den Versicherungsträger kein Verschulden an der Überzahlung trifft, nunmehr auch auf den Zeitpunkt der nachträglichen und rückwirkenden Bewilligung und Zahlung der erhöhten Leistungen ankommen. Hierbei ist dann folgerichtig auf die nachgezahlte Unfallrente und auf den Gemeindeunfallversicherungsverband als zuständigen Versicherungsträger abzustellen. Dieser aber hat einmal die Überzahlung i.S. des für ihn maßgebenden § 628 Satz 2 RVO möglicherweise dadurch "verschuldet", daß er den von ihm errechneten Betrag an die Klägerin ausbezahlt hat, ohne der Beklagten hinreichend Zeit für die Errechnung und rechtzeitige Bekanntgabe ihres Ersatzanspruchs zu lassen. Außerdem hat er nach den Feststellungen im Urteil des SG der Klägerin mit Schreiben am 13. September 1965 auch noch mitgeteilt, daß auf die Nachzahlung von anderer Seite kein Ersatzanspruch erhoben werde. Erst nach der Auszahlung am 13. September 1965 hat er die Klägerin auf die Möglichkeit eines Ersatzanspruchs der Beklagten mit Schreiben vom 28. September 1965 hingewiesen. Hierdurch konnte aber die Rechtslage nicht mehr geändert werden und insbesondere weder nachträglich das etwaige Verschulden des Trägers der UV rückwirkend beseitigt noch nachträglich rückwirkend die Bösgläubigkeit der Klägerin beim Empfang der Leistung begründet werden.
Hieran ändert sich auch nichts dadurch, daß es in dem Bescheid vom 27. Juli 1965 noch geheißen hatte, der errechnete Betrag von 6.669,70 DM bleibe zunächst bis zur Klärung etwaiger Ersatzansprüche einbehalten, worüber eine gesonderte Mitteilung erfolgen werde. Nachdem dann die bereits erwähnte Mitteilung vom 13. September 1965 ergangen war und der Betrag der Klägerin am selben Tage überwiesen wurde, lag in diesem Verhalten des Gemeindeunfallversicherungsverbandes der Verwaltungsakt, auf dessen Rechtmäßigkeit die Klägerin vertrauen durfte.
Somit kann das Urteil des LSG, soweit es angefochten ist, aus den genannten Gründen nicht aufrechterhalten werden, und die Revision muß den aus der Urteilsformel ersichtlichen Erfolg haben, da die in § 80 Satz 2 AVG normierten Voraussetzungen für einen Rückforderungsanspruch nicht erfüllt sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen