Leitsatz (redaktionell)
Die Einordnung als Grundlage für die Berechnung des Schadensausgleichs hat bei einem nachgewiesenen angestrebten Beruf als selbständiger Börsenmakler nach den Zuordnungsmerkmalen der Vorschrift des DV § 30 Abs 3 und 4 BVG § 5 zu erfolgen.
Normenkette
BVG § 30 Abs. 3 DV § 5 Abs 1 Fassung: 1968-02-28, § 40a Abs. 2 S. 2 Alt. 2 Fassung: 1966-12-28
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 22. Juli 1970 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerin erhält Witwenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) nach ihrem im Jahre 1899 geborenen und 1947 an den Folgen einer Schädigung i.S. des BVG verstorbenen Ehemann M W, nachfolgend mit W. bezeichnet; außerdem erhält sie Witwenrente aus der Angestelltenversicherung (AV). Die Klägerin begehrt den Schadensausgleich nach § 40 a BVG.
W. verließ im Jahre 1917 die Schule mit der Primareife und machte nach der Teilnahme am 1. Weltkrieg von 1919 bis 1921 eine Banklehre durch; er war bis August 1921 in einer Bank als Beamter in der Börsenabteilung beschäftigt. Danach war er Angestellter bei einem Kursmakler in Berlin bis März 1934, von März 1934 bis September 1939 und von April 1940 bis Mai 1943 Prokurist und vereidigter Kursmaklervertreter an der B Börse im Unternehmen des Kursmaklers Dr. B, nach der Entlassung aus der Wehrmacht im Jahre 1945 war W. von September 1945 an bis zu seinem Tod Angestellter bei dem Landkreis V.
Die Klägerin beantragte im September 1965 die Gewährung eines Schadensausgleichs; sie gab als Berufsziel ihres Ehemannes "vereidigter Kursmakler der B Börse" an. Die Versorgungsbehörde gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 18. April 1966 für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 1964 Schadensausgleich; für die spätere Zeit lehnte sie den Antrag der Klägerin ab, weil ein dem Gesetz entsprechender Einkommensverlust nicht vorliege. Die Versorgungsbehörde legte ihrer Berechnung als Durchschnittseinkommen des W. das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 11 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) zuzüglich der gesetzlichen Zuschläge gemäß § 5 der Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs. 3 und 4 BVG vom 30. Juli 1964 (BGBl I, 574 - DVO 1964 -) zugrunde (abgeschlossene Berufsausbildung und Zeugnis über den erfolgreichen Besuch einer Mittelschule oder mit gleichwertiger Schulausbildung). Der Widerspruch war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 22. März 1967).
Das Sozialgericht (SG) hat verschiedene Beweise erhoben, u.a. Dr. B, den früheren Arbeitgeber des W., als Zeugen vernommen und mit Urteil vom 22. Juli 1968 die Klage abgewiesen.
Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 22.Juli 1970 die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Stade vom 22. Juli 1968 zurückgewiesen und in den Entscheidungsgründen ausgeführt, daß der Klägerin ein höherer Schadensausgleich, als er von der Versorgungsbehörde in dem angefochtenen Bescheid berechnet worden sei, nicht zustehe. W. wäre nach seinem beruflichen Werdegang wahrscheinlich zum vereidigten Kursmakler bestellt worden und als solcher selbständig tätig. Demnach müsse der Berechnung des Schadensausgleichs der Klägerin das Durchschnittseinkommen nach § 5 Abs. 1 der DVO zugrunde gelegt werden, also im vorliegenden Fall das der Besoldungsgruppe A 11 BBesG zuzüglich der gesetzlich vorgesehenen Zuschläge. Mit dem Besuch eines Gymnasiums bis zur Primareife habe er eine der Mittelschulbildung gleichwertige Schulbildung gehabt; dazu komme seine abgeschlossene Berufsausbildung. Eine günstigere Besoldungsgruppe gemäß § 6 Abs. 2 DVO scheide aus, weil W. vor der Schädigung noch nicht selbständiger Kursmakler gewesen sei. Die nicht schädigungsbedingten Gründe, die nach dem Vorbringen der Klägerin verhindert hätten, daß W. vor dem 2. Weltkrieg selbständig geworden wäre, müßten außer Betracht bleiben.
Entgegen der Auffassung der Klägerin sei durch § 5 der DVO die Berufsgruppe, der ein selbständig Tätiger gemäß § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG wahrscheinlich angehört hätte, abschließend bestimmt. Eine erweiternde Auslegung dieser Vorschrift oder eine analoge Anwendung anderer Vorschriften der DVO sei nicht zulässig. Die in § 30 Abs. 7 Buchst. a und § 40 a Abs. 4 BVG der Bundesregierung erteilte Ermächtigung und die §§ 5 und 6 der DVO 1964 seien weder grundgesetzwidrig, noch habe die Bundesregierung insoweit den Rahmen der ihr erteilten Ermächtigung überschritten. Hierzu werden vom LSG weitere Ausführungen gemacht, wobei es sich insbesondere auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 14. Mai 1969 (SozR Nr. 1 zu Art. 80 des Grundgesetzes - GG -) bezieht. Da der § 5 der DVO - so hat das LSG weiter ausgeführt - die Höhe des Durchschnittseinkommens von dem Ausbildungsgang abhängig mache, sei für eine erweiternde Auslegung allenfalls in den Fällen Raum, in denen die Zugehörigkeit zu den in dieser Vorschrift aufgeführten Berufsgruppen ohne den darin vorgesehenen Ausbildungsgang erreicht worden wäre. Für eine solche erweiternde Auslegung seien aber im vorliegenden Fall die Voraussetzungen nicht erfüllt.
Auch die Berücksichtigung der Berufsstellung, die W. vor seiner Einberufung im Jahre 1943 als Kursmaklerstellvertreter gehabt habe (1. Alternative des § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG) führe nicht zu einem höheren Schadensausgleich der Klägerin. In diesem Falle wäre ein Einkommensverlust nur dann gegeben, wenn als Durchschnittseinkommen das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 14 BBesG zuzüglich der gesetzlichen Zuschläge nach § 3 Abs. 3 der DVO 1964 bzw. Abs. 4 der Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs. 3 und 4 BVG vom 28. Februar 1968 (BGBl I, 194 - DVO 1968 -) anzunehmen sei. Dieses Durchschnittseinkommen sei nur für Angestellte "in leitender Stellung mit Aufsichts- und Dispositionsbefugnis", deren Tätigkeit mit einer Eingruppierung in die Leistungsgruppe II nicht ausreichend bewertet werde, vorgesehen. Diese Angestellten müßten durch ihre Tätigkeit über diejenigen der Leistungsgruppe II herausragen (Leistungsgruppendefinition im Rundschreiben des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung - BMA - vom 25. Oktober 1960 in BVBl 1960, 151). Zur Leistungsgruppe II gehörten u.a. Angestellte mit besonders verantwortlicher Tätigkeit und einer - wenn auch eingeschränkten - Dispositionsbefugnis. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vertritt das LSG die Auffassung, daß die Aufsichts- und Dispositionsbefugnis der leitenden Angestellten, die nach dem Rundschreiben des BMA zur Leistungsgruppe I gehörten, umfangreicher sein müsse, als die der Angestellten der Leistungsgruppe II; insbesondere müßten unternehmerische Funktionen selbständig und verantwortlich ausgeübt werden. Ferner müsse sich ihre Aufsichts- und Dispositionsbefugnis in einem Rahmen abspielen, dem erhebliche wirtschaftliche Bedeutung zukomme, d.h. die Größe und die Bedeutung des Unternehmens, in dem der Angestellte tätig sei, dürften nicht außer Betracht bleiben. In diesem Zusammenhang müsse auch beachtet werden, ob die Zahl der einem leitenden Angestellten unterstellten Personen und die Bedeutung der Tätigkeit dieser Personen ebenfalls Schlüsse darauf zuließen, daß er als Angestellter der Leistungsgruppe I anzusehen sei. Eine Einstufung in die Leistungsgruppe I und damit nach § 3 Abs. 3 der DVO 1964 bzw. § 3 Abs. 4 der DVO 1968 setze nach allem eine ausgesprochene administrative Führungs- und Spitzenfunktion voraus. Eine derartige Bewertung der Stellung des W. als Kursmaklerstellvertreter und zeitweiliger Leiter des Unternehmens von Dr. B könne nicht erfolgen. Zwar sei davon auszugehen, daß die Tätigkeit an der Börse umfassende einschlägige Kenntnisse, besondere Erfahrungen und selbständige Leistungen erfordere. Dies seien indessen Tätigkeitsmerkmale, die nur eine Einstufung des W. in die Leistungsgruppe II rechtfertigten. Nach den Bekundungen von Dr. B seien in seiner Kursmaklerei im Durchschnitt drei Angestellte tätig gewesen; während des Krieges seien die Geschäfte wesentlich zurückgegangen. Bei diesem Umfang des Unternehmens fehle es an einer umfangreichen Aufsichts- und Dispositionsbefugnis des W., so daß seine Stellung nicht als ausgesprochene Spitzenfunktion angesehen werden könne. Hinzu komme, daß für W. nach den Beitragsunterlagen der AV und der Rentenberechnung nur Pflichtbeiträge geleistet worden seien, und zwar vor dem Lohnabzugsverfahren in der Gehaltsklasse 7, seit diesem Verfahren nach dem Arbeitsverdienst für 1942 von 3550,- RM, für 1943 nach 2138,- RM. W. habe danach nicht einmal über der damals maßgebenden Versicherungspflichtgrenze von 4200,- RM gelegen.
Eine Einstufung des W. gemäß § 3 Abs. 1 der DVO 1964 und 1968 in die Leistungsgruppe II im Wirtschaftsbereich Handel, Kreditinstitute und Versicherungswesen würde gleichermaßen nicht zur Gewährung eines Schadensausgleichs führen, weil die in diesem Fall zugrunde zu legenden Bruttoverdienste geringer seien als das Endgrundgehalt nach der Besoldungsgruppe A 11 des BBesG. Auch die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 der DVO 1964 und 1968 seien nicht gegeben.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Die Klägerin hat gegen dieses ihr am 12. August 1970 zugestellte Urteil am 3. September 1970 Revision eingelegt und diese nach Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist bis zum 12. November 1970 am 10. November 1970 begründet.
Sie beantragt,
das Urteil des LSG Niedersachsen vom 22. Juli 1970 und das Urteil des SG Stade vom 22. Juli 1968 aufzuheben, den Bescheid vom 18. April 1966 abzuändern, den Widerspruchsbescheid vom 22. März 1967 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, Schadensausgleich nach § 40 a BVG auf der Grundlage des Durchschnittseinkommens der amtlichen Kursmakler, zumindest der Besoldungsgruppe A 16 BBesG zu gewähren,
hilfsweise,
Schadensausgleich nach der Besoldungsgruppe A 14 BBesG zu gewähren,
äußerst hilfsweise,
das Urteil des LSG Niedersachsen vom 22. Juli 1970 mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
In ihrer Revisionsbegründung, auf die Bezug genommen wird, rügt die Klägerin eine Verletzung formellen und sachlichen Rechts durch das LSG und bringt hierzu insbesondere vor, daß nach § 40 a Abs. 2 BVG i.V.m. § 30 Abs. 4 BVG das Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe zum Bemessungsmaßstab genommen worden sei. Wenn auch nach § 40 a Abs. 4 BVG i.V.m. § 30 Abs. 7 BVG der Bundesregierung die Ermächtigung erteilt worden sei, zu bestimmen, welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen sei, so sei der Verordnungsgeber dennoch nicht ermächtigt gewesen, die durch das BVG gewährten Ansprüche zu beschneiden oder einzuschränken. Während gemäß § 3 Abs. 1 der DVO das Durchschnittseinkommen für unselbständig Tätige in der privaten Wirtschaft nach den Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes differenziert zu ermitteln seien, werde bei der Ermittlung des Durchschnittseinkommens aus selbständiger Tätigkeit unter Außerachtlassung der in § 30 Abs. 4 BVG genannten allgemeinen Vergleichsgrundlage eine willkürlich generalisierende Regelung getroffen, die den Einkommensverhältnissen der Berufs- und Wirtschaftsgruppe des W. nicht entspreche. Der § 5 der DVO treffe für die Ermittlung des wahrscheinlichen Durchschnittseinkommens aus selbständiger Tätigkeit eine falsche Regelung. Der Verordnungsgeber gehe nämlich weder von den tatsächlichen Verhältnissen in einzelnen Wirtschaftsgruppen aus, noch stelle er die Regelung auf das unter Berücksichtigung der Kenntnisse und Fähigkeiten in den einzelnen Wirtschaftsgruppen erzielbare Einkommen ab. Die DVO lasse eine derartige Unterscheidung in § 5 völlig außer Betracht. Sie weiche auch vom System des BVG ab, wenn sie in den §§ 4 und 5 nur auf die Berufsgruppe abstelle und ausschließlich die Vorbildung maßgeblich sein lasse. Hierdurch werde eine Belastung Einzelner vorgenommen, die eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG darstelle. Außerdem trage die Regelung des § 5 der DVO die "Fehlerhaftigkeit auf der Stirn", soweit sie die Wirtschaftsgruppe der in Banken, Finanz- und Versicherungswesen Tätigen betreffe. Gerade in dieser Wirtschaftsgruppe sei bekanntermaßen der Aufstieg von einer abgeschlossenen Hochschulbildung nicht abhängig. Das Einkommen der selbständig Tätigen in dieser Wirtschaftsgruppe liege mindestens bei der Besoldungsgruppe A 16 BBesG.
Im übrigen stehe nach der Aussage des Zeugen Dr. B fest, daß das Einkommen des W. vor seiner Schädigung durchschnittlich 1000,- RM monatlich betragen habe. Dieser Aussage habe das LSG keine Rechnung getragen; schon danach hätte ein Schadensausgleich gemäß § 6 Abs. 1 der DVO nach der Besoldungsgruppe A 14 BBesG gewährt werden müssen. Aus dem Jahreseinkommen, welches gegenüber der AV angegeben worden sei, lasse sich gegen die Richtigkeit der Aussage von Dr. B nichts herleiten. Das Einkommen des W. habe sich nämlich aus einem Grundgehalt sowie sonstigem Einkommen zusammengesetzt; gegenüber der Sozialversicherung sei nur das Grundgehalt unterworfen, nicht dagegen die zusätzliche Beteiligung des W. an den Courtagen.
Ebenfalls verneine das LSG zu Unrecht die Möglichkeit, W. in die Leistungsgruppe I gemäß § 3 Abs. 3 der DVO 1964 bzw. § 3 Abs. 4 der DVO 1968 einzustufen. Es gehe zu Unrecht von dem Grundgehalt des W. aus und erkenne hierbei nicht, wie systemwidrig die DVO aufgebaut sei. Im übrigen könne die Frage, ob W. eine Spitzenfunktion ausgeübt habe, nicht danach beurteilt werden, ob er über eine größere oder kleinere Zahl von Untergebenen Aufsichts- und Dispositionsbefugnisse gehabt habe. Durch die Hand eines Kursmaklers und auch seines Stellvertreters gingen in der Regel Millionenbeträge. Die Verantwortung eines solchen Maklers übersteige die eines Vorstehers einer Buchhaltung mit zahlreichen Untergebenen um ein Vielfaches. Das LSG habe es versäumt, in dieser Hinsicht irgendwelche Überlegungen oder Ermittlungen anzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
In seiner Revisionserwiderung vom 16. November 1970, auf die Bezug genommen wird, vertritt er die Auffassung, daß das Urteil der Rechtslage entspreche.
II
Die durch Zulassung gemäß § 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Revision der Klägerin ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 164, 166 SGG); sie ist daher zulässig. Die Revision ist jedoch nicht begründet.
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Berechnung des Schadensausgleichs der Klägerin ein höheres Durchschnittseinkommen als das Grundgehalt der Besoldungsgruppe A 11 BBesG zuzüglich der gesetzlichen Zuschläge zugrunde zu legen ist. Das LSG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, daß ein solches höheres Durchschnittseinkommen hier nicht in Betracht kommt.
Da die Klägerin den Schadensausgleich vom 1. Januar 1964 an als laufende Leistung begehrt, bestimmt sich das ihrem Schadensausgleich zugrunde zu legende Durchschnittseinkommen nach § 40 a Abs. 2 BVG idF des 2. und 3. Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts (2. und 3. NOG = Fassung vom 21. Februar 1964, BGBl I, 85 und vom 20. Januar 1967, BGBl I, 141) sowie der hierzu ergangenen DVOen 1964 und 1968. Nach § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG, dessen Fassung im 2. und 3. NOG gleichlautend ist, gilt als Einkommen des Ehemannes das Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der der Verstorbene angehört hat (1. Alternative) oder ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten wahrscheinlich angehört hätte (2. Alternative). Der § 30 Abs. 4 Sätze 2 und 3 BVG ist anzuwenden. Ebenso gilt § 30 Abs. 7 BVG entsprechend (§ 40 a Abs. 4 BVG).
Nach den bindenden Feststellungen (§ 163 SGG) des LSG war der Ehemann der Klägerin vor seinem Tode bis zu seiner Einberufung zuletzt als Angestellter (Kursmaklervertreter) in der Kursmaklerei des Zeugen Dr. B tätig, in welcher regelmäßig drei Angestellte beschäftigt waren. Ferner hat das LSG festgestellt, daß W. nach dem Kriege das Berufsziel gehabt hat, selbständiger Kursmakler bei der Berliner Börse zu werden.
Hinsichtlich der 2. Alternative des § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG - "Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der der Verstorbene ohne die Schädigung ... wahrscheinlich angehört hätte" - ist das LSG zutreffend davon ausgegangen, daß W. als selbständig Tätiger einzuordnen ist und sich das Durchschnittseinkommen nach § 5 Abs. 1 der DVOen 1964 und 1968 richtet (§ 40 a Abs. 4 i.V.m. § 30 Abs. 7 BVG). Das LSG hat hierzu bindend festgestellt (§ 163 SGG), daß bei W. eine abgeschlossene Berufsausbildung vorliegt und er mindestens das Zeugnis über den erfolgreichen Besuch einer der Mittelschule gleichwertigen Schulausbildung nachgewiesen hat. Danach ergibt sich gemäß § 5 Abs. 1 DVOen 1964 und 1968 für die Berechnung des Schadensausgleichs als Durchschnittseinkommen das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 11 BBesG zuzüglich der näher bezeichneten Zuschläge. Wenn die Klägerin ein darüber hinausgehendes Durchschnittseinkommen für die Berechnung des Schadensausgleichs mit der Begründung begehrt, daß der § 5 der DVOen der der Bundesregierung gemäß § 30 Abs. 7 BVG erteilten Ermächtigung widerspreche und somit im vorliegenden Fall das Durchschnittseinkommen auf Grund der Erhebungen des Statistischen Bundesamtes über das Durchschnittseinkommen der freien Kursmakler festzusetzen sei, kann ihr nicht gefolgt werden. Abgesehen davon, daß - wie die Klägerin selbst eingeräumt hat - über das Durchschnittseinkommen von Kursmaklern keine statistischen Erhebungen bestehen, hat das BVerfG in seiner Entscheidung vom 14. Mai 1969 (SozR Nr. 1 zu Art. 80 GG) bereits entschieden, daß der § 5 Abs. 1 der DVO 1964 sich im Rahmen der Ermächtigung des § 30 Abs. 7 BVG hält. Nach § 30 Abs. 7 BVG (§ 40 a Abs. 4 BVG) wird die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung ... zu bestimmen, "a) welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist ...". Zweck dieser Ermächtigung ist es, Maßstäbe für die Ermittlung des Durchschnittseinkommens aufzustellen; bei der Ausübung dieser Ermächtigung ist dem Verordnungsgeber ein relativ weiter Ermessens- und Beurteilungsspielraum gegeben worden; er kann die Vergleichsgrundlage auswählen und Berufs- oder Wirtschaftsgruppen bilden. Die Einräumung eines solchen weiten Ermessens- und Gestaltungsspielraumes widerspricht als solche nicht schon Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, dies insbesondere im Hinblick darauf, daß in § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG die Vergleichsgrundlagen und die Einteilung in Berufs- oder Wirtschaftsgruppen für die Bestimmung des Durchschnittseinkommens wahlweise genannt sind. Wegen der Fülle persönlicher und wirtschaftlicher Umstände, welche die Höhe des "fiktiven" (hypothetischen) Einkommens beeinflussen können, ist eine konkrete und individuelle Feststellung dieses Einkommens - wie sich gerade im vorliegenden Fall zeigt - nicht möglich und insofern eine generalisierende und pauschalierende Regelung unabweislich (BSG 27, 69, 71, 178, 180; BSG in SozR Nr. 2 zu § 4 DVO 1964; Nr. 1 zu § 6 DVO 1964). Die von der Bundesregierung in § 5 der DVOen 1964 und 1968 für selbständig Tätige auf Grund der Ermächtigung des § 30 Abs. 7 BVG vorgenommene Festsetzung des Durchschnittseinkommens nach beamtenrechtlichen Besoldungsgruppen unter Berücksichtigung der jeweiligen Schul- und Berufsausbildung ist auch deshalb nicht zu beanstanden, weil die Vorschriften des BVG über den Schadensausgleich einen Bereich der gewährenden Staatstätigkeit regeln und der Gesetzgeber im Rahmen der ihm in diesem Bereich zustehenden besonders weitgehenden Gestaltungsfreiheit in weitem Umfange zum Erlaß typisierender und generalisierender Regelungen berechtigt ist (siehe dazu auch BVerfG 17, 1, 23). Die Klägerin übersieht bei ihrer Auffassung gerade, daß im Recht des Schadensausgleichs der Gedanke einer individuellen Entschädigung zugunsten eines generalisierten oder pauschalierten Ausgleichs zurücktreten muß; das bedeutet, daß im Einzelfall etwa vorliegende oder anzunehmende besonders günstige Umstände nicht schon zur Gewährung eines entsprechend höheren Schadensausgleichs führen können. Das BVG sieht auch sonst keinen vollen Ausgleich eines Einkommensverlustes vor (siehe dazu BSG 27, 69, 71 ff). Demnach kann - entgegen der Auffassung der Klägerin - für die Festsetzung des Durchschnittseinkommens i.S. der 2. Alternative des § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG nicht berücksichtigt werden, welches Einkommen der Beschädigte ohne die Schädigung als selbständig Tätiger (individuell) tatsächlich gehabt hätte; vielmehr muß die Höhe des Durchschnittseinkommens zur Berechnung des Einkommensverlustes dem § 5 der DVOen 1964 und 1968 als fiktiver Größe entnommen werden. Inwieweit diese Regelung, wie die Klägerin weiter meint, dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG widerspricht, ist nicht ersichtlich. Von dieser Regelung werden alle Beschädigten gleichermaßen erfaßt; sie kann zwar zu einer gewissen unterschiedlichen Behandlung führen, jedoch muß das bei der Regelung von Massenerscheinungen hingenommen werden (BVerfG aaO). Somit hat das LSG hinsichtlich der Ermittlung des Durchschnittseinkommens des W. in Bezug auf die von ihm ohne die Schädigung angestrebte selbständige Tätigkeit als Börsenmakler (2. Alternative des § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG) zutreffend erkannt, daß das Durchschnittseinkommen gemäß § 5 der DVOen 1964 und 1968 das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 11 BBesG zuzüglich der gesetzlich vorgesehenen Zuschläge ist.
Dem LSG ist auch darin zuzustimmen, daß bei Anwendung der 1. Alternative des § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG - Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der der Beschädigte angehört hat - ein höheres Durchschnittseinkommen der Berechnung des Schadensausgleichs als nach dem Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 11 BBesG nicht zugrunde gelegt werden kann. Bei dieser Alternative des Gesetzes ist von dem Beruf des W. als Angestellter und Kursmaklerstellvertreter auszugehen. Maßgebend sind bei Angestellten in Industrie, Handel und im Geld- und Versicherungswesen die in Betracht kommenden Wirtschaftsgruppen (Wirtschaftszweige), Beschäftigungsarten und die Leistungsgruppe II bis V (§ 3 Abs. 1 Buchst. b der DVO 1964); nach § 3 Abs. 1 Buchst. d DVO 1968 sind maßgebend bei diesen Angestellten der in Betracht kommende Wirtschaftsbereich entsprechend der Systematik, die den statistischen Erhebungen zugrunde liegt, die Beschäftigungsart als kaufmännischer oder technischer Angestellter und die Leistungsgruppe II, III, IV oder V. Soweit die Klägerin der Auffassung ist, daß sich das Durchschnittseinkommen ihres Ehemannes nach der 1. Alternative des § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG - Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der der Verstorbene "angehört hat", nicht nach der Leistungsgruppe II für Angestellte in Versicherungs- und Bankwesen, sondern nach § 3 Abs. 3 der DVO 1964 bzw. § 3 Abs. 4 der DVO 1968 richtet, kann ihr nicht gefolgt werden. Nach § 3 Abs. 3 der DVO 1964 (= § 3 Abs. 4 der DVO 1968) gilt als Durchschnittseinkommen das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 14 BBesG zuzüglich der gesetzlichen Zuschläge bei kaufmännischen und technischen Angestellten, die einen beruflichen Werdegang nachweisen, nach dem sie wahrscheinlich eine leitende Stellung mit Aufsichts- und Dispositionsbefugnis erreicht hätten, und deren Tätigkeit mit einer Eingruppierung in die Leistungsgruppe II nicht ausreichend bewertet wird. Unter die leitenden Angestellten "mit Aufsichts- und Dispositionsbefugnis" fallen nur solche Angestellten, die nicht nur allgemein zu den "leitenden Angestellten" oder zu den "Angestellten in leitender Stellung" gehören. Zwar wird nicht - im Gegensatz zu dem Zuordnungsmerkmal der Leistungsgruppe II - eine uneingeschränkte Aufsichts- und Dispositionsbefugnis verlangt, weil es zum Wesen jeder Arbeitnehmertätigkeit gehört, daß der Arbeitnehmer einer gewissen Aufsicht durch den Arbeitgeber unterliegt und von Weisungen des Arbeitgebers niemals völlig frei sein kann. Es ist erforderlich, daß die Dispositionsbefugnis sehr umfangreich, wenn auch in einzelnen Punkten eingeschränkt ist, weil sonst nicht einmal Generaldirektoren in die Leistungsgruppe I einzustufen wären (siehe dazu den Schriftlichen Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik, BT-Drucks. IV/3223 zu Art. 1 § 4 zu § 22 Fremdrentengesetz - FRG -). Diese Angestellten müssen deshalb in der Regel unternehmerische Funktionen, zumindest hinsichtlich eines Teilbereichs des Unternehmens selbständig und selbstverantwortlich wahrnehmen (BSG 24, 113; BSG in SozR Nr. 5 zu § 3 der DVO 1964 und Nr. 2 zu § 22 FRG). Ferner muß die Aufsichts- und Dispositionsbefugnis in einem Rahmen gegeben sein, dem erhebliche wirtschaftliche Bedeutung zukommt. Deshalb kann die Größe und Bedeutung des Unternehmens, in dem der Angestellte leitend tätig ist, nicht außer Betracht bleiben. Die Eingruppierung nach § 3 Abs. 3 der DVO 1964 und § 3 Abs. 4 der DVO 1968 kann daher nur einer kleinen Gruppe von Spitzenkräften unter den leitenden Angestellten vorbehalten bleiben, die weitgehend Arbeitgeberfunktionen wahrzunehmen haben. Ihre höheren fachlichen Qualifikationen und die ihnen zustehenden Entscheidungsbefugnisse müssen der Größe des Betriebes entsprechen. Ein kleiner Betrieb wird der in § 3 Abs. 3 der DVO 1964 und in § 3 Abs. 4 der DVO 1968 den dort bezeichneten Angestellten eingeräumten Sonderstellung nicht gerecht, weil nach der Verkehrsauffassung und dem Wortsinn dieser Vorschriften eine Tätigkeit in leitender Stellung mit Aufsichts- und Dispositionsbefugnis grundsätzlich mit einem großen Unternehmen verbunden ist (siehe dazu insbesondere die Entscheidung des 8. Senats des BSG vom 22. Mai 1969 - SozR Nr. 5 zu § 3 der DVO 1964 -). In Anwendung dieser vom BSG zu dem Begriff des "leitenden Angestellten mit Aufsichts- und Dispositionsbefugnis" entwickelten Grundsätze ist das LSG zutreffend davon ausgegangen, daß W. nicht zur Gruppe dieser Angestellten vor seinem Tod gehört hat. Der Umfang des Unternehmens, in dem er angestellt war - im Kursmaklerbüro von Dr. B waren regelmäßig etwa drei Angestellte tätig - läßt es nicht zu, ihn als leitenden Angestellten mit Aufsichts- und Dispositionsbefugnis im Sinne der bezeichneten Vorschriften anzusehen. Wenn die Klägerin in diesem Zusammenhang dabei auf den Geschäftsumfang des Unternehmens verweist, so können daraus im vorliegenden Fall keine anderweitigen Schlüsse gezogen werden. Das LSG hat zutreffend in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß W. zwar eine verantwortungsvolle und wirtschaftlich ins Gewicht fallende Tätigkeit als Angestellter und Kursmaklerstellvertreter ausgeübt hat, daß jedoch bei der Zahl der ihm unterstellten Mitarbeiter die Aufsichts- und Dispositionsbefugnis nicht so umfangreich gewesen ist, daß daraus eine Einordnung nach § 3 Abs. 3 der DVO 1964 bzw. § 3 Abs. 4 der DVO 1968 hergeleitet werden kann. Die von der Klägerin insoweit gezogenen Vergleiche mit der Stellung eines Landgerichtspräsidenten gehen deshalb fehl, weil auch die Besoldung der Präsidenten von Gerichten durchaus je nach der Größe dieser Gerichte abgestuft ist. Gerade daraus ist ersichtlich, daß der Umfang einer Aufsichts- und Dispositionsbefugnis durch die Zahl derjenigen Personen mitbestimmt wird, die dem Leiter einer Behörde oder eines Unternehmens unterstellt sind. Ebenso ist nicht zu beanstanden, wenn das LSG in dieser Beziehung zur Stütze seiner Auffassung das Einkommen des W., mit welchem er vor seiner Einberufung bei der AV pflichtversichert gewesen ist, herangezogen hat. Wenn die Klägerin demgegenüber auf die Aussage von Dr. B verweist, wonach W. in jenem Zeitpunkt etwa 1.000,- RM als Einkommen gehabt hat und meint, das LSG hätte dieses Einkommen und nicht das der AV zugrunde gelegte "Grundeinkommen" berücksichtigen müssen, so greift diese Rüge einer Verletzung des § 128 SGG durch das LSG nicht durch. Die Klägerin verkennt, daß für die Betrachtung, wie der Ehemann der Klägerin als "Angestellter" i.S. des § 3 Abs. 3 der DVO 1964 und des § 3 Abs. 4 der DVO 1968 einzustufen ist, allein dasjenige Einkommen maßgebend sein kann, welches er als Angestellter bezogen hat, so daß Nebeneinkünfte - möglicherweise aus eigener Maklertätigkeit - insoweit unberücksichtigt bleiben müssen. Wenn daher das LSG aus dem Umstand, daß W. vor seiner Einberufung zum Kriegsdienst als Angestellter nicht einmal die Versicherungspflichtgrenze der AV überschritten hatte, zu der Schlußfolgerung gelangt ist, daß er nicht zu den Angestellten in leitender Stellung mit Aufsichts- und Dispositionsbefugnis gehört, so wird diese Auffassung den vom LSG getroffenen tatsächlichen Feststellungen gerecht; es war jedenfalls nicht gehalten, auch jene Einkünfte des W. in Rechnung zu stellen, die er neben seinem Angestelltengehalt noch sonst erworben hat. Somit scheidet für die Berechnung des Schadensausgleichs der Klägerin auch das in § 3 Abs. 3 der DVO 1964 bzw. § 3 Abs. 4 der DVO 1968 bezeichnete Durchschnittseinkommen - das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 14 BBesG - aus.
Ebenso kann der Schadensausgleich der Klägerin nicht über § 6 Abs. 1 der DVOen 1964 und 1968 erhöht werden. Diese Bestimmung setzt voraus, daß der Beschädigte "nachweislich" vor Eintritt der Schädigung ... in dem ausgeübten Beruf eine Stellung erreicht hatte, die durch die Vorschriften der §§ 3 und 4 der DVO nicht ausreichend Berücksichtigung findet. Das LSG hat hierzu festgestellt, daß W. im Jahre 1942 als Angestellter einen Jahresarbeitsverdienst von 3.550,- RM und 1943 von 2.138,- RM bezogen hat. Daraus ergibt sich aber, daß für die Feststellung des Durchschnittseinkommens nach § 3 Abs. 1 der DVO (Angestellter der Leistungsgruppe II) die von W. eingenommene Stellung im Wirtschaftsleben durch jene Vorschrift ausreichend berücksichtigt worden ist, so daß es schon an einer Voraussetzung für die Anwendung des § 6 Abs. 1 der DVO in der jeweils gültigen Fassung fehlt. Soweit die Klägerin auch hierzu bezüglich des Einkommens ihres Ehemannes auf die Aussage von Dr. B verweist, kann auf das oben Gesagte Bezug genommen werden.
Da somit das LSG zutreffend entschieden hat, war die Revision der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 SGG).
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 193 Abs. 1 SGG.
Fundstellen