Entscheidungsstichwort (Thema)
Weihnachtsgeld. Zuwendung
Orientierungssatz
Die bundesunmittelbaren Unfallversicherungsträger waren in den Jahren 1964 und 1965 berechtigt, ihren dienstordnungsmäßigen und Tarif-Angestellten eine Weihnachtszuwendung in Höhe von 88 1/3 vH eines Monatsgehalts zu gewähren (vgl BSG 1970-07-31 2 RU 222/67 = BSGE 31, 247).
Normenkette
RVO §§ 753, 25
Tenor
Auf die Revision der Klägerin werden unter Änderung des Urteils des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 17. April 1968 und des Urteils des Sozialgerichts Hannover vom 4. Oktober 1967 die Anordnungen der Beklagten vom 28. Oktober 1965 und 5. Januar 1966 in vollem Umfang aufgehoben.
Die Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.
Gründe
I
Die Klägerin gewährt ihren Bediensteten seit mehr als zwanzig Jahren Weihnachtsgratifikationen; diese betrugen zuletzt 75 v. H. des jeweils im Dezember gezahlten Monatsentgelts.
Der Vorstand des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften (BGen) beschloß in seiner Sitzung am 1. Juli 1965, den Vorständen der ihm angehörenden Versicherungsträger zu empfehlen, vom Jahre 1965 an allen aktiven Bediensteten eine Weihnachtszuwendung in Höhe der ihnen im Monat Dezember zustehenden Dienst- oder Tarifbezüge zu gewähren; es solle angestrebt werden, bei allen BGen eine einheitliche Regelung zu erzielen.
Das Bundesversicherungsamt (BVA) richtete am 28. Oktober 1965 an sämtliche gewerbliche BGen ein Schreiben folgenden Inhalts:
"Dem Vernehmen nach sollen die Sonderzuwendungen für 1965 für alle Bediensteten auf ein volles Monatsgehalt erhöht werden. Es wird darauf aufmerksam gemacht, daß für eine solche Maßnahme, die den bisherigen Höchstsatz von 75 v. H. überschreitet, keine ausreichende Rechtsgrundlage vorhanden sein würde, da damit die Grenzen einer zulässigen Mittelverwendung erheblich überschritten sind. Entsprechende Beschlüsse werden hiermit beanstandet.
Die Berufsgenossenschaft wird gebeten, alle Beschlüsse der Organe, die für 1965 Zuwendungen über 75 v. H. des Monatsgehalts vorsehen, aufgrund § 31 Abs. 2 RVO dem Bundesversicherungsamt unverzüglich zu übersenden".
Diese Anordnung ging bei der Klägerin am 4. November 1965 ein. Am Tage zuvor hatte die Vertreterversammlung der Klägerin die Mittel bereitgestellt, damit allen Bediensteten eine Sonderzuwendung von 33 1/3 v. H. sowie ein Weihnachtsgeld von 50 v. H. ihrer im Dezember 1965 zahlbaren Bezüge gewährt werden könnten. Einen entsprechenden Beschluß faßte der dafür zuständige allgemeine Ausschuß des Vorstandes der Klägerin am 9. November 1965 in einer gemeinsamen Sitzung mit dem Finanzausschuß und dem Personalausschuß. Die Vorstandsmitglieder gingen davon aus, daß den dienstordnungsmäßigen Angestellten die Sonderzuwendung von 33 1/3 v. H. nach dem Gesetz über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung vom 15. Juli 1965 (BGBl I 609) aufgrund der Dienstordnung (DO) zustehe und den Tarifangestellten diese Sonderzuwendung im Vorgriff auf den nach der Auskunft des Hauptverbandes der gewerblichen BGen bevorstehenden Abschluß eines Tarifvertrages gewährt werden solle; sie waren ferner der Meinung, daß diese Leistungen, auf welche die Bediensteten einen Rechtsanspruch hätten, bei der Bemessung der Höhe des Weihnachtsgeldes ausgeklammert werden müßten und mit Rücksicht auf die bei ihrer BG gegebenen Lage abweichend von der Empfehlung des Vorstandes des Hauptverbandes der gewerblichen BGen ein Weihnachtsgeld von 50 v. H. zu gewähren sei.
Der Vorsitzende des Vorstandes der Klägerin setzte mit Schreiben vom 1. Dezember 1965 das BVA von diesem Beschluß und der ihm zugrunde liegenden Ansichten in Kenntnis. Dieses beanstandete durch Anordnung vom 5. Januar 1966, welche mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen ist, den Vorstandsbeschluß vom 9. November 1965 insoweit, als den Bediensteten der Klägerin höhere Zuwendungen als insgesamt 75 v. H. der für den Monat Dezember 1965 zustehenden Bezüge gewährt werden sollten. Die beanstandete Entscheidung verletze, indem sie die bisher gewährten Weihnachtszuwendungen um 8 1/3 v. H. erhöhe, das Gebot einer sparsamen und wirtschaftlichen Mittelverwendung. Für die DO-Angestellten seien überdies die für die Bundesbeamten geltenden besoldungsrechtlichen Vorschriften maßgebend; wegen der Ausschließlichkeit der DO sei für eine abweichende Regelung durch ein Organ des Versicherungsträgers kein Raum. An dieser Rechtslage ändere sich dadurch nichts, daß es aufsichtsrechtlich zunächst für geboten erachtet werde, nur insoweit vorzugehen, als insgesamt 75 v. H. der gezahlten Monatsbezüge überschritten würden.
Hiergegen hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 18. Januar 1966 beim Sozialgericht (SG) Hannover Klage mit der Begründung erhoben, daß sie das Aufsichtsrecht überschreite. Sie hat ua. darauf hingewiesen, daß die beanstandeten 8 1/3 v. H. nur 0,03 v. H. ihres Haushalts ausmachten und der Beschluß des Vorstandes nur für das Jahr 1965 gelten solle; die beschlossene Sonderzuwendung sei nicht ein Bestandteil der Besoldung, sondern eine Fürsorgemaßnahme; ihre Selbstverwaltungsorgane hätten sich trotz der DO die Möglichkeit offen halten wollen, die Fürsorge besser zu gestalten als dies durch das Dienstrecht des Bundes geschehe.
Das SG hat durch Urteil vom 4. Oktober 1967 die Anordnung vom 5. Januar 1966 insoweit aufgehoben als sie die Tarifangestellten betrifft; im übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die Weihnachtszuwendungen seien Dienstbezüge im Sinne des § 5 der DO der Klägerin. Insoweit sei diese sonach an das für die Bundesbeamten jeweils geltende Besoldungsrecht gebunden; die Bundesbeamten hätten im Dezember 1965 aber nur auf 1/3 des ihnen damals zustehenden Monatsgehalts Anspruch gehabt. Soweit sich die angefochtene Aufsichtsanordnung auf die Tarifangestellten beziehe, entbehre sie der Rechtsgrundlage. Die Ansicht der Beklagten, der Klage fehle insoweit das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Klägerin unter allen Umständen die Tarifangestellten nicht anders als die DO-Angestellten behandeln wolle, sei unzutreffend; ein entsprechender Beschluß der Klägerin sei nicht ergangen. Eine Weihnachtszuwendung von 83 1/3 v. H. eines Monatsgehalts möge zwar nahe an der Grenze des der Klägerin aufgrund ihres Selbstverwaltungsrechts eingeräumten Spielraums sein. Der Grundsatz der wirtschaftlichen und sparsamen Verwaltung der Haushaltsmittel sei jedoch nicht verletzt, weil der Bundesgesetzgeber mit dem Sonderzuwendungsgesetz vom 15. Juli 1965 selbst einen ersten Schritt zu einem dreizehnten Monatsgehalt im öffentlichen Dienst habe tun wollen und die Klägerin die damals geplante bundesrechtliche Regelung lediglich vorweggenommen habe.
Gegen das Urteil des SG haben die Klägerin und die Beklagte Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen eingelegt.
Das LSG hat durch Urteil vom 17. April 1968 im wesentlichen aus denselben Gründen wie das Erstgericht beide Berufungen zurückgewiesen und die Revision zugelassen.
Gegen dieses Urteil haben beide Beteiligte Revision eingelegt.
Die Klägerin hat ihr Rechtsmittel im wesentlichen wie folgt begründet: Nach § 690 der Reichsversicherungsordnung (RVO) seien in der DO die allgemeinen Anstellungsbedingungen und die Rechtsverhältnisse der Angestellten angemessen zu regeln. Bei dieser Vorschrift handele es sich, wie bei den früheren inhaltsgleichen Vorschriften allgemein anerkannt gewesen sei, um eine Schutzvorschrift für die Angestellten des Versicherungsträgers. Aus dem Charakter der Vorschrift ergebe sich somit keineswegs eine allgemeine Bindung des Versicherungsträgers in dem Sinn, daß über die Regelungen der DO oder gar über die des Bundes nicht hinausgegangen werden dürfe. In den Bereichen, welche in der DO nicht angesprochen oder von ihr nicht ausschließlich geregelt seien, sei es, selbstverständlich in sachlich und wirtschaftlich angemessenen Grenzen, den Organen der Selbstverwaltung gestattet, für die Bediensteten des Versicherungsträgers mehr zu tun, als für die Beamten und Angestellten des Bundes geschehe. Dies komme besonders deutlich in § 695 RVO zum Ausdruck, welcher für die in der DO bezeichneten Gehälter nur Mindestgrenzen vorschreibe. Die §§ 5 und 6 DO seien in Ausführung dieses in § 695 RVO enthaltenen Grundsatzes beschlossen worden und bildeten eine Einheit. § 5 DO beziehe sich auf die regelmäßig monatlich zu zahlenden Bezüge, § 6 dagegen auf die sonstigen geldwerten Ansprüche. § 6 DO, welcher keine allgemeine, sondern eine auf bestimmte Sachgebiete beschränkte Verweisung auf das Bundesbeamtenrecht enthalte, nehme nicht auf die Übergangs- und Schlußvorschriften des Bundesbeamtengesetz (BBG) und somit auch nicht auf dessen § 183 Bezug, welcher Zusicherungen und Vereinbarungen, die den Beamten eine höhere als nach dem Besoldungsrecht zulässige Besoldung verschafften, für unwirksam erkläre. Ungeachtet dieser Aufzählung in § 6 DO hätten die Selbstverwaltungsorgane der Klägerin die Ansicht vertreten, daß auf die Zuwendung in Höhe von 33 1/3 v. H. des Dezembergehalts ein Rechtsanspruch bestehe und darüber hinaus eine freiwillige Sonderleistung vorliege, deren Höhe vom Vorstand alljährlich festzusetzen sei.
Die Beklagte hat in der Revision im wesentlichen dasselbe wie in der heute verhandelten Parallelstreitsache 2 RU 222/67 ausgeführt; hierauf wird verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen, das Urteil des LSG und des SG sowie die Anordnung der Beklagten vom 5. Januar 1966 auch hinsichtlich der DO-Angestellten aufzuheben,
hilfsweise,
den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen, das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
II
Die Revisionen beider Beteiligter sind durch Zulassung statthaft. Es ist jedoch allein das Rechtsmittel der Klägerin begründet.
Gegenstand der nach § 54 Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässigen Klage sind die Anordnungen der Beklagten vom 28. Oktober 1965 und 5. Januar 1966. Obgleich die Klägerin allein die völlige Aufhebung dieser Aufsichtsanordnung begehrt, ist jene als mitangefochten anzusehen, weil sie aus demselben Anlaß sowie aufgrund derselben Rechtslage ergangen ist wie die spätere Anordnung. Diese wiederholt das bereits im Schreiben vom 28. Oktober 1965 im Sinne eines Verbots zum Ausdruck gebrachte aufsichtliche Einschreiten, nachdem der Vorstand der Klägerin ungeachtet dessen durch Beschluß vom 9. November 1965 die Gewährung einer Weihnachtszuwendung von insgesamt 83 1/3 v. H. eines Monatsgehalts beschlossen hatte.
Dieser Beschluß des Vorstandes der Klägerin ist nach der Auffassung des erkennenden Senats im Ergebnis zu Recht ergangen. Er verletzt weder Gesetz noch Satzung. Die Beklagte hat durch ihre Aufsichtsanordnungen in das Selbstverwaltungsrecht der Klägerin eingegriffen und damit ihre Aufsichtsbefugnis überschritten (§ 30 RVO). Die von der Beklagten angeordnete Begrenzung der von der Klägerin ihren DO- und Tarif-Angestellten im Jahre 1965 bewilligten Weihnachtszuwendungen auf 75 v. H. eines Monatsgehalts findet, wie der erkennende Senat in dem heute gefällten, zur Veröffentlichung bestimmten Urteil in der Sache 2 RU 222/67 näher ausgeführt hat, weder im Recht des öffentlichen Dienstes noch in sonstigen Rechtsnormen eine Stütze.
Danach sind die DO-Angestellten keine Beamte im staatsrechtlichen Sinn, obwohl die DO als in seiner Wirkung der Satzung gleichstehendes autonomes Recht des Versicherungsträgers die Rechtsgrundlage für den mit dem einzelnen Angestellten abzuschließenden Dienstvertrag bildet (§ 692 RVO). Durch die DO wird lediglich die sinngemäße Anwendung beamtenrechtlicher Vorschriften auf ein privatrechtliches Rechtsverhältnis vollzogen. Das nur für die unmittelbaren und mittelbaren Bundesbeamten geltende Bundesbeamtenrecht, dessen Anwendung hier infrage kommt, weil es sich bei der Klägerin um einen bundesunmittelbaren Versicherungsträger handelt, erstreckt sich somit nicht auf DO-Angestellte. Von seiner nach Art. 73 Nr. 8 des Grundgesetzes (GG) gegebenen ausschließlichen Kompetenz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der im Dienst des Bundes und der bundesunmittelbaren Körperschaften des öffentlichen Rechts stehenden Personen hat der Bund auch nach der Änderung des Art. 75 GG durch das 22. Gesetz zur Änderung des GG vom 12. Mai 1969 (BGBl I 363) keinen weitergehenden Gebrauch in dem Sinne gemacht, daß er die DO- und Tarif-Angestellten der bundesunmittelbaren Versicherungsträger mit einbezog, obwohl diese Grundgesetzänderung der Verwirklichung der Bestrebungen nach einer Vereinheitlichung des Rechts des öffentlichen Dienstes in Bund und Ländern, welches nach 1945 eine unterschiedliche Entwicklung genommen hat, dienen soll. Ebensowenig gelten das Gesetz über Weihnachtszuwendungen vom 16. April 1964 (BGBl I 278) und das Gesetz über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung vom 15. Juli 1965 (BGBl I 609) für die DO- und Tarif-Angestellten der bundesunmittelbaren Versicherungsträger; ihr Geltungsbereich umfaßt ebenfalls nur die Bundesbeamten. Angleichungsvorschriften aus der Zeit vor 1945, durch die das Dienstrecht der Sozialversicherungsträger dem Recht der Reichsbeamten angeglichen worden und nach denen es den Versicherungsträgern ausdrücklich verboten war, ihren Bediensteten höhere Leistungen als den Reichsbeamten zu gewähren (vgl. AN 1940, 348; 1942, 244, 246), sind jedenfalls für den Bereich der bundesunmittelbaren Versicherungsträger durch die Rechtsentwicklung überholt.
Die §§ 690 ff RVO überlassen es den Selbstverwaltungsorganen der Versicherungsträger, die allgemeinen Anstellungsbedingungen und Rechtsverhältnisse ihrer Angestellten zu regeln, und zwar angemessen (§ 690 Abs. 1 RVO). Damit ist kraft Gesetzes den Organen der Selbstverwaltung ein gewisser Spielraum eingeräumt. Die aus dem Selbstverwaltungsrecht sich ergebende Befugnis zur autonomen Rechtsetzung bedeutet, daß die Klägerin mangels einschränkender Normen des Bundesrechts - allerdings vorbehaltlich des § 700 Abs. 2 RVO und des noch zu erörternden Grundsatzes der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit - nicht gehindert wäre, in ihrer DO die Gewährung von Weihnachtszuwendungen ausdrücklich vorzusehen. Von ihrer langjährigen Übung, ihren Bediensteten Weihnachtsgratifikationen zu gewähren, ist die Klägerin - ebenso wie die übrigen gewerblichen BGen - nicht abgegangen, als die Aufsichtsbehörde im Jahre 1957 das Muster einer DO erließ, welches die Gewährung von Weihnachtszuwendungen nicht vorsah. Das BVA hat damals wie auch später, als es den Unfallversicherungsträgern gestattete, ein abgewandeltes Muster bei der Aufstellung ihrer DO zugrunde zu legen, gegenüber Trägern und Verbänden der gesetzlichen Unfallversicherung erklärt, daß Leistungen dieser Art auch künftig nicht ausgeschlossen seien. Angesichts dieser übereinstimmenden Willensbildung der Beteiligten, welche an der Gestaltung der DO der Klägerin, die am 1. Juli 1964 in Kraft getreten ist und sich an das abgewandelte Muster einer DO anlehnt, mitgewirkt haben, hat sich die Klägerin nicht ihres Rechts begeben, weiterhin Weihnachtszuwendungen zu gewähren.
Der aus der Entstehungsgeschichte der DO der Klägerin eindeutig erkennbare objektivierte Wille des Normgebers darf bei der Auslegung der einzelnen Bestimmungen der DO nicht unberücksichtigt bleiben. Unter Beachtung der in der Rechtsprechung und Schrifttum für die Rechtsauslegung entwickelten Grundsätze ergibt eine Auslegung der §§ 5 und 6 der DO der Klägerin, daß diese sich in diesen Bestimmungen nicht speziellen Bindungen an das Bundesbeamtenrecht unterworfen hat, soweit es sich um Weihnachtszuwendungen handelt.
Die in § 5 DO verwendeten Begriffe "Besoldung" und "Dienstbezüge" sind nicht anders auszulegen als im Bundesbesoldungsgesetz (BBesG). § 5 Abs. 1 verweist hinsichtlich des Besoldungsdienstalters und der Höhe der Dienstbezüge auf die jeweiligen Vorschriften für Bundesbeamte. Er nimmt damit auf Begriffe Bezug, welche im BBesG näher erläutert sind. Nichts anderes gilt für die Absätze 2 und 3 des § 5, welche insoweit besondere Regelungen treffen.
Der gegenteiligen Meinung der Beklagten steht ferner entgegen, daß die Weihnachts- und Sonderzuwendungen, auf welche die Bundesbeamten kraft besonderer Gesetze einen Rechtsanspruch haben, kein Bestandteil der Beamtenbesoldung sind. Sowohl die Entstehungsgeschichte dieser Gesetze als auch ihre Systematik sprechen für einen selbständigen Charakter dieser Leistungen.
Der Beklagten ist allerdings einzuräumen, daß der Begriff "Dienstbezüge" nicht in sämtlichen beamtenrechtlichen Vorschriften dieselbe Bedeutung hat. So ist er in den §§ 87 ff BBG entsprechend der besonderen Zwecksetzung dieser Vorschriften weit auszulegen; er umfaßt hier alle Leistungen aus dem Dienstverhältnis, somit auch Beihilfen und Unterstützungen sowie Sonderzuwendungen. Diese weite Auslegung findet sich jedoch nur im Zusammenhang mit Vorschriften des BBG. Für den Bereich des Besoldungsrechts, auf den § 5 Abs. 1 DO verweist, gilt dagegen die Legaldefinition des § 2 Abs. 1 BBesG. Unter den dort bezeichneten Dienstbezügen sind Weihnachtszuwendungen nicht aufgeführt.
Die Übereinstimmung der im § 5 DO und in § 2 Abs. 1 BBesG verwendeten Rechtsbegriffe ist nicht dadurch aufgehoben worden, daß die Klägerin annimmt, ihre DO-Angestellten hätten einen Anspruch auf die den Bundesbeamten kraft Gesetzes zustehende Sonderzuwendung. Die Frage, ob nach dem Arbeitsrecht ein Anspruch auf die regelmäßige Gewährung einer Weihnachtszuwendung vorliegt, braucht hier nicht entschieden zu werden. Im vorliegenden Rechtsstreit geht es darum, ob die Klägerin gehindert ist, ihren Bediensteten eine höhere Weihnachtszuwendung als 75 v. H. eines Monatsentgelts zu gewähren. Die Entscheidung dieser Frage wird nicht dadurch berührt, daß die Klägerin meint, ihre DO-Angestellten könnten einen Teil der ihnen zugedachten Weihnachtszuwendung in sinngemäßer Anwendung der für die Bundesbeamten geltenden gesetzlichen Regelung beanspruchen.
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Klägerin bei der Entscheidung über die Gewährung von Weihnachtszuwendungen an ihre DO-Angestellten auch nicht durch § 6 Abs. 1 ihrer DO an das für die Bundesbeamten jeweils geltende Recht gebunden. Nach dieser Bestimmung, welcher das von der Aufsichtsbehörde zugelassene geänderte Muster einer DO zugrunde liegt, finden auf die Rechtsverhältnisse der DO-Angestellten die Vorschriften des Bundesbeamtenrechts über die Pflichten der Beamten, Versetzung, Urlaub, Fürsorge (insbesondere Beihilfen, Unterstützungen, Gehaltsvorschüsse), Reise- und Umzugskosten-Vergütungen, Eintritt und Versetzung in den Ruhestand, Versorgung, Weiterzahlung der Dienst- und Versorgungsbezüge im Falle einer Krankheit sowie die Arbeitszeit Anwendung. Hier handelt es sich um einzeln aufgezählte Sachgebiete, welche im wesentlichen im BBG und dazu erlassenen Gesetzen (s. zB. hinsichtlich der Geldleistungen §§ 80 a, 88 BBG) und nicht im BBesG geregelt sind. Weihnachtszuwendungen werden daher auch nicht durch § 6 Abs. 1 DO, welcher bei den hier bezeichneten Geldleistungen überdies keine lückenlose Bindung an das BBG schaffen wollte (siehe §§ 6 Abs. 2, 7, 9 DO), erfaßt.
Die Beklagte kann schließlich ihre Aufsichtsanordnung nicht damit rechtfertigen, daß die Gewährung von Weihnachtszuwendungen in der beschlossenen Höhe gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstoße.
Das Gebot einer wirtschaftlichen und sparsamen Mittelverwendung gilt wegen seiner überragenden und grundsätzlichen Bedeutung für die öffentliche Finanzwirtschaft nach der Auffassung des erkennenden Senats auch in den Bereichen der öffentlichen Verwaltung, in denen seine Beachtung nicht ausdrücklich vorgeschrieben ist. In der gesetzlichen Unfallversicherung hat es in den §§ 25 ff, 724, 752 ff RVO seinen Niederschlag gefunden.
Die Aufsichtsbehörde hat im Rahmen ihres Aufsichtsrechts sicherzustellen, daß dieses Gebot durch die Versicherungsträger eingehalten wird. Hierbei entsteht ein natürliches Spannungsfeld zwischen den Befugnissen der Aufsichtsbehörde und der dem Selbstverwaltungsrecht der Versicherungsträger immanenten Personal- und Finanzhoheit. Eine den Bedürfnissen der Praxis gerecht werdende Lösung bietet sich nach der Auffassung des erkennenden Senats dahin, daß die Aufsichtsbehörde zum Einschreiten nur berechtigt, aber auch verpflichtet ist, wenn die Ausgaben des Versicherungsträgers nicht mehr im Rahmen vernünftigen Verwaltungshandelns liegen. Dies ist allerdings nicht schon, wie die Beklagte meint, der Fall, wenn die Grenzen des Notwendigen nicht eingehalten sind, was nach Ansicht der Beklagten schlechthin zutreffen soll, wenn ein Versicherungsträger höhere Weihnachtszuwendungen gewährt als der Bund seinen Beamten zugesteht. Eine derartige schematische Betrachtungsweise würde den bei der einzelnen Körperschaft des öffentlichen Rechts gegebenen Verhältnissen nicht Rechnung tragen und deshalb zu Unbilligkeiten führen können (vgl. zB. die von der Beklagten zitierte Entscheidung des Bayerischen LSG vom 17. Dezember 1969, veröffentlicht in Breithaupt 1970, 552: Eine Krankenkasse war wegen ihrer angespannten Finanzlage genötigt, den Beitragssatz um ein ganzes Prozent auf den Höchstsatz von 11 v. H. zu erhöhen). Eine Rechtsschranke für die Ausübung des Selbstverwaltungsrechts ergibt sich auch aus der Notwendigkeit, Rücksicht auf die Besoldungsverhältnisse im gesamten öffentlichen Dienst zu nehmen (BVerfG 4, 115, 140; BSG 23, 206, 209; BVerwG 18, 135, 140). Die den Versicherungsträgern somit gezogene Grenze war nach der Auffassung des erkennenden Senats im Falle der Klägerin mit der Erhöhung der Weihnachtszuwendungen auf 83 1/3 v. H. eines vollen Monatsgehalts indessen nicht überschritten.
Der beanstandete Beschluß des Vorstands der Klägerin ist sonach nicht rechtswidrig. Daher waren auf die Revision der Klägerin unter Änderung der Urteile der Vorinstanzen die angefochtenen Aufsichtsanordnungen in vollem Umfang aufzuheben. Die Revision der Beklagten war infolgedessen als unbegründet zurückzuweisen.
Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen (§ 193 Abs. 4 SGG).
Fundstellen