Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Damit erledigt sich zugleich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Tatbestand
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Datenerhebung für die ab dem Jahre 2005 vorgesehenen Leistungen der Grundsicherung für Arbeit Suchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom 24. Dezember 2003 (BGBl I S. 2954) in der Fassung des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl I S. 2014).
I.
1. Die Beschwerdeführerin trägt vor, sie lebe als Untermieterin auf Grund mündlich geschlossenen Vertrages in einer Wohngemeinschaft mit einem Sozialhilfeempfänger. Eine nichteheliche Lebensgemeinschaft bestehe nicht. Gestützt auf den bereits in Kraft getretenen § 65 Abs. 1 SGB II forderte der Träger der Grundsicherung für Arbeit Suchende ihren Mitbewohner unter Übersendung eines mehrseitigen Antragsformulars zu zahlreichen Angaben auf.
2. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin unmittelbar unter anderem gegen § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe b, § 9 Abs. 1, 2 und 5, § 60 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und § 65 Abs. 1 SGB II. Sie trägt vor, die angegriffenen Regelungen stuften sie allein wegen ihrer gleichen Meldeadresse als Mitglied der Haushalts- bzw. Bedarfsgemeinschaft ihres hilfebedürftigen Mitbewohners ein. Deshalb verlange das Antragsformular auch persönliche Angaben über sie. Unterlasse ihr Mitbewohner diese Angaben, erhalte er womöglich keine Leistungen. Außerdem sei sie selbst nach § 60 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB II auskunftspflichtig. Diese Rechtslage verletze sie in ihren Rechten, vor allem in ihrem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 93 a Abs. 2 BVerfGG nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg. Sie ist unzulässig. Die Beschwerdeführerin ist durch die angegriffenen Regelungen nicht beschwert (§ 90 Abs. 1 BVerfGG).
1. Sofern ihre Angaben zutreffen, gehört sie weder zur Bedarfs- noch zur Haushaltsgemeinschaft ihres Mitbewohners. Weder dieser noch sie selbst sind daher zu Angaben über ihre persönlichen Verhältnisse verpflichtet.
a) Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft ist – unter anderem – nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe b SGB II, wer mit einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen „in eheähnlicher Gemeinschaft lebt” (vgl. auch BTDrucks 15/1516, S. 52). Dies ist allein die Lebensgemeinschaft eines Mannes und einer Frau, die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehungen in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen (vgl. BVerfGE 87, 234 ≪264≫). Dass zwei Personen dieselbe Meldeadresse haben, reicht hierfür nicht aus (vgl. auch BVerwGE 98, 195 ≪198 f.≫).
Bloße Mitglieder einer Wohngemeinschaft gehören auch nicht zu der „Haushaltsgemeinschaft” nach § 9 Abs. 5 SGB II, denn diese Regelung erfasst nur Verwandte oder Verschwägerte im Sinne der §§ 1589 f. BGB (vgl. BTDrucks 15/1516, S. 53).
b) Aus diesen Gründen begründen die angegriffenen Regelungen keine Auskunftspflichten über die persönlichen Verhältnisse eines bloßen Mitbewohners. Insbesondere muss der Hilfebedürftige keine derartigen Angaben zu Mit- oder Untermietern machen. Für die Zwecke der Grundsicherung für Arbeit Suchende reicht es aus, wenn er den von ihm getragenen Mietanteil benennt oder die Untermietzahlungen als Einkommen angibt. Allerdings trägt er das rechtliche Risiko, das sich ergeben kann, wenn entgegen seinen Angaben doch eine eheähnliche Lebensgemeinschaft vorliegt.
2. Durch die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Papier, Steiner, Hohmann-Dennhardt
Fundstellen
Haufe-Index 1262368 |
FamRZ 2004, 1950 |
NVwZ 2005, 1178 |
DuD 2005, 743 |
WuM 2005, 234 |
AUR 2004, 462 |