Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Aktenzeichen 4 L 2906/99) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 12. April 2000 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts ist nicht begründet. Die als alleiniger Zulassungsgrund geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) kommt der Rechtssache nicht zu.
Die Beschwerde hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam, „ob nach § 39 Abs. 1 SGB VIII die hier strittigen Kosten für den Barbetrag zur persönlichen Verfügung und Bekleidung vom Beschwerdeführer als Jugendhilfeträger zu tragen sind oder ob die Pflicht zur Übernahme dieser Kosten nur für den Fall besteht, dass auch die Hauptleistung vom Jugendhilfeträger getragen wird”. Diese Frage ist schon deshalb nicht von grundsätzlicher Bedeutung, weil sie sich in dem vorliegenden Rechtsstreit nicht stellen würde. Es folgt ohne weiteres schon aus dem Gesetz, dass der als überörtlicher Sozialhilfeträger vom Kläger in Anspruch genommene Beklagte für die hier strittigen Kosten nicht erstattungspflichtig ist, und wäre im Revisionsverfahren nach § 144 Abs. 4 VwGO zu berücksichtigen, dass das Oberverwaltungsgericht die Klage deshalb im Ergebnis zu Recht abgewiesen hat.
Der Beklagte als überörtlicher Träger der Sozialhilfe ist nach § 100 Abs. 1 Nr. 1 1. Halbsatz BSHG sachlich zuständig für die Hilfe in besonderen Lebenslagen für den in jener Vorschrift aufgeführten Personenkreis, wenn es wegen der Behinderung oder des Leidens dieser Personen in Verbindung mit den Besonderheiten des Einzelfalles erforderlich ist, die Hilfe in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung oder in einer Einrichtung zur teilstationären Betreuung zu gewähren. Diese Voraussetzungen sind bei der von dem Hilfeempfänger im vorliegenden Fall benötigten und von ihm dann auf Kosten der Landesversicherungsanstalt erhaltenen Drogenentwöhnungstherapie zwar in tatsächlicher Hinsicht unstreitig erfüllt gewesen. Infolge der Kostenübernahme durch die Landesversicherungsanstalt als vorrangigen Sozialleistungsträger bestand jedoch wegen des Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 BSHG) keine Leistungs- und Kostentragungspflicht des Beklagten für diese Maßnahme. Damit entfällt zugleich seine Zuständigkeit für die Kosten der von § 27 Abs. 3 BSHG erfassten Nebenleistungen. Die in dieser Bestimmung als Hauptleistung erwähnte „Hilfe” ist „die Hilfe in besonderen Lebenslagen” im Sinne des Kataloges des Absatzes 1; die Formulierung „Wird die Hilfe … gewährt” setzt eine tatsächliche Hilfegewährung, zumindest aber eine Rechtspflicht hierzu voraus. Der „in der Einrichtung gewährten Lebensunterhalt einschließlich der einmaligen Leistungen nach Abschnitt 2” ist darum vom Gesetz – ähnlich wie Leistungen nach § 39 Abs. 1 SGB VIII, die nur im Rahmen einer der dort genannten Hauptleistungen als unselbständige Ergänzung von der Jugendhilfe erbracht werden („Annex-Charakter” der wirtschaftlichen Jugendhilfe; vgl. zu § 6 Abs. 2 JWG z.B. Urteil des Senats vom 27. November 1986 – BVerwG 5 C 26.85 – ≪Buchholz 436.51 § 6 JWG Nr. 6 S. 14≫) – als Bestandteil der Eingliederungshilfe nicht isoliert von der Hauptleistung vorgesehen. Dabei folgt aus der Gesetzesformulierung „umfasst die Hilfe in besonderen Lebenslagen auch den in der Einrichtung gewährten Lebensunterhalt”, dass es sich bei der (den Lebensunterhalt umfassenden) Hilfe in besonderen Lebenslagen um eine Maßnahme der Sozialhilfe, nämlich um Hilfe im Sinne des § 27 Abs. 1 Nr. 6 BSHG, handeln muss. Findet eine solche Hilfe – wie hier wegen des Nachrangs der Sozialhilfe – nicht statt, ist darum für ein Eintreten des sonst für die Hilfeleistung sachlich zuständigen Trägers der Sozialhilfe in Bezug auf einzelne gesetzliche Bestandteile solcher Hilfe kein Raum. Auf die Frage, ob für sie der Kläger als Jugendhilfeträger selbst zuständig ist, kommt es im vorliegenden Rechtsstreit folglich nicht an. Deswegen würden die von der Beschwerde aufgeworfenen und für grundsätzlich klärungsbedürftig gehaltenen Fragen, auch soweit sie die Qualifizierung der hier strittigen Hilfeleistungen als Maßnahmen der Jugendhilfe oder der Sozialhilfe betreffen, im Revisionsverfahren offen bleiben können.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit aus § 188 Satz 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Säcker, Dr. Rothkegel, Dr. Franke
Fundstellen