Eine psychotherapeutische Behandlung stellt eine zentrale therapeutische Maßnahme bei depressiven Störungen dar. Es stehen gemäß Psychotherapie-Richtlinie des G-BA (PT-RL) für die vertragsärztliche Versorgung verschiedene psychotherapeutische Verfahren zur Verfügung, die als Einzel-, oder Gruppentherapie oder als Kombination aus Einzel- und Gruppentherapie im Umfang einer Akut-, Kurzzeit- oder Langzeittherapie Einsatz finden können. Hiervon unberührt sind im Rahmen von Krankenhausbehandlung erbringbare Leistungen, die nicht dem Geltungsbereich der PT-RL unterliegen.
Bei der Einzeltherapie können zur Erreichung eines ausreichenden Behandlungserfolges relevante Bezugspersonen aus dem engeren Umfeld der Patientin oder des Patienten in die Behandlung einbezogen werden.
Vor Beginn einer Psychotherapie sollten folgende Aspekte geklärt werden:
- Ansprechen auf psychotherapeutische Behandlungen (in der Vergangenheit oder aktuell)
- Erfolglose Therapieversuche, Abbrüche (Gründe für eine vorzeitige Beendigung) und unerwünschte Wirkungen von Psychotherapie in der Vergangenheit
- Erfahrungen mit unterschiedlichen Formen von Psychotherapie
Die Psychotherapie bei Depression kann, je nach gewähltem therapeutischem Verfahren, auf der Basis einer verlässlichen, schützenden und belastbaren therapeutischen Beziehung, insbesondere folgende Aspekte beinhalten:
- Psychoedukation und Erarbeitung eines Störungsmodells
- Identifikation relevanter Problembereiche und Ableitung von Therapiezielen
- Verhaltensaktivierung, Alltagsstrukturierung, Steigerung positiver Erfahrung, Abbau von Belastungen
- Bearbeitung zugrundeliegender unbewusster Motive und innerseelischer Konflikte und Strukturen
- Arbeit an Gedanken, Einstellungen, (Selbst-)Bewertungen, Verarbeitungsmustern, Schemata, lebensgeschichtlichen Prägungen
- Aufbau von Bewältigungsfertigkeiten, (sozialen) Kompetenzen, Genusssteigerung, Stressmanagement und Verbesserung der Fähigkeit zur Emotionsregulation
- Rückfallprophylaxe, Notfallplanung
Grundlage jeder Psychotherapie stellt die Entwicklung und Aufrechterhaltung einer tragfähigen therapeutischen Beziehung dar. Zur Einleitung einer ambulanten Psychotherapie dienen probatorische Sitzungen insbesondere dem Aufbau der therapeutischen Beziehung und der Identifizierung des geeigneten Therapieverfahrens. Darüber hinaus dienen diese der Einschätzung der persönlichen Passung von Patient oder Patientin und Therapeut oder Therapeutin.
Vor Beginn soll über die Wahrscheinlichkeit eines Therapieerfolgs, die Wirklatenz, mögliche Nebenwirkungen sowie Wechselwirkungen mit anderen Maßnahmen und die Behandlungsdauer sowie über mögliche Folgen eines Abbruchs der Psychotherapie informiert werden.
Bei Ansprechen auf die Psychotherapie soll zur Stabilisierung des Therapieerfolgs eine psychotherapeutische Weiterbehandlung (im Sinne einer Erhaltungstherapie) sowie zur Senkung des Rückfallrisikos eine Rezidivprophylaxe angeboten werden.
Es kann sinnvoll sein, bei einer Langzeittherapie diese Rezidivprophylaxe über einen längeren Zeitraum als niederfrequentes Therapieangebot durchzuführen.
In akuten Krisensituationen kann eine psychotherapeutische Akutbehandlung durchgeführt werden, um eine kurzfristige Symptomverbesserung zu erreichen und eine weitere Chronifizierung der psychischen Erkrankung zu vermeiden.
Mögliche Komorbiditäten der Depression sowie unerwünschte Wirkungen der Psychotherapie sind im Blick zu behalten. So können neben der Symptomebene weitere Funktions- und Lebensbereiche einer Patientin oder eines Patienten tangiert sein, wie zum Beispiel Partnerschaft, Arbeitsplatz, Freundschaften und Familie (zum Beispiel erhöhtes Konfliktpotential nach Förderung der Abgrenzungsfähigkeit).