Wenn ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialeistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen des § 103 Abs. 1 SGB X vorliegen, ist derjenige Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Ein Leistungsträger ist dann nachrangig verpflichtet, soweit er – wenn ein anderer Leistungsträger seiner Leistungspflicht rechtzeitig nachgekommen ist – selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre. Ein Erstattungsanspruch des nachrangig verpflichteten Leistungsträgers besteht hingegen nicht, soweit er seine Leistungen auch bei Leistung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers hätte erbringen müssen. Die Vorschrift des § 104 Abs. 1 Satz 4 SGB X sieht ausdrücklich vor, dass der Erstattungsanspruch nach Satz 1 entsprechend gilt, wenn von einem Träger der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe Aufwendungsersatz geltend gemacht oder ein Kostenbeitrag erhoben werden kann.
Der grundlegende Gedanke dieser Erstattungsvorschrift liegt darin, dass, wenn ein Leistungsberechtigter gleichzeitig gegenüber zwei oder mehr Leistungsträgern gleichartige Ansprüche hat, dieser Berechtigte nicht zweckidentische Doppelleistungen erhalten soll. Denn dies würde eine "Überversicherung" des Berechtigten zur Folge haben, die nicht beabsichtigt ist.
Die o. g. Regelungen gelten auch dann, wenn von einem nachrangig verpflichteten Leistungsträgers für einen Angehörigen Sozialleistungen erbracht worden sind und ein anderer mit Rücksicht auf diesen Angehörigen einen Anspruch auf Sozialleistungen, auch auf besonders bezeichnete Leistungsteile, gegenüber einem vorrangig verpflichteten Leistungsträger hat oder hatte.
1.3.1 Umfang der Erstattung
Der Umfang des Erstattungsanspruches nach der Vorschrift des § 104 SGB X richtet sich nach den für den vorrangig verpflichteten Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.
Die Abwicklung von Erstattungsansprüchen, wenn mehrere Leistungsträger vorrangig verpflichtet sind, regelt die Vorschrift des § 104 Abs. 4 SGB X. In diesen Fällen kann der Leistungsträger der die Sozialleistung erbracht hat, die Erstattung nur von dem Leistungsträger verlangen, für den er nach § 107 Abs. 2 SGB X mit befreiender Wirkung geleistet hat.
1.3.2 Entstehen des Anspruchs
Erstattungsansprüche nach § 104 SGB X kommen beispielsweise in den Fällen vor, in denen Leistungen der Sozialhilfe mit anderen Sozialleistungen kollidieren. Die Leistungen der Sozialhilfe sind gegenüber anderen Sozialleistungen grundsätzlich nachrangig. Erbringt ein Träger der Sozialhilfe trotz dieser grundsätzlich nachrangigen Leistungsverpflichtung Leistungen der Sozialhilfe, hat er gegenüber anderen Sozialleistungsträgern einen Erstattungsanspruch, wenn nach deren Vorschriften der Berechtigte ebenfalls einen Anspruch auf gleichartige Leistungen hat oder hatte.