vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslohn: Übernahme von Verwarnungsgeldern wegen Falschparkens durch Paketzustelldienst – Halterhaftung – Eigenbetriebliches Interesse – Zufluss bei Tilgung einer eigenen Verbindlichkeit – Verzichts auf Rückgriff- oder Schadensersatzanspruch
Leitsatz (redaktionell)
- Die Zahlung der gegenüber einem Paketzustelldienst als Halter der Fahrzeuge festgesetzten Verwarnungsgelder wegen Falschparkens seiner Arbeitnehmer bei der Zustellung der Pakete führt bei diesen nicht zu steuerpflichtigem Arbeitslohn, da sie im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse erfolgt (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 11. November 2013 VI R 36/12, BFHE 243, 500, BStBl II 2014, 278, betr. Verstöße gegen die Lenk- und Ruhezeiten).
- Die Tilgung einer eigenen Verbindlichkeit des Arbeitgebers ist bereits nicht geeignet, beim Arbeitnehmer den Zufluss eines geldwerten Vorteils zu bewirken.
- Den Arbeitnehmern fließt in diesem Fall auch kein geldwerter Vorteil in der Form eines Verzichts auf eine realisierbare Forderung in Form eines Rückgriff- oder Schadensersatzanspruchs zu.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 40 Abs. 3; OWiG § 56; StVG § 25a; BGB §§ 138, 280, 611, 670, 677 Abs. 1, § 683 S. 1, §§ 823, 826
Streitjahr(e)
2014
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Zahlung von Verwarnungsgeldern durch die Klägerin wegen Falsch Parkens der bei ihr angestellten Paketzusteller, bei diesen zu Arbeitslohn führt.
Die Klägerin ist ein Unternehmen der im Logistikbereich tätigen A-Gruppe. Als Tochterunternehmen der A-Gruppe betreibt die Klägerin in Deutschland einen Paketzustelldienst im gesamten Bundesgebiet.
Die von der Klägerin als Arbeitnehmer beschäftigten Fahrer haben die Aufgabe, Pakete unmittelbar bei den Kunden der Klägerin abzuholen oder den Kunden Pakete unmittelbar zuzustellen. Um eine möglichst schnelle Zustellung zu gewährleisten, halten die Fahrer ihre Fahrzeuge in unmittelbarer Nähe zu den Kunden an. Insbesondere in Innenstädten ist dies jedoch mit den zur Verfügung stehenden Parkmöglichkeiten nicht immer möglich.
In mehreren Städten hat die Klägerin daher bei der zuständigen Behörde Ausnahmegenehmigungen nach § 46 StVO beantragt, die unter bestimmten Auflagen (bspw. Abstand von 10 m zu Signalanlagen, keine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer) ein kurzfristiges Halten zum Be- und Entladen in ansonsten nicht freigegebenen Bereichen wie Halteverbots- oder Fußgängerzonen gestattet. Die Genehmigung ist kostenpflichtig, gilt für ein bestimmtes Fahrzeug, welches anhand des amtlichen Kennzeichens identifiziert werden kann, und wird für ein Jahr erteilt (exemplarische Genehmigung der Stadt B siehe Bl. 64 d.A.). Die für diese Genehmigung zu entrichtende Gebühr wird von der Klägerin an die Stadt gezahlt und als Betriebsausgabe abgezogen.
Solche Genehmigungen werden jedoch nicht von allen Städten erteilt. Ist eine Ausnahmegenehmigung nicht erhältlich, wird es zur Gewährleistung eines reibungslosen Betriebsablaufes und im Interesse der Kunden im Einzelfall hingenommen, dass die Fahrer ihre Fahrzeuge auch in Halteverbotsbereichen oder Fußgängerzogen kurzfristig anhalten und hierfür Verwarnungsgelder festgesetzt werden.
Die Verwarnungsgelder werden entweder direkt gegen die Klägerin als Halterin der Fahrzeuge festgesetzt und zusammen mit einem Überweisungsvordruck übersandt (Beispiel siehe Bl. 66 d.A.) oder der Klägerin als Halterin wird ein Zeugenfragebogen mit einem Überweisungsvordruck übersandt, mit der Aufforderung zur Vermeidung weiterer Ermittlungen die Personalien des Fahrers mitzuteilen oder das Verwarnungsgeld innerhalb von einer Woche zu bezahlen (Beispiel Bl. 67 d.A.). In beiden Fällen bezahlt die Klägerin die Verwarnungsgelder innerhalb der festgesetzten Frist zur Vermeidung eines Bußgeldverfahrens.
Die Klägerin zahlt nur diese von ihren Arbeitnehmern verursachten Verwarnungsgelder. Für andere Mitarbeiter, die einen Firmenwagen nutzen und nicht im Paketzustelldienst tätig sind, werden Verwarnungsgelder wegen Falschparkens nicht übernommen. Diese sind von den Mitarbeitern selbst zu zahlen. Die Klägerin übernimmt auch keine Verwarnungs- oder Bußgelder für andere Verstöße der Fahrer gegen die Straßenverkehrsordnung, wie etwa überhöhte Geschwindigkeit. Diese sind von den Fahrern selbst zu tragen.
Auf der Grundlage des von ihr erstrittenen BFH-Urteils vom 7. Juli 2004 (VI R 29/00, BFHE 208, 104, BStBl II 2005, 367) zog die Klägerin in der Vergangenheit aus der Zahlung der Verwarnungsgelder keine lohnsteuerlichen Konsequenzen, d.h. es wurde keine Lohnsteuer abgeführt.
Nach Ergehen des BFH-Urteils vom 11. November 2013 (VI R 36/12, BFHE 243, 500, BStBl II 2014, 278) war der Beklagte, das Finanzamt (FA), der Auffassung, die Übernahme der Verwarnungsgelder führe bei den Fahrern zu lohnsteuerpflichtigem Arbeitslohn.
Die Klägerin meldete daher - in Absprache mit dem FA - in der hie...