Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermessensentscheidung über Auskunft über Identität eines Denunzianten
Leitsatz (redaktionell)
1) In Streitigkeiten über das Verlangen nach Auskunft über Personen eines Informanten ist der Finanzrechtsweg eröffnet, wenn der Zuständigkeitsbereich der Finanzverwaltung betroffen ist und ein eingeleitetes Strafverfahren (oder Bußgeldverfahren) eingestellt worden ist.
2) Das Steuergeheimnis schützt auch einen Anzeigenerstatter. Anspruch auf Auskunft über die Person des Anzeigenerstatters besteht nur, wenn der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Betroffenen die Auskunft gebietet. Das Finanzamt hat bei der Ermessensentscheidung über das Auskunftsersuchen die Interessen des Anzeigenerstatters und des Betroffenen abzuwägen.
Normenkette
AO 1977 § 30; FGO § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2; GG Art. 2 Abs. 1 i.V.m. 1 Abs. 1
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte zur Auskunftserteilung über eine Informationsperson verpflichtet ist.
Der Beklagte wandte sich an den Kläger mit Schreiben vom ……1998, das im wesentlichen folgenden Wortlaut hatte:
„Nach hier vorliegender Mitteilung haben Sie ein Wohnmobil, das am …1996 auf Sie zugelassen wurde (Kz:………) und zur Vermietung angeboten wird. Da Sie weder in der Einkommensteuererklärung 1996 noch 1997 Angaben über die Einnahmen gemacht haben, bitte ich Sie dies nachträglich zu erklären. Außerdem haben Sie einen Stellplatz und eine Garage in:…, …… Straße …, den Sie zur Vermietung anbieten.”
In diesem Schreiben wurde der Kläger um Stellungnahme bis zum ……1998 aufgefordert.
Daraufhin beantragte der Kläger Akteneinsicht, die ihm mit Schreiben vom …1998 mit der Einschränkung genehmigt wurde, daß der Name des Anzeigenerstatters nicht bekannt gegeben würde, weil dieser durch das Steuergeheimnis geschützt sei.
Mit seinem hiergegen erhobenen Einspruch begehrte der Kläger die Bekanntgabe des Namens und der Anschrift des Anzeigenerstatters und machte geltend, der Beklagte habe keine ermessensgerechte Interessenabwägung vorgenommen. Wenn das durch die Anzeige des unbekannten Dritten eingeleitete steuerliche Überprüfungsverfahren oder Steuerstrafverfahren geeignet sei, das Persönlichkeitsrecht des Steuerpflichtigen zu verletzen, bestände nach Auffassung des Bundesfinanzhofs (Hinweis auf BB 1994, 1413; BFHE 174, 197; DStZ 1994, 637) ein Anspruch auf Bekanntgabe der Daten des Anzeigenden. Im vorliegenden Falle sei die Anzeige des unbekannten Dritten Anlaß für die Aufnahme des Ermittlungsverfahrens gewesen. Die Angaben seien ohne näheren Hintergrund sowie rein spekulativ und seien ausschließlich zu dem Zweck gemacht worden, dem Kläger zu schaden. Es treffe zwar zu, daß er (Kläger) Eigentümer des Wohnmobils sei und auch einen Stellplatz und eine Garage besitze. Es seien aber weder Wohnmobil noch Stellplatz und Garage von ihm vermietet worden.
Der Kläger bestritt entschieden, Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung nicht angegeben zu haben und benannte hierfür als Zeugen seine Lebensgefährtin und seine Eltern. Er vertrat die Auffassung, die Anzeigenperson hätte aus krasser Mißgunst oder Schädigungsabsicht gehandelt.
Mit Schreiben vom …1998 lehnte der Beklagte erneut die Bekanntgabe des Namens und der Anschrift des Anzeigenerstatters ab und berief sich abermals zur Begründung auf die Weisungen des Bundesminister der Finanzen (BMF) im Erlaß vom 18.03.1981 IV a 7 – S 0130 – 19/81 (AO-Kartei Karte 9 zu § 30 AO); durch die Verpflichtung zur Wahrung des Steuergeheimnisses sei auch der Anzeigenerstatter grundsätzlich geschützt. Die Abwägung der Interessen beider Seiten könnte im Rahmen der für den Streitfall vorzunehmenden Ermessensentscheidung nur dazu führen, daß bei dem Kläger „kein das Steuergeheimnis überlagerndes Schutzbedürfnis” gegeben sei, was eine Bekanntgabe von Namen und Anschrift des Anzeigenerstatters rechtfertigen würde. Denn aufgrund der Stellungnahme des Klägers zur Anfrage des Beklagten beabsichtigte dieser nämlich nicht, weitere Ermittlungsmaßnahmen in dieser Sache durchzuführen. Dem Kläger sei demnach kein Schaden entstanden.
Zudem wies der Beklagte telefonisch auf die Möglichkeit einer Strafanzeige des Klägers gegen Unbekannt hin. Der Kläger verlangte jedoch weiterhin Akteneinsicht, wobei dann auch der Name der anzeigenden Person zu erkennen sein müßte.
Mit Einspruchsentscheidung vom ……1998 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und vertrat die Auffassung, daß im Streitfall die Voraussetzungen für die Durchbrechung des Geheimnisschutzes nach § 30 Abs. 4 Nr. 4 oder Abs. 5 AO nicht erfüllt gewesen seien. Es läge keine außergewöhnliche Fallgestaltung vor, in der das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen erheblich beeinträchtigt worden sei. Außerdem habe der Anzeigenerstatter keine vorsätzlich falschen Angaben gemacht, denn es ergäben sich keine Anzeichen dafür, daß die zwar objektiv falschen Angaben auch subjektiv vorsätzlich falsch abgegeben worden seien. Es würde auch kein Strafverfahren wegen einer Tat durchgeführt, die keine St...