Entscheidungsstichwort (Thema)
Forschungspreisgeld als Arbeitslohn eines Hochschulprofessors. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: VI R 12/22)
Leitsatz (redaktionell)
1. Preisgelder, die Steuerpflichtigen verliehen werden, können zu Erwerbseinnahmen und damit zu Arbeitslohn führen, wenn die Zuwendung – unbeschadet ihres besonderen Rechtsgrundes (vgl. § 657 BGB) wirtschaftlich den Charakter eines leistungsbezogenen Entgelts hat und nicht für das Lebenswerk, die Persönlichkeit oder das Gesamtschaffen der Steuerpflichtigen verliehen wird.
2. Zwischen einer Habilitation als wissenschaftlicher Forschungsleistung und der Tätigkeit als Hochschulprofessor besteht aufgrund der Dienstverpflichtung eines Hochschulprofessors, Forschung zu betreiben und Forschungsergebnisse zu publizieren, ein hinreichender Zusammenhang dergestalt, dass sich ein Forschungspreis für die Habilitation im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft eines Professors darstellt.
3. Die Erlangung des Preises muss nicht zu den Dienstaufgaben zählen. Es genügt vielmehr, dass die wissenschaftliche Tätigkeit zu den Dienstaufgaben zählt und das Preisgeld anlässlich einer solchen wissenschaftlichen Tätigkeit erworben wurde. Der Veranlassungszusammenhang besteht auch, wenn die Berufung als Professor zeitlich vor der Zuerkennung der Habilitation liegt und die Habilitation keine Voraussatzung für diese Berufung war, jedoch die Habilitation ab dem Zeitpunkt ihrer Zuerkennung die berufliche Tätigkeit als Professor förderte.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1 S. 2; HG NRW § 35 Abs. 1, 3; LStDV § 2 Abs. 2 Nr. 1; EStG § 34 Abs. 2 Nr. 4, § 19 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Steuerbarkeit eines Forschungspreisgeldes im Streitjahr 2018 bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.
Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Streitjahr erzielte der Kläger Einkünfte aus selbständiger und aus nichtselbständiger Arbeit.
In den Jahren 2006 bis 2016 veröffentlichte der Kläger zu …Themen insgesamt acht Publikationen. In den Publikationen befasste sich der Kläger u.a. mit … Diese Arbeiten erschienen in Zeitschriften in den folgenden Jahren, wobei der Kläger nach seinen – unbestrittenen – Angaben die folgenden Bearbeitungszeiten benötigte: [… Erscheinungsmonat, -jahr und Bearbeitungszeit werden tabellarisch aufgelistet]. Die Bearbeitungszeit war in der Regel zwei Monate vor dem Ersterscheinungszeitpunkt abgeschlossen ….
Aufgrund dieser Arbeiten und einer Probevorlesung erkannte die Universität A dem Kläger am 00.00.2016 die Habilitation für das Fachgebiet … zu.
Hauptberuflich war der Kläger von 2006 bis 2011 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität E. … Nebenberuflich war er von 2012 bis 2014 Lehrbeauftragter an der Universität A.
Im Jahr 2014 wurde er zum Professor an der Hochschule S berufen. Eine Habilitation war keine Voraussetzung für die Berufung als Professor.
Nebenberuflich war der Kläger ergänzend zu seiner Tätigkeit als Professor zudem als Berater und Dozent an anderen Universitäten tätig. In einem Fragebogen zur steuerlichen Erfassung hatte er gegenüber dem Beklagten angegeben, die Beratung beziehe sich auf Projekte im Bereich ….
Für seine Habilitation erhielt der Kläger im Streitjahr 2018 den Forschungspreis T. Dieser Preis wurde vom M Institut in C verliehen. Nach den unter www. link veröffentlichten Informationen (Stand März 2022) ist die Zielsetzung des Forschungspreises die folgende: „….” Im Streitjahr war die Zielsetzung des Forschungspreises nach Aktenlage identisch, wobei lediglich auf die beiden Zusätze „…” verzichtet wurde.
Die Kläger gaben am 16.4.2019 ihre Einkommensteuererklärung für das Streitjahr in elektronischer Form ab. Für den Kläger erklärten sie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von X € und Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von X €. Die letztgenannten Einkünfte resultierten aus der Beratungs- und Dozententätigkeit und waren durch Einnahmeüberschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes – EStG – ermittelt. In einem Hinweisfeld zur Steuererklärung teilte der Kläger mit, dass er ein Preisgeld von X € erhalten habe. Dieses Preisgeld sei nicht einkommensteuerbar, da mit dem Preis ein wissenschaftliches Gesamtschaffen gewürdigt worden sei, welches in keinem Zusammenhang zu einer wirtschaftlichen Tätigkeit stehe. Vielmehr habe er den Preis ausschließlich für eine Forschungsleistung (Habilitation) erhalten, so der Kläger.
Mit Bescheid vom 24.7.2019 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 2018 auf X € fest. Das Preisgeld berücksichtigte er dabei bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit, die sich – unter weiterer Hinzurechnung einer Umsatzsteuererstattung – auf insgesamt X € beliefen. Das zu versteuernde Einkommen unterwarf er in voller Höhe dem regulären Steuertarif (Splittingtarif). Die Steuerbarkeit des Preisgeldes begründete er damit, es sei offensichtlich ein untrennbarer wirtschaftliche...